Protokoll der Sitzung vom 18.03.2004

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kuhn.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. Wir haben eine

lange Wegstrecke hinter uns gebracht, um zu diesem Antrag zu kommen. Es ist äußerst erfreulich, dass die vier Fraktionen gemeinsam diesen Antrag verabschieden werden.

Man sollte es meiner Meinung nach nicht so formulieren, als stehe die Gefahr von reinen Trockenübungen

(Dr. Schiffmann, SPD: Akademischen Trockenübungen!)

und reiner Theorie im Raum. Ich denke vielmehr, dass wir mit diesen neuen Regelungen große Chancen haben – so ist es sicherlich auch gemeint gewesen –, nicht nur als Parlamentarier mit Haushaltsplänen besser umzugehen, sondern letztendlich auch die Öffentlichkeit angemessen mit einzubeziehen. Diese Bücher mit sieben Siegeln darf es so nicht mehr geben.

(Beifall bei der SPD)

Dies ist ein Fortschritt der Demokratie, und wir sollten uns alle bemühen, mit der Öffentlichkeit in eine Diskussion über die Haushaltspläne einzutreten. Dies ist nach meiner persönlichen Einschätzung eine sehr große Chance.

Für die Regierungen bilden die Haushaltspläne, wie wir wissen, finanzielle Leitplanken, innerhalb derer die Aufgaben in der Haushaltsperiode zu erfüllen sind. Der Haushaltsplan soll so gestaltet sein, dass er dem Parlament die Chance bietet, von seinem Budgetrecht und seiner Budgetkontrolle effektiv Gebrauch machen zu können. Dies ist bei der derzeitigen Struktur, die wir vorfinden, nicht immer der Fall.

Den Anforderungen an den Haushaltsplan wird umso mehr entsprochen, als er die Möglichkeiten bietet, dass

1. der Grad der politischen Zielerreichung ermittelt werden kann,

2. über Einnahmen und Ausgaben hinaus zusätzlich periodenbezogen Aufwand und Ertrag sichtbar werden und

3. Kosten und Leistungen zumindest partiell durch Kosten-Leistungs-Rechnungen dargestellt werden.

Damit erübrigt sich wenigstens zurzeit die Einführung der kaufmännischen Buchführung für den Landeshaushalt.

Meine Damen und Herren, Haushaltsaufstellung mit Haushaltsgesetzgebung, Haushaltsvollzug und Haushaltskontrolle sind nicht nur parlaments- und regierungsinterne Vorgänge. Eine wache, interessierte und auch kritische Öffentlichkeit beansprucht zu Recht, wie ich meine, Informationen, mithilfe derer die Haushaltsführung des Landes transparent und nachvollziehbar ist. Das ist auch im Übrigen ein Angebot für die Journalisten.

Wir wissen, wie schwer es auch gerade für Journalisten ist, sich in die Haushaltssystematik einzufinden. Nach meiner Einschätzung dient es auch der öffentlichen

Transparenz, wenn die Medien selbst eine bessere Chance haben, sich einen objektiven Überblick über die Haushaltssituation zu verschaffen.

Vor diesem Hintergrund hat der vorliegende Antrag die Zustimmung aller im Parlament vertretenen Fraktionen gefunden. Alle Fraktionen werden davon profitieren, wenn im Landeshaushalt die Transparenz erhöht und die Steuerungsmöglichkeiten verbessert werden.

Meine Damen und Herren, wesentliche Schwerpunkte des Antrags liegen darin, wie man die politischen Ziele konsequent darstellt und wie man ihr Erreichen oder Nichterreichen nachweist. Gerade auf diesem Feld liegt für die Bürgerinnen und Bürger die eben beschriebene Chance, Erfolg und Misserfolg der Politik zu identifizieren.

Zu diesen Kategorien zählen auch die Leistungsaufträge. Die hierbei festzulegenden Zielgrößen, mithilfe derer auch komplexe politische Aufgaben in quantitative und damit explizit messbare Werte übersetzt werden, bilden nach unserer Auffassung eine große Hilfe für die Erfolgsbeurteilung. In verschiedenen Ressorts gibt es für die Leistungsaufträge unserer Einschätzung nach schon ermunternde Beispiele.

