Protokoll der Sitzung vom 22.08.2001

Dort haben wir die Möglichkeit, in dem einen oder anderen Fall nach der Diskussion noch einiges daraufzusatteln oder vielleicht etwas wegzunehmen. Das werden wir überlegen.

Wir stimmen zu, dass von diesen Debatten das Signal ausgehen muss, dass der Landtag Rheinland-Pfalz die Nutzung regenerativer Energien will und die Bürgerinnen und Bürger und die Vereinigungen ermuntert werden, weiterhin auf diese Zukunftsenergien zu setzen.

(Beifall bei der SPD)

Das Signal muss dabei die Entscheidungsträger in den Kommunen, die vor Ort die Flächen bereitstellen müssen, sollen oder auch, die es nicht wollen, die Naturschutzverbände, die Menschen in der Landespflege, in der Wasserwirtschaft, bei den Planern erreichen. Wir alle wollen noch stärker die Energieeinsparung, die rationellere Energienutzung und die Nutzung der erneuerbaren Energien. Ich stimme zu, in vielen Fällen Ihrer Kritik werden Hinweise auf moderne Nutzungskonzepte noch nicht gegeben, werden Hemmnisse konstruiert, wird der Einsatz der erneuerbaren Energien durch Planungsvorgaben erschwert. Wie bei der Wind- oder Wasserkraft wird schon vorauseilend in der Konzeptionsphase vor möglichen Widerständen von Bürgerinitiativen eingeknickt.

(Billen, CDU: So ist das!)

So ist das.

Ich denke, von diesem Parlament muss das Signal ausgehen: wir stärken euch vor Ort den Rücken, wenn ihr bereit seid, auch euch in diese neuen Technologien einzubringen.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Um unseren politischen Willen offensiv nach außen zu tragen, wollen wir deshalb bei anderen Gelegenheiten weitere Debatten führen, wenn es darum geht, der Geothermie den Weg zu ebnen, wenn es darum geht, die Energienutzung aus Biomasse, aus Abfällen, aus dem so genannten Müll voranzubringen. Das gilt auch dann, wenn es darum geht, die Nutzung der Windenergie in ihrem Ausbau zu ermöglichen.

Unter dem Aspekt Klimaschutz sehe ich nach wie vor ein ganz erhebliches Potenzial in der Sanierung älterer Gebäudesubstanzen und dem Einsatz moderner Steuerungstechniken bei Heizungsanlagen. Den spezifischen Bedarf an Energie auf das unbedingt notwendige Maß herabzusetzen, macht den Einsatz von hochwertigen Techniken erst interessant, wirtschaftlich und sinnvoll, weil diese teuer sind und über das Gesetz über die erneuerbaren Energien noch subventioniert werden. Erst dann ist es sinnvoll, wenn wir den spezifischen Energiebedarf reduzieren. An dieser Stelle besteht noch Handlungsbedarf. Ich denke, wir können davon ausgehen, dass bei 80 % bis 85 % der Häuser in Rheinland-Pfalz ein Sanierungsbedarf besteht. Der Verbrauch pro Quadratmeter von Öl oder Gas müsste erheblich bzw. über die Hälfte reduziert werden.

Unter dem Aspekt Klimaschutz sehe ich nach wie vor ein ganz erhebliches Potenzial. Das müsste meines Erachtens in den nächsten drei bis vier Jahren umgesetzt werden.

Zu unserer Tätigkeit auf anderen politischen Ebenen müssen wir auch immer wieder die Praxis zum Beispiel bei der Ausweisung von Baugebieten hinterfragen. Diese orientiert sich in aller Regel an der Bereitstellung einer gesicherten Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, aber kaum jemand fragt danach, wie es sich mit der Sonneneinstrahlung verhält. In vielen Fällen liegen Baugebiete in Schattengebieten, und die Häuser verbrauchen 10 % bis 20 % mehr Energie, als wenn sie sinnvoll in Sonneneinstrahlungsgebieten liegen würden. Ganz abgesehen davon, dass in vielen Fällen die Ausweisung von Baugebieten auch noch Firstrichtungen vorschreibt, die die Nutzung von Solaranlagen erschweren, wenn nicht sogar verhindern.

