Protokoll der Sitzung vom 10.09.2003

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dieter Schiffmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, man sollte auch in diesem Kreis noch einmal sagen, worum es bei Open-Source-Software eigentlich geht.

Es geht um Software, deren Quellcode offen gelegt ist, auf der keine Patente ruhen und an der auch – beispielsweise im Bereich Linux – eine weltweite Gemeinde an deren Weiterentwicklung und Umsetzung in ganz konkrete Anwendungen arbeitet, im Gegensatz zu einer proprietären Software, wie sie beispielsweise von Microsoft bekannt ist.

Herr Kollege Dr. Braun, eigentlich hätten wir erwartet, dass Sie Ihren Antrag zurückziehen und nicht zur Aussprache stellen; denn es ist doch ganz klar: Sie rennen offene Türen ein. Sie erwecken mit Ihrem Antrag den Eindruck, als hätten Sie das Thema „Open-SourceSoftware“ erst für das Haus entdeckt.

Der Innenminister hat Ihnen doch in der Innenausschusssitzung deutlich gemacht, dass die Landesregierung bereits im letzten Jahr über ihren Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnik und über die gebildete Arbeitsgruppe die Potentiale innerhalb der Landesverwaltung für die Anwendung von Open-SourceSoftware ausloten soll, es also unterwegs ist und läuft.

Wenn Sie den Eindruck erwecken, als sei von vornherein klar, dieser Einsatz von Open-Source-Software werde zu erheblichen millionenschweren Kosteneinsparungen führen, sollten Sie vielleicht das Ergebnis der Untersuchung abwarten, auch dasjenige, das die Bundesregierung und der Bundesinnenminister im Zusammenhang mit dem Vertrag mit IBM über die Anwendung von Linux auf den Weg gebracht haben.

Es gestaltet sich etwas schwieriger, als es im ersten Augenblick den Anschein hatte.

Der zweite Punkt ist, es ist nicht so, als gebe es auf den Rechnern in Rheinland-Pfalz nur MicrosoftAnwendungen. Rheinland-Pfalz hat auch positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit in vielen Feldern mit Microsoft gemacht, aber im Bereich der Server gibt es im erheblichen Umfang – das gilt insbesondere auch, wenn man das im nationalen Maßstab umsetzt – Anwendungen und Plattformen beispielsweise auf Linux.

Der Grundgedanke, der hinter der Entscheidung der Stadt München steht – sie haben eine Kostenrechnung für sich gemacht, ohne allerdings die Migrationskosten einzubeziehen –, aber auch die hinter der Entscheidung beispielsweise von Staaten wie Brasilien oder, um das letzte zu nennen, Japan, China und Singapur, die sich dieser Tage zusammengeschlossen haben und gemeinsam auf Linuxbasis Open-Source-Software als „AntiWindows“ entwickeln wollen, ist, dass jedes Monopol schlecht ist.

Jedes Monopol führt dazu, dass man dem Partner ausgeliefert ist und einem die Konditionen diktiert werden. Das gilt bei Microsoft insbesondere bei den Lizenzbedingungen beispielsweise im Office-Bereich, aber auch in dem Bereich, in dem es darum geht, die Unterstützung für Windows NT auslaufen zu lassen und die Anwender, bei denen es läuft, zu zwingen, überwiegend auf Windows 2000 umzusteigen.

Jedes Monopol ist schlecht. Deshalb ist es sinnvoll, Monopole zu brechen. Wir wollen einen offenen und von Vielfalt geprägten Weg in die Informationsgesellschaft, nicht zuletzt, weil auch gerade die Viren- und Wurmangriffe der letzten Wochen gezeigt haben, wie empfindlich NT-Strukturen sind, wenn nur eine Plattform eingesetzt wird.

Die Sicherheitsrisiken sind bekannt, die insbesondere auf den Microsoft-Plattformen vorhanden sind. Wer sich nur einem Partner in diesem Bereich ausliefert, hat nicht nur Kosten, sondern auch Sicherheitsrisiken, weshalb Vielfalt auf jeden Fall der beste Weg ist.

Wir unterstützen die Landesregierung bei ihren Bemühungen. Es muss ein sehr ausgefeiltes Konzept sein. Es lässt sich nicht einfach über die Rasenmähermethode entscheiden, dass Windows durch Linux ersetzt wird. Es muss sehr genau abgewogen werden.

Wir erwarten den Bericht der Landesregierung gegen Ende des Jahres und unterstützen das Grundanliegen Ihres Antrags nachdrücklich. Wir erwarten, dass alle Potenziale entsprechend ausgeschöpft werden.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Für eine Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Dr. Braun das Wort.

Herr Dr. Schiffmann, es ist erfreulich, dass Sie das Grundanliegen des Antrags unterstützen. Wir werden ihn zur Abstimmung stellen. Ich will dann hoffen, dass Sie auch den Antrag selbst unterstützen. Er ist an sich völlig unschädlich, weil das gemeinsam getragen werden kann.

Nur was mir fehlt, sind konkrete Mitteilungen der Landesregierung. Wir werden demnächst den Haushalt beraten müssen. Was nützt es mir, wenn ich darauf verweise, dass Ende des Jahres ein Konzept kommt, das eventuell an der einen oder anderen Stelle Einsparungen erbringen kann.

