Protokoll der Sitzung vom 07.10.2004

nisten der Landesregierung nicht doch etwas weniger prunkvoll hätte ausfallen können.

(Mertes, SPD: Wir geben einen Zuschuss, aber wir bauen nicht, Frau Kollegin!)

Ja, das weiß ich. Das war aber die Konstruktion, die Sie gewählt haben und die von der Landesregierung eingetütet wurde.

(Mertes, SPD: Entschuldigung, ob Sie den Bau eines Gemeindehauses nehmen oder ein Stadion!)

Das war Ihre Konstruktion mit der Stadiongesellschaft. Genau das war es.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Kollegin Thomas, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Creutzmann?

Nein.

(Mertes, SPD: Madame ist ungehalten!)

Entschuldigung, an der Stelle nicht. Ich bin sicher, Sie werden noch reden.

Herr Creutzmann, ich würde das auch beantworten, aber lassen Sie mich jetzt beim WM-Ausbau und bei dem Fritz-Walter-Stadion bleiben.

(Kuhn, FDP: Ja, ist in Ordnung!)

Ich bin der Meinung, wir hätten uns eher an Otto Rehagel orientieren müssen: mit Wenigem das Optimum erreichen oder vielleicht auch etwas mehr.

(Ministerpräsident Beck: Was der jetzt damit zu tun hat, weiß ich nicht!)

Das hätte Pate stehen müssen, und nicht die Art, wie die Olympischen Spiele in Athen ausgerichtet wurden. Das war nämlich Ausgeben, Ausgeben, Ausgeben, koste es was es wolle! Das dicke Ende kommt erst nach den Spielen und nach den Wahlen 2006.

Meine Damen und Herren, das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zurück zum Haushalt und zum Großen und Ganzen: Ich habe mit Interesse einige Veröffentlichungen von David Osborne gelesen, von dem in diesem Jahr in Amerika ein Buch mit dem Titel „The price of government“ erschienen ist. Er hat sich zu der Art, wie man in finanziellen Krisen mit dem Haushalt umgeht, geäußert. Ich

will Ihnen einen kleinen Ausschnitt vorlesen. Da heißt es: „Der übliche Weg der Politik, mit einem drohenden Defizit umzugehen, ist, die Ansätze des letzten Haushalts zu nehmen und sie zu kürzen. Das ist so, als wenn man an einem Mittelklassewagen mit einem Schweißbrenner oder einer Blechschere herumschneidet, um sein Gewicht zu reduzieren. Einige zehn Millionen aus diesem Wagen herauszuschneiden, macht ihn aber nicht zum Kompaktauto. Es macht ihn zum Wrack. Nötig ist stattdessen ein von Grund auf neu gestalteter Haushalt.“

Ich glaube, das ist das Grundproblem dieser Haushaltspolitik und dieser Landesregierung.

(Mertes, SPD: Das ist ein Problem unseres Landes mit den Menschen!)

Nein.

Es ist das Grundproblem dieser Landesregierung und mit dem Vorgehen dieses Haushalts. Ich bin überzeugt, dass, wenn man zu einer grundsätzlichen Neuaufstellung kommt, sich Schwerpunkte setzt und diese nicht finanziert, indem man sagt, dann veräußern wir Vermögen oder wir nehmen noch etwas mehr Schulden auf, sondern man vermittelt diese Prioritäten, dann kann man auch in diesem Land zu Veränderungen kommen. Aber wenn man hier schneidet, und wenn man nicht mehr schneiden will – – – Im Moment wollen Sie nicht mehr schneiden. Also, wenn man es dann hier holt und sich zusätzlich verschuldet, dann kommt man in der Haushaltspolitik auf keinen grünen Zweig.

Deswegen wird es entscheidend sein, dass man bei diesem und allen nachfolgenden Haushalten eine Reihenfolge von Bewertungen einhält, die heißen, Aufgabenüberprüfung oder Aufgabenkritik – wie immer man es nennen mag –, die Frage, welche Aufgaben abgebaut werden können – Herr Mertes, da habe ich von Ihnen im letzten Jahr noch Ankündigungen gehört, aber es kam nicht mehr viel hinzu –, dass man dann überlegt, wo man kooperieren oder etwas auslagern kann, und drittens eine Steuerung in der Umsetzung hat. Ich glaube, bei der Aufgabenüberprüfung und vor allen Dingen bei der Steuerung treten bei dieser Landesregierung ständig Defizite auf.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, deswegen fällt die haushaltspolitische Bilanz so aus, wie sie bei Ihnen ausfällt. Ich hätte von einem Finanzminister, von Ihnen, Herr Mittler, erwartet, dass Sie eine ehrliche Bilanz aufgestellt hätten. Sie haben sich auch schon einmal in früheren Jahren als ehrlichen Makler eingeführt. Aber das, was gestern von Ihnen vorgelegt wurde, war keine ehrliche Bilanz. Ich habe auf das Manuskript gesehen, und es verschwammen mir die Buchstaben vor den Augen.

