Protokoll der Sitzung vom 21.01.2004

Ich bitte um Entschuldigung.

Im Kernhaushalt sind dies 1,2783 Milliarden Euro, und 2002 waren es 1,518 Milliarden Euro.

Herr Kollege Dr. Böhr, Sie haben behauptet, wir würden mit der Nettokreditaufnahme von 2003 über der Nettokreditaufnahme von 2002 liegen. Sie liegen exakt um 500 Millionen Euro daneben. 500 Millionen Euro!

(Itzek, SPD: Das sind 25 %!)

Ich rate Ihnen zu einem Zweiten: Sie haben von der Zins- oder Schuldenfalle gesprochen. Ich denke, die Zahlen wird der Finanzminister noch im Einzelnen darlegen. Wenn ich richtig zugehört habe – ich will bei einer langen Rede nicht ganz ausschließen, dass man sich einmal verhört, aber ich wäre erstaunt –, haben Sie von einer Größenordnung in der mittelfristigen Finanzplanung von bis zu 2 Milliarden Euro an Zinsschulden geredet. Es werden deutlich unter 1,2 Milliarden sein. Lieber Herr Kollege Dr. Böhr, das sind 800 Millionen Euro Unterschied.

(Böhr, CDU: Es sind nicht meine Zahlen!)

Es sind nicht Ihre Zahlen! – Aber Sie haben sie vorgetragen, und sie waren falsch! Sie waren um 800 Millionen Euro - das sind schätzungsweise 35 % falsch! So haben Sie heute Morgen Ihr Katastrophenszenario begründet.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich möchte Ihnen gern noch einige weitere Punkte nennen, ohne meine gesamte Rede in Zahlen untergehen lassen zu wollen. Ich bitte den Herrn Finanzminister, in

seiner Rede darauf einzugehen. Auch Ihre Behauptung, die Verschuldung des Landes je Einwohner liege bei 2.338 Euro, ist unzutreffend, schlicht und einfach unzutreffend! Wir liegen deutlich darunter. Die einzelnen Zahlen können nachher genannt werden. So kann man dieses Zahlenwerk, das Sie uns vorgetragen haben, fortsetzen. – Entschuldigung, es ist alles nachvollziehbar. Ich biete noch einmal an, es nachzurechnen.

In diesen Betrachtungen sind auch Fragen der Gegenrechnung dessen noch nicht enthalten, was wir an Guthaben über den Pensionsfonds haben. Von daher wäre ich dankbar, wenn man nicht in solchen Größenordnungen eine Risikoeinschätzung vornimmt und daraus Ableitungen trifft, die dann in jedem Fall in diese katastrophale Betrachtung münden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, über die Frage, ob wir uns im Verhältnis zu den Kommunen angemessen verhalten oder nicht, wird es in einem Parlament immer Diskussionen geben. Ich bin sicher, dies ist in anderen Landtagen nicht anders als bei uns. Wir sind der Überzeugung, dass wir uns gegenüber den Kommunen anständig, partnerschaftlich und solidarisch verhalten.

(Beifall der SPD und der FDP)

Der Verbundsatz ist im Land Rheinland-Pfalz in dieser Legislaturperiode stabil und verlässlich. Dies war schon einmal anders in diesem Land.

(Schmitt, CDU: Aber auf einem weit anderen Niveau!)

Ja, heute auf einem viel höheren Niveau, da haben Sie Recht. Auf einem ungleich höheren Niveau. Ich danke Ihnen für diesen Zwischenruf.

(Schmitt, CDU: Die Verbundmasse!)

Die Verbundmasse ist in diesem Jahr, wenn ich es richtig im Kopf habe, um etwa 6 Millionen bei über 1,5 Milliarden niedriger als vorher. Es hilft nichts, wenn Sie mir dazwischenrufen, dass Ihre Verbundsatzlösung, die teilweise bei 19,5 % gelegen hat, den Kommunen besser getan hätte als unsere 21 %. Das können Sie vorrechnen, wem Sie wollen.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe der Abg. Schmitt und Schnabel, CDU)

Ich bin in eine Schule gegangen, in der man dies noch zusammenrechnen konnte. Das muss man sagen. Wenn er nicht dazwischengerufen hätte, hätte ich ihm das erspart.

Meine Damen und Herren, ich komme zu der Frage des Verstetigungsdarlehens. Wir könnten uns einfach einen schlanken Fuß machen. Herr Kollege Mertes hat dies deutlich gemacht. Wir könnten uns so verhalten wie andere Länder auch und könnten schlicht und einfach die Größenordnungen, die verrechenbar sind, verrechnen. Ich hielte dies jedoch für eine nicht verantwortbare Position, und dies nicht nur, weil es die Kommunen – zumindest ein großer Teil davon – wirklich schwer haben; das ist völlig unbestritten. Aber die Maßstäbe,

von denen ich einleitend geredet habe, einen Beitrag zu einer guten konjunkturellen Entwicklung leisten zu wollen, sind nur dann erfüllt, wenn auch die Kommunen Bewegungsspielräume erhalten. Mich wundert es ein wenig, wenn von erfahrenen Kommunalpolitikerinnen und -politikern gesagt wird, eine solche Zuwendung, die nicht ausdrücklich investiv gebunden sei, habe nichts mit der Investitionsfähigkeit der Kommunen zu tun. Wenn das richtig wäre, muss ich sagen, habe ich einen Großteil meines Lebens falsch Kommunalpolitik betrieben.

