Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

Nun könnte man denken, dass hier die neue Justizvollzugsanstalt in Rohrbach eine Hauptrolle spielt, aber es ist eher umgekehrt; denn die war im vergangenen Jahr schon mit veranschlagt, und es sind die Steigerungen durch eine Umorientierung, eine Neuveranschlagung der Kosten für die anderen Justizvollzugsanstalten in diesen Haushalt unter der Überschrift „Nutzungsentgelte und Pachten“ – diese sind nach der Sachwertmethode bewertet – gelangt. Der Besuch in dieser Justizvollzugsanstalt Rohrbach hat uns gezeigt, dass die Investitionen, die dieses Land hier vorgenommen hat, sehr gute Investitionen waren und sich diese Investitionen lohnen; denn auch der Personalaufwand in dieser neuen Einrichtung ist aufgrund der auch sehr von der Technik her bestimmten Sicherheitsmöglichkeiten sehr günstig beeinflussbar. Das ist auch ein besonderes Beispiel für die Bemühungen um Verbesserung und Modernisierung, die das Ministerium im laufenden Jahr vorgenommen hat und für 2004 weiter plant.

Weiter wirkt sich natürlich auf den Haushalt 2004 der im Doppelhaushalt 2002/2003 beschlossene Zuwachs an Stellen im Vollzugsdienst aus; denn hier werden bis zum Ende des Jahres insgesamt dann 90 der zusätzlichen Stellen auch von ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im mittleren Dienst besetzt sein. Das ist ein richtiger Weg gewesen, das damals zu beschließen, der sich jetzt natürlich im Haushalt auch auswirkt.

Herr Kollege Baldauf hat vorhin von „Häuptlingen“ und „Indianern“ gesprochen. Nur hat er bei den Indianern meines Erachtens die Richter gemeint.

(Staatsminister Zuber: Häuptlinge sind auch Indianer!)

Wenn wir im Strafvollzug von „Häuptlingen“ und „Indianern“ sprechen, dann geht es eher darum, dass der gehobene und höhere Dienst im Strafvollzug etwas weniger als 10 % aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassen, also ein Verhältnis, das wir in kaum einem anderen Bereich unseres Haushalts finden. Es weist darauf hin, dass hier in einer relativ stillen, nicht so sehr in die Öffentlichkeit dringenden Situation Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Dienst in einer hervorragenden Weise versehen und in ihrer Besoldung nicht zu denen gehören, die ganz oben in der Reihe sind.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Dieser Dienst kennt auch einige besondere Situationen. Ich weise darauf hin, dass das Problem der Russlanddeutschen im Strafvollzug sowohl das Ministerium als auch das Parlament, vor allem die Ausschüsse in diesem Parlament, beschäftigt hat. Hier treffen völlig andere Werte und Normvorstellungen, unterschiedliche Verhaltensmuster aufgrund kultureller Herkunft, dann geschlossene Gruppenstrukturen und Abschottung nach außen, gepaart mit Misstrauen gegen alles, was Behandlungsangebote und Bedienstete betrifft, auf dieses

System, das wir versuchen, in Gang zu halten. 10 % ist der Anteil der Russlanddeutschen im Jahr 2002, so weit ich das sehe, gewesen. Es gibt eine wachsende Tendenz. Mittlerweile liegt der Anteil bei etwa 12 %, in Spitzenbereichen in bestimmten Anstalten wahrscheinlich gegen 20 %. Wir haben hier ein fest installiertes Unterdrückungs- und Erpressungssystem mit einem hohen Anteil an Drogenproblematik, vor allem Heroin, feststellen müssen.

Ich verweise, weil ich das nicht näher ausführen will, auf die Anhörung, die wir durchgeführt haben, und auf die Broschüre, die die Landtagsverwaltung daraufhin herausgegeben hat.

Was mich sehr gefreut hat, ist, dass in einer Arbeitsgruppe Handlungsstrategien entwickelt werden, die gemeinsam mit dem Saarland gefahren werden. Es geht dabei um die Abläufe in den Justizvollzugsanstalten und Personaldinge, zum Beispiel, was Außenkontakte, die Binnendifferenzierung in den Anstalten, die Zugangsverfahren, den Opferschutz im Besonderen, betrifft, weil dies innerhalb und außerhalb der Anstalten geschieht. In Rohrbach haben wir gesehen, was Bau und Technik anbelangt. Da geht einiges an investiven Mitteln hinein.

