Protokoll der Sitzung vom 11.09.2003

frage ich Sie, ob Sie es für normal halten, dass am 7. Juli die Unterlagen in Ihrem Haus eingehen, zwei Monate die Kommunen nicht informiert werden, man bei Rückfragen sagt, dass man aufgrund des fehlenden französischen Kenntnisstands nicht in der Lage war, dies früher auszuwerten und wir diese Informationen aus der Presse erhalten müssen?

Ist das der normale Umgang der Landesregierung mit den Kommunen?

(Staatsminister Zuber: Wie Sie wissen, nicht!)

Herr Schmitt, zunächst einmal, das war, ist und wird nicht der Umgang mit den Kommunen sein.

(Schmitt, CDU: Ist es aber!)

Herr Schmitt, ich habe Ihnen auch in meiner Beantwortung der Anfrage der SPD-Abgeordneten deutlich gemacht, dass es sich um Vorabinformationen im Rahmen von gutnachbarschaftlichen Beziehungen handelt, aber um keine offizielle Unterrichtung.

Das war auch der Grund, weshalb wir beim Bund ständig nachgefragt haben, ob er die Unterlagen vorliegen hat, weil wir die Bundesregierung brauchten, um eine offizielle Beteiligung und Unterrichtung der Bevölkerung tatsächlich einzuleiten. Das schreibt die Umweltverträglichkeitsrichtlinie ausdrücklich so vor.

Es ist immer ein Anliegen des Bundesumweltministeriums gewesen, dass es die internationalen und bilateralen europäischen Beziehungen über die zuständigen Stellen des Bundes laufen lässt.

Ich würde mich heute nicht in der Lage sehen – das habe ich auch deutlich gemacht –, eine abschließende Bewertung dazu vorzulegen. Ich habe eine erste Bewertung vorgelegt, nachdem wir wussten, dass in Frankreich die Öffentlichkeit informiert ist.

Ich könnte ganz langsam süffisant die Frage stellen, wieso man – obwohl Anfang August von meinem Ministerium informiert – einen Monat gebraucht hat, um gegenüber der französischen Regierung bzw. den französischen Behörden deutlich zu machen, dass wir als Land Rheinland-Pfalz und als Bundesregierung ein Interesse an der Beteiligung der Deutschen haben, ungeachtet der Tatsache, ob man Unterlagen hat oder nicht.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Raab.

Frau Ministerin, können wir davon ausgehen, dass Sie sich in den Diskussionen der Strahlenschutzkommission, der gemeinsamen Kommission zum Schutz der Mosel, weiterhin dafür einsetzen werden, dass die Ableitungen von radioaktiven Stoffen, insbesondere Tritium, in die Mosel nicht erhöht werden?

Ich habe das deutlich gemacht, vor allem vor dem Hintergrund der jetzt beantragten Tritiumerhöhung, die meines Erachtens nicht gerechtfertigt ist, sogar im Vergleich mit anderen Reaktoren, weil zunächst einmal ein grundlegendes Genehmigungsverfahren notwendig wäre, wenn man tatsächlich einen anderen Abbrand bei oder an den Brennelementen herbeiführen würde. Ich halte das nicht für genehm igungsfähig.

Genau in diesem Sinn werden wir in den entsprechenden Kommissionen argumentieren. Es geht in diesen Kommissionen jedoch um mehr als nur um Tritium. Es geht auch um die anderen Radionuklide, die eine höhere Radiotoxizität haben und für die Belastung der Bevölkerung dominant sind.

Zweitens geht es auch um nicht radioaktive Stoffe, die ebenfalls von Interesse sind, wie zum Beispiel Chlor, weil auch die Mosel eine gewisse Chlorvorbelastung hat.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt.

Frau Ministerin, Fakt ist, dass wir als Kommunen von Ihrem Ministerium die Unterlagen trotz Anfrage nicht erhalten haben und sie uns haben besorgen müssen. Das ist schon ein seltsamer Umgang.

(Zuruf des Abg. Hartloff – Ministerpräsident Beck: Ortsgemeinde Fisch!)

Heißt das im Klartext, dass Sie sagen, für diese Zuständigkeit und Verantwortung wäre der Bundesumweltminister eigentlich zuständig gewesen, die Kommunen zu informieren, oder ist das Sache des Landes RheinlandPfalz?

Herr Abgeordneter Schmitt, den Weg habe ich ganz deutlich gemacht. Offiziell muss der Weg über die Bundesregierung laufen, um die Beteiligungsmöglichkeiten und -rechte der deutschen Bevölkerung und der Kommunen nicht zu gefährden, weil es sich um ein rechtsförmliches Verfahren handelt.

Zweitens wurden auch wir überrascht, dass in Frankreich das Öffentlichkeitsverfahren beginnt, weil diese Information nicht an Rheinland-Pfalz gegangen ist, sondern in dem Anschreiben an den Bund gestanden hat. Wir konnten nur spekulieren.

Deswegen gehe ich davon aus, dass Sie ab dem Moment, wo Sie angefragt haben, die Unterlagen haben können, aber nicht die Aktenordner, in denen wir momentan über 1.000 Seiten studieren. Das ist sicherlich nicht möglich. Wir haben deswegen zur allgemeinen Information jetzt auch die Internetpräsentation vorgesehen.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Eine letzte Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Schmitt.