Wir müssen wegkommen von Häusern als Energiefresser hin zu Plusenergiehäusern, das heißt, was wir brauchen, sind Siedlungen, die mit intelligenten Systemen mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. Je nach Standort bieten sich Biomasseanlagen, Windkraftanlagen oder auch Photovoltaikanlagen, Geothermie oder schon bald Brennstoffzellen an. Wer heute glaubt, die Antwort auf die Energiefragen im Detail schon geben zu können, muss irren. Wir brauchen noch etwas Zeit, um eine bessere Antwort geben zu können, als dies heute möglich ist. Bei der Geothermie brauchen wir noch schätzungsweise zwei bis drei Jahre, bei der Biomasse noch einige Monate, bis die vom Umweltministerium in Auftrag gegebene Studie über das Biomassepotenzial fertig ist, bei der Brennstoffzelle noch vier bis fünf Jahre.

Aber schon jetzt sollten wir uns daran machen, Analysen des Energiebedarfs in Regionen oder auch in RheinlandPfalz möglichst flächendeckend anzuregen, bei denen erfragt wird, welche Art der Energie die Industrie und die

Wohnbebauung braucht. Diese Daten sollten erfasst werden. Es sollte festgestellt werden, welche Energien wann, wo und in welcher Form zur Verfügung gestellt werden können. Daraus sollte mit den Verbänden, der Industrie, dem Handwerk ein Energiemanagementsystem entwickelt werden. Ich denke, dass wir darüber im Ausschuss unter Zugrundelegung der beiden vorliegenden Anträge auch diskutieren sollen. Ich verweise dabei auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Kollegin Morsblech über die KfW-Programme und Programme der Deutschen Ausgleichsbank sowie auf das Gesetz über die erneuerbaren Energien. Wir sehen natürlich gern, dass wir gerade durch die Förderung des Bundes im internationalen Vergleich sehr weit vorn liegen. Wir haben eine hervorragende Position. Das zeigt sich daran, dass nicht nur nach Kalifornien, in die USA, nach Japan oder nach Italien Windkraftanlagen exportiert werden, sondern wir auch bei anderen Technologien einen Fortschritt haben und dies in wenigen Jahren ein Exportschlager sein wird.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Das Gesetz über die erneuerbaren Energien hat dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Dass die Windkraftanlagen in Rheinland-Pfalz einen enormen Fortschritt gemacht haben, hängt damit zusammen. Wir verkennen dabei nicht die Fragestellung und die Probleme, die sich im Zusammenhang mit der Nutzung zeigen. Wir sehen aber auch, dass wir uns wohl zwischen einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes bei der Produktion von elektrischer Energie und dem unverkennbaren Hang eines Teils der Bevölkerung nach unverbauter Landschaft entscheiden müssen.

Diesen Konflikt gilt es zu lösen, und diese Lösung gilt es aber auch durchzustehen.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weg mit den Hochspannungsleitungen!)

Wir schlagen in unserem Antrag insofern Lösungsmöglichkeiten vor, dass wir sagen, die UVP-Richtlinie muss konsequent angewendet werden. Wir wollen die raumordnerische Festlegung von Windkraftparks. Wir wollen eine sorgfältige Auswahl der Standorte und die raumordnerische Planung der Standorte. Wenn wir den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2010 erhöhen wollen, müssen wir weitere Standorte ausweisen – dies zusammen mit der Regionalplanung –, möglicherweise auch in Waldflächen, die geprüft werden sollten, und wir müssen vorhandene Standorte optimal ausnutzen. Das heißt auch, nicht optimale Anlagen durch große Anlagen mit einem anderen Wirkungsgrad zu ersetzen. Drei große Anlagen bringen mehr als zwanzig kleine Anlagen, davon abgesehen, dass sie sicher optisch auch besser in die Landschaft passen.