Ich muss schon für die Haushaltsberatungen das Konzept für Einsparungen vorliegen haben und die ersten Schritte umsetzen können.

Wie gesagt, es ist in diesem Bereich alles möglich. Ich muss dann aber wissen, wie die Migrationskosten sind und was es kostet, zu diesen Open-Source-SoftwareAnwendungen zu wechseln.

Wenn ich das mit vielen Städten und Gemeinden zusammen vorbereite, dann kann es günstiger werden. Dann kann es durchaus ein Konzept geben, mit dem man günstiger arbeiten kann, als wenn man das nicht so vorbereitet hat.

Ich muss Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, dass wir den Antrag vor einem halben Jahr zur letzten Haushaltsdebatte gestellt hatten. Sie können wohl verstehen, dass man als Abgeordnete ungeduldig werden kann, wenn man immer nur hört: Wir werden dann ein Konzept vorlegen.

Wir müssen für die neue Haushaltsdebatte wissen, wie das Konzept aussieht und wo Einsparungen möglich sind. Sie müssen natürlich nicht alle 2004 erbracht werden. Sie können aber schrittweise 2004, 2005 und in den nachfolgenden Jahren erbracht werden.

Wir sind mit vielen Verträgen lange an Microsoft und vielleicht an andere Nutzungen gebunden, sodass wir uns nur schrittweise wegbewegen können. Das zumindest sollte in klaren Schritten geschehen.

Diese klaren Schritte vermisse ich immer noch. Sie wurden bis heute weder von der Landesregierung noch von einer anderen Fraktion vorgegeben gesehen.

Vielen Dank.

(Staatsminister Zuber: Die werden Sie auch heute nicht hören!)

Ich werde sie auch heute nicht hören.

Zur Erwiderung hat Herr Kollege Dr. Schiffmann das Wort.

Herr Kollege Dr. Braun, das, was Sie angesprochen haben, werden Sie erst haben, wenn Sie konkrete Anwendungen ausgeschrieben haben. Es gab das Beispiel in München, wo es einen Bieterwettbewerb der besonderen Art zwischen Microsoft und SuSe – beispielsweis e im Hinblick auf Linux – gegeben hat. Das werden Sie wirklich erst dann erhalten.

Ein Punkt ist auch noch wichtig, damit klar wird, die Geschichte ist nicht ganz so einfach. Gegenwärtig wird im Europäischen Parlament über die Patentierbarkeit von Software-Anwendungen, von Software-Lösungen gesprochen. Ein ganz schwieriges Unterfangen, das dazu führen könnte, dass beispielsweise die ganze Grundlage für das Wirtschaftsmodell von Linux hinfällig wird, weil auf einen Kern von Linux einige Firmen Patentansprüche anmelden.

Das andere ist der völlig offene Ausgang der Prozesse in den USA von SEO gegen IBM, in denen es darum geht, inwieweit Teile von Linux auf Unix basieren und damit dem Patentschutz und dem Zugriff von SEO, für dieses Verfahren finanziell von Microsoft gefüttert werden –, also völlig uneigennützig –, unterliegen würden.

Das ist etwas komplizierter, als Sie es relativ schlicht dargestellt haben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Hörter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Erlauben Sie mir einige wenige Bemerkungen. Natürlich ist unsere Fraktion grundsätzlich positiv gegenüber einem verstärkten Einsatz von Open-Source-Software in der Verwaltung eingestellt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Dies war auch Gegenstand der Beratungen im Innenausschuss. Wir haben uns damals der Stimme enthalten. Ich will das auch begründen. Vonseiten der Landesregierung wurde uns gesagt und mitgeteilt, – damals Staatssekretär Bruch –, dass man zurzeit prüfe und die Zusage vorhanden war, dass man im Herbst im Innenausschuss die notwendigen Antworten bekäme.

Jeder hat mitbekommen, dass der Sommer zu Ende ist. Auf den Sommer folgt bekanntlich der Herbst.

(Dr. Schiffmann, SPD: Der kalendarische noch nicht ganz!)

Noch nicht ganz. Das dauert aber auch nicht mehr lange.

Wir sehen mit großer Spannung der nächsten Sitzung des Innenausschusses entgegen.

(Staatsminister Zuber: Der Herbst geht bis zum 21. Dezember!)

Herr Innenminister, dann kann ich allerdings die Ungeduld des Kollegen Dr. Braun doch verstehen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Heiterkeit des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch eine zweite Bemerkung machen. Wenn die Städte voranschreiten, kann das nur damit zu erklären sein, dass der finanzielle Druck bei den Städten schon seit längerem wesentlich höher ist als beim Land, aber auch das wird sich spätestens nach der Einbringung des nächsten Haushalts ändern.

Letzte Bemerkung: Ich würde empfehlen, nicht nur den Innenausschuss, sondern auch den Ausschuss für Medien und Multimedia mit dieser Frage zu beschäftigen. Insofern warten wir auf den Herbst. Wir stehen der Sache positiv gegenüber. Ansonsten werde ich mich der Ungeduld des Kollegen Dr. Braun doch anschließen, dass wir im Laufe des zweiten Halbjahres zu guten Lösungen kommen.

(Beifall der CDU)

Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Reinhold Hohn das Wort.