Meine Damen und Herren, ich möchte Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt Nastätten sowie Landfrauen aus Berschweiler. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag behandelt heute in zweiter Beratung das Landesgesetz zur Änderung der Verfassung für Rheinland-Pfalz, einen Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Am 12. Februar dieses Jahres hat sich der rheinlandpfälzische Landtag mit dem Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Kommunen“ zur Sicherung der kommunalen Finanzausstattung und zur Einführung des Konnexitätsprinzips beschäftigt. Ich bin froh, dass es gelungen ist, in der von mir gewünschten zügigen Art und Weise die Ergebnisse der Kommission umzusetzen und in unsere Verfassung das strikte Konnexitätsprinzip aufzunehmen.
Die Diskussion über die Verankerung des Konnexitätsprinzips in unserer Verfassung ist wesentlich älter als die Diskussion in unserer Kommission. In der letzten Legislaturperiode hat sich die Enquete-Kommission „Parlamentsreform“ ebenfalls mit dieser Thematik beschäftigt. Auslöser war das Schreiben des Kommunalen Rates vom 5. Mai 1997, in dem der Landtag darum gebeten wurde, das Konnexitätsprinzip in Artikel 49 der Verfassung zu verankern.
Zu Recht wurde kritisiert, dass das Land „verstärkt Aufgaben und Finanzierungslasten auf die Kommunen übertrage und so deren Finanzbasis in immer stärkerem Maße beeinträchtige“. Am 3. November 1997 hat sich die Kommission mit der Thematik beschäftigt, eine Aufnahme des Konnexitätsprinzips aber mit der Begründung, „dass der Aufwand zur Erledigung einer Aufgabe nicht von vornherein exakt beziffert werden könne, dass die Gefahr bestünde, dass wegen kleiner Differenzen Verfassungsprozesse geführt würden und dass bei einer garantierten Kostenerstattung der Anreiz, die Aufgabe möglichst wirtschaftlich durchzuführen, entfiele“, abgelehnt.
Abschließend vertraten die Vertreter der Fraktionen von SPD und FDP die Ansicht, dass „das strenge Konnexitätsprinzip den Gestaltungsspielraum der Landespolitik und damit auch des Landtages über Gebühr einenge.“
Wir sind heute einen wesentlichen Schritt weiter. Sieben Jahre nach der damaligen Entscheidung wird der rheinland-pfälzische Landtag nunmehr die Einführung des strikten Konnexitätsprinzips in die Verfassung unseres Landes beschließen. Herr Minister Zuber, Sie haben natürlich Recht, dass damit nicht „alle finanziellen Probleme der Kommunen gelöst sind“. Das hat aber auch niemand behauptet. Es geht hiervon auch kein Zauber aus. Es ist nicht mehr und nicht weniger als ein Instrument der Struktursicherung durch Recht, das den recht
lichen Schutz der kommunalen Selbstverwaltung verbessert. Es ist nicht mehr und nicht weniger als ein taugliches Instrument, das Land daran zu hindern, ständig neue Aufgaben und Finanzierungslasten auf die rheinland-pfälzischen Städte, Landkreise und Gemeinden zu übertragen. Es war längst überfällig.
Rheinland-Pfalz ist das absolute Schlusslicht in der Entwicklung. Es ist das letzte der 13 bundesdeutschen Flächenländer, das sich nun nach einem mühsamen Weg endlich dazu entschließt. Ich erinnere mich noch genau an die Schwierigkeiten bei den Beratungen bereits bei der Einsetzung unserer Kommission, an das beharrliche Weigern der Vertreter der Koalitionsfraktionen, den „Kampfbegriff Konnexität“ überhaupt in den Arbeitsauftrag der Kommission aufzunehmen. Herr Kollege Marz hat das letzte Mal sehr eindrucksvoll die gruppentherapeutischen Sitzungen beschrieben, die notwendig waren, um die Blockaden bei der SPD zu lösen.
Meine Damen und Herren Kollegen von der SPD, dabei war Ihnen Ihre kommunale Basis in dieser Frage längst weggebrochen.
In vielen kommunalen Räten hatten die Mitglieder der örtlichen SPD-Fraktionen längst ihre Vertreter im Landtag aufgefordert, endlich das Konnexitätsprinzip in der Verfassung zu verankern.
Entschuldigung, das sind doch keine Märchen. Meine Damen und Herren, wieso ist eigentlich dieser Druck entstanden, wenn in Rheinland-Pfalz alles so gut geregelt ist, wie wir das eben vom Kollegen Schweitzer gehört haben?
Wieso eigentlich? Ich glaube, man muss erst einmal diese Frage beantworten. Dazu hilft der Blick in den Kommunalbericht 2003 des Rechnungshofs.
