(Beifall der SPD und der FDP – Dr. Weiland, CDU: Das habe ich ja noch nie gehört! Habt ihr das erfunden?)
Das können Sie ruhig kritisieren. Das wird weniger von der CDU kritisiert. Die CDU bzw. der Herr Kollege Bracht hat es in der „Rhein-Hunsrück-Zeitung“ in einem Leserbrief kritisiert, das wären alles nur leere Ankündigungen, alles erst 2007. Dabei hat der Minister genau und korrekt mitgeteilt, wann er anfängt. Herr Kollege Bracht weiß natürlich genauso gut wie fast alle hier, wenn es auf der Liste des Landesstraßenprogramms steht, dann wird es auch abgearbeitet werden. Die Perspektive ist also vorhanden. Aber er musste ein bisschen herummotzen. Wenn man so lange in der Opposition wie Sie ist, ist das fast nicht mehr zu ändern. Da ist kein Systemwechsel mehr drin.
Meine Damen und Herren, wir haben eben auch gehört, dass wir einige soziale Probleme gehabt haben. Sie wissen, unserer Partei, der SPD, hat es viele Schwierigkeiten gemacht, damit zurechtzukommen. Herr Kollege Böhr, wir lesen immer sehr sorgfältig. Das Buch, das Sie mit Henning Scherf vorgestellt haben, habe ich noch nicht. Es ist jetzt eine gute Gelegenheit für Sie zu sagen: Ich schenke es Ihnen.
Das machen Sie erst am Schluss der Rede, okay. Oder ich muss es mir kaufen. Wir lesen aber immer sehr sorgfältig das, was Sie sagen. Darüber sollte man nicht räsonieren. Vieles ist zutreffend.
Sie schreiben in der „Wirtschaftswoche“ am 23. September 2004: Nur wenn wegen sinkender Einnahmen des Staates und der Sicherungssysteme Leistungen eingefroren oder gar abgebaut werden, wird der Anreiz entstehen, sich mehr um die eigenen Belange zu kümmern. Nur wenn die Verführung nicht mehr besteht, scheinbar bedürftig zu werden, um staatliche Hilfe zu erhalten, wird es auf Dauer möglich sein, den tatsächlich Bedürftigen die Unterstützung zu geben, die sie allemal erhalten müssen.
Über diesen Satz kann man miteinander reden. Er bedeutet im Prinzip Hartz IV. Das ist es. Die wirklich Betroffenen sollen die Hilfe bekommen.
Nur, meine Damen und Herren, wie war denn die Debatte im Sommer? Da waren gar nicht genug dicke Bäume auf der Wiese, wo wir Sie alle verschwinden sahen, außer Christoph Böhr, damit das klar ist.
Aber sonst habe ich niemanden gehört oder gesehen, nur die, wie Herr Milbradt, der plötzlich schon auf der Montagsdemonstration angemeldet war, der vorher noch gesagt hat, das würde alles nicht reichen, was wir machen. Im Vermittlungsausschuss hat die CDU draufgesattelt bis zum Gehtnichtmehr, auch was die Möglichkeiten des Dazuverdienens anging.
Meine Damen und Herren, Gleiches gilt auch für die Medien. Die Medien haben auch erst im Sommer angefangen, darüber nachzudenken, was denn eigentlich die Aufgabe von Hartz IV ist. Die Aufgabe von Hartz IV wird immer kurz mit Fordern und Fördern beschrieben. Es geht um den Umbau unseres Sozialsystems, was wir eben alle wortreich und zustimmend gesagt haben. Ein System, bei dem jede Generation ein Drittel kleiner ist, kann nicht so weiterfahren wie in den 70er- und 80erJahren. Das ist die einfache Wahrheit.
Wir haben Sie aber hinter den Büschen gesehen. Es war die große Mehrheit, das muss man sagen. Wir waren sehr allein und haben viel Dresche bekommen. Diejenigen, die zwei Tage nach der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen die Einschränkung der Tarifautonomie, die Abschaffung des Kündigungsschutzes, die Abschaffung des Rechts auf Teilzeitarbeit, die Kürzung der aktiven Arbeitsmarktpolitik und die Kopfpauschale in der Krankenversicherung verlangen, erleben nun plötzlich, wenn man sie an ihren Gewändern erkennt, wie das dann ausgeht.
Diese Unehrlichkeit, in der Debatte im Sommer zu sagen, die Sozialdemokraten sind die einzigen, die man verantwortlich machen kann, hat nun auch demoskopisch die CDU erreicht.
Glauben Sie, es ist eine schwierige politische Verantwortung, das Notwendige zu tun und absehbar zu wissen, dass man dafür bestraft wird. Wir haben darüber Mitglieder, Freunde, Wählerinnen und Wähler, viele verloren. Aber wir sind überzeugt, dass wir diese Medizin anwenden mussten.
Diese Überzeugung kommt auch aus einer historischen Erfahrung. Es ist für andere schwer nachvollziehbar, aber ich sage Ihnen, immer dann, wenn es in Deutschland schwierig war, mussten Sozialdemokraten notwendige Reformen tragen.
Nach dem Ersten Weltkrieg, als der Kaiser in Holland Holz gehackt hat, hat man uns die Brocken und den Versailler Vertrag hingeworfen und gesagt: Nun schaut einmal, wie ihr damit fertig werdet, mit dem Ruhrkampf und mit der Inflation. Da waren die Konservativen wie Sie – – – (Zurufe des Abg. Licht, CDU)
Vielleicht hat Ihr Großvater in Bernkastel das Finanzamt gestürmt. Vielleicht war er so. Sie würden es nie tun, da sind wir sicher! (Beifall bei der SPD)
Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Sie die verlorenen Gebiete noch immer in unserem Besitz gesehen haben, mussten wir die Debatte allein aushalten, dass das verloren geht und der Frieden mit verloren ginge, wenn man sie wieder nach Deutschland eingliedern würde.
