Protokoll der Sitzung vom 10.11.2004

Meine Damen und Herren, der Entwurf eines Landesgesetzes über gefährliche Hunde hält inhaltlich die in der Gefahrenabwehrverordnung enthaltenen ordnungsrechtlichen Regelungsinstrumente bei. Das gilt auch für die so genannte Rassenliste. Mir ist in diesem Zusammenhang durchaus bewusst, dass auch andere Hunderassen, wie zum Beispiel die der Dobermänner, der Rottweiler oder der Schäferhunde, aufgrund ihres Gefahrenpotenzials nicht unterschätzt werden dürfen. Ich kann mich noch leidvoll an einen Vorfall vor zwei Jahren in meiner Gemeinde erinnern, als ein sechsjähriger Junge von einem Rottweiler totgebissen wurde.

Meine Damen und Herren, mit der Einführung der Rassenliste und dem daran anknüpfenden Pflichtenkatalog wurden wirksame Instrumente geschaffen, um gerade den von als gefährlich eingestuften Hunden ausgehenden Gefahren wirksam begegnen zu können. Seinen positiven Niederschlag hat dies darin gefunden, dass sich seit Erlass der Gefahrenabwehrverordnung die Beißvorfälle mit gefährlichen Hunden um mehr als die Hälfte verringert haben. Nach meinem Dafürhalten kann deshalb zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gänzlich auf die so genannte Rassenliste verzichtet werden, auch wenn uns betroffene Bürgerinnen und Bürger – Herr Kollege Pörksen hat schon darauf hingewiesen – immer wieder versuchen aufzuzeigen, wie friedfertig und lieb ihr so genannter Kampfhund ist.

Meine Damen und Herren, selbstverständlich wird uns ere Fraktion die weitere Entwicklung des Beißverhaltens von Hunden genau beobachten, gegebenenfalls aufgrund neuer Erkenntnisse über die Gefährlichkeit, aber auch über die Ungefährlichkeit bestimmter Hunderassen reagieren zu können.

Meine Damen und Herren, abweichend von der bisherigen Gefahrenabwehrverordnung soll die Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes nur dann erteilt werden dürfen, sofern der Abschluss einer Haftpflichtversicherung nachgewiesen wird.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Obwohl es kein Geheimnis sein dürfte, dass sich die FDP mit der Einführung neuer Pflichtversicherungen und damit zusätzlicher bürokratischer und finanzieller Belastungen unserer Bürgerinnen und Bürger generell schwer tut, begrüße ich dennoch den geplanten verpflichtenden Abschluss einer Haftpflichtversicherung ausdrücklich.

(Hartloff, SPD: Die Versicherungs- wirtschaft dankt es euch!)

So kann gewährleistet werden, dass Opfer schwerer Beißvorfälle insbesondere bei Mittellosigkeit der Hundehalter – das soll es öfters geben – wenigstens einen materiellen Ausgleich gewährt bekommen.

Meine Damen und Herren, da Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bull Terrier nach derzeitiger Rechtslage nicht automatisch als gefährlich gelten mit der Folge, dass auch die entsprechenden Auflagen, wie Maulkorbzwang, Eignungsprüfung bei den Haltern und Wesenstest bei den Hunden derzeit nicht angewendet werden können, erhoffe ich mir eine zügige Beratung und Verabschiedung des Gesetzes. Es wäre fatal und unverzeihbar, wenn in der Zwischenzeit ein erneuter Zwischenfall mit einem als gefährlich eingestuften Hund passieren würde.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Uns zwingt das eine oder andere tragische Ereignis zum Handeln. So müssen wir immer wieder in den Zeitungen lesen, dass es zu erneuten Angriffen von Hunden auf ihre Halter, die Nachbarn und vor allem Kinder gekommen ist. Wir wissen allerdings auch, dass es nicht unbedingt nur darum geht, eine bestimmte Rasseliste oder Hunde bestimmter Rassen in den Verdacht zu stellen, dass diese gefährlich sein können.

Gerade heute war in der „Rheinpfalz“ zu lesen, dass der letzte tödliche Vorfall im Elsass stattgefunden hat. Hierbei hat es sich um zwei Schäferhunde gehandelt. Bei dem vorletzten Vorfall hat ein Rottweiler einem Kind ins Gesicht gebissen. Diese Hunde stehen nicht auf der Liste. Ich glaube, dennoch sprechen Gründe dafür, eine solche Liste in das Gesetz mit aufzunehmen und als Gesetz festzustellen, weil diese Hunde aufgrund ihrer Physiognomie besonders gefährlich sind.

