Allerdings – dies sei auch erwähnt – ist auch hier schon erwähnt worden unter anderem von den Kollegen aus den Koalitionsfraktionen, es gab und gibt anders lautende Verlautbarungen von nicht minder mitgliederstarken Organisationen, insbesondere der Umweltverbände. Diese bescheinigen dem Land bei seiner Vorgehensweise zum Thema „FFH“ eine gute Arbeit. Ungeachtet aller Emotionalität ist doch zu fragen: Worum geht es eigentlich, und was ist eigentlich geschehen?
Zur Beantwortung zitiere ich zunächst mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten aus der Stellungnahme des Bundesrats zum Thema „FFH“ in dessen 631. Sitzung im Jahr 1991 wie folgt: „Der Bundesrat begrüßt Inhalt und Zielsetzung des Vorhabens und die von der Kommission beabsichtigte Aufwertung des Naturschutzes in der Gemeinschaft. Er bekräftigt die Aussagen in seiner Stellungnahme vom 21. April 1989, dass angesichts der Besorgnis erregenden direkten und indirekten Schädi
gungen der natürlichen Lebensräume der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten ein gemeinschaftlicher Regelungsbedarf besteht. Der Bundesrat anerkennt ferner, dass an der Erhaltung der Artenvielfalt, an dem strengen Lebensraumschutz der vom Aussterben bedrohten Arten ein gesamteuropäisches Interesse mit höchster Priorität besteht, weil unwiederbringliche Verluste an der natürlichen Vielfalt des Lebens drohen.“
Der Bundesrat begnügt sich aber nicht mit dieser Feststellung, er fordert darüber hinaus einen großräumigen Schutz – ich zitiere weiter –, „Arten können nur überleben, wenn große zusammenhängende Bestände und deren Lebensräume erhalten werden. Daher ist der überregionale Schutz notwendig. Wandernde Tierarten sind auf geeignete ökologisch intakte Lebensräume angewiesen. Das Überleben dieser Arten ist nur großräumig zu sichern.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Aussagen, an denen die frühere CDU-geführte Landesregierung – neutral gesagt – ebenfalls beteiligt war, sind für die damalige CDU-geführte Bundesregierung und viele andere Regierungen Anlass gewesen, die 1992 eingeführte so genannte FFH-Richtlinie zu unterstützen. Diese Richtlinie beinhaltet diejenigen gesetzlichen Vorgaben, denen sämtliche EU-Länder, ebenso wie sämtliche Bundesländer, verpflichtet sind. Sie gibt den Schutzstatus vor, der teilweise sogar in unverantwortlicher Art und Weise nunmehr mit dem Begriff „Enteignung“ gebrandmarkt wird. Dies ist deshalb unverantwortlich, weil die FFH-Richtlinie im Wesentlichen davon ausgeht, dass Naturschutz auf der vorhandenen und tatsächlich ausgeübten Nutzung beruht. Es geht gerade nicht um die Verhinderung der Nutzung. Vielmehr geht es um Naturschutz durch Nutzung, meine Damen und Herren.
Wenn wir hier im Land über relativ große Flächen mit FFH-Qualität verfügen, ist dies in erster Linie das Ergebnis einer ökologisch verträglichen Landnutzung unserer Landwirte, auch der Waldbauern. Diese Flächen sind aber auch die Erfolge und Folge der Landwirtschafts- und Umweltpolitik in uns erem Land.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die FFHRichtlinie legt klugerweise fest – ich halte das noch einmal fest –, dass sogar Nutzungsänderungen, die ein FFH-Gebiet erheblich beeinträchtigen können, so zum Beispiel die Umwandlung von landwirtschaftlicher Fläche in Bauland, grundsätzlich möglich sind. Über eine so genannte Verträglichkeitsprüfung können von den Maßnahmenträgern, insbesondere zum Beispiel den Kommunen, öffentliche Interessen sozialer oder auch wirtschaftlicher Art eingebracht werden, um die beabsichtigten Maßnahmen durchzuführen.
Meine Damen und Herren, dennoch kennt die FFHRichtlinie, so auch die höchstrichterliche Rechtsprechung, nicht die Berücksichtigung solcher Interessen schon bei der Auswahl von Schutzgebieten. In diesem Fall sind – worauf mein Haus redlicherweise immer wieder hingewiesen hat und im Übrigen dankenswerterweise auch Sie als Abgeordnete, auch Herr Fuhr hat darauf hingewiesen – lediglich naturschutzfachliche
Gründe maßgebend. Mit anderen Worten heißt dies: Einwände von Bürgerinnen und Bürgern, Eigentümern, Landnutzern, Kommunen usw., können bei der Gebietsauswahl nur dann berücksichtigt werden, wenn sie naturschutzfachlich begründet sind.