Was das Personal angeht, so ist heute schon mehrfach angesprochen worden, dass wir die Mitarbeiter, die in dieser schwierigen Situation eine hohe Leistung unter hoher Belastung erbringen, pflegen müssen.

Herr Creutzmann hat das Beispiel gebracht, dass das nicht immer nur mit Geld zu tun hat, sondern auch mit der Anerkennung ihrer Arbeit. Deshalb finde ich es wichtig, dass wir heute an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen.

Aber was konkret die Situation mit diesen schwierigen ethnischen Gruppen angeht, geht es auch um die Personalauswahl, Sprachkurse, und Unterstützung. Ich will hier noch den Begriff „Supervision“ einbringen. Es liegt kein ausgesprochener Wunschzettel des Ministeriums vor. Aber ich könnte mir vorstellen, dass wir diese Sache begleiten und in den nächsten Jahren versuchen, noch etwas mehr zu tun; denn die Ansätze der Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen außerhalb der Anstalten zeigen zwar erste Früchte, offenbar ist hier aber noch ein Feld, das wir aufmerksam betrachten müssen.

Das Fazit, das ich zum Ende ziehen möchte: Wir haben von der Überbelegung gehört. Die Justizvollzugsanstalten sind mit ihren Mitarbeitern häufig bis an die Grenzen der Kapazitäten belastet. Wir wissen, dass dieser Haushalt ein Haushalt ist, der sich auf das bezieht, was getan werden muss, aber kein Riesenpolster für weitere Dinge enthält. Wir freuen uns, dass solche Dinge wie das Gespräch über die Ersatzfreiheitsstrafen doch vorangekommen sind und eine gewisse Entlastung bringen.

Es ist ein solide geplanter Haushalt – das zeigt sich auch daran, dass keine Änderungsanträge der Oppositionsparteien zu diesem Bereich 05 04 vorliegen – mit der Notwendigkeit einer Begleitung in dem Sinn, dass die Menschen, die dort arbeiten, auch wissen, dass wir uns

darum kümmern. Dies ist verbunden mit Dank und Anerkennung für alle Bediensteten des Landes im Strafvollzug für diese Arbeit, auch an das Ministerium, den Minister und die Staatssekretärin, dass dieser Haushalt so solide vorgelegt worden ist.

Wir als SPD-Fraktion sind guter Dinge, dass wir auch in Zukunft eine vernünftige Linie finden.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Herbert Mertin.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Baldauf, Sie haben es wie immer gemacht, wenn Sie etwas zitiert haben. Sie haben natürlich immer nur teilweise zitiert. Wenn Sie die Veröffentlichung in der „Rheinpfalz“ betreffend dieses Landauer Prozesses zitieren – „Droht er zu platzen?“ –, haben Sie selbstverständlich vergessen, den Artikel vom nächsten Tag zu zitieren, in dem Herr Präsident Dr. Asmus ausführlich und genau dargelegt hat, weshalb der Prozess gar nicht platzen kann und es auch nicht so ist, dass dort zu wenig Richter hingekommen sind und Ähnliches. Das haben Sie wahrscheinlich in der Eile und in der Hektik des Tages vollkommen vergessen darzulegen.

Das Gleiche gilt, als Sie aus der Presseerklärung des Präsidenten des Landgerichts Koblenz zitiert haben. Auch da haben Sie zutreffend dargelegt, dass der Präs ident mitgeteilt hat, dass es weniger Richter gibt. Das ist zutreffend. Dass es auch mehr Verfahren gab, ist auch zutreffend. Nur, es hätte vielleicht den Bediensteten gut gefallen, wenn Sie auch zitiert hätten, dass der deutliche Anstieg der Erledigung bei einem reduzierten Personalbestand zeige, dass alle Beteiligten um eine effiziente und zügige Arbeitserledigung bemüht seien. Das hat der Landgerichtspräsident auch gesagt. Das möchte ich ausdrücklich ebenfalls aufnehmen und betonen.

(Beifall der FDP und bei der SPD – Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Herr Kollege Baldauf, selbstverständlich ist es nicht so, wie Sie es immer wieder versuchen darzustellen, als ob draußen im Land die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz nicht in der Lage wären, die Verfahren zu erledigen und bei uns so eine Art Rechtsnotstand ausgebrochen sei. So ist es eben nicht.