Er beschreibt die Situation der Kommunen wie folgt – ich zitiere –: „Im 14. Jahr in Folge weisen die rheinlandpfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände einen negativen Finanzierungssaldo aus. Allein das Finanzierungssaldo der letzten beiden Jahre beläuft sich auf 1,2 Milliarden Euro.“
Meine Damen und Herren, im Jahre 2003 erhöhte sich die Deckungslücke im Vergleich zum Vorjahr um 44,4 % auf 709 Millionen Euro. Der Rechnungshof sagt: „Damit erreicht die Finanzierungslücke einen bedrohlichen Höchststand.“ Weiter führt er aus: „Der Fehlbetrag der laufenden Rechnung verfünffachte sich gegenüber 2002. Viele Kommunen mit defizitären Haushalten finanzieren
bereits einen Teil ihrer Ausgaben der laufenden Rechnung über Kassenkredite, wie beispielsweise Personalund Sozialausgaben.“
Wir können gleich einmal darauf kommen, wie das im Vergleich zu anderen Bundesländern aussieht. Aber dazu kommen wir gleich noch.
(Lewentz, SPD: Das machen wir! – Schweitzer, SPD: Dann kommen wir gleich auch dazu, was Frau Roth sagt!)
Ich komme gleich zu Hessen. Ich weiß, dass Sie das gern zitieren. Ich kann Ihnen auch noch etwas zum Saarland sagen. Warten Sie einmal ab. Dann sind Sie nachher so groß, Herr Schweitzer.
Ich zitiere nur weiter unseren Rechnungshof: „Nach den Rechnungsergebnissen des Jahres 2002 überstieg der Gesamtfehlbetrag der Kommunen von 863 Millionen Euro den nach der Planung ausgewiesenen Fehlbetrag um 120 Millionen Euro. In den letzten fünf Jahren ist der Fehlbetrag um 147 % angestiegen. Insgesamt hatten 943 Gebietskörperschaften keinen ausgeglichenen Haushalt mehr. Das waren 134 Kommunen mehr als nach der Haushaltsplanung 2002. Der Fehlbetrag stieg gegenüber dem Vorjahr um 85 %, im Sechsjahresvergleich um 218 %.
(Schmitt, CDU: Unglaublich! – Staatsminister Zuber: Jetzt brauchen wir noch die Zahlen der Stadt Mainz!)
Ich komme jetzt zu dem, was Herr Kollege Lewentz angefordert hat. Der Rechnungshof hat auch noch einen interessanten Vergleich über die Entwicklung der ProKopf-Verschuldung zwischen den acht westlichen Flächenländern vorgelegt. Danach ist über einen Zeitraum von nur vier Jahren von 1999 bis zum Jahr 2002 in keinem der Länder, auch nicht in Hessen und auch nicht im Saarland, die Pro-Kopf-Verschuldung so stark gestiegen wie in Rheinland-Pfalz.
Wenn man den Durchschnitt der acht westlichen Flächenländer bildet, dann ist die Pro-Kopf-Verschuldung um 76,62 Euro gestiegen. Rechnet man den Pro-KopfSchuldentreiber Rheinland-Pfalz heraus und bildet nur den Schnitt aus den sieben Ländern, liegt es sogar bei 52 Euro. In Rheinland-Pfalz sind im gleichen Zeitraum, in dem die anderen sieben westdeutschen Flächenländer einen Verschuldungsanstieg im Durchschnitt von 52 Euro hatten, die Schulden pro Kopf der Bevölkerung um 249 Euro gestiegen. Das ist fast das Fünffache von dem, was in den anderen sieben Flächenländern ist.
Dann kommen Sie nicht hierhin und sagen, in Rheinland-Pfalz ist es besser als in allen anderen Ländern.
(Beifall der CDU – Hartloff, SPD: Das hat mit dem Einnahmen- einbruch in Ludwigshafen nichts zu tun! – Ministerpräsident Beck: Unglaublich! – Schmitt, CDU: Das ist wahr!)
Ich komme gleich zu den Einnahmen. Warten Sie ab, bleiben Sie alle ruhig. Lesen Sie den Bericht. Darin können Sie alle Zahlen finden. Es sind keine anderen Zahlen als die aus dem Rechnungshofbericht dieses Landes. Es sind keine andere Zahlen!
Wir gehen es jetzt einmal im Einzelnen durch. In Schleswig-Holstein gab es in den vier Jahren lediglich einen Anstieg um 30 Euro pro Kopf, was 2,9 % entspricht. Im Saarland waren es 151 Euro, das sind 10,6 %. In Nordrhein-Westfalen waren es 79 Euro, in Niedersachsen 20 Euro. 46 Euro waren es in Hessen, in Bayern 75 Euro. In Baden-Württemberg ist es gelungen, in den Kommunen die Pro-Kopf-Verschuldung in diesem Zeitraum um 37 Euro zu reduzieren. Dann kommt Rheinland-Pfalz mit 249 Euro Anstieg, was 20,6 % entspricht. Das ist die kommunalfreundliche Landesregierung.
In gleicher Weise Besorgnis erregend ist die Entwicklung der Kassenkredite in Rheinland-Pfalz im Zehnjahresvergleich.
Herr Ministerpräsident, es wäre noch schlimmer, wenn diese Oberbürgermeister nicht den Schrott wegräumen müssten, den Ihre Oberbürgermeister angerichtet haben.
Herr Ministerpräsident, es wäre noch schlimmer, wenn diese Oberbürgermeister nicht den Schrott wegräumen müssten, den Ihre Oberbürgermeister angerichtet haben.