Meine Damen und Herren, ich gestehe zu, dass wir Diskussionsbedarf haben, zum Beispiel, wo FFHGebiete Windkraftanlagen blockieren, auch wenn solche FFH-Gebiete beispielsweise in ehemaligen militärischen Anlagen gelegen sind. Im Hinblick auf die Diskussion um die Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie sollten wir die Diskussion führen, wie sich dieses auswirkt. Ich denke, wir müssen darüber in aller Offenheit reden. Wir müssen

auch Förderrichtlinien überprüfen, wenn zum Beispiel Schulen, Krankenhäuser, Träger von Sporteinrichtungen von den Investitionskosten her teurere Anlagen bauen wollen, um aber über geringere Jahreskosten Energie wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll zur Verfügung zu stellen. Ich denke, auch hier brauchen wir einen gewissen Schub. Ich denke, wenn wir uns im Ausschuss intensiv damit befassen, werden wir zu der einen oder anderen Frage noch Lösungsmöglichkeiten finden.

Ich bedanke mich herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Licht das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Die beiden Vorredner haben deutlich gemacht, dass wir uns nicht zum ersten Mal mit diesem Thema auch im Landtag beschäftigen und es auch einen gewissen Grundkonsens gibt. Wir brauchen ohne Frage erneuerbare Energien.

Meine Damen und Herren, es ist, wie gesagt, nicht das erste Mal, dass wir darüber sprechen. Es ist auch nicht das erste Mal, dass wir in einer Reihe von Punkten übereinstimmen. Es ist aber auch nicht das erste Mal, dass wir dabei auch auf Versäumnisse der Landesregierung zu sprechen kommen, was die Planungen angeht. Wir haben in den letzten Haushaltsberatungen mehrfach über dieses Thema gesprochen, über das, was man allgemein in der Zukunft vorhat, wie man die Dinge entwickeln sollte. Wir haben auch nicht zum ersten Mal den Punkt – das sollten wir in dem Dialog, und ich fordere die Grünen wirklich auf, das einmal beiseite zu schieben –, dass wir die Diskussion immer mit dem Pro des isolierten Ausstiegs aus der Kernenergie verknüpfen.

(Mertes, SPD: Das ist doch schon längst gegessen!)

Im Antrag der GRÜNEN steht es wieder so drin. Ich sage es nur noch einmal. Herr Mertes, „längst gegessen“ kann man ohne weiteres auch nicht so sagen; denn die Verknüpfung – –

(Mertes, SPD: Wollen Sie Mülheim-Kärlich wieder anschalten?)

Ach, Sie wissen genau, was ich damit sagen will.

zwischen der Nutzung der Kernenergie und dem Einsatz regenerativer Energien lähmt eigentlich eine konstruktive Diskussion, die wir bei der regenerativen Energieart eigentlich brauchen. Sie polarisiert auch immer in der Gesellschaft, wenn diese Punkte miteinander verknüpft werden. Eins müssen wir feststellen – das gehört zur Wahrheit mit dazu –, wenn der Ausstieg beschlossen wird und so erfolgt, dann gehört fast synchron

der Einstieg in die alternativen Energien dazu; denn ohne können wir gewisse Zukunftsfragen nicht beantworten.

(Frau Spurzem, SPD: Deswegen fördern wir das Ganze!)

Meine Damen und Herren, dabei bedarf es natürlich einer Planung, über die man dann streiten kann, welche Schritte usw. man unternimmt. Aber es bedarf einer konkreten Planung. Herr Franzmann, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie auch Punkte für eine solche Planung auch auf Länderebene und auch in Bezug auf das Land Rheinland-Pfalz angesprochen haben und auch selbst gefordert haben. Insofern ist der Punkt, den die GRÜNEN hier ziemlich klar herausstellen, auch zu unterstützen.

Meine Damen und Herren, das frühe Reagieren auf mögliche technische Entwicklungen und der Wirtschaft auch Anreize zu geben, in einem frühen Entwicklungsstadium in das Gestalten von Zukunftsmärkten einzutreten, sollte die Basis aller sein – ich erkenne, das ist es auch –, sich unabhängig von der Atomdebatte für ein Wachsen von regenerativen Energien einzusetzen. Es besteht wirklich kein Zweifel, wir brauchen diese Energieart. Sie schafft auch Arbeitsplätze, die wir dringend brauchen.