Meine Damen und Herren, vielleicht ist diese eher an Expertenwissen orientierte Vorgabe der FFH-Richtlinie der Grund, warum diese Richtlinie kein öffentliches Beteiligungsverfahren kennt. Die Richtlinie kennt kein öffentliches Beteiligungsverfahren. Man hätte dies vor InKraft-Treten der Richtlinie im Jahr 1992 politisch einfordern können. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass wichtige Verbandsvertreter, die heute zu den heftigsten Kritikern unseres Beteiligungsverfahrens gehören, diese Forderung damals erhoben hätten.
Im Übrigen haben zahlreiche Länder, wie zum Beispiel die Niederlande, mit 17 % FFH-Flächen überhaupt kein Beteiligungsverfahren durchgeführt. Meine Damen und Herren, wir alle wissen, ohne schnellstmögliche Umsetzung der FFH-Richtlinie gibt es im Land keine Planungssicherheit für unsere Kommunen, für unsere Wirtschaft und die Landnutzung. Planungssicherheit muss jedoch Ziel einer verantwortlichen Politik des Landes sowie der für die Anwendung der Richtlinie zuständigen Landkreise, Städte und Gemeinden sein. Dabei wäre es geradezu kontraproduktiv, von der EG-Kommission, zuletzt im April 2003, deutlich vorgegebene Fristen, nämlich die Frist zur Vorlage von vollständigen Gebietsvorschlägen, bis 15. September 2003 zu ignorieren. Zudem wäre es im Übrigen meines Erachtens unlauter, meine Damen und Herren, unseren Bürgerinnen und Bürgern, den Kommunen und auch den Landwirten in Aussicht zu stellen, sie könnten mit ihren naturschutzfachlichen Einwendungen bei der EG-Kommission nach dem 15. September 2003 überhaupt noch Erfolg haben. Deswegen bin ich überzeugt, dass das Land Rheinland-Pfalz seine Bürgerinnen und Bürger, seine Kommunen und die Wirtschaft im Hinblick auf den engen Zeitrahmen wie kein anderes Bundesland beteiligt, dies, wie bereits dargestellt, obwohl die Richtlinie überhaupt kein Beteiligungsverfahren vorsieht oder auch vorschreibt.
Am 13. Februar bereits wurden die Ergebnisse der Potsdamer Konferenz vorgestellt. Damals wurden Umfang, Inhalte und auch die Notwendigkeit der Nachmeldungen deutlich gemacht, was Lebensraumtypen und Arten betrifft. Seit dieser Zeit finden tagtäglich Gespräche mit Verbänden, mit Landnutzern und Kommunen statt. Seit diesem Zeitraum informiert mein Haus schriftlich, mündlich, auf jede erdenkliche Art und Weise. Um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger des Landes innerhalb der kurzen von der EG vorgegebenen Zeitspanne informieren zu können, nutzen die Umweltverwaltung und die nachgeordneten Behörden selbstverständlich auch das Internet.
Darüber hinaus fanden und finden seit Februar dieses Jahres bis Ende Juni 2003 im ganzen Land mindestens 14 Informationsveranstaltungen statt. Meine Damen und
Herr Schmitt, Sie brauchen nicht ins Ausland zu schauen. In Ihrer Nachbarschaft in der Eifel gibt es in bereits schon gegebenen „Natura-2000“-Gebieten Lifeprojekte, weil wir dieses Instrument auch in Rheinland-Pfalz für diese Flächen nutzen.
Meine Damen und Herren, die vom Ministerrat noch vor der Sommerpause zu beschließenden Gebietsvorschläge dienen in erster Linie der Abstimmung mit der EGKommission. Die nach der FFH-Richtlinie notwendige Unterschutzstellung soll hingegen über eine Novellierung des Landespflegegesetzes erfolgen.
Hierüber wird der Landtag unter Berücksichtigung des für Gesetzgebungsverfahren geltenden Beteiligungsprozederes erst noch entscheiden müssen. Im Übrigen sieht dieser Entwurf, der sich in der Ressortabstimmung befindet, eine Ausgleichsregelung vor, in der naturschutzfachliche Einschränkungen der Nutzung ausgesprochen werden müssen.
Ich sage das auch im Namen des Kollegen Bauckhage. Es ist Bestandteil der Koalitionsvereinbarung. Es wird für uns eine Ausgleichsregelung geben, dort, wo Eingriffe tatsächlich stattfinden.