Frau Ministerin, teilen Sie die Bewertung – weil es dann schwierig wird – von Herrn Dr. Michels, der gesagt hat, Tritium sei nicht das eigentliche Problem, wenn es erhöht wird, sondern das Problem könnte im Hydrazinhydrat liegen, weil das möglicherweise – auf welchem Weg auch immer – nachher krebserregend sein könnte?

Ist das eine Bewertung, die sachlich richtig ist, weil sie Folgewirkungen hat?

Herr Schmitt, bitte sehen Sie es mir nach, dass ich mich jetzt nicht abschließend zu einzelnen Werten und Bewertungen von einzelnen Stoffen äußern kann oder hinreißen lasse, weil ich ganz gern vorher die fachlich dafür zuständigen Behörden, Mitarbeiter und Kommissionen befassen würde, um mir tatsächlich ein umfassendes Bild machen zu können.

Das war auch der Hintergrund gewesen, weswegen wir gesagt haben, wir brauchen dieses Gremium in der Bundesrepublik – nämlich die Strahlenschutzkommission –, das, als einzige Fachkommission zunächst dem Bund zugeordnet, auch Informationsbedürfnisse der Länder befriedigt.

Wir brauchen diese Kommission, um eine umfassende Bewertung vornehmen zu können. Ich bitte um Nachsicht, dass ich mich nicht zu Einzelfragen an dieser Stelle äußern kann. Wir haben noch eine Aktuelle Stunde, in der wir sicherlich noch Gelegenheit haben, zu manchen Stoffen eine allgemeine Bewertung zu bekommen.

(Schmitt, CDU: Da können wir nicht fragen, zumindest bekommen wir keine Antwort!)

Nein.

Das wäre eine eigenwillige Interpretation der Aktuellen Stunde.

(Lelle, CDU: Aber das zeigt die Erfahrung!)

Eine Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Rösch.

Frau Ministerin, wie ist der derzeitige Stand der Bewertung unserer Nachbarn und des Bundes? Gibt es unterschiedliche Bewertungen bzw. Vorgehensweisen?

Herr Abgeordneter Rösch, was die Nachbarländer betrifft, habe ich den Eindruck, dass wir grundsätzlich eine ähnliche Bewertung haben, ohne dass wir uns schon fachlich ausgetauscht hätten. Dies gilt zum Beispiel für die Frage, ob man sich jetzt schon über TritiumAbleitungen unterhalten kann, aber auch für die Fragen der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Beteiligung der deutschen Bevölkerung insgesamt. Fachlich werden wir dies erstmals am 17. diskutieren. In einem Gespräch mit meinem luxemburgischen Kollegen habe ich die Rückmeldung bekommen, dass man Grundeinschätzungen unsererseits durchaus teilt.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Raab.

Die Sorgen in der Bevölkerung sind sehr groß. Ich habe den Eindruck, dass dort eine große Dankbarkeit herrscht, dass vonseiten des Umweltministeriums die Informationen gegeben wurden.

Es wird aber manchmal auch die Frage gestellt, wie es aussieht, wenn Störfälle in Cattenom auftreten. Gibt es eine Information der französischen Betreiber an Sie, wenn sich Ereignisse außerhalb des Regelbetriebs ergeben? Gibt es ein geregeltes Verfahren?

Frau Abgeordnete Raab, meines Wissens gibt es in den deutsch-französischen Kommissionen zum Schutz und zu Fragen der Sicherheit kerntechnischer Anlagen eine Bewertung eines möglichen Störfallrisikos sowie eine Bewertung der Ableitungen. Natürlich gibt es auch grenzüberschreitend bilaterale so genannte Störfallszenarien, in denen nicht nur die für die Bewertung von Radioaktivitäten zuständigen Behörden, sondern auch

Katastrophenschutzbehörden sowie andere mit eingebunden sind. Es gibt solche Abstimmungen.

(Unruhe im Hause)

Es liegen keine weiteren Fragen mehr vor. Die Mündliche Anfrage ist beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir kommen nun zur Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Michael Hörter und Herbert Jullien (CDU), Haltung der Landesregierung zur beabsichtigten Reform der Gewerbesteuer – Nummer 2 der Drucksache 14/2480 – betreffend, auf.

Herr Hörter, bitte.

Herr Präsident! Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung eine Einbeziehung von ertragsunabhängigen Elementen in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der mittelständischen Wirtschaft?

2. Welche Mehrbelastungen für Selbstständige und Freiberufler mit welchen wirtschaftlichen Folgen für Beschäftigung, Ausbildung und Preisentwicklung entstünden nach Auffassung der Landesregierung durch die beabsichtigte Besteuerung mit der Gewerbesteuer?

3. Wie hoch wären die Mehreinnahmen des Landes über die Gewerbesteuerumlage durch eine Ausdehnung auf Freiberufler und Selbstständige, und welche Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer stünden dem entgegen?

4. Welchen Verwaltungsaufwand im Verhältnis zum möglichen Ertrag verursacht nach Auffassung der Landesregierung die Einbeziehung der Selbstständigen und Freiberufler in die Besteuerung durch die Gewerbesteuer bei begrenzter Anrechnung auf die Einkommensteuer?