Wenn sich solche Hunde verbissen haben, sind sie viel gefährlicher als andere Hunde. Wir wissen auch – hier kommen wir zum Kern der Sache –, dass viele – nicht alle – Hundehalter gerade mit bestimmten Zielen Kampfhunde halten, und zwar nicht, weil es sich um

Schmusetiere handelt, sondern weil sie sich als Kampfmaschinen und Waffe eignen können.

Auf der anderen Seite ist tragisch, dass es viele Exemplare dieser Rassen gibt, die als normale Familienhunde ihren Alltag verbringen und nie auffällig und bissig werden. Von daher treffen wir mit dieser Verordnung auch diejenigen, die wir nicht treffen wollen. Wir müssen aber im Gesetzesverfahren abwägen. Deswegen müssen wir, um diejenigen zu schützen, die wir schützen wollen, dieses Gesetz auf den Weg bringen.

Die Frage allerdings, die sich mir stellt, ist, ob die Haftpflichtversicherung – das sage ich in Richtung FDP –, die eine heimliche Steuererhöhung ist – so würden Sie normalerweise argumentieren, wenn wir einen solchen Vorschlag unterbreiten würden –, tatsächlich zum einen jemanden abschreckt und zum anderen so griffig und sinnvoll sein wird, dass die Opfer geschützt sind. Es handelt sich oft um nicht mit Geld auszugleichende Schäden, die entstehen. Fraglich ist auch, ob eine Haftpflichtversicherung, wenn sie abgeschlossen werden muss, nicht auch für andere Hunde gelten muss, weil diese genauso gefährlich sein können.

Insofern bin ich froh, wenn wir das Gesetz noch einmal im Ausschuss beraten können. Allerdings scheinen Sie sich bereits festgelegt zu haben. Vielleicht können wir dennoch eine Lösung finden, die in der Haftpflichtfrage gerechter sein kann.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, wir müssen die Bevölkerung, die bedroht ist – es gibt viele Menschen, die Angst vor Hunden und besonders Kampfhunden haben, und die sich falsch verhalten –, davor bewahren, dass sie zu Schaden kommt, auch wenn es uns vom tierschützerischen Aspekt und vom Aspekt der Gerechtigkeit her schwer fällt. Von daher werden wir tendenziell dem Gesetz zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Staatssekretär Bruch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Meiner tut nichts“, so wird immer gerufen.

(Frau Spurzem, SPD: Der will nur spielen!)

Die Landesregierung begrüßt diesen Gesetzentwurf, weil er, wie ich denke, einen Kompromiss zwischen der Schutzwürdigkeit und der Unversehrtheit der Gesundheit unserer Menschen und den Belangen der Tierhalter darstellt. Ich denke, das ist ein vernünftiger Weg.

Die obligatorische Versicherung ist nicht so sehr im Fokus der Überlegungen, weil Hundehalter, soweit ich sie aus meinem engeren Bereich kenne, eine obligatorische Haftpflichtversicherung haben. Ein Hund könnte möglicherweise auch vor ein Auto laufen oder etwas anderes tun. Die obligatorische Einführung ist sicher der richtige Weg.

Ich will darauf hinweisen, dass die Beißvorfälle zurückgegangen sind. Offensichtlich hat unsere Verordnung ihren Sinn und Zweck erfüllt. Wir haben deutlich weniger Beißvorfälle. Wir führen aber die Statistik weiter, um Ihnen zu einem bestimmten Zeitpunkt berichten zu können. Von daher können Sie unbesorgt sein. Sie werden weiter versorgt. Ich freue mich auf die Beratung.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der ersten Beratung des Landesgesetzes über gefährliche Hunde. Es ist vorgeschlagen worden, diesen Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. – Ich sehe keine Gegenstimmen. Dann verfahren wir so. Das Landesgesetz über gefährliche Hunde (LHundG), Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/3512 –, wird an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss überwiesen.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Vergleichbarkeit und Aussagekraft der Arbeitsmarktstatistik Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 14/3191/3348/3388 –

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten verständigt. Für die CDU-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Thelen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Fakt ist, dass in unserer Arbeitslosenstatistik eine Reihe von Menschen nicht aufgeführt ist, die nach dem gesunden Menschenverstand selbstverständlich hineingehört. Es sind Menschen, die Probleme haben, im ersten Arbeitsmarkt unterzukommen, und die an zahlreichen Fördermaßnahmen der Arbeitsagenturen im gesamten Land teilnehmen. Sie absolvieren beispielsweise Sprachlehrgänge. Sie lernen den Umgang mit EDV. Auch in Trainingsmaßnahmen lernen sie, dass es wichtig ist, morgens pünktlich auf der Matte zu stehen.

