Wenn hohe Steuersätze zu niedrigen Steuersätzen überschwenkten, wurden die hohen Steuersätze ausgenutzt, um noch Steuervergünstigungen zu erhalten.
Ja, natürlich nur in der Übergangsphase. Herr Kollege Jullien, deshalb ist es schade, dass die Union das Vor
ziehen der Steuerreform verzögert. Ich hoffe, dass sie im Vermittlungsausschuss – möglichst noch im November – zustande kommen kann, damit dies noch eine Wirkung entfaltet.
Zweite Anmerkung: Frau Kollegin Thomas, das Thema „Steuervereinfachung“ muss auf die Tagesordnung, weil damit zusammenhängt, dass in einem Steuersystem mit hohen Steuersätzen diejenigen, die viel absetzen können, die höchsten Steuervorteile haben.
Nur ein einfaches mit niedrigen Steuersätzen ausgestattetes Steuerrecht ist gerecht. Deshalb sollte man dieses Thema – Herr Staatssekretär, im Moment steht dieses Thema nicht auf der Tagesordnung – aber auf die Tagesordnung setzen, um ein Stück mehr Steuergerechtigkeit herzustellen. Das ist auch ein Anliegen der FDP-Fraktion.
Ansonsten sind wir uns sicher, dass die Landesregierung alles daransetzen wird, dass die Steuerreform zum 1. Januar 2004 in Kraft treten wird. Das ist gut für die Verbraucher, die Wirtschaft, aber auch für die Arbeitsplätze.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär Dr. Deubel, in der Tat ist die internationale Finanzwelt besorgt; sie ist hochbesorgt. Das haben Sie ganz richtig gesagt. In einem Punkt kann ich Sie aber beruhigen: Die internationale Finanzwelt ist nicht über die Union besorgt.
Die internationale Finanzwelt ist über die Politik besorgt, die seit ein paar Jahren in Deutschland gemacht wird. Ich verstehe es gut, dass es die Sozialdemokraten und andere gern hätten, wenn sie auch über die Union besorgt wäre. Die Wirklichkeit ist aber eine andere; das, was wir seit ein paar Jahren erleben, beispielsweise in der Finanzpolitik, spottet jeder Beschreibung.
Wir sind in der großen Gefahr, dass sich die Flickschusterei der letzten Jahre – rein in die Kartoffeln, raus aus
den Kartoffeln, rein in die Kartoffeln – fortsetzt. Man muss sich nur einmal das Debakel mit der Diskussion um die Eigenheimzulage in den vergangenen zwölf Monaten vor Augen führen. Was ist da an Vertrauen zerstört und an Investitionen aus Deutschland weggelenkt worden.
Liebe Frau Thomas, gottlob trennen uns in diesen Fragen Welten. Gottlob trennen uns in diesen gesellschaftspolitischen Fragen Welten.
Jetzt will ich noch zwei Bemerkungen machen. Zum einen will ich noch etwas zur großen Steuerreform sagen. Bei einer nüchternen Betrachtung kann es meiner Meinung nach unabhängig von der Frage, ob wir eine Entlastungsstufe vorziehen oder nicht – das kann nicht das Ende vom Lied sein –, überhaupt keine Zweifel daran geben, dass wir aus hunderten von Gründen eine wirklich große Steuerreform brauchen, die diesen Namen verdient. Gründe sind unter anderem eine bessere Durchschaubarkeit und eine größere Gerechtigkeit. Verehrte Frau Thomas, sie liegt auch im Interesse derjenigen, die viel in Deutschland verdienen und heute so gut wie keine Steuern zahlen. Deshalb geht beispielsweise der Vorwurf der sozialen Ungerechtigkeit mit Blick auf Merz, Kirchhof und andere völlig daneben. Da wird erst die soziale Balance wieder hergestellt, die es heute gar nicht gibt.
Frau Thomas, Sie machen sich immer mit dem Spitzensteuersatz froh. Der beträgt nach Ihren Vorstellungen 80 %. Das hilft überhaupt nicht, wenn derjenige, der einen Spitzensteuersatz von 80 % zahlen müsste, faktisch null Euro zahlt. Da helfen die 80 % Spitzensteuersatz überhaupt nichts.