Meine Damen und Herren, die qualitative Aufwertung des Haushaltsplans ist die eine Seite. Zur Verbesserung des Haushaltsplans und der Systematik sollen aber auch eine Vereinfachung und Straffung beitragen, das heißt, eine Reihe entbehrlicher Übersichten kann entfallen und die Vielfalt der Kapitel kann abgebaut werden.

Einen interessanten Ansatz sieht unsere Fraktion in einer perspektivischen Betrachtung finanzieller Belastungen,

(Glocke der Präsidentin)

also solcher Belastungen über die Haushaltsperiode hinaus und deren Bindung und damit zur Einschränkung des politischen Handlungsspielraums in den kommenden Jahren.

Meine Damen und Herren, alles in allem ist es ein wichtiger und richtiger gemeinsamer Antrag, der heute zur Beschlussfassung kommt. Wir freuen uns, dass wir in diesem Haus großen Konsens gefunden haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD und CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Ich erteile Herrn Staatssekretär Dr. Deubel das Wort.

(Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, meldet sich zu Wort)

Entschuldigung. Wie kann ich das nur übers ehen?

Ich erteile Frau Abgeordneter Thomas das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht hätte ich Staatssekretär Dr. Deubel doch den Vorrang geben sollen. Da heute so viel Einigkeit bei dem Thema besteht, darf ich vor ihm reden und muss mir nicht meine Redezeit für danach aufheben.

Meine Damen und Herren, als Oppositionshaushälterin trage ich zwei zentrale Ziele dieses Antrags mit, nämlich einmal, dafür zu sorgen, dass öffentliche Mittel, Steuergelder, also Einnahmen, die das Land hat, vernünftig ausgegeben werden. Mit vernünftig meine ich jetzt nicht im Sinn von vielleicht strittigen politischen Zielen, sondern dass sie vernünftig und effizient eingesetzt werden. Sie sollen zielgerichtet und wirtschaftlich eingesetzt werden. Ich glaube, all das, was wir tun können, um das zu verbessern, dient dem Umgang mit den knappen öffentlichen Mitteln.

Als eine Haushaltspolitikerin aus der Opposition heraus bin ich mindestens genauso interessiert daran, einen Haushalt und einen Haushaltsplan zu bekommen, der die Transparenz für das Parlament selbst, für jeden einzelnen Abgeordneten und auch für die Öffentlichkeit verbessert.

Ab und zu mache ich einen Test mit Praktikanten und Besucherinnen und Besuchern in der Fraktion und lasse sie einmal einen Blick in einen Haushaltsplan werfen. Es ist so, wie es Werner Kuhn beschrieben hat, es ist für die meisten ein Buch mit sieben Siegeln mit der Vielzahl der Einzeltitel, mit den Quervermerken, mit den Deckungsmöglichkeiten und dem, was wir der Regierung bereits an Flexibilität eingeräumt haben. Im Gegenzug fehlt es an vielen Stellen an klarerer Berichterstattung. Es fehlt an mehr Transparenz, die sich schon beim Aufstellen eines Haushaltsplans verankern und verordnen lässt.

Als Haushaltspolitiker haben wir uns durchaus auch mit anderen Vorbildern bei einer Reise in der Schweiz beschäftigt und haben dort die eine oder andere Anregung mitgenommen. Da meine Vorredner das bereits getan haben, möchte ich nicht mehr alle einzelnen Punkte aufzählen.

Ich möchte zwei Beispiele nennen. Das erste Beispiel ist, man kann durch eine Verdichtung innerhalb des Haushalts mehr Transparenz, aber vielleicht auch einen sparsameren Einsatz der Mittel hinbekommen. Als Beispiel nehme ich den Haushalt des Wirtschaftsministers. Sie alle wissen, es gibt in der Landesregierung bei der Aufstellung eines Haushaltsplans die Tendenz, ein neues Programm zu machen. Das heißt, im Bereich der Wirtschaftsförderung gibt es meist ein eigenes Kapitel. Es steht fünfmal hintereinander dort drin. Wir haben fünf verschiedene Kapitel, in denen Mittel für Wirtschaftsförderung enthalten sind. Manchmal glaube ich, es ist sogar Absicht, dass man es so anlegt, damit man es nicht besser sehen und überschauen kann, was an Mitteln gegeben wird.