Wir müssen auch darüber vorbehaltlos diskutieren, in welcher Größenordnung sich Wunsch und Wirklichkeit treffen, sonst können wir diese synchronisierte Frage nicht beantworten. Wenn man die Frage wirklich vorbehaltlos angeht, dann bergen die Chancen, die regenerative Energien in sich haben, auch Risiken. Auch das muss man auf den Tisch legen. Wenn man nur die Zahlen betrachtet – für alle ist das mittlerweile ein Begriff: EU-Anteil derzeit 6 %, soll bis 2010 auf 12 % verdoppelt werden –, zwischen 12 und 100 ist ein weiter Weg. Wie weit dieser Weg sein kann oder sein wird, gehört zu einer wirklich offenen Debatte. Dann wird auch deutlich, dass nicht alle Wünsche erfüllbar sind oder die Politik auch Mut haben muss, dann, wenn sie nur im Wunschkatalog verharren, auch zu reagieren und umzusteuern.

Meine Damen und Herren, der Antrag der GRÜNEN beinhaltet – wie gesagt – eine Reihe von Punkten, denen man zustimmen kann, anderen wiederum nicht. Wir werden darüber diskutieren. So in Gänze wird die CDUFraktion nicht zustimmen. Das kann ich so sagen. Wir werden sehen, was vielleicht am Schluss der Debatte auch unter Einbezug der Diskussionen, die - -

(Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Ich sage, in der Form können wir nicht zustimmen. Wir werden sehen, was vielleicht am Schluss insgesamt dabei herauskommt.

Meine Damen und Herren, es muss an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass Sie Ihr leidenschaftliches Plädoyer, Herr Dr. Braun, eigentlich in Richtung Berlin richten müssten; denn das, was auch Herr Franzmann als aktuell angesprochen hat, das, was auf die Kleine Anfrage die Regierung antwortete, ist Schnee von gestern. Dort wird auf ein Programm Bezug genommen,

das auch noch toll in der Anlage beigeheftet wird. Vielleicht wird die Kleine Anfrage jetzt auch landesweit verschickt. Ein aktuelles Beispiel ist, dass die Richtlinien insbesondere für Biogas und Biomasseanlagen nicht mehr die aktuellen sind. Wesentliche Streichungen wurden bei Biogas und Wasserkraftanlagen vorgenomen. Dort wird zukünftig der Teilschulderlass nicht mehr gewährt. Bei Biomasseanlagen zur Wärmeerzeugung wird die Höhe des Teilschulderlasses deutlich reduziert.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gilt bei Kraft-Wärme-Kopplung. Das gilt bei fester Biomasse. Das gilt bei Kollektorenflächen. Das gilt bei vielen Punkten, wo drastisch reduziert worden ist.

Herr Kollege Licht, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Braun?

Herr Kollege Licht, würden Sie bereit sein, zur Kenntnis zu nehmen, dass im drittletzten Spiegelstrich unseres Antrags steht, dass sich die Landesregierung dafür einsetzen soll, dass die einseitig durch das Bundeswirtschaftsministerium gekürzten Zuschüsse für thermische Solaranlagen und Biomasseanlagen im Marktanreizprogramm zurückgenommen werden? Das ist eine sehr konkrete Aufforderung, die genau das trifft, was Sie gefordert haben. Das richtet sich auch an die Bundesregierung über unsere Landesregierung.

(Mertes, SPD: Das trifft unseren Müller!)

Herr Kollege Dr. Braun, Sie wollten eine Frage stellen.

Ja. Ich habe gefragt, ob er bereit ist, das zur Kenntnis zu nehmen.

Das habe ich mir sogar fest angemahnt. Nichtsdestotrotz ist mein Einwand richtig, dass sich Ihr Appell vor allen Dingen an die Bundesregierung richtet. Da sind Sie irgendwo mitbeteiligt, zumindest sollte man das nicht außer Acht lassen.