Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Vorbemerkung: Wir als CDU gehen davon aus, dass jeder, der in diesem Hause sitzt, für die Menschen in Rheinland-Pfalz das Beste will.

(Beifall der CDU)

Das vorweg. Bei der einen oder anderen Rede hat man das Gefühl, als ob es Leute gibt, die das nicht wollen. Wir setzen einmal voraus, dass das für jeden hier gilt.

Das einzige, worüber wir streiten und worüber wir streiten müssen, ist der Weg. Dazu möchte ich schon noch ein paar Ausführungen machen.

Parlamentsdebatten sind in der Regel Augenblicksbetrachtungen. Wenn wir ehrlich sind, lesen wir selten Protokolle nach. Ich gebe zu, ich mache es auch nur im Ausnahmefall.

Meine Damen und Herren, bei Haushaltsdebatten ist das aber schon ein bisschen anders. Bei so wichtigen Politikfeldern wie die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit lohnt es sich vielleicht, in den nächsten Monaten noch einmal in die Protokolle hineinzuschauen.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie werden es zwei Jahre nicht loswerden, dass Sie in diesem Schwerpunkt 12 Millionen DM streichen wollten, so Minister Gerster am 21. Januar 2000 in diesem Hause. Die CDU hatte damals eine Kürzung im Arbeitsmarktbereich in Höhe von 12 Millionen DM beantragt.

(Zurufe von der SPD und der FDP)

Ich will Sie nur darauf hinweisen. Wir müssen ehrlich sein.

Herr Schmitz, Sie haben immer von Ehrlichkeit gesprochen. Ehrlich ist, dass die Landesregierung von damals in diesem Bereich von 26 Millionen Euro auf 19 Millio

nen Euro gekürzt hat. 7 Millionen Euro ist genau die Summe, die wir damals beantragt hatten. Diese haben Sie mittlerweile selbst reduziert.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Jetzt stimmen alle Redner der Fraktionen, die die Landesregierung tragen, wieder das Lied an, wie unsozial die CDU ist, weil man Kürzungen in diesem Bereich vornimmt. Ihr früherer Minister Gerster hat vor zwei Wochen groß verkündet, dass er erhebliche Einsparungen vorgenommen und bei der BA ein nicht so hohes Defizit eingefahren hat, weil er die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen drastischer als ursprünglich geplant zusammengekürzt hat. Es ging eine Meldung durch die Presse.

Ich finde es unredlich, uns immer diese unsoziale Geschichte vorzuwerfen. Sie machen genau die gleichen Schritte, nur ein paar Jahre später. Ich garantiere Ihnen, in den nächsten zwei Jahren werden Sie in diesem Bereich weitere Kürzungen vornehmen, weil es richtig ist, einen anderen Weg zu gehen als den, den wir über Jahre gegangen sind. Die Arbeitslosenzahlen sind nicht zurückgegangen. Sie sind gestiegen.

Ein Satz zur Landeszentrale für Gesundheit. Auch hier haben wir darauf gewartet, dass man uns einiges vorwirft. Niemand von uns hat gesagt, dass Prävention unwichtig ist. Prävention ist wichtig. Die Frage ist, wer die Prävention betreibt.

Herr Dr. Schmitz, die Zahnärzteschaft hat ein tolles Präventionsprojekt gestartet, und zwar ohne große Hilfe und ohne große Zuschüsse. Es funktioniert. 60 % Rückgang von Karies ist ein Erfolg.

(Mertes, SPD: Aber sie kriegen Geld!)

Wenig Geld, weniger als das, worüber wir reden. Das wissen Sie.

Meine Damen und Herren, das ist genau der Vorwurf, den Ihnen gestern unser Fraktionsvorsitzender gemacht hat. Natürlich ist das eine gute Einrichtung. Wenn man irgendwann einmal anfangen will zu sparen und einsparen muss, muss man auch einmal konkrete Dinge nennen, auch wenn sie schwer fallen, ansonsten funktioniert es nicht. Das ist ein konkreter Punkt, an dem wir glauben, dass man so etwas machen kann, wenn man gute Zeiten hat. Wenn man sparen muss, muss man auf so etwas einmal eingehen und kürzen.

