Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion wendet sich mit Nachdruck insbesondere gegen Bestrebungen der unionsgeführten Länder, die Telefonüberwachung auszuweiten und den Verfassungsschutz zu zentralisieren. Gerade Letzteres wäre die falsche Antwort, um dem Terrorismus wirksam entgegenzutreten. Dies gilt aber auch für alle anderen derzeit diskutierten Gesetzesverschärfungen, zumal dies aus meiner Sicht teils massiv rechtsstaatliche Prinzipen und elementare Bürgerrechte beschneiden würde.
Meine Damen und Herren, ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass es derzeit in Rheinland-Pfalz einer Verbesserung der Inneren Sicherheit nicht bedarf.
Dies soll allerdings nicht heißen, dass nicht die bestehenden Sicherheitsvorkehrungen einer ständigen Überprüfung unterliegen müssen. Herr Minister Zuber hat das auch eindeutig bekräftigt. Sollten sich hierbei punktuell Optimierungsmöglichkeiten ergeben, so können die rheinland-pfälzischen Bürgerinnen und Bürger darauf vertrauen, dass dies auch unverzüglich von der Landesregierung umgesetzt wird.
(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Damen und Herren, ich komme zum Schluss! Ich mache jetzt Schluss!)
Meine Damen und Herren, die Redezeit ist abgelaufen. Damit ist dieser Teil der Aktuellen Stunde beendet.
„Aktuelle Vorschläge zur Reform des Steuerrechts“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 14/2999 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Finanzministerkonferenz der Bundesländer hat vor 14 Tagen einen Bericht der für Steuern zuständigen Abteilungsleiter von Bund und Ländern über die unterschiedlichen Steuerreformkonzeptionen der CDU, CSU, FDP, Kirchhof und anderen einstimmig mit 16 zu 0 angenommen. Das heißt, alle Finanzminister teilen die dort niedergelegten Auffassungen ihrer Referenten, die sich mit dieser Frage befasst haben. Sie hält eine grundlegende Reform des Steuerrechts unter Beachtung der Auswirkungen auf Steuerbürger und öffentliche Haushalte für erforderlich und hat den Bericht an die Ministerpräsidentenkonferenz übermittelt. Grundlage dieses Berichts ist ein Auftrag der Ministerpräsidentenkonferenz vom 14. November 2003, mit dem die Regierungschefs der Länder die Finanzministerkonferenz gebeten hatten, rechtzeitig zur Ministerpräsidentenkonferenz am 25. März gemeinsame Länderinteressen zu formulieren sowie die verschiedenen Steuerreformkonzeptionen darauf hin zu bewerten.
Ich glaube, das ist mit diesem Bericht gelungen. Wichtigste Feststellung in diesem Bericht ist: Was kosten eigentlich die einzelnen Vorschläge? – Da will ich einmal ein paar Zahlen nennen.
Das Kirchhof-Modell bedeutet Mindereinnahmen von 42,9 Milliarden DM. Bei der CDU – Merz-Modell – sind es 31,5 Milliarden Euro, bei der FDP 20,3 Milliarden Euro und bei der CSU 16 Milliarden Euro.
Es ist klar, dass solch hohe Steuermindereinnahmen – das haben auch die Haushaltsberatungen, die wir erst vor kurzem abgeschlossen haben, bewiesen – auch für das Land Rheinland-Pfalz und weder für den Bund noch für die Bundesländer noch für die Gemeinden überhaupt verkraftbar sind und auch mittelfristig nicht verkraftbar sein werden. Schon deshalb waren und sind die noch immer zu hörenden Ankündigungen, kurzfristig eine
radikale Steuerreform zu realisieren, nichts als ein großes Märchen. Man kann es auch Täuschung des Bürgers nennen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich hört sich Steuervereinfachung wunderbar an, aber das Bestreben, Normen zu reduzieren, darf nicht übersehen, dass hoch komplexe Lebenssachverhalte auch eines angemessenen Maßes an steuerlichen Regelungen bedürfen und eine übermäßige Verkürzung zwangsläufig zu Problemen führt.
Ich bin 1964 in die Steuerverwaltung eingetreten und habe damals gedacht, irgendwann wird es einmal zu einer Steuervereinfachung kommen. Ich konnte 1968 eine Steuervereinfachung mitmachen. Das war die Umwandlung des damaligen Umsatzsteuergesetzes in ein neues Mehrwertsteuergesetz. Das war ein ganz dünnes Heftchen mit ein paar Paragraphen. Wer sich mittlerweile die Bestimmungen zum Umsatzsteuerrecht anschaut, der kann daraus ein Telefonbuch einer mittleren Großstadt vorlegen. So schwierig ist das Ganze gewesen.
