Protokoll der Sitzung vom 05.06.2003

Grundlage für die Maßnahmen sind die Kernlagenabgrenzungen in Steillagen. Darüber hinaus gibt es positive Ansätze im Mittelrheintal. Dort sind mit Hilfe der Bodenordnung Maßnahmen zur Reaktivierung des Weinbaus eingeleitet worden. Wir werden uns zweifellos bemühen, dass diese Maßnahmen auch im Hinblick auf das Weltkulturerbe Mittelrhein fortgesetzt werden können.

Weiter müssen wir die Rationalisierung durch Bodenordnung, Mechanisierung und betriebliche Kooperationen zügig vorantreiben. Die Förderinstrumentarien des Weinbauministeriums werden konsequent und konzentriert an diesen Eckpunkten ausgerichtet sein. Viele Winzer sehen in dem eingeleiteten Strukturwandel eine Chance und wollen diese entschlossen nutzen. Die Durchführung von Bodenordnungsverfahren zur Verbesserung der Bewirtschaftungsverhältnisse und die Förderung für Mechanisierungssysteme sind vor diesem Hintergrund umso wichtiger.

Gleichzeitig müssen wir aber auch dem Steillagenweinbau am Markt eine bessere Position verschaffen und die Hochwertigkeit der Produkte entsprechend hervorheben. Ich begrüße daher ausdrücklich, dass aus verschiedenen Initiativen der Weinwirtschaft „Steillagenweine“ als eigenständige wertvolle Produkte präsentiert werden.

Meine Damen und Herren, zu den erfreulichsten Entwicklungen im rheinland-pfälzischen Weinbau gehört die Veränderung von der Intensivbewirtschaftung hin zu einer umweltschonenden Bewirtschaftungsweise. Dieser Erfolg geht auf das Zusammenwirken von neuen gesetzlichen Standards und die Förderung neuer Methoden zurück. Er wird flankiert durch Forschung und Versuchswesen, durch eine fundierte Weinbauberatung und durch die große Bereitschaft der Winzer, einen möglichst naturnahen Weinbau zu verwirklichen. In einem Zeitraum von nur 15 Jahren konnte in Rheinland-Pfalz ein nahezu vollständig begrünter Weinbau in Flachlagen

etabliert werden. Im modernen Weinbau werden heute fast nur noch Pflanzenschutzmittel verwendet, die die Nützlinge schonen.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herbizide!)

Frau Kiltz, die eingesetzten Pestizide wirken hoch selektiv und schonen gleichzeitig die Umwelt. Mit dem Einsatz von Recycling-Spritzgeräten wird die Abdrift des Spritzmittels drastisch reduziert.

Ebenfalls erheblich eingeschränkt wurde der Einsatz von Düngemitteln, deren Bedarf heute mit Hilfe von Nährstoffbilanzen kalkuliert werden kann.

Einen weiteren deutlichen Fortschritt verzeichnen wir ab diesem Jahr mit dem flächendeckenden Einsatz des biotechnischen Pflanzenschutzes zur Bekämpfung des Traubenwicklers. Nahezu die Hälfte der rheinlandpfälzischen Rebfläche wird durch dieses intelligente Produkt vor einem Hauptschädling der Trauben geschützt, ohne dass die Umwelt belastet wird.

Ein weiterer Sprung in der Ökologisierung des Weinbaus kann durch die Anpflanzung pilztoleranter Rebsorten erreicht werden.

Meine Damen und Herren, die Winzer in Rheinland-Pfalz betreiben den Weinbau naturnah und umweltbewusst.

(Beifall bei FDP und SPD)

Es bleibt weiter notwendig, die Qualität des Weinangebots zu sichern und regionale Weinprofile zu erarbeiten. Seit mehr als 30 Jahren schützt die amtliche Qualitätsprüfung von Wein Wettbewerber und Verbraucher. Die EU schreibt in allen Mitgliedsstaaten eine obligatorische Prüfung der Qualitätsweine nach analytischen und organoleptischen Merkmalen vor. Wegen dieser Vorgaben ist die Forderung von Teilen der Weinwirtschaft, auf die amtliche Qualitätsprüfung zu verzichten, unrealistisch und muss zurückgewiesen werden. Eine Qualitätsweinprüfung ist fachlich nach wie vor notwendig. Dies haben verschiedene Nachproben von Weinen ergeben, die am Markt zurückgekauft worden sind.

Wir prüfen derzeit mit der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, ob über organisatorische Verbesserungen bei der Antragstellung und im Prüfungsablauf die amtliche Qualitätsprüfung für die Unternehmen weniger bürokratisch, schneller und noch kostengünstiger gestaltet werden kann. So könnte zum Beispiel die Prüfung künftig nach dem Betriebssitzprinzip erfolgen. Neben der Qualitätssicherung ist es notwendig, stärkere Regionalprofile im Weinangebot der Anbaugebiete herauszuarbeiten, um den Absatz insbesondere der Weingüter und kleinerer Erzeugergemeinschaften zu unterstützen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt?

