Protokoll der Sitzung vom 18.03.2004

Das wäre Bauernfängerei.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Billen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Braun, das Gesetz, das von Herrn Trittin erarbeitet

worden ist, ist nicht geprägt von irgendeiner Sachkenntnis.

(Zurufe des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hören Sie doch einmal in aller Ruhe zu, anstatt immer nur zu behaupten, alle anderen wüssten nichts, nur Sie hätten etwas im Kopf. Vielleicht hilft Ihnen das.

Sie müssen einmal versuchen zu erklären, was der Unterschied zwischen Hochwasser über Grünland, Weizen oder Gerste ist. Es gibt keinen Unterschied.

In der Regel wird nicht abgeschwemmt, sondern angeschwemmt. Soweit sind wir uns schon einmal einig.

Jetzt kommt Ihr Vorurteil zum Maisanbau. Es mag sein, dass Sie in Bezug auf den Maisanbau auf Ihrem Jugendstand stehen geblieben sind. Bleiben wir einmal bei diesem Beispiel. Auch beim Maisanbau gibt es eine Bodenbedeckung. Es gibt eine Vorfrucht, zum Beispiel Senf. Dann ist der Boden bedeckt, und er bindet auch.

Insofern macht das ganze Gesetz außer einer Kujonierung für die Bauern und dem Versuch, Bauern aus der Produktion und in die Enteignung zu treiben, überhaupt keinen Sinn in Bezug auf Hochwasser. Das stört mich sehr. Unter Umständen sollen wir einen Betrag von 20 Millionen Euro oder 60 Millionen Euro aufbringen, damit man Bauern aus der Produktion heraustreibt. Sie schütteln den Kopf, aber das ist die Wahrheit. Der Unterschied ist, dass man einen ideologischen Ansatz wählt, der mit der Praxis und der tatsächlichen Landwirtschaft nichts mehr zu tun hat.

Insofern sollten Sie umdenken und Herrn Trittin anrufen und ihm sagen, dass er sich das einmal vor Ort ansehen und mit den Bauern darüber reden soll.

In der Begründung des Gesetzentwurfs steht, dass damit die Abschwemmung von Dünger und Pflanzenschutzmitteln verhindert werde. In der Regel düngt der Bauer dann, wenn die Pflanzen Dünger brauchen.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Moment haben wir normalerweise kein Hochwasser; es sei denn, es gibt ein Sommerhochwasser in einem gigantischen Ausmaß. Dann spielt es aber eh keine Rolle mehr. Insofern ist das auch der falsche Ansatz. Es spricht überhaupt nichts dagegen, Ackerbau in Überschwemmungsgebieten zu betreiben. Ich rede nicht von Poldergebieten oder überschwemmungsgefährdeten Gebieten.

Insofern ist meine herzliche Bitte – alle drei Fraktionen sind sich in dieser Hinsicht einig –, dass Sie vielleicht auch noch einsteigen. Dann hätten wir aus einer sachlichen Diskussion viele Emotionen herausgenommen.

(Glocke des Präsidenten)

Manchmal ist Sachkenntnis hinderlich, aber in dieser Sache ist Sachkenntnis förderlich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Ebli.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Braun, Sie haben eindrucksvoll versucht, Passagen aus dem Gesetz vorzulesen, um die Situation abzumildern. Sie hätten aber weiterlesen sollen; denn in einem weiteren Absatz steht, dass das Land dazu verpflichtet ist, Ausgleichsregelungen zu treffen, wenn es zu Benachteiligungen kommen sollte.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch gut so!)

Das ist eine wichtige Entscheidung, die uns betrifft. Wir treffen genügend Ausgleichsregelungen für alle Maßnahmen. Wir haben noch gar nicht über das Baurecht und über Bebauungen bis zu Gewässerrändern gesprochen. In dieser Hinsicht sind bereits wesentliche Fortschritte erzielt worden. Wir wollen einen Hochwasserschutz, der berechtigt ist. Dabei sind wir in RheinlandPfalz vorbildlich. Wir wollen Gewässerschutz. Wir wollen eine hohe Qualität des Wassers, die fast der Qualität von Trinkwasser gleichkommt. Fahren Sie doch einmal mit dem Umweltboot des Ministeriums auf den Rhein und lassen sich das einmal vorführen. Das haben Sie sicherlich schon einmal gemacht.

(Zuruf aus dem Haus: Nee!)

Dann sollten Sie es einmal tun.