(Zuruf des Abg. Schnabel, CDU)

Ja, ja, Herr Schnabel!

Wir waren uns immer darüber einig und sollten insoweit auch dabei bleiben, dass die Investitionsschlüsselzuweisung in diesem Land immer das Ziel hatte, die Investitionsfähigkeit und das Vertrauen in die Investitionsmöglichkeiten der Kommunen zu stärken und sie insoweit nicht auf die Vermögenshaushalte zu binden. Das ist doch kein Beweis dafür, dass solche Zuwendungen nicht überwiegend investiv sind. Im Gegenteil, wenn ich investieren will, muss ich Spielräume im Verwaltungshaushalt haben, sonst kann ich die Vermögenshaushalte doch nicht mit neuen Krediten entsprechend belasten. Drehen Sie mir doch die Dinge nicht im Mund herum!

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe der Abg. Schmitt und Schnabel, CDU)

Wenn Sie alle Maßstäbe unserer bisherigen Politik in Rheinland-Pfalz auch zu Ihren Zeiten umdrehen wollen, dann müssen Sie weiter so argumentieren.

(Schmitt, CDU: Darum geht es gar nicht! – Schnabel, SPD: Sie sind schon lange nicht mehr in der Kommunalpolitik gewesen!)

Ja, ja. Manche Sachen vergisst man nie im Leben wie Schwimmen und Rad fahren. So ist es auch, wenn man einmal kommunalpolitisch Verantwortung hatte. Heute war der Tag der Ortsbürgermeister. Ich war auch einer. Alle, die Ortsbürgermeister sind, wissen, da kann man nicht irgendjemanden rufen, das muss man selbst machen. Das geht Ihnen allen so.

(Schmitt, CDU: Das sollte man auch anderen zugestehen!)

Ich möchte dann noch einmal deutlich machen, dass im Haushaltsgrundsätzegesetz, was den Ansatz und die Berechnung von Darlehen angeht, eine unmissverständliche Regelung steht. Ich möchte es zitieren, und zwar § 10 Abs. 3 des Haushaltsgrundsätzegesetzes. Dort steht unter anderem – ich zitiere –: „Ausgaben für Investitionen sind die Ausgaben für a) Baumaßnahmen, b) Erwerb von beweglichen Sachen, c) Erwerb von unbeweglichen Sachen, d) Erwerb von Beteiligungen, e) Darlehen.“ Man kann es nachlesen, damit die Mär, die ständig verbreitet wird, wir hätten irgendetwas erfunden oder es wäre etwas getrickst worden, wie ich es gelesen habe, aufhört. Wie anders als nach dem Haushalts

grundsätzegesetz verankert man denn eine solche Darlehensgebung?

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht doch um die Spitzabrechnung!)

Verehrte Frau Thomas, es geht nicht um die Spitzabrechnung. Sie wollen den Weg verschließen. Wenn wir diesen Darlehensweg gehen, dann, mit Verlaub, müssen es die Kommunen auch wieder zurückzahlen. Das ist uns vorhin zum Vorwurf gemacht worden. Das ist aber in der Tat so. Das ist doch ein Guthaben. Warum sollen wir dieses Guthaben nicht auf das Gesamtguthaben und damit auf das Gesamtvermögen dieses Landes Rheinland-Pfalz anrechnen dürfen? Das müssen Sie mir einmal sagen.

Natürlich hat dies auch mit der Erhöhung der Kreditgrenze zu tun. Aber ich halte dies für einen gerechtfertigten Weg, ein Weg, der im Übrigen einfach zu durchbrechen wäre – ich sage es noch einmal –, wenn wir diese Hilfe nicht gäben. Dann hätten wir natürlich auch im investiven Bereich sehr deutliche Einbrüche bei den Kommunen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird bei diesem verlässlichen Weg bleiben. Wir bieten den Kommunen ausdrücklich an, diesen Beistandspakt in die Zukunft hinein fortzuschreiben, weil Sie so gut wie ich wissen – das war doch ein zentraler Punkt der Gewerbesteuerdiskussion der letzten Jahre –, dass die Verlässlichkeit der Einnahmen auch ein ganz wichtiger Baustein kommunaler Entscheidungen und kommunaler Haushaltspolitik sind. So weit wir es beeinflussen können, werden wir hier Verstetigung schaffen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe in den munteren Vorschlägen und Debatten auch gehört, dass wir nicht so heftig wie andere sparen würden. Ich möchte jetzt nicht noch einmal aufzählen, wie viele Länder die Nettokreditaufnahmegrenze reißen, beispielsweise unsere Nachbarn in Hessen, was ich ihnen gar nicht vorwerfe, jeder muss seine Politik machen. Bei Hessen sind es 255 Millionen Euro. Ich möchte Sie aber noch einmal daran erinnern dürfen, dass sich das, was wir in diesem Land Rheinland-Pfalz an Einsparmaßnahmen beschlossen haben – nicht das, was wir noch überlegen und was vielleicht kommt oder nicht –, bis Ablauf der mittelfristigen Finanzplanung, wobei 2008 eingerechnet ist, auf eine Dimension von 1,020 Milliarden Euro pro Jahr belaufen wird. Vergleichen Sie die Zahlen, die von Bayern und anderswo genannt werden. Gemessen an unseren Haushaltsdimensionen ist das eine durchaus vergleichbare Größenordnung. Im Unterschied zu anderen haben wir diese Dinge beschlossen und nicht als Absicht in der Pipeline.

