Protokoll der Sitzung vom 08.05.2003

(Beifall der SPD und der FDP – Creutzmann, FDP: So ist es!)

aus Wahlkampfterminen eine wichtige Entscheidung nicht zu treffen und sich nicht darum zu bemühen, dass ein Konsens in dieser Frage zustandekommt.

(Zurufe der Abg. Lelle, Bischel und Schnabel, CDU)

Entschuldigung! Ich habe gesagt, dass bei der SPD im Hinblick darauf, dass die Kommission ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen hat, die Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen ist. Aber aufgrund der Positionen in der SPD, die nahe beieinander liegen, wird das relativ zügig gehen. Aber wir werden s ehen.

Landrat Duppré, der auch zugleich der Vorsitzende des Landkreistages ist, hat – bildlich gesprochen – mit der Frankfurter Oberbürgermeisterin und dem Gemeindeund Städtebund untergehakt,

(Heiterkeit bei der CDU)

das Kommunalmodell eindeutig favorisiert und in die Welt gebracht. Aber ich sage Ihnen, allein den kommunalen Anteil zu erhöhen und auch die Forderung zu erheben, den kommunalen Anteil am Gesamtsteuerkuchen zu vergrößern, löst das Problem nicht.

(Creutzmann, FDP: So ist es!)

Dann stellt sich nämlich die Frage: Wer soll das denn bezahlen? Die Länder, die mit dem Rücken zur Wand

stehen? Der Bund, der mit dem Rücken zur Wand steht? – Deswegen sage ich, in diese Debatte muss ein Stück mehr Ehrlichkeit hinein, dass nicht der eine mit den Fingern auf den anderen zeigt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Verschiebebahnhöfe lösen das Problem nicht.

Ich möchte eine letzte Anmerkung machen. Es ist rührend, wie Kommunalpolitiker, zu denen Sie auch gehören, die Verscherbelung des Tafelsilbers bejammern. Das ist beim Bund seit Jahren selbstverständlich. Das ist in den Ländern seit Jahren selbstverständlich, und wir haben das auch getan. Zum Teil haben wir auch Vermögen verkauft, um in der Lage zu sein, einen vernünftigen und ordentlichen kommunalen Finanzausgleich darstellen zu können. Ich sage Ihnen – das sage ich, seitdem ich im Amt bin –: Das Mitleid des Finanzministers mit Kommunen, die es akzeptieren, dass sie Vermögensteile haben, die weit unter Marktpreis verzinslich sind und weiter unter Marktpreis Erträge einbringen, aber andererseits ihre Schulden zu Zinsen finanzieren müssen, die erheblich höher sind, hält sich in Grenzen. Ich sage das in aller Form.

(Beifall der FDP – Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Ich denke, dass bei einem großen Teil von Kommunen sehr wohl nach dem Grundsatz verfahren wird: Man kann nicht laut genug jammern.

(Schwarz, SPD: So ist es!)

Ich sage ausdrücklich, das gilt nicht für die großen Städte. Es gilt nicht für die kreisfreien Städte. Aber für einen Großteil der übrigen Gebietskörperschaften, einschließlich einer Reihe von Landkreisen, gilt dies uneingeschränkt. Das wollte ich doch gern hinzufügen.

(Zurufe der Abg. Lelle, Schmitt und Dr. Rosenbauer, CDU – Beifall der SPD und der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Schnabel von der CDU-Fraktion das Wort.

(Schmitt, CDU: Klär‘ ihn einmal auf!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Zahlen, die wir seit einigen Jahren nennen, das, was den Kommunen über den Finanzausgleich fehlt, nachdem der Finanzminister in diesen Topf hineingegriffen hat, stimmen und sind nachzuweisen. Es sind jährlich 100 Millionen Euro. Das ergibt insgesamt 1 Milliarde Euro. Lieber Herr Finanzminister Mittler, ich habe vorhin darauf hingewiesen, in welchen Bereichen dies geschehen ist. Wir können es Ihnen auch gern schriftlich geben, wenn Sie es uns nicht glauben.

Es waren damals 50 Millionen Schulbaumittel, die zunächst einmal im kommunalen Haushalt veranschlagt waren. Dann sind sie in den allgemeinen Haushalt gewandert, nachdem man die Personalkostenzuschüsse für die Kindergärten in den kommunalen Finanzausgleich mit hineingenommen hat. Dann sind die Schulbaumittel wieder in den kommunalen Haushalt hineingekommen. Das sind doch Fakten, an denen nichts vorbeiführt.

Bei der Grunderwerbsteuer war es ähnlich. Im Konversionsbereich haben wir ähnliche Situationen erlebt. Ich könnte Ihnen einen lange Liste von Fällen aufzählen, in denen Sie in den Topf der Kommunen hineingegriffen haben. Das ist die Milliarde, die den Kommunen fehlt.

Ich habe es einmal ausgerechnet: Damals waren es pro Einwohner 500 DM, die den Kommunen fehlte. Sie haben infrage gestellt, ob die Kommunen überhaupt jammern dürften. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass ich Kommunalpolitik betreibe. Ich habe eine Gemeinde mit einem Haushalt von 1 Million Euro. Wir zahlen rund 600.000 Euro an Umlage. Von einem Jahr zum anderen ist die Umlage um 180.000 Euro gestiegen. Das sind über 30 %. Wie soll sich denn eine Kommune in einer solchen Situation überhaupt noch über Wasser halten? – Das hat auch mit der Gewerbesteuerumlage und Ähnlichem zu tun.

(Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Herr Marz, Sie haben so süffisant den Oberlehrer gespielt. Ich fand es schon etwas anmaßend, dass Sie insbesondere vor diesem Hintergrund vom Handlungsspielraum der Kommunen gesprochen haben. Ein Handlungsspielraum ist nicht mehr da. Das ist das Problem. Ich habe aufgezeigt, weshalb dieser Handlungsspielraum nicht mehr vorhanden ist.

(Beifall der CDU)

Er ist nicht da, weil die Mittel fehlen. Wenn man meint, die Kommunen in dieser Form behandeln zu können, wenn der eine sagt „Jammert nicht“, der andere darüber streitet, ob man Vermögen verkaufen darf oder nicht – – –

Herr Finanzminister, ich bin mit Ihnen einer Meinung: Wenn die Kommunen Vermögen haben und es nicht vernünftig wirtschaftlich einsetzen, sollen sie es verkaufen. Das ist überhaupt keine Frage. Das haben wir in dieser Form auch nicht gefordert.

Meine Damen und Herren, den Kommunen steht das Wasser nicht nur bis zur Lippe, sondern bis Oberkante Unterlippe. (Glocke der Präsidentin)

Sehen Sie doch ein, dass es in Rheinland-Pfalz sehr viel schlimmer aussieht als in allen anderen Bundesländern.

Wenn Bayern als Beispiel herangezogen wird, dann muss man sagen, denen geht es viel besser. Wir liegen am Ende jeglicher Tabelle im kommunalen Bereich.

(Beifall bei der CDU)

Zur einer weiteren Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch eine Anmerkung zu dem Redebeitrag von Herrn Staatsminister Mittler machen.

Er hat vorhin rhetorisch gefragt, wer für das VCI-Modell ist. Dabei handelt es sich um das Modell mit den Möglichkeiten, über einen Hebesatz die Gewerbesteuer zu verändern. Sie wissen, dass die FDP dafür sehr viel Sympathie hat. Ob das VCI-Modell kommt oder nicht, das ist die große Frage. Es wird kaum favorisiert. Ich habe aber eine Bitte, da Sie auch sehr stark involviert sind, wenn entsprechende Reformen in Gang kommen.

Wir alle wissen, dass der deutsche Mittelstand sehr große Probleme hat, was die Eigenkapitalquote betrifft. Es gibt Riesenprobleme, Kapital zu bekommen, Stichwort „Basel II“. Es gibt nunmehr die Überlegung, in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer die Leasingraten mit einzubeziehen. Das ist nicht ganz unproblem atisch. Ich habe gestern Herrn Hansen beim Sparkassenund Giroverband getroffen, der sagte, da muss man sehr aufpassen. Wir haben über Leasinggeschäfte die Bilanzen gerade der Mittelständler verschlankt. Diese haben Leasing stark in Anspruch genommen. Wenn ich nunmehr die Leasingrate wieder in die Gewerbesteuer hineinnehme, komme ich wieder zu einer klassischen Gewerbekapitalsteuer. Je mehr Dauerschuldzinsen und Leasingraten ich in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer hineinnehme, je schneller komme ich wieder zur klassischen Gewerbekapitalsteuer.

Ich möchte nur anmerken, dass man immer bei Reformen überlegen muss, so hoch die Finanznot der Kommunen auch ist, welche Strukturveränderungen man bewirkt und welche Auswirkungen das Ganze auf die Unternehmen hat, die Erträge erwirtschaften müssen. Das war der Sinn meines Redebeitrags. Deswegen ist die FDP-Fraktion immer für einen ganzheitlichen Ansatz.

Wir werden das Problem der Kommunen allein mit einer Revitalisierung der Gewerbesteuer nicht lösen. Wir müssen natürlich die Finanzbeziehungen neu ordnen, Stichwort „Sozialhaushalt“ usw. Es ist ein einheitliches Ganzes, um das wir uns bemühen müssen. Wenn man nur an einer Stellschraube dreht und meint, wir lösen das Problem, dann ist dies nur sehr relativ.

Mein Appell geht daher an den Staatsminister, der in diese Verhandlungen immer mit eingebunden ist, zu überlegen, wie sich die geplanten Reformen auf die Unternehmen auswirken. Es sieht so aus, dass es zu einer Revitalisierung, wie es auf Neudeutsch heißt, der Gewerbesteuer kommt. Dies heißt nichts anderes als eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und eine höhere Belastung der Wirtschaft, was in der jetzigen Situation nicht unproblematisch ist. Man muss aber auch an die Strukturveränderungen denken. Deswegen habe ich in meinem Redebeitrag noch einmal darauf Bezug

genommen, was eine Einbeziehung der Leasingraten in die Gewerbesteuer bedeuten würde. Ich würde es für einen falschen Weg halten.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP)

Wird Ausschussüberweisung beantragt?

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein! – Schnabel, CDU: Ja!)

Wir überweisen den Antrag an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wenn sich dagegen kein Widerspruch erhebt, ist es so beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist damit erledigt.

(Unruhe im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Geräuschpegel ist sehr hoch. Ich bitte Sie daher, die Stimmen zu dämpfen.

Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:

Tierschutzbericht 2000/2001 Besprechung des Berichts der Landesregierung (Drucksache 14/1569) auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/1608 –