Protokoll der Sitzung vom 17.03.2004

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Es ist ein reflexhaftes Verhalten. Wenn wir etwas in dieser Richtung sagen, kommt sofort die Abwehrhaltung. Ich sehe auf Bundesebene keinen Vorschlag, der von CDU oder CSU gekommen ist, der nicht innerhalb von SPD und GRÜNEN mit diskutiert wird. Von der FDP weiß ich es nicht.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt sagen Sie um Gottes willen, wo sehen Sie das reflexhafte Abwehrverhalten gegen unsere Vorschläge?

(Beifall der CDU)

Von sachlich oder fundiert kann hier überhaupt keine Rede sein, Frau Grützmacher und Herr Pörksen. Entschuldigung, dann diskutieren Sie mit uns.

Herr Zuber, ich muss Ihnen ein Stück weit widersprechen. Natürlich kann man über Strukturen diskutieren. Man kann nicht nur kommen und sagen, was der Bund und die auf Bundesebene Verantwortlichen vorschlagen, ist alles verkehrt. Natürlich müssen wir uns auf die andere Gefährdungslage mit anderen Strukturen und Instrumenten einstellen. Das ist ein Punkt, über den geredet werden muss. Dazu gehören die Fragen: Brauchen wir eine Bundespolizei, muss der Bundesgrenzschutz in eine solche umbenannt werden, welche Aufgaben hat zukünftig das Bundeskriminalamt, und wie gehen wir mit der Frage der Zusammenarbeit von Bundeswehr und Polizeien um?

(Glocke des Präsidenten)

Ich denke, wir können darüber reden. Auf Bundesebene wird darüber geredet. Warum tun wir jetzt hier so, als wenn das alles vom Teufel wäre, bloß weil es von uns kommt, Entschuldigung.

(Beifall der CDU)

Es spricht noch einmal Herr Abgeordneter Pörksen.

Frau Kollegin Kohnle-Gros, Sie wollen uns doch nicht weismachen, dass Sie diese Debatte heute nur angezettelt haben, um das von Herrn Zuber bestätigt zu bekommen, was er bereits vorher gesagt hat. Das glauben Sie ernsthaft nicht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Darüber wollen wir reden. Sie haben in Ihrem Antrag etwas von Vorschlägen gesagt. Es sind keine Vorschläge, sondern es ist das dargelegt worden, was nach dem 11. September gemacht worden ist und was möglicherweise mit gewissen Veränderungen fortgesetzt wird.

Wenn Sie auf die Bundesebene abheben, will ich Sie ein paar Dinge fragen. Sie haben mit einem Nebensatz die Bundeswehr angesprochen.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Was wollen Sie mit der Bundeswehr? Wollen Sie tatsächlich, dass anstatt der Polizisten Soldaten, möglicherweise Wehrpflichtige, die Aufgaben wahrnehmen?

Das können Sie doch nicht ernsthaft wollen. Dann sagen Sie das bitte schön.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU – Weitere Zurufe von der CDU)

Nein, nein, das ist eine Grundsatzfrage. Herr Billen, Sie können nachher brüllen. Es kommen vielleicht nachher die Kühe dran.

Es kommt die nächste Frage: Was wollen Sie mit der Telefonüberwachung? Sie kennen die Forderung nach Ausweitung der Telefonüberwachung. Sie haben selbst vor wenigen Tagen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf den Tisch bekommen, in dem es sich dezidiert mit diesen Fragen auseinander setzt. Wollen Sie das gar nicht wahrnehmen? Was soll die Forderung nach Ausweitung der Telefonüberwachung? Das ist eine Forderung der CDU auf Bundesebene, nicht hier. Ich weiß nicht, vielleicht stehen Sie dahinter. Das weiß ich nicht.

Einen weiteren Punkt hat Frau Grützmacher fast zynisch zu Recht angesprochen. Das ist die Verbindung der Zuwanderungsfrage mit Terrorismus von einem Kollegen aus der CSU.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Er hat immer noch Recht – – –)

Wir machen das nicht mit.

(Zuruf von der CDU)

Entweder will er es kaputtmachen, oder man kehrt auf die sachliche Ebene zurück.

(Zuruf des Abg. Hörter, CDU)

Das ist Polemik pur, die betrieben wird. Das ist der Punkt, der auf Bundesebene diskutiert werden muss.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das können Sie hier gern diskutieren, aber nicht in dieser Aktuellen Stunde, bei der Sie vorgegaukelt haben, Vorschläge zu unterbreiten. Sie haben keinen einzigen gemacht. Der einzige Vorschlag, den ich gelesen habe, ist von Herrn Dr. Böhr von gestern. Darauf habe ich kurz abgehoben. Wir stehen voll hinter dem, was Herr Kollege Zuber gesagt hat.

(Zuruf des Abg. Bischel, CDU)

Wir werden an unserer Linie festhalten,

(Glocke des Präsidenten)

mit der notwendigen Ruhe, der klaren Entschlossenheit auf die unzweifelhaft höhere Bedrohung im Rahmen unserer Möglichkeiten zu reagieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Es spricht noch einmal Frau Abgeordnete Grützmacher.

Meine Damen und Herren! Frau Kohnle-Gros, Sie thematisieren den Einsatz der Bundeswehr im Innern. Sie wissen genau, unter bestimmten Umständen gibt es diese Möglichkeit. Wenn Sie das thematisieren, wollen Sie mehr. Das ist doch ganz klar. Sonst wären Sie mit dem, was ist, zufrieden. Was wollen Sie mehr?

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Wollen Sie, dass bewaffnete Soldaten offizielle Gebäude bewachen?

Sie erwähnen Irak und Afghanistan. Meine Damen und Herren von der CDU, da gibt es einen Bürgerkrieg. So weit sind wir in der Bundesrepublik wahrlich nicht. Das sind ganz andere Dimensionen. Sie vergleichen so etwas, nicht Sie, sondern Leute aus der CDU.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Diese haben gesagt, im Ausland stellt die Bundeswehr die Innere Sicherheit her, im Inland darf sie das nicht. Das ist Unsinn. Wir haben Instrumente, womit wir das machen können. Es ist fahrlässig, diese Aufgaben so miteinander zu vermischen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Meine Damen und Herren von der CDU, das Schlimme ist, Sie nehmen das schlimme Ereignis von Madrid und instrumentalisieren es, um mehr Polizei in RheinlandPfalz zu fordern. Das finde ich ziemlich schäbig. Das haben die Leute, die dort zu Schaden gekommen sind, nicht verdient.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hohn.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen eine kurze Passage aus der „Süddeutschen Zeitung“ von dem Ihnen allen bekannten Herrn Prantl vorlese. Ich glaube, das trifft die Dinge genau auf den Kopf. Ich zitiere: „Nach jedem verbrecherischen Anschlag, nach jeder terroristischen Wahnsinnstat wie eben der in Madrid schauen die Politiker nach, ob nicht beim eiligen Packen der letzten Sicherheitspakete etwas herausgefallen ist, was nun noch auf den Weg gebracht werden könnte, noch ein Verschärfungsgesetz, noch eine Ausweitung irgendeines

Kompetenzkatalogs. Auf diese Weise bestätigt die Politik den latenten, aber falschen Verdacht weiter Kreise der Bevölkerung, den Verdacht nämlich, dass das Recht der Inneren Sicherheit Löcher hat.“

Ich glaube, dem ist nichts hinzuzufügen.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)