(Glocke des Präsidenten)

Die Kassen übernehmen die Funktion der Prävention. Mittlerweile gibt es sogar Prämien für Präventionsarbeit, wenn man sie selbst betreibt. Deshalb brauchen wir nicht parallel eine solche Einrichtung vorzuhalten.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Wir kommen zum

Einzelplan 05 – Ministerium der Justiz –

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Baldauf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Je später der Abend, desto schöner die Reden. Wir werden einmal abwarten, ob es so kommt. Es gibt zwei Möglichkeiten, die wir heute nutzen können. Die erste Möglichkeit wäre, ich mache es relativ kurz. Dann hätte ich nur einen Satz zu sagen.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Ob Ihnen aber der Satz gefällt, werden wir sehen. Das würde nämlich heißen, mir fällt zu dem Ganzen nichts mehr ein. Es scheint Ihnen zu gefallen. Das freut mich.

Ich habe doch noch ein paar Punkte, die ich gern ansprechen möchte. Es ist interessant, was heute über den Ticker gelaufen ist. Landgericht Koblenz, Pressemitteilung, Steigerung der Verfahren um 6,3 %.

Herr Minister, die Komplexität und die Schwierigkeit der Verfahren nimmt zu, und zwar all dies bei der gleichen Personalsituation wie seit Jahren, die im Übrigen seit zwei, drei Jahren auch noch ausgedünnt wird.

Wir haben heute die Situation – das haben Sie selbst in der Drucksache 14/2023 vorgetragen –, dass Amtsrichter – das können Sie nicht bestreiten – bis zu 700 Fälle im Jahr zu erledigen haben. Ich habe erfahren, in Sinzig müssen sie bis zu 1.000 Fälle bearbeiten, wobei dabei auch noch Strafsachen sind. Das macht die Sache nicht kürzer. Wiederbesetzungen werden nicht unmittelbar vorgenommen. Angestellte und Rechtspfleger fehlen hinten und vorn. Die Serviceeinheiten funktionieren leider nicht.

Welche Situation haben wir? Wir haben 16 % Unterbesetzung im Richterdienst, 25 % Unterbesetzung im nachgeordneten Dienst. Die Gefängnisse sind um 5 % überbelegt.

Herr Minister, wir müssen Sie fragen: Haben Sie Ihren Laden noch im Griff? – Ich bin eher der Meinung, leider nein.

Das ist eigentlich löblich, könnte man bei der Situation, dass Sie nichts tun, denken. Hiervon halte ich aber wenig. Wer nichts tut, macht nichts falsch, heißt es immer. Ich denke, in diesem Fall können wir das leider nicht akzeptieren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir haben es schließlich mit einer Pflichtaufgabe zu tun, die zu erledigen ist. Sie haben natürlich ein bisschen

Glück gehabt. Es gab vor kurzem eine Bewertung in der „AZ“, und zwar eine Notenverteilung. Es gab eine 5 für den Finanzminister. Finanzminister haben es auch schwer.

Herr Minister, für Sie gab es eine 3-. Das ist für ein Ressort, das nicht gerade in der Öffentlichkeit ganz oben steht, nicht unbedingt sehr löblich. Woher kam die 3-? Jetzt wird es interessant. Die 3- kam nicht von Abgeordneten wie mir oder ähnlichen Personen, sondern vom Vorsitzenden des Richterbundes, Udo Werner, der Ihnen wohl bekannt ist.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Er ist ein Mann seines Faches. Dieser gibt seinem eigenen Justizminister eine 3-. Wenn er ganz ehrlich gewesen wäre, hätte er vielleicht noch ein bisschen nach unten korrigiert. Er wollte sich natürlich auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Ich bin einmal gespannt, was Sie nachher dazu sagen, warum er diese Bewertung abgegeben hat.