Bitte schön.

Herr Präsident, ich wollte nicht zur Unruhe beitragen.

(Mertes, SPD: Sie sind die Unruhe in Person!)

Das ist alles sehr aufmerksam, Herr Schmitt!

Es kann aber nichts schaden, wenn man ein bisschen dazwischenfragt.

Herr Minister, der Satz „Jeder von uns ist für weniger Bürokratie“ klingt hervorragend. Was dürfen wir konkret darunter verstehen, dass bei der Landwirtschaftskammer bei der Prüfung weniger Bürokratie und ein Betriebsprinzip eingeführt wird?

Betriebssitzprinzip!

Betriebsprinzip.

Betriebssitzprinzip!

Betriebssitzprinzip; korrekt. Was ist jetzt im Prinzip unter der geringeren Bürokratie zu verstehen, weil wir das schon so oft gehört haben, was ich für richtig halte? Darunter kann sich bis heute keiner etwas vorstellen.

(Kuhn, FDP: Das ist eine Regierungserklärung!)

Herr Kollege Schmitt, um das ganz einfach zu machen, es ist so, dass natürlich eine ganze Menge Bürokratie aus der Förderung entsteht. Wir haben es teilweise mit EU-Programmen zu tun und mit anderen. Das hat hiermit wiederum nichts zu tun. Wenn wir aber mit der Landwirtschaftskammer gemeinsam auf das Betriebssitzsystem zurückgehen, wird es allein schon eine Er

leichterung bei der Bürokratie sein, also weniger Bürokratie.

Darüber hinaus wäre es jetzt unredlich, schon bestimmte Verfahren zu formulieren, ohne ein geschlossenes Konzept vorzulegen. Ich werde dieses geschlossene Konzept rechtzeitig vorlegen.

Meine Damen und Herren, der Spätburgunder für die Ahr, der Riesling für Mittelrhein und Mosel, Silvaner- und Burgundersorten für die Nahe und Rheinhessen sowie der Dornfelder und traditionelle Rebsortenprofile für die Pfalz sind einprägsame Beispiele. Mit regionalen Weinen kann die Verbindung zwischen dem Winzer, der Landschaft und ihren Menschen optimal dargestellt werden. Regionale Weine ermöglichen eine bessere Abgrenzung zu den Markenweinen im Discount. Sie erhöhen den Erkennungswert für Wein und Region.

Meine Damen und Herren ein wichtiges und traditionelles Element der Weinbezeichnung in Deutschland sind unsere Prädikate. Das derzeitige Prädikatsweinsystem sichert vielen direkt vermarktenden Betrieben den Unternehmenserfolg. Der überwiegende Teil der Verbraucher erwartet bei Prädikatsweinen die Geschmacksrichtungen „lieblich“ und „süß“. Die Weine dürfen fakultativ mit Prädikaten, Rebsorten, geographischen Angaben und Geschmacksrichtungen bezeichnet werden. Deshalb gibt es Überlegungen, künftig das traditionelle Prädikatsweinsystem durch eine schärfere Profilierung hinsichtlich von Geschmack und Qualität zu stärken. So müsste eine neue Bezeichnungspyramide, wie sie im Rahmen der Vision 2020 diskutiert wird, eine klarere Erkennung zwischen modernen, trockenen und nicht trockenen Weinen ermöglichen.

Gleichzeitig muss in diesem Zusammenhang erörtert werden, ob ein Verzicht auf trockene Prädikatsweine, wie zum Beispiel „trockene Spätlese“ oder ein Verzicht auf das Prädikat „Kabinett“ zugunsten einer besseren Profilierung sinnvoll sein kann.

Meine Damen und Herren, der Anbau und die Vermarktung von Rotweinen, insbesondere von Dornfelder, sind derzeit sehr lukrativ. Die zunehmende Nachfrage nach hochwertigen Rotweinen bietet den rheinlandpfälzischen Winzern die Chance, ihr Marktpotenzial flächenmäßig und auch mengenmäßig auszudehnen. Mittelfristig ist zu erwarten, dass ein Drittel der rheinlandpfälzischen Weinproduktion aus Rotweinen bestehen wird.

Meine Damen und Herren, sofern die Qualitätsstandards gehalten werden können, ist eine Steigerung der Marktanteile ohne weiteres möglich. Die Weinbranche hat die Chance, den Dornfelder zum Markenrotwein von Rheinland-Pfalz aufzubauen. Hierzu ist jedoch eine qualitative Absicherung der Produktqualitäten erforderlich. Der Verbraucher wird sich an internationalen Standards orientieren. Die Weinwirtschaft muss dieses Verhalten rechtzeitig erkennen und entsprechend handeln.