Wer aber meint, eine Steuervereinfachung ist dadurch zu regeln, indem ich zum Beispiel die Arbeitnehmer stärker belaste – das sind alle Modelle, die vorgelegt werden, allein das Modell „Kirchhof“ war für mich interessant; es war im „Handelsblatt“ veröffentlicht, also nicht irgendwo in einer Zeitung, die nicht wirtschaftsfreundlich ist, und das würde bedeuten, dass ein Steuerzahler, der eine Steuerlast von 500.000 Euro zu entrichten hat, mit 70.000 Euro entlastet werden würde, und ein Arbeitnehmer mit 42.000 Euro Jahreseinkommen hätte eine Mehrbelastung von 1.800 Euro –, den muss ich fragen: Wo ist hier eine soziale Ausgewogenheit und soziale Gerechtigkeit?
Ich will auch etwas zur Verteilungsgerechtigkeit sagen. Je größer die tariflichen Veränderungen gegenüber dem heutigen Tarif vorgeschlagen werden, desto eher sind tendenzielle Verlierer Steuerpflichtige in heute niedriger Progressionsstufe mit hohen Abzügen von der Bemessungsgrundlage, zum Beispiel Pendler, Feiertags- und Nachtarbeiter. Tendenzielle Gewinner sind in diesem Bereich immer Steuerpflichtige mit einer hohen Progressionsstufe mit wenig Abzügen von der Bemessungsgrundlage. Ich nenne zum Beispiel einmal leitende Angestellte.
Die konservative „ Rheinische Post“ hat in diesem Zusammenhang am 22. Januar folgendes ausgeführt – ich darf zitieren –: „Keine Frage, der rotgrüne Tarif entspricht besser dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.“ Die Pointe kommt aber noch: Die Sozialabgaben sind auch Steuern – – –
Die Sozialabgaben sind auch Steuern und sorgen schon heute dafür, dass der durchschnittliche Arbeitnehmer gegenüber dem besser Verdienenden benachteiligt wird.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Itzek, ich bedanke mich ausdrücklich für die sachliche Erörterung. Das ist das, was ich sehr lobend erwähnen will. In der Sache selbst haben Sie natürlich die Platte abgespielt, die wir seit Jahr und Tag aus Ihrer Fraktion hören. Es macht die Sache nicht besser, dass Sie das eine oder andere Vorurteil transportieren, das nun wirklich längst widerlegt ist. Die Ausgangslage – das haben Sie zu Recht auch ein bisschen in den Mittelpunkt Ihrer Überlegungen gerückt – ist eine entscheidende, die politische Ausgangslage, nicht die steuertechnische Betrachtung. Da kann man manches zum Ausgangspunkt nehmen. Die politische Ausgangslage ist: Wollen wir eine Steuerreform mit einer Nettoentlastung des Steuerzahlers, oder glauben wir, dass wir uns eine solche Steuerreform heute und in naher Zukunft nicht leisten können?
Ich sage das ganz leidenschaftslos und sehr nüchtern. Da gibt es viele, bei Ihnen und auch in anderen Parteien – Sie haben zu Recht die Finanzminister genannt –, die sagen, um Gottes willen, wo kommen wir denn hin, wenn es bei den Steuereinnahmen noch mehr einbricht. Der Ministerpräsident sagt, dann können wir wichtige soziale Einrichtungen nicht mehr finanzieren, dann geht es wirklich an das „Eingemachte“.
Ich halte zum x-ten Mal gegen diese Einstellung, da Sie doch in den letzten Jahren von Steuerschätzung zu
Steuerschätzung geradezu schmerzhaft erfahren haben, dass eine Beibehaltung dieser Position doch nicht dazu führt, dass Sie die Steuereinnahmen beim Staat verbessern, sondern sie führt dazu, dass wir im Rahmen der wirtschaftlichen Stagnation, in der wir uns befinden, immer schneller die Talfahrt mit dem Ergebnis beschleunigen, dass immer mehr Steuereinnahmen wegbrechen.
Das ist der Punkt. Deswegen ist der Kern des Streits, der noch lange nicht ausgefochten ist – übrigens in meiner Partei auch nicht –, ob es richtig ist, sich sozusagen auf eine statische Betrachtung zurückzuziehen und zu sagen, rühren wir nicht daran, lassen wir es so, wie es ist, im Übrigen gilt das Prinzip Hoffnung, oder ob man zu der Meinung kommt, dass unser Einkommensteuerrecht inzwischen so kompliziert geworden ist, dass weitere Korrekturen in Details die Sache nicht verbessern, sondern bestenfalls „verschlimmbessern“. Ich bin dafür, dass wir es nicht weiter „verschlimmbessern“, sondern dass wir diese Chance nutzen, etwas Neues zu beginnen, wie es Paul Kirchhof gesagt hat.