(Ministerpräsident Beck: Haben Sie Ihre Brille vergessen!)

Ich dachte, diese Rede müsste eigentlich überschrieben werden mit „Es gilt nur das gebrochene Wort“.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Mittler, es war im Kern eine Ihrer Botschaften, dass Sie gesagt haben, 2008 wollten wir ohne Neuverschuldung sein.

(Schmitt, CDU: Es war schon einmal 2006!)

Es war schon einmal 2006. Das ist richtig.

Dann haben Sie die Bedingungen angeführt, die Ihnen im Weg stehen, und gesagt, dass es nicht geht. Okay, das Wort gebrochen: Es hätte vielleicht auch eine Entschuldigung dazugehört.

(Ministerpräsident Beck: Kein Mensch hat sein Wort gebrochen! Das ist Quatsch!)

Dann haben Sie gesagt, wir sind 2008 schon zufrieden, wenn wir keine neuen Vermögensverkäufe machen. Aber letztendlich haben Sie gesagt, wir haben bis 2008 auch noch unser letztes Hemd verkauft.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Das war die Botschaft, die Sie gestern in diesem Bereich Vermögensveräußerungen gesetzt haben: in den nächsten zwei Jahren allein 1,2 Milliarden Euro, und mit dem, was 2007 und 2008 gezahlt wird, noch mehr. – Das ist alles das Gegenteil von restriktiver Haushaltspolitik und Ausgabenpolitik, die Sie für sich in Anspruch nehmen, die Sie auch für die vergangenen Jahre in Anspruch nehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Sie nur einmal daran erinnern, was im vergangenen Jahr war. Da haben Sie – die Haushaltsrechnung folgt noch – in Ihrer bisherigen Bilanz dargelegt – so viel zu Haushaltsvollzug und restriktiver Ausgabenentwicklung –, dass Sie trotz eines Nachtragshaushalts, den wir beraten und beschlossen haben, mit Ihrer Neuverschuldung 500 Millionen Euro, also eine halbe Milliarde Euro, über dem lagen, was Sie veranschlagt hatten. So viel zu restriktiver Haushaltspolitik. Das ist etwas, was Sie vielleicht noch auf das Papier schreiben, aber tatsächlich nicht umsetzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Laut Haushaltsplan verringern sich die Personalkosten 2005 gegenüber 2004 um 54,9 Millionen Euro. Auch das haben Sie angeführt. Tatsächlich ist es aber nicht so, wie suggeriert wird, dass Personalkosten gespart werden, weil Sie – dies wissen wir – 77 Millionen Euro eingestellt haben, um Lohn- und Gehaltserhöhungen zu bezahlen. Einen großen Batzen, nämlich 160 Millionen Euro insgesamt, haben Sie in den Globalhaushalt für die Universität Mainz eingestellt.

Ich habe Ihnen vorhin schon einmal gesagt, wie hoch der Personalkostenanteil dieses Haushalts ist, wenn man die 900 Millionen Euro Personalkosten in den Nebenhaushalten, in den Landesbetrieben usw. hinzunimmt. Da kommen wir auf über 48 % des Gesamthaushalts. Dann konstatieren Sie: Wie in den vergangenen

Jahren ist auch innerhalb des Zeitraums der Finanzplanung eine restriktiv gestaltete Anpassung des Pers onalkörpers notwendig.

Meine Damen und Herren, das kann ich nicht sehen: weder im Finanzplan noch in dem, was Sie im Haushalt vorgelegt haben. Fakt ist, dass wir auch im Vergleich mit den anderen Bundesländern mit den Personalkosten nicht einen Deut besser liegen. Fakt ist, dass Sie Risiken im Haushalt darüber nicht abbilden. Sie sind weit davon entfernt, auch bei dem, was sich im Finanzplan zur Entwicklung der Versorgungsausgaben befindet. Fakt ist, dass das, was Sie sagen und womit Sie Vorsorge betreiben, der Pensionsfonds, doch schon längst wieder belastet ist. Alles, was Sie im Pensionsfonds eingestellt haben, nutzen Sie doch derzeit, um an den Pensionsfonds Ihr Vermögen zu veräußern, also die Forderungen aus den – – –

(Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Alles das.

(Mertes, SPD: Dann bleibt es in der Landesfamilie!)

Es bleibt in der Landesfamilie. Aber Sie haben natürlich alles, was in Ihrem Pensionsfonds hätte sein können, schon längst verbraucht. Sie müssen also danach, wenn diese Pensionslasten anfallen, sich diese Ausgaben wieder hereinholen, und zwar über Kredite und Verschuldung wie jedes andere Bundesland, das keinen Pensionsfonds hat.

(Mertes, SPD: Das erklären wir Ihnen im Ausschuss noch einmal!)

Das brauchen Sie mir nicht mehr zu erklären. Herr Mertes, das habe ich schon lang verstanden.

(Pörksen, SPD: Scheint mir nicht so!)