Wenn Sie einen Einzelfall zitieren, wie von dem einen Richter in Sinzig, von dem Sie sagen, er sollte 1.000 Verfahren bearbeiten, so müssen Sie selbstverständlich an der Stelle bitte auch hinzusagen, dass das Präsidium diesen Richter aufgrund einer plötzlichen Erkrankung gebeten hatte, ein anderes Dezernat mit zu betreuen und dort Eilfälle mit zu bearbeiten, nicht alle, nur die

Eilfälle, bis der entsprechende Richter ersetzt werden konnte.

Es ist überall, auch in der Wirtschaft so, dass dann, wenn Krankheiten eintreten, ausgeholfen werden muss. Das ist bei der Justiz nicht anders. Das ist wie in Ihrer Kanzlei auch. Ich glaube nicht, dass Sie zusätzliches Personal für Krankheitsfälle vorhalten.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Herr Kollege Baldauf, ich gehe davon aus, wenn Sie krank werden, dass Ihre Kollegen das mitmachen. Von daher ist das in der Justiz ähnlich.

Wenn Sie angedeutet haben, dies sei im Ministerium anders, so ist es auch im Ministerium selbstverständlich so, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich gegenseitig vertreten. Das heißt, wenn Sie aus Presseerklärungen zitieren bzw. entsprechende Zeitungs- und Medienberichterstattung zitieren, so zitieren Sie doch bitte den Komplex vollständig und versuchen nicht, hier einen Eindruck zu erwecken, der mit der Wirklichkeit in keiner Weise übereinstimmt.

(Dr. Schiffmann, SPD: Keine Halbwahrheiten!)

Herr Kollege Baldauf, wenn Sie die Verfahrensdauer an vielen Stellen ansprechen, so wissen Sie doch auch, dass die Verfahrensdauer nicht nur vom Richter und dem richterlichen Personal bzw. von den Mitarbeitern in der Justiz abhängt. Die Verfahrensdauer hängt zum Beispiel auch davon ab, dass Rechtsanwälte Fristverlängerung erbitten, um Terminverlegung bitten, weil sie in Urlaub sind, Zeugen um Terminverlegung bitten, weil sie in Urlaub sind, man auf Sachverständigengutachten warten muss. Die Ursachen, die zu einer Verlängerung einer Verfahrensdauer führen können, sind vielfältig, und Sie können eventuell auftretende lange Verfahrensdauern nicht immer nur auf die richterliche Wahrnehmung der Arbeit bzw. auf die Erledigung durch das Gericht zurückführen.

Frau Kollegin Grützmacher, in dem Zusammenhang hatten Sie kritisiert, dass Wirtschaftsstrafverfahren so lang dauern. Wir haben im Norden und im Süden des Landes jeweils Fachkräfte an der Staatsanwaltschaft in Kaiserslautern und Koblenz konzentriert. Aber Wirtschaftsstrafverfahren sind nun einmal sehr komplexe Verfahren und dauern.

(Frau Reich, SPD: Richtig!)

Wenn Sie, wie jetzt kürzlich wieder in einem Wirtschaftsstrafverfahren, welches sich im Norden des Landes abspielt, eine Vielzahl von Akten beschlagnahmen, so müssen diese durchgearbeitet werden. Auch das gebietet ein faires Verfahren, sodass auch die Ermittlungszeit etwas länger dauern kann und muss. Das kann man nicht verallgemeinern, und insbesondere Wirtschaftsstrafsachen sind aufgrund der Unterlagen, die häufig gesichtet werden müssen, geradezu dafür prädestiniert, in der Ermittlungsarbeit etwas länger zu dauern als andere. Insofern kann ich aus dieser Tatsache nicht able

sen, dass die Staatsanwaltschaften nicht in der Lage seien, diese Verfahren ordnungsgemäß durchzuführen.

Soweit Sie auf meine Leidenschaft für Graffiti zu sprechen kamen, kann ich Ihnen nur sagen, hätten Ihre Parteifreunde in Berlin den vielfältigen Gesetzesänderungen zugestimmt, hätte die Staatsanwaltschaft weit weniger Arbeit damit. Ich frage mich eigentlich, weshalb Herr Ströbele in Berlin nicht zustimmt. Findet er es eigentlich schön, in einem Land zu leben, wo alles zugeschmiert ist? Wissen Sie, das ist kein großes kriminelles Unrecht. Aber wenn derjenige, der da schmiert, seine eigene Wand zuschmiert, ist das in Ordnung. Aber fremde Wände zuzuschmieren, halte ich nicht für richtig. Verstehen Sie, das halte ich einfach nicht für richtig.