Es steht außer Zweifel, dass eine Reihe von offenen Fragen noch zu diskutieren ist. Das ist beispielsweise für mich die Frage, ob der von Kirchhof und Merz in gleicher Größenordnung vorgeschlagene Grundfreibetrag von 8.000 Euro wirklich ausreicht. Ich bin mir da nicht sicher, selbst wenn ich die 1.000 Euro Arbeitnehmerpauschale noch dazurechne. Ich bin mir absolut nicht sicher, ob das ausreicht, um beispielsweise im Niedriglohnbereich die Anreize zu setzen, die wir brauchen.
Zweite und letzte Bemerkung: Der Staatssekretär ist auf diese Frage unter dem beliebten Motto „Wir können vorschlagen was wir wollen, aber die Union lehnt schneller ab, als wir überhaupt Vorschläge machen können“ eingegangen. Wenn die Vorschläge aber nicht mehr wert sind, sodass wir sie ablehnen müssen, wird das auch so bleiben, Herr Staatssekretär.
Zum Vorschlag der Gegenfinanzierung durch die Pendlerpauschale frage ich noch einmal, wo dieser Vorschlag einen Sinn macht. Wir nehmen eine steuerliche Netto
entlastung durch ein Vorziehen der Entlastungsstufe auf das Jahr 2004 vor, aber gleichzeitig streichen wir die Pendlerpauschale, sodass unter dem Blickwinkel der Nettoentlastung, also unter dem Blickwinkel dessen, was übrig bleibt, die Mehrheit der rheinland-pfälzischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer trotz Steuerreform weniger in der Tasche hat als vorher.
Entschuldigen Sie Herr Böhr, jetzt aber einmal Butter bei die Fische. Wie wollen Sie das gegenfinanzieren? Ich habe nicht einen Vorschlag von Ihnen gehört. Ich höre aber permanent die Ablehnung. Keine Veränderung bei der Eigenheimzulage und anderen Leistungen, die der Staat derzeit in diesem Bereich erbringt.
Es stimmt übrigens nicht, dass die Diskussion um die Eigenheimzulage die Investitionen in diesem Bereich verringert hat – im Gegenteil. Schauen Sie einmal, was sich in der letzten Zeit im Wohnungsbau ereignet hat.
Viele haben genau das noch mitnehmen wollen. Sie haben ein Haus gekauft oder haben angefangen zu bauen und Ähnliches. So viel zur Schlüssigkeit Ihrer Argumentation. Das spricht nicht für die lange Diskussion, aber das spricht schon gar nicht für Ihre Fachkompetenz, Herr Böhr.
Zum zweiten Punkt: Senkung des Eingangs- und Spitzensteuersatzes auf 15 % bzw. 42 %. Ich kann mich nicht erinnern, dass eine CDU-geführte Bundesregierung das jemals erreicht hat. Ich lasse es Ihnen nicht durchgehen, wenn Sie sich an dieses Pult stellen und sagen, die GRÜNEN würden von Spitzensteuersätzen von 80 % träumen. Das ist doch in Ihrer Argumentation Irrsinn. Ich erwarte, dass Sie das zurücknehmen. Das ist wirklich das Allerletzte.
Wenn Herr Mertes noch einmal redet – ich hoffe, er hat den Mut dazu –, erwarte ich, dass er sich zu Punkten
der Entlastung festlegt, nämlich zu der Eigenheimzulage und zu der Entfernungspauschale. In der Haushaltsdebatte habe ich schon gesagt, dass wir nicht bei dem landen werden, was Eichel zur Entfernungspauschale vorgeschlagen hat und wofür mein Herz schlägt, aber wir können auch nicht bei dem stehen bleiben, was Steinbrück und Koch nach dem Motto vorschlagen, wir nehmen einen Cent weg und hoffen, dass es niemand merkt.
Das ist keine Entlastung, das ist keine Gegenfinanzierung, sondern das ist eine Veräppelung der Wählerinnen und Wähler, meine Damen und Herren.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit fortlaufender Dauer der Debatte bin ich der SPD-Fraktion umso dankbarer, dass sie diese Debatte angeregt hat. In der Tat werden einige Dinge klarer. Wir brauchen meiner Meinung nach Klarheit, damit wir nicht in die nächsten Wochen hineingehen ohne zu wissen, wo wir letztlich durch dieses Parlament mit seinen Mehrheiten und Minderheiten als Landesregierung gestützt und wo wir nicht gestützt werden.