Im Haushalt selbst zeigt sich natürlich, dass dieser von Personalausgaben und Betreuungs- und Prozesskostenhilfekosten diktiert wird. Das ist das Problem der Justiz. Wir haben es mit Betreuungskosten und Prozesskostenhilfekosten zu tun. Das sind eigentlich Kosten des Sozialetats, weniger die der Justiz. Diese hängen hier drin, wachsen immer weiter an und lähmen das ganze restliche System. Darüber müsste man einmal bei Gelegenheit nachdenken. Es wird nämlich Folgendes passieren, wie es bisher die ganze Zeit läuft. Wir haben in der Justiz nur noch das Motto: Verwalten statt gestalten.

Herr Minister, ich habe es Ihnen schon ein paar Mal gesagt: Stellen Sie sich bitte vor Ihre Mitarbeiter! Sorgen Sie dafür, dass es keine Verfahrensdauern von vier Jahren an Sozialgerichten mehr gibt! Dies ist durchaus immer noch die Regel, auch wenn Sie es, Frau Lejeune, vielleicht nicht ganz glauben mögen. Es ist leider so. Ich bekomme es aus der Praxis mit. Gerade bei den Sozialgerichten ist interessant, dass dadurch weitere Verfahrenskosten entstehen. Diese haben doppelte Gutachten einzuholen und Ähnliches.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Herr Hartloff, das hängt davon ab, wer die Gutachten erstellt. Sie wissen, in Sozialgerichtsverfahren können Sie sich die Gutachter selbst heraussuchen. Das ist auch klar. Von daher ist die Situation weniger an den Gutachten, sondern mehr an der Verfahrensdauer schuld. Es müssen Schweigepflichtentbindungserklärungen, Verfügungen und Ähnliches eingeholt werden. Das muss ich Ihnen nicht sagen. Das wissen Sie eh alles. Das vermute ich zumindest.

Wir werden sicherlich noch hören, wo Ihre Vorschläge sind. Gestern hat mich Herr Kollege Ramsauer sogar noch gelobt und gesagt: Herr Baldauf ist ein engagierter junger Mann. Wo sind die Anträge für die zusätzlichen Richterstellen?

Ich will Ihnen einmal etwas sagen: Wir haben in den letzten Jahren – das wissen Sie auch – viele Anträge unter anderem mit dem Inhalt gestellt, Sozialgerichtsgebühren einzuführen und Kosten-Nutzen-Analysen durchzuführen, wie es die FDP unter einer neuen Regierung in Niedersachsen macht. Wir rennen jedes Mal an eine Wand. Dies führt dazu, dass wir sagen: Wir werden sie heute nicht stellen. Diese sind gestellt. Sie sind nicht bearbeitet und beantwortet. Deshalb muss man sie nicht jedes Mal wieder neu stellen.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Thomas, das bewundere ich auch. Ich werde mich beim nächsten Mal wieder daran halten. Dann haben wir die Situation, dass es wieder jemand vergessen haben kann. Es gibt ein neues Zauberwort.

Stellen Sie sich vor, ich habe es sogar gefunden. Sie haben eine ganz tolle Idee gehabt. Rettung ist in Sicht, die heißt: über- und außerplanmäßige Ausgaben. – Ich könnte jetzt die gesamten Drucksachen vorlegen. Frau Reich, ich habe sogar noch viel mehr Drucksachen gefunden, als in der Pressemeldung enthalten sind. Ich könnte diese ganzen Drucksachen im Einzelnen aufzählen. Das ist viel zu lang. Sie kommen insgesamt – das will ich nur dazusagen – zu überplanmäßigen Ausgaben bei der Prozesskostenhilfe, Sachverständigenkosten, Insolvenzverfahren, Amtsgericht Mayen, Postgebühren. Das müsste man eigentlich einstellen können, spätestens mit den Postgebühren, seitdem ich 2002 schon einmal darauf hingewiesen habe. 8 Millionen Euro kommen unter dem Strich für zusätzliche überund außerplanmäßige Ausgaben zustande. Herr Minister: Haushaltsklarheit, Haushaltswahrheit sehe ich leider nicht mehr. – Sie ziehen sich immer darauf zurück, das sei alles nicht zu planen. Warum machen wir denn überhaupt einen Haushaltsplan, wenn das alles nicht zu planen ist? Dann lassen wir das bei der Justiz einfach sein und reden dann am Schluss nur über über- und außerplanmäßige Ausgaben.

(Beifall bei der CDU)