Jeder normale Mensch würde davon ausgehen, dass es selbstverständlich Menschen sind, die unsere Arbeitslosenstatistik auch ausweist. Weit gefehlt. Die Statistik folgt ihren eigenen Regeln und ihren eigenen Gesetzen. Die Landesregierung begründet in der Antwort auf unsere Große Anfrage diese Situation insbesondere mit der

Notwendigkeit, dass auch unsere Arbeitslosenstatistik in Deutschland mit international üblichen Statistiken vergleichbar sein muss.

Das Interessante ist aber, dass sie selbst die Argumente und die Fakten dafür liefert, dass das bei weitem nicht erreicht wird, auch nicht mit der letzten Änderung zum Januar dieses Jahres. Sie sagt selbst: Allerdings sind den Vereinheitlichungen der Statistiken aufgrund unterschiedlicher Mess- und Erfassungskonzepten Grenzen gesetzt.

So basieren beispielsweise die Arbeitslosenstatistiken der Internationalen Arbeitsorganisation auf Umfragen und erfassen nur arbeitslose Personen, die keine Arbeit haben, noch nicht einmal eine Stunde, die Arbeit suchen bzw. Personen, die innerhalb von zwei Wochen verfügbar sind und zwischen 15 Jahren und 74 Jahren alt sind.

Die Arbeitsmarktstatistiken der USA, Japan, Großbritannien, Italien, Spanien, Schweden, Niederlande, Irland und Finnland folgen diesem Konzept, einem völlig anderen Konzept als dem der Bundesregierung. Unsere Bundesagentur erfasst die bei ihr tatsächlich als arbeitslos gemeldeten Menschen nach festgelegten Kriterien des Gesetzes. Das heißt, wir gehen nicht von 15 Jahren bis 74 Jahren, sondern von 15 Jahren bis 64 Jahren aus.

Wir nehmen auch die auf, die keine Arbeit haben oder weniger als 15 Stunden arbeiten, also deutliche Unterschiede. Diesem System, also dem deutschen, folgen außer uns Dänemark und Luxemburg. Das ist eine wichtige internationale Vergleichbarkeit, an der wir unsere Statistikform orientieren sollen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist meines Erachtens eine Scheinentschuldigung oder -erklärung.

Es kommt hinzu, dass unsere Statistik im Moment natürlich auch von einer Entwicklung im Bereich der geringfügig Beschäftigten profitiert, die zum Bereich der Erwerbstätigen gezählt werden und die tatsächlich in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erlebt hat, nachdem die Bundesregierung sie wieder zugelassen hat, fast nach altem Muster. Im Jahr 1999 gab es in Rheinland-Pfalz 190.431 geringfügig entlohnte Beschäftigte, bis 2003 stieg ihre Zahl auf 282.000 und liegt inzwischen schon bei über 300.000. Damit ist natürlich die Relation in ihrer Wirkung sehr positiv auf die Arbeitslosenstatistik. Die Quote kann sich damit verringern.

Diese ganzen Maßnahmen, die ich eben beispielhaft genannt habe, sind sicherlich wichtig und wertvoll. Insgesamt sind in Rheinland-Pfalz nach dem Juni 2004, den wir in der Anfrage genannt haben, 47.941 Menschen in solchen Maßnahmen enthalten. Wir haben bei denen, die jetzt durch die Gesetzesänderung hinzugekommen sind – das sind die in Trainingsmaßnahmen und Einstellungsfeststellungsmaßnahmen – insgesamt 4.329 im April 2004, und im März 2004 waren es 5.508 Personen. Allein durch diese geringe Zahl, wenn man diese nicht in die Statistik aufnehmen würde, hätte man schon wieder einen Effekt von 0,3 % einer höheren

Statistik, die man ausweisen müsste. Es kommt hinzu, dass wir noch die Regelung haben mit den vielen Menschen, die nach § 428 SGB III als Arbeitslose, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, unter vereinfachten Bedingungen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld und im Anschluss Zugang zur Altersrente geltend machen konnten. Die hiervon Betroffenen werden nicht als Arbeitslose ausgewiesen. Wir haben das hier schon einmal thematisiert: Das Rausdrängen aus der Statistik quasi in Richtung Altersrente.

(Glocke der Präsidentin)

Das ist ein interessanter Personenkreis, weil sich die Rechtslage für diese Menschen zum 1. Januar 2005 deutlich ändern wird. Wir sind uns sicher, dass wir in einigen Monaten wieder über dieses Thema der Statistik werden sprechen müssen, weil wir eine Regelung für die Menschen brauchen, die bislang nur Sozialhilfe bekamen aber ab dem 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II beziehen werden. Wo werden wir sie in der Statistik wiederfinden? Ich bin gespannt darauf.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Grosse das Wort.