(Frau Schneider, CDU: Wie wollen Sie das tun?)

Seitens der Landesregierung werden alle Möglichkeiten geprüft, um die von der Wirtschaft geforderten und vom Verbraucher erwarteten Qualitätsstandards rechtlich abzusichern.

Gleichzeitig liegt es in der Verantwortung der Winzerinnen und Winzer, den Markt genau zu beobachten und sich antizyklisch zu verhalten.

Meine Damen und Herren, auch mit modernen Weißweinen ist ein Wachstum am Weinmarkt möglich. Rheinland-Pfalz ist nach wie vor Weißwein-Land. Unsere Rebsortenpalette sowie die geographischen und klimatischen Voraussetzungen in Rheinland-Pfalz geben dem Weinbau die Chance, einen unverwechselbaren rebsortentypischen Weinstil für den internationalen Markt zu produzieren. Die positive Berichterstattung und die sehr guten Absatzzahlen von Rieslingweinen unserer Anbaugebiete etwa in den Vereinigten Staaten belegen dies.

Ich halte es für notwendig, Verbraucherpräferenzen und Marktentwicklung weiterhin genau zu beobachten. Die Weinwirtschaft braucht Marktinformationen für eine schnelle Entwicklung marktreifer Produkte. Daher investiert Rheinland-Pfalz auch weiterhin in Marktforschungsprojekte.

Die Erhebungen zeigen unter anderem, dass junge Weinkonsumenten eine interessante Zielgruppe sind. Zu diesen jungen Menschen passen frische, junge und moderne Weißweine. Mit solchen neuen Weißweinen aus Rheinland-Pfalz können klare Alternativen zu den Weinen aus der neuen Welt formuliert und Wachstumschancen realisiert werden.

Mein Haus sieht hier ein großes Wachstumspotenzial und hat deswegen erstmals eine Marktstudie zur genauen Erforschung der Verbraucherpräferenzen dieser Zielgruppe initiiert.

Bei der Erforschung der Verbraucherwünsche können wir übrigens auf äußerst interessante Erfahrungen in Großbritannien zurückgreifen. Mit den dortigen Verbrauchern findet auf Initiative und unter Mitwirkung des Weinbauministeriums ein sehr erfolgreicher Dialog statt. So wurde für den britischen Markt erstmals in einer gemeinsamen Aktion eine groß angelegte Verbraucherstudie erstellt, die wertvolle Informationen über die Produkt- und Ausstattungsgestaltung geliefert hat.

In einem zweiten Schritt wurden die Produkte, die auf der Grundlage dieser Marktstudie konzipiert worden sind, am Markt eingeführt und entsprechend intensiv beworben. Mittlerweile werden auf dem britischen Markt elf dieser „new wines of Germany“ von verschiedenen Erzeugern und Abfüllern angeboten. Die Absatzzahlen gerade im mittleren und oberen Preissegment in Großbritannien haben sich deutlich verbessert. Damit hat sich die Anschubfinanzierung des Weinbauministeriums voll ausgezahlt.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weltweit gibt es eine positive Grundstimmung für den Wein, zumal der Wein zurzeit

als einziges alkoholisches Getränk Zuwächse zu verzeichnen hat. Wir werden dies zur gezielten Imageförderung im In- und Ausland nutzen müssen.

Schon seit 1995 werden zur weiteren Verbesserung von Image und Absatz auf nationalen und internationalen Märkten umfangreiche Aktivitäten initiiert und realisiert. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit dem Deutschen Weininstitut und den Gebietsweinwerbungen.

Die Maßnahmen dieser Organisationen werden durch unsere Initiativen erfolgreich unterstützt.

Zu den Maßnahmen zählen Produktpräsentationen und Themenaktionen bei wichtigen Veranstaltungen in den Bereichen Wirtschaft, Sport, Kultur und Medien unter dem Dach „Weinland Rheinland-Pfalz“ ebenso wie mit den Themenaktionen „Wein und Design“, „Wein und Mode“, „Wein und Kunst“, die langen Filmnächte „KinoVino“ oder „Edle Steine, edle Weine“ zur Verbindung des Genussmittels Wein mit anderen Bereichen des guten Lebensstils und zur Schaffung von Erlebniswelten.

Nicht zu vergessen sind unser internationaler Weinwettbewerb „Best of Riesling“ und das neue Weinmarketingzentrum in Oppenheim. Dieses wird Impulsgeber für Weinmarketing sein und gleichzeitig die notwendigen Kooperationen zwischen Erzeugern und Kellereien moderieren.