Dass die Umsetzung im Alltag und bei jeder Haushaltsberatung noch einmal eine mühsame sein wird, da habe ich keine Illusionen, weil sich natürlich Bedarfe verändern, weil Erwartungen im Verlauf der Zeiten geweckt werden und man dann an den Größenordnungen und den Linien zumindest festhalten muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne Ihnen jetzt noch einmal das sagen zu wollen, was ich schon wiederholt gesagt habe, so habe ich eines aber dem Herrn Kollegen Bracht versprochen. Immer dann, wenn die Behauptung kommt, wir wären Schuldenmacher und in der Zeit meiner Regierungsverantwortung bzw. der Zeit der sozialliberalen Koalition wäre es mit dem Schuldenmachen in Rheinland-Pfalz losgegangen, werde ich Ihnen mit Zahlen antworten. Ich lasse mir das nicht nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Ich lasse es mir nicht nehmen, diesem zu widersprechen. Ich habe es schon zweimal von diesem Pult aus gesagt, ich kann es aber auch siebenmal sagen. Das ist überhaupt kein Problem. Diese Mär werde ich nicht unwidersprochen in die Welt setzen lassen.

Ich erinnere Sie an Folgendes: In den Jahren von 1980 bis 1991 sind die Steuereinnahmen in Rheinland-Pfalz im Schnitt des Jahres um 6,4 % gestiegen. Die bereinigten Gesamtausgaben sind um 6,2 % gestiegen. Die Vorgabe des Finanzplanungsrates war in all diesen Jahren immer 3 %. Sie haben sie gedoppelt, dies immer im Schnitt. Es waren auch andere Jahre darunter, dann wurde es zum Teil sogar verdreifacht. Sie haben es also verdoppelt.

Wenn ich die Kreditfinanzierungsquote nehme, so lag sie in den zehn Jahren Ihrer Verantwortung – ich vergleiche dann die nächsten zehn Jahre – bei 9,3 %. Die Nettokreditaufnahme gemessen an der Steuerkraft des Landes, an den Steuereinnahmen, lag bei 13,5 %. Ich sage Ihnen, im Ergebnis von 1992 bis 2004 – 1991, als wir gekommen sind, war der Haushalt schon aufgestellt; es ändert sich aber auch nichts, wenn ich 1991 hineinnehme, vielleicht um 0,1 % – gab es eine Steigerung der durchschnittlichen Einnahmen des Landes um 2,3 %, bereinigte Gesamtausgaben 2,3 %, Kreditfinanzierungsquote 8,2 %, also 1,1 % niedriger als im Schnitt bei Ihnen in den zehn Jahren vorher.

Die Nettokreditaufnahme im Vergleich zu den Steuereinnahmen lag zu Ihrer Zeit bei 13,5 %, zu Zeiten meiner Verantwortung und der des Kollegen Scharping bei 11,8 %.

Ich erlaube mir, daran zu erinnern, dass im Jahr 1994 und in den Folgejahren mit dem Solidarpakt in Deutschland auf die Länder und die Kommunen sowie auf die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft eine notwendige Belastung zugekommen ist, wie sie in irgendeinem Volk in Europa oder der Welt ihresgleichen sucht. Das möchte ich doch noch einmal sagen dürfen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich wäre dankbar, wenn man das zur Kenntnis nehmen würde.

Ich habe mich darüber gefreut, wobei Herr Kollege Bracht und Herr Jullien noch kommen werden, insoweit weiß man es noch nicht, dass bis jetzt auf jeden Fall die Personalkostensteigerung noch nicht nach dem Motto gekommen ist: Der Beck hat sich mit Personal an der

Spitze der Staatskanzlei aufgebläht. An der Spitze der Ministerien war es das Gleiche. Da war doch ein beliebtes Argument.

(Jullien, CDU: Aber Ihre Lernfähigkeit haben Sie doch bewiesen! Ehrenamtliche Verbraucherschutzbeauftragte! Wo ist die Dame?)