In diesem Entwurf wird ebenfalls enthalten sein, dass die Managementpläne zusammen mit den Landnutzern erarbeitet werden. Deswegen sollten Sie nicht von hier ex cathedra – wie das manchmal dargestellt wird – Managementpläne verlangen, sondern sie werden vor Ort mit Betroffenen dann, wenn die Flächenkulisse feststeht, erarbeitet werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, die EG-Kommission hat ihre Entschlossenheit damit unterstrichen, dass sie im April 2003 ein neues Beschwerdeverfahren wegen unzureichender FFH-Gebietsvorschläge gegen die Bundesrepublik Deutschland anhängig gemacht hat.
Sie hat dabei angekündigt, dass im Fall einer Verurteilung auch die Möglichkeit eines täglichen Zwangsgelds gegen die Bundesrepublik Deutschland beantragt werden wird. Der Bund seinerseits hat bereits erklärt, dass er die Zwangsgelder an die für die Gebietsauswahl verantwortlichen Bundesländer weiterreichen wird.
Nach den Berechnungsmethoden der Kommission ist von einem Zwangsgeld täglich von bis zu 790.000 Euro auszugehen.
Meine Damen und Herren, es geht bei der Nachmeldung auch darum, Schaden von unserem Land abzuwälzen.
Die vom Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht erarbeitete Suchkulisse umfasst – wie Sie dargestellt haben – 5 % der Landesfläche. Ungefähr ein Viertel ist bereits als Vogelschutzgebiet gemeldet. Den größten Flächenanteil nehmen die Waldgebiete ein.
Die Suchkulisse ist im Internet seit dem 14. Mai veröffentlicht. Die Beteiligung der Öffentlichkeit dient jetzt dazu, dem Ministerrat eine optimale Entscheidungsfindung zu ermöglichen, meine Damen und Herren. Dies schließt selbstverständlich auch Korrekturen an der Suchkulisse ein; denn es gilt auch, wo wir Spielräume sehen, werden wir Spielräume nutzen.
Ohne eine sich an den Vorgaben der Rechtsprechung orientierende Auswahl und Unterschutzstellung von FFH-Flächen gibt es keine Planungssicherheit in uns erem Land. Meine Damen und Herren, Planungssicherheit ist für die Kommunen, die Wirtschaft und die Landwirtschaft unerlässlich. Sie ist unverzichtbare Voraussetzung für ein pos itives Investitionsklima.
Vor diesem Hintergrund liegt die sorgfältige und fachlich fundierte Nachmeldung der FFH-Gebietskulisse im Interesse unseres Landes. Deshalb möchte ich Sie um konstruktive Mitwirkung bitten.
Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt Landau sowie Gewinner einer Mainzreise aufgrund eines Preisausschreibens. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Die zweite Runde, ich werde gerade darauf aufmerksam gemacht. Ich bitte um Wortmeldungen für die zweite Runde.
Meine Damen und Herren, eine kurze Anmerkung. Ich bin Ihnen dankbar für die klaren Worte, Frau Ministerin.
Ich denke, es ist wichtig, dass wir feststellen, und zwar einig feststellen, dass es um fachliche Kriterien geht und nicht schon wieder – wie beim letzten Mal, wir hatten das beim letzten Mal entsprechend kritisiert, so wie es aussieht, auch fundiert kritisiert – diese politische Rangelei beginnt und der Landwirtschaftsminister anfängt, an den FFH-Gebieten herumzuschneiden, die fachlich ausgewiesen worden sind.
Ich bin gespannt, ob Sie Ihre klaren Aussagen durchhalten können. Ich wäre froh, wir würden das nicht mehr diskutieren müssen, sondern die Nachmeldung so machen wie vorgeschlagen. Dann kann auch die FDP irgendwann vielleicht einmal einsehen, dass man sich nicht aussuchen kann, wo die FFH-Gebiete liegen, Herr Hohn.
Es ist klar, so wie Sie argumentieren, „Wir sind nicht gegen FFH-Gebiete, aber doch bitte nicht dort, wo wir die nächste Straße bauen wollen, beispielsweise den Hochmoselübergang, die Gemeinde ein Gewerbegebiet ausweisen will, und nicht dort, wo der Staat Grundbesitz hat“, das kann nicht sein, meine Damen und Herren.
Sie müssen das einmal verstehen, Herr Hohn. Sie können das nachher noch einmal bestätigen, ob Sie es verstanden haben.