(Beifall der FDP, der SPD und bei der CDU)

Es ist fremdes Eigentum, das beschädigt wird. Selbs tverständlich ist das irgendwo auch strafwürdig.

Frau Kollegin Grützmacher, ich will gar nicht erreichen, dass ein jugendlicher Täter nun deswegen zu einer wer weiß wie auch immer „wild gewordenen“ Haftstrafe verurteilt wird.

Ich will nur erreichen, dass die Täter ermittelt und diese Jugendlichen im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs einmal mit den Folgen ihrer Tat konfrontiert werden. Fragen Sie doch einmal die Bahn AG, wie viel Geld sie ausgibt, um Graffitis von den Waggons zu entfernen. Das bezahlen Sie mit Ihrer Fahrkarte alles mit. Das kann in unserer Gesellschaft doch nicht in Ordnung sein.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und des Abg. Schnabel, CDU)

Insofern meine ich, dass man sich im Hinblick auf Graffitis in Rheinland-Pfalz so bewegen sollte.

Im Übrigen tragen Graffitis in erheblicher Weise zur Verunsicherung der Bevölkerung bei. Eine verwahrloste öffentliche Umgebung, ein verwahrloster öffentlicher Raum ist mit ein Grund dafür, weshalb Menschen Unsicherheit verspüren, obwohl es tatsächlich mit der objektiven Lage überhaupt nichts zu tun hat.

Herr Kollege Baldauf, Sie baten mich zu kommentieren, was Herr Werner gesagt hat. Ich werde mich immer dafür einsetzen, dass der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes und alle anderen Personen in dieser Gesellschaft ihre Meinung frei äußern dürfen. Es hätte mich völlig überrascht, wenn der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes mich in dieser Situation gelobt hätte. Wir haben nämlich das gemacht, was Ihre Parteifreunde gestern Morgen gefordert haben. Wir haben gespart. Das gefällt den Leuten aber nicht. Das ist halt so, aber wir machen es. Wir machen es aber nicht so wie Sie, die das fordern und draußen laut beklagen, wenn es gemacht wird. Das ist der Unterschied.

(Beifall der FDP und der SPD)

Erlauben sie mir, dass ich an dieser Stelle auf gewisse Gefahrenpotenziale zu sprechen komme, die selbstverständlich meinen Haushalt betreffen. Sie liegen darin

begründet, dass auf Bundesebene einige Gesetzesvorhaben auf dem Weg sind, die das Land in einem noch nicht feststehenden finanziellen Umfang treffen werden. Zunächst einmal handelt es sich um die Kostenrechtsnovelle, die auf den Weg gebracht werden soll. An dieser Stelle betone ich, dass das Ziel, beispielsweise die Rechtsanwaltsvergütung nach vielen Jahren wieder anzupassen, von mir geteilt wird. Dennoch teile ich mit allen Kolleginnen und Kollegen, die die Verantwortung für die Justiz in den Ländern tragen, die Kritik, dass bei der Gegenfinanzierung, die die Justiz in diesem Zusammenhang natürlich auch benötigt – die Gebühren sind seit zehn Jahren nicht erhöht worden –, immer noch ein Malus von etwa 25 Millionen Euro zu unseren Lasten festzustellen ist, geschweige denn von einem Zusatz die Rede ist, um die Kosten, die bei uns ebenfalls in den vergangenen Jahren gestiegen sind, dadurch halbwegs kompensieren zu können.

Hinzu kommen weitere 100 Millionen Euro – ich spreche Zahlen an, die bundesweit gelten –, die andere Ressorts durch erhöhte Sachverständigenkosten und Ähnliches treffen werden. Daher müssen sich alle – ich betone: alle – Fraktionen des Bundestags bewegen; denn sowohl meine als auch Ihre Fraktion hat diesen Gesetzesvorschlägen im Bundestag zugestimmt. Insofern gebietet es die Fairness, dass wir uns auch bemühen müssen, dass unsere Parteifreunde in Berlin unsere Landeshaushalte etwas im Blick halten.

Ähnliches gilt für das Betreuungsrecht, bei dem selbs tverständlich alle Länder gemeinsam durch eine Gesetzesinitiative gestaltend erreichen wollen, dass die Kosten im Griff bleiben. Auch in diesem Zusammenhang wünschen wir uns, dass auf Bundesebene ein gewisses Entgegenkommen gezeigt wird.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch schon so!)