Ich erinnere an das Naheprogramm. Im Einvernehmen mit der Landwirtschaft wurden über 300 Kilometer Gewässerrandstreifen in Rheinland-Pfalz geschaffen. Denken Sie an den Polder bei Ingelheim. Die Grundlagen für eine einvernehmliche Lösung des Polders wurden durch intensive Gespräche mit allen Betroffenen erreicht. So führt das Umweltministerium dort die Veranstaltung für eine Region im Gespräch durch. Mein Haus unterstützt das ohne Frage. Ziel des Anliegens ist es, dass der Hochwasserschutz mit den Belangen der Landwirtschaft und des Naturschutzes und der Kommunen in einen Konsens zu bringen ist. Sie wollen diesen Konsens nicht. Sie wollen es von oben herunter diktieren, und dann noch sehr unpraktikabel. Das ist der Unterschied zwischen der einen und der anderen Seite.
Meine Damen und Herren, was das Bundesumweltm inisterium nun mit diesem Entwurf eines Hochwasserschutzgesetzes präsentiert, ist kein nachhaltiger Hochwasserschutz.
Statt Kooperation setzt man auf Konfrontation. Das ist vor dem Hintergrund der Ergebnisse der gemeinsamen Agrarminister- und Umweltministerkonferenz am 13. Juni 2003 umso verwunderlicher. Dort kam aus meiner Sicht ein bemerkenswertes Ergebnis zustande: ein einvernehmlicher gemeinsamer Beschluss aller Länder zum nachhaltig vorbeugenden Hochwasserschutz. Es wurde zum Beispiel beschlossen, die Landwirtschaft als Partner für den passiven Hochwasserschutz zu gewinnen,
bei land- und forstwirtschaftlichen Belangen die Prinzipien der Kooperation und Freiwilligkeit zu verfolgen und wirtschaftliche Nachteile für die Bewirtschafter der Flächen angemessen auszugleichen.
Vielmehr sieht der Gesetzentwurf ein nahezu komplettes Ackerbauverbot in Überschwemmungsgebieten mit einem 100-jährlichen Hochwasserereignis vor. Meine Kollegin hat darauf hingewiesen.
Meine Damen und Herren, damit wir uns richtig verstehen: Der Ackerbau ist nach diesem Gesetzentwurf bis zum 31. Dezember 2012 einzustellen. Die Ausnahmen, die in diesen Gebieten nach 2012 für die Fortsetzung des Ackerbaus zugelassen sind, sind als Marginalien zu bezeichnen.
Meine Damen und Herren, das ist nur möglich, wenn eine ganzjährige Bodenbedeckung einschließlich einer konservierenden Bodenbearbeitung sichergestellt ist und die Ausbringung von Düngung und Pflanzenschutzmitteln eingeschränkt wird.
Aber der Gesetzentwurf geht noch weiter. So ist eine völlig unzureichende Ausgleichszahlungsregelung vorgesehen, und zwar dann, wenn die wirtschaftlichen Nachteile eine unzumutbare Härte darstellen. Dies soll nun obendrein von den Ländern bezahlt werden. Das ist sehr interessant. So viel zum Thema „Konnexität“. Wir diskutieren derzeit im Zusammenhang mit der Kommunalverfassung das Prinzip der Konnexität, und hier ist eine Person, die oktroyiert den Ländern zusätzlich auf, dass sie es ausgleichen.
Meine Damen und Herren, das kann es nicht sein; denn die Länder haben – wie wir es belegen – intelligentere und praktikablere Lösungen gezeigt. Das ist in einer vernünftigen, sehr praktikablen Art und Weise machbar.
Meine Damen und Herren, welche Konsequenzen hätte dieses Gesetz, wenn es umgesetzt würde? Nach derzeit vorliegenden Schätzungen wären ungefähr 6 % bis 8 % des Ackerlands in Deutschland von diesem Ackerbauverbot betroffen. Das entspricht rund 700.000 bis 1 Million Hektar Ackerland. Das würde nach Schätzungen des Bauernverbands zu Ertrags- und Vermögensverlusten von rund 3,6 Milliarden Euro führen.
Was würde das Gesetz partiell für Rheinland-Pfalz bedeuten? Es ist davon auszugehen, dass bis zu 30.000 Hektar Ackerfläche von dieser Regelung betroffen wären. Nach einer ersten überschlägigen Ermittlung wird allein die Umwandlung von Ackerland in Grünland in den Abfluss- und Rückhaltebereichen 15 bis 20 Millionen Euro kosten.