(Itzek, SPD: Ach je! Übertreib nicht!)

Na ja, man kann diesen Eindruck bekommen, wenn man Haushaltsberatungen macht. Ich glaube, wenn es darum geht, das zu straffen, wäre dies ein erster Punkt, an dem man straffen und damit für mehr Übersicht sorgen könnte.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass man im Finanzplan, also dem weniger verbindlichen Teil des Haushalts, wo es im Prinzip um Projektionen in die nächsten Jahre hineingeht, tatsächlich unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit, also einer generationengerechten Haushalts- und Finanzpolitik deutlich macht, was es an Belastungen aus bisher getroffenen Entscheidungen gibt, ob das für Pensionszahlungen, private Vorfinanzierung oder andere Bereiche hinweg gilt. Man sollte dort einen genaueren Einblick bekommen. Das sollte in der Beratung und Beschlussfassung eine größere Rolle spielen.

Ich möchte in der letzten Minute meiner Redezeit noch drei Punkte benennen, die ich mir in dem Antrag gewünscht hätte, für die ich aber die anderen Fraktionen, insbesondere die Regierungsfraktionen, nicht begeistern konnte. Ich bin aber überzeugt, dass wir dann, wenn wir Haushalt weiterentwickeln wollen, nicht nur bei der Struktur stehen bleiben können.

Mehr Möglichkeiten für die Regierung und durchaus in der Gestaltung mehr Flexibilität bedeuten mehr Transparenz im Haushaltsvollzug auch für das Parlament. Ich glaube, dass es sinnvoll wäre, nach einem Weg zu suchen, auch während eines Haushaltsjahrs einen klareren Blick in die Ausgabenentwicklung zu bekommen. Sie wissen noch, bei den letzten Haushaltsberatungen ist im Januar eine vorläufige Bilanz über das vorige Jahr eingegangen. Sie liegt uns bis heute noch nicht in jeder Form schriftlich vor. Ich glaube, dass wir nach Möglichkeiten suchen müssen, die Ausgabenentwicklung als Parlament genauer im Blick zu haben. Dazu haben wir Vorschläge gemacht. Bisher sind Sie darauf noch nicht eingegangen. Ich glaube aber, das wäre eine wichtige Aufgabe für das Parlament, nicht nur für die Opposition, sondern auch für die Regierungsfraktionen.

(Hartloff, SPD: Die täglichen Abbuchungen im PC! – Itzek, SPD: Stündlich!)

Nein, nicht die täglichen Abbuchungen, das möchte ich mir auch nicht antun.

Wenn wir über Veränderungen des Haushaltsplans nachdenken, müssen wir die Landesregierung, aber auch die Regierungsfraktionen beim Wort nehmen.

(Glocke der Präsidentin)

Sie nehmen das Wort gern in den Mund, nämlich Gender Mainstreaming. Ich finde, ein solches muss sich im Haushalts wiederfinden. Wir müssen dahin kommen, tatsächlich in den Bereichen auch zu Genderbudgets zu kommen,

(Itzek, SPD: Dann wird der Haushalt unübersichtlich!)

das heißt, deutlich zu machen, welche Mittel für welche Ziele ganz gezielt Frauen und ihren Interessen und welche den Männern zugute kommen. Das muss nicht zu einer Unübersichtlichkeit führen, aber das würde zu einer Sensibilisierung in jedem Ressort und in diesem Parlament führen. Auch deswegen müssen wir in diesem Bereich weiter vorgehen. Sie wissen, ich bin in diesem Punkt ausdauernd und leidenschaftlich und werde es hinbekommen, dass wir das in einen Haushalt hineinbekommen und noch einen Schritt weiter nach vorn machen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)