Ja, Sie sind nur schnell hiermit. Ich wollte gerade sagen, wo wir in der Opposition nicht dazu beigetragen haben, dass sich Veränderungen ergeben haben. Jetzt haben wir die Hauptlast allein zu tragen. Genauso ist es.
(Anhaltend Beifall der SPD – Zurufe von der CDU: O je! – Bischel, CDU: Sie haben es allein beschlossen?)
Nein, Sie haben es mit beschlossen. Die Tinte war aber noch nicht trocken, da waren Sie durch den Hinterausgang schon weg, dass Sie bloß keiner erkennen sollte. Über die Dämmerung waren Sie auch froh.
Wir wollen den Kollegen Böhr noch einmal zitieren. Er hat gesagt: Wir sollten auf Hartz nichts mehr draufsatteln. – Meine Damen und Herren, das war der Satz. Der Rest von Ihnen war in den Büschen und in den Gräben verschwunden. Aber in der Zeit konnten Sie Ihre Intrigen wunderbar vorbereiten.
Lassen Sie mich noch wenige Sätze zum Haushalt sagen. (Zurufe von der CDU – Lelle, CDU: Er hat die Geschichte heute neu geschrieben!)
Wissen Sie, Sie können vielleicht Haushalt als etwas verstehen, wo man Zahlen herunterrattert, wo man sagt, rauf und runter, dies oder jenes. Es geht darum, ob das, was an Politik aus dem Landeshaushalt heraus geschieht, die Menschen erreicht, ob es das ist, was die Menschen brauchen.
Wir reden jetzt noch über die Kommunen. Auch das hat Herr Kollege Böhr angesprochen. Wir haben die Alternative – er hat sie bewusst nicht genannt –, dass wir so vorgehen können, wie es im Gesetz steht, und verrechnen unsere Mindereinnahmen sofort mit den Kommunen. Dann fallen bei den Kommunen große Summen aus, die für Investitionen in der Gemeinde, in der Stadt oder im Kreis ausfallen.
Damit fallen uns im wesentlichen Bauaufträge aus. Wenn uns Bauaufträge ausfallen, dann fällt im Grunde der erste Schritt der Wertschöpfungskette, der innerhalb des Wirtschaftskreislaufes vorhanden ist, aus. Das war das Baugeschäft. Wollen wir das? Wir nicht. Wir haben gesagt, wir brauchen ein Verstetigungsdarlehen. Wer jetzt glaubt, es wäre unfair, aus diesem Darlehen einen Fonds in den Zeiten zu machen, in denen wir mehr Steuereinnahmen haben, dem muss ich sagen: Wir sollten dann zurück zur alten Geschäftsgrundlage gehen und schlicht und ergreifend unser Geld zurücknehmen und die Kommunen sitzen lassen.
Die Spitzenverbände sind nicht sehr fair im Umgang mit der Landesregierung. Wenn wir so verfahren würden, wie es das schöne Land Baden-Württemberg macht, dann wäre die Lage genau umgekehrt, dann würde es verrechnet, dann würde weniger Geld im kommunalen Finanzausgleich sein, dann würden weniger Aufträge in die kommunale Bauwirtschaft gehen.
Meine Damen und Herren, der Weg ist nicht nur richtig, sondern er ist goldrichtig. Er ist der einzige Weg, der aktuell den Kommunen jetzt helfen kann.
Meine Damen und Herren, wir haben Visionen, wir wissen, wo unser Land hingehen soll. Wir wissen, dass wir das Zutrauen der Menschen in diesem Land haben. Wir haben eine stabile Regierung. Wir wollen ein Land der Talente, der Technik und der Toleranz sein, genau das.
Wir begrüßen einen weiteren Gast bei uns im Landtag, und zwar den türkischen Generalkonsul Ahmet Nazif Alpman. Herzlich willkommen im Landtag!
Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute im ersten Durchgang den Doppelhaushalt für die Jahre 2005/2006. Ich möchte an dieser Stelle zu diesem Doppelhaushalt reden. Wir überlegen, was Herr Kollege Mertes eben gemacht hat. Er hat gesagt, ich sage ein paar Worte zum Haushalt. Ich habe aber vergeblich gewartet.
Ich habe viel über Visionen gehört. Diese gehören natürlich zu einem Haushalt dazu. Sie müssen dahinter stehen. Ich habe viel über sozialdemokratische Identität gehört. Ich habe viel über Männerfreundschaften in der Koalition gehört, nicht durchgängig, aber auch. Zu dem
Haushalt und zu den Schwierigkeiten, die mit diesem Haushalt verbunden sind, habe ich wirklich wenig gehört, meine Damen und Herren.
Man kann nicht sagen, das wurde alles von Herrn Mittler erledigt. Er hat sich gestern eher gedopt als überzeugt angehört, als er über den Haushalt gesprochen hat. Er hat viele Kurven um das vorgelegte Zahlenwerk gezogen. Dazu will ich später noch kommen.
Ich will zu Beginn etwas zur gesamtwirtschaftlichen Ausgangslage sagen. Das haben beide Vorredner auch gemacht. Das geschah in unterschiedlichem Tenor. Ich will es anders als Herr Dr. Böhr darstellen. Ich glaube, man kann feststellen, die deutsche Wirtschaft hat die Stagnation überwunden, die uns drei Jahre lang begleitet hat. Sie steht am Beginn einer konjunkturellen Aufwärtsentwicklung. Ich bin mir darüber im Klaren, dass die wirtschaftliche Belebung vor allen Dingen vom Export getragen wird. Das ist die Entwicklung in den USA und in Südostasien, dort insbesondere in China.