Ein großer Teil der in Rheinland-Pfalz betroffenen Flächen befindet sich im Oberrheingraben, wo auch der Gemüseanbau stark vertreten und ausgeprägt ist. Bei einer zwangsweisen Umwandlung von diesen Gemüs eanbauflächen in Grünland würden enorm hohe Zahlungen fällig, im Schnitt ca. 10.000 Euro pro Hektar.
Auch die Investitionen für die Feldberegnung in der Vorderpfalz in Höhe von rund 85 Millionen Euro, die mit erheblichen Landes-, Bundes- und EU-Mitteln gefördert wurden, wären zumindest teilweise vergebens.
Im Oberrheingraben gibt es kaum Vieh haltende Betriebe, die möglicherweise an einer Nutzung von Grünland interessiert sind – das muss man einfach zur Kenntnis
nehmen –, und eine entsprechende Ausstattung in den Betrieben ist nicht vorhanden. Eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Nutzung der Grünlandflächen ist an die Viehhaltung gebunden.
Wo soll nun der erkennbare Nutzen für den Hochwasserschutz bei einer Umwandlung von Ackerland in Grünland liegen? Die Experten in Deutschland sind sich einig, dass die Umwandlung von Ackerland in Grünland, wenn überhaupt, allenfalls einen geringen Beitrag zum Hochwasserschutz liefern wird. Ein zusätzlicher Wasserrückhalt von Grünlandflächen ist in der Regel nicht gegeben. Die Einschränkung des Ackerbaus in Überschwemmungsgebieten soll nach dem Gesetzentwurf insbesondere der Verhinderung von Bodenerosion dienen. Eventuelle Emissionsschutzmaßnahmen sind nach dem Hochwasserschutzgesetz fehl am Platz; denn hierzu gibt es bereits das Bundesbodenschutzgesetz.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen: Dieser Gesetzentwurf stellt einen unzumutbaren Eingriff in die Verfügungsrechte über das Eigentum dar. Ein Nutzen für den Hochwasserschutz durch ein Ackerbauverbot ist nicht gegeben. Es scheint vielmehr so – das scheint nicht nur mein Eindruck zu sein –, dass überzogene, unrealistische Naturschutzvorstellungen unter dem Deckmantel des Hochwasserschutzes umgesetzt werden sollen.
Rheinland-Pfalz wird im Bundesrat seinen Einfluss geltend machen, dass dieser Gesetzentwurf zustimmungspflichtig wird. Das ist eine Rechtsfrage. Das kann man hier nicht beantworten. Das können auch ich und meine Kollegin Frau Conrad nicht beantworten. Man muss am Schluss sehen, ob es zustimmungspflichtig gemacht ist oder nicht oder ob man es zu einem Einspruchsgesetz macht. Das kann man alles tun.
Herr Schmitt, das können Sie und ich heute nicht entscheiden. Wenn es ein Zustimmungsgesetz wird, dann haben wir eine andere Situation als jetzt.
Lassen Sie mich abschließend noch etwas sagen: Überhöhen Sie sich doch nicht so. Ich habe es vorhin bei Frau Schneider gemerkt. Da wird ständig nach dem Ministerpräsidenten gerufen.
Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident ist stellvertretender Vorsitzender der SPD, sitzt aber nicht am Kabinettstisch in Berlin.
Herr Jullien, es ist gute Sitte, dass am Kabinettstisch in Rheinland-Pfalz auch nicht Herr Koch aus Hessen und Herr Schröder aus Berlin sitzen. Wir regeln unsere Probleme in Eigenständigkeit und in der Verantwortung vor der rheinland-pfälzischen Bürgerschaft, der rheinlandpfälzischen Landwirtschaft und Wirtschaft. Verlassen Sie sich darauf. (Beifall bei FDP und SPD)
Seien Sie ganz ohne Sorge: Wir halten es wie immer und werden ein vernünftiges Ergebnis erreichen. Ich habe selten eine so einmütige Haltung gesehen, wie sie in diesem Fall bei der Landesregierung vorherrscht. Das
liegt daran, weil dieser Gesetzentwurf ein überzogener Gesetzentwurf ist, der sich weit weg von der Realität bewegt.