Sie können feststellen, dass wir eine Vielzahl von Fischen haben, die wir lange nicht mehr hatten. In dieser Zielsetzung sind wir uns gleich. Wir wollen, dass wir von unseren Produkten leben können und unsere Bauern im Einklang mit Natur, Gewässerschutz und Hochwasserschutz leben können.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Geisen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mich drängt es zu einem sachlichen Hinweis. Ein ordnungsgemäßer Ackerbau, insbesondere Gemüseanbau, kann auf Sandböden eindeutig hinsichtlich der Nährstoffzufuhr exakt dosiert werden. Damit ist das Risiko der Nährstoffanrei

cherung in den Böden eindeutig viel höher dort, wo es Zwischenfruchtanbau, Dauerbegrünung oder Grünland gibt, weil die Pflanzen dann nicht in eine generative Phase kommen und die Nährstoffe nicht in dem Maß transformiert werden.

Insofern haben wir es in diesem Bereich mit einer Anreicherung zu tun. Die Nährstoffe werden zum Teil in Eiweißen festgelegt, wenn es um Nitrate geht. Genau diese werden dort, wo wir warme Witterungsverhältnisse haben, nämlich unter klimatisch warmen Bedingungen, unter Wasser wieder mobilisiert und freigegeben.

Also ist es strittig, was gesagt wurde. Ich bitte, darüber noch einmal nachzudenken.

(Beifall bei FDP und SPD – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ging um Erosionen!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Konsequenzen für das rheinland-pfälzische POG aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Großen Lauschangriff“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/2997 –

Für die Antrag stellende Fraktion spricht Frau Abgeordnete Grützmacher.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen befinden sich in einer ziemlich unkomfortablen Situation.

(Staatsminister Zuber: Warum? – Unruhe im Hause)

Sie müssen davon ausgehen, dass das erst vor kurzem novellierte Polizei- und Ordnungsbehördengesetz nicht verfassungskonform ist. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März zum Großen Lauschangriff hat in aller wünschenswerten Klarheit festgestellt, dass zwar die Grundgesetzänderung aus dem Jahr 1998 zum Großen Lauschangriff verfassungskonform ist, allerdings die Umsetzung in den Gesetzen von Bund und Ländern größtenteils verfassungswidrig ist.

Das Bundesverfassungsgericht stellt in aller Klarheit fest, dass es einen absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung gibt, in den der Staat mit seinen Abhörmitteln nie eingreifen darf. Die Karlsruher Richter haben klar definiert, dass der Große Lauschangriff nur in Fällen von Schwerstkriminalität zulässig ist und er sich allein gegen Verdächtige, nicht aber gegen unbescholtene Bürgerinnen und Bürger richten darf.

Meine Damen und Herren, diese mutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt viele von uns und auch mich aufatmen; denn sie kommt gerade zur richtigen Zeit, um die allgemeine Diskussion um das Verhältnis von Bürgerrechten und Sicherheit wieder ins richtige Lot zu bringen.

Der Staat braucht eben auch in Zeiten der Terrorismusbekämpfung nicht alles und um jeden Preis. Der Richterspruch aus Karlsruhe kommt vor allem für uns in Rheinland-Pfalz zur richtigen Zeit, wo man sich zum Vorreiter in Sachen präventiven Lauschens und Spähens mit der Novellierung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes machen wollte. Dem Auswuchs an Befugnissen, die in diesem POG festgeschrieben sind, hat das Bundesverfassungsgericht nun zunächst einmal einen Riegel vorgeschoben. So viel ist klar.

Das bringt uns jetzt direkt zu der Frage, wie es weitergehen soll.

(Staatsminister Zuber: Das ist schon längst beantwortet!)

Herr Zuber, was machen Sie denn jetzt? Wollen Sie die Polizei auf der Grundlage eines Gesetzes agieren lassen, das nicht verfassungskonform ist? Das ist wirklich außerordentlich bedenklich.

Herr Zuber, wir fordern Sie auf, schnell Konsequenzen aus dem Urteil von Karlsruhe zu ziehen. Setzen Sie das Gesetz aus

(Hartloff, SPD: Das stimmt noch nicht einmal rechtlich!)

und nehmen Sie so schnell wie möglich eine erneute Novellierung des POG vor, die den Ansprüchen unserer Verfassung gerecht wird, so, wie das das Urteil von Karlsruhe vorsieht.

(Staatsminister Zuber: Lesen Sie das einmal genau!)