Übrigens muss man auch warten. Es gibt auch noch ein Gesetzgebungsverfahren. Wie kann man sich als Parlament von vornherein selbst so aufgeben? Das Parlament hat noch die Möglichkeit, an dem Gesetzentwurf Änderungen vorzunehmen. Das ist doch gar keine Frage. Wenn ich allerdings alles als sakrosankt empfinde, was eine Regierung macht, dann hat man sich als Parlament aufgegeben. Ich gehe davon aus, dass sich auch der Bundestag noch nicht ganz aufgegeben hat. Warten wir einmal ab, in welcher Form was am Schluss im Bundesrat „landen“ wird. Dann diskutieren wir die Frage wieder.
Jedenfalls ist die Haltung der rheinland-pfälzischen Landesregierung zu diesem Gesetzentwurf eindeutig und klar.
Herr Bauckhage, zunächst einmal vielen Dank für die Ermutigung der Parlamentarier. Wir werden es uns zu Herzen nehmen. Ich hoffe, auch die Koalitionsfraktionen.
Ich möchte noch einmal zur Aufklärung beitragen. Sie hatten gesagt, alles, was im Überschwemmungsgebiet liegt, muss Grünland werden, und viele könnten Grünland gar nicht bewirtschaften.
Herr Bauckhage, das stimmt so nicht. Im Gesetzentwurf steht – ich zitiere noch einmal –: „So ist eine ganzjährige Bodenbedeckung (etwa durch Maßnahmen wie Zwi- schenfruchtanbau, Winterbegrünung und Mulchsaat) und eine konservierende Bodenbearbeitung vorzuschreiben. Eine ganzjährige Bodenbedeckung schließt kurzzeitige, durch die ackerbauliche Nutzung implizite Unterbrechungen in der Bodenbedeckung nicht aus.“
Meine Damen und Herren, es ist weiterhin möglich, dort beispielsweise Wintergerste anzubauen, wie wir es früher auch gemacht haben. Nur der Maisanbau in der Vorderpfalz – ich kann Ihnen das sagen, weil meine Eltern auch Bauern waren –,
ist noch keine 30 Jahre alt. Vor 30 Jahren haben wir dort Winterweizen und Wintergerste und keinen Mais angebaut. Wenn wir jetzt sagen, wir müssen in den Über
schwemmungsgebieten unbedingt Mais anbauen und aus Rheinland-Pfalz heraus müssen wir das verteidigen, dann ist das der falsche Weg.
Ich sage Ihnen auch, es gibt Kompromisslinien. Es kann sein, dass das Gesetz noch verändert wird. Es ist doch vollkommen klar, dass es zum Beispiel schwierig sein wird, nicht nur für Rheinland-Pfalz, sondern auch für andere Länder, in fünf Jahren sämtliche Hochwasserlinien festzulegen. Da haben wir doch Ausnahmetatbestände, um das verlängern zu können.
Herr Bauckhage, ich glaube, es ist die falsche Methode, wenn Sie denken, es wäre Politik für die Bauern, den Bauern etwas vorzumachen, was so nicht umsetzbar sein wird.
Bis zum Jahr 2012 müssen entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Sie können dann nicht sagen, dass Sie diese Maßnahmen in Rheinland-Pfalz nicht umsetzen wollen. Das heißt, es wird in die Bewirtschaftungsstruktur von Poldergebieten eingegriffen. Außerhalb von Poldergebieten und hinter dem Damm wird sich im Rheingebiet nichts verändern. Damit hat sich RheinlandPfalz doch durchgesetzt. Das ist neu definiert worden. Das sind überschwemmungsgefährdete Gebiete. Dort darf man nicht mehr zulassen, dass beispielsweise Ölheizungen in den Boden eingegraben werden. Das ist richtig so.
Es gilt die Definition, dass Gebiete vor den Dämmen Überschwemmungsgebiete sind und Gebiete hinter den Dämmen keine Überschwemmungsgebiete sind.
Man muss einmal klarstellen, dass es sich bei dem Gesetz um eine absolut diskutierenswerte Vorlage handelt
und Sie nicht verhindert können, dass das Gesetz kommt. Vielleicht können Sie es im Hinblick auf die fünf Jahre aber ein wenig positiv beeinflussen. Lassen Sie uns den Leuten aber nichts Falsches erklären, wenn wir wissen, dass die Zukunft anders sein wird.