Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Natürlich weiß die CDU und auch die CDU/CSU in Berlin, dass sich dann, wenn sich die Welt verändert, wenn sich die Sicherheitslage für unser Land ändert, natürlich auch unsere Bundeswehr ändern muss. Das ist gar keine Frage.
Wir haben internationale Verpflichtungen, die wir wahrnehmen müssen, aber wir müssen auch die Verantwortung gegenüber unseren Soldaten wahrnehmen – das ist gar keine Frage –, die zum Teil von uns in wirklich sehr gefährliche Einsätze geschickt werden. Da sind wir durchaus beieinander.
Es gibt allerdings einen wesentlichen Unterschied, den Sie eben kurz angesprochen haben. Wir sind nach wie vor der Auffassung – Ihre Argumente haben uns davon auch nicht abgebracht –, dass diese Strukturreform der Bundeswehr zu weit geht. Sie vernachlässigt die Interessen unseres Landes und des Landesschutzes und ist deshalb nicht verantwortbar.
Herr Ministerpräsident, wenn Sie anführen, man versuche jetzt, das von Ihnen inzwischen offensichtlich auch erkannte Defizit durch ein Modellprojekt aufzufangen, – –
das über Reservisten läuft, muss ich mir auch die Frage stellen, in welcher zeitlichen Abfolge ich bei diesen Maßnahmen vorgehe. Mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass ich dann, wenn ich die bisher in Teilen von der Bundeswehr wahrgenommene Aufgabe durch andere Projekte ersetzen möchte, die zeitliche Abfolge im Auge haben muss. Dann sehe ich mir zunächst einmal an, ob so etwas über ein Projekt überhaupt möglich ist. Wenn ich weiß, dass das möglich ist, kann ich mich als Bundeswehr ein Stück aus dem Land zurückziehen. Sie machen meines Erachtens den zweiten Schritt vor dem ersten. Das ist falsch, und damit wird man auch den Sicherheitsbedürfnissen unseres Landes nicht gerecht.
Natürlich hat Herr Mertes Recht – bleiben Sie nur noch ein bisschen hier –, dass sich die Sicherheitslage in Deutschland durch den 9. November, durch den Mauerfall und durch die Vereinigung am 3. Oktober verändert hat. Gott sei Dank!
Wir sind auch froh, dass wir abrüsten können und die Situation besser geworden ist. Die Frage ist aber das Maß. Sie überziehen das Maß. Das ist doch der Punkt.
Damit erleben wir, dass die Bedrohung der Bevölkerung auch im eigenen Land stattfindet. Die Bedrohungslage ist da. Deshalb können wir uns nicht gänzlich im Land so
Wir haben eher den Eindruck, dass rein die Haushaltslage des Bundes diese Strukturreform diktiert. Wenn Sie anführen, dass ausschließlich die Wirtschaftlichkeitserwägungen für diese Entscheidung wichtig waren, dann bezweifeln wir das und machen ein ganz dickes Fragezeichen dahinter.
Natürlich haben Sie das gesagt. Sie haben in der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Schmitt – Drucksache 14/3464 –, die ich vorliegen habe – ich kann sie Ihnen gern noch einmal vorlegen – ausdrücklich gesagt: „Im Hinblick darauf, dass die Bundeswehr aber inzwischen dazu übergangen ist, ihre Stationierungsentscheidungen ausschließlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu treffen, kann jedoch auch eine Standortschließung bzw. -verkleinerung nicht ausgeschlossen werden.“
Das möchte ich ganz kurz an dem Standort Mendig verdeutlichen, weshalb wir Zweifel haben, dass das wirklich der Hauptgrund ist. Wir haben einen Alternativstandort in Fritzlar. Fritzlar hat die Hubschrauber bekommen, die in Mendig weggehen. Für Fritzlar muss der Bund rund 200 Millionen Euro investieren, um die Infrastruktur dafür zu errichten, dass das funktioniert.
In Mendig gab es dagegen in den letzten Jahren Investitionen von 20 Millionen Euro in den Standort, die ihn ohne weiteres in die Lage versetzen, auch neue Waffensysteme wie den Kampfhubschrauber „Tiger“ aufzunehmen. Das, was in Mendig noch notwendig wäre, ist nur noch der technische Bereich, wie die digitale Technik. In Mendig haben wir eine Landebahn, die dreimal so lang ist wie die meisten Landebahnen an anderen Heeresfliegerstandorten. Mit 1.600 Metern ist sie als Einzige in der Lage, Großmaschinen wie Transall oder Airbus A 400 aufzunehmen. Das alles wird vergraben, verbuddelt und die Decke draufgemacht, und Sie sagen uns, das sei wirtschaftlich.
Wir sind der Auffassung, dass das Land massiv gefordert ist, unterstützend tätig zu werden. Ich hätte mich sehr gefreut, anstelle des sehr abstrakten Begriffs „Konversionsinstrumentarium“ auch etwas von Konversionsmitteln in Ihrem Antrag zu lesen. Es hätte manche Sorge bei den betroffenen Kommunen genommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kollegen von der CDU, wer wie Sie Bundeswehr, Heimatschutz und Terrorismusbekämpfung in einem Atemzug nennt, kennt unsere Verfassung nicht. Das muss einmal ganz deutlich gesagt werden.
Wenn Sie sich anmaßen, militärisch-strategische Entscheidungen anzuzweifeln – in dem Antrag steht, das wäre eine ideologisch gefärbte Schrift der rotgrünen Bundesregierung –, kennen Sie diese Verfassung nicht; denn damit unterstellen Sie auch der Bundesregierung einen Verfassungsbruch. Das wäre nichts Neues. Das machen Sie ständig, wenn Sie nicht weiter wissen.
Sie unterstellen dem gesamten militärischen Führungsstab der Bundeswehr, dass er unfähig ist, seinen Auftrag zu erfüllen.
Ich kann Ihnen sagen, wenn man als Politiker meint, dass 30 Jahre unfallfreies Essen aus der Gulaschkanone ausreicht, um militärstrategische Entscheidungen zu kommentieren, ist das falsch.
Das ist nicht billig. Das hat auch schon ein Redakteur der Zeitung „Die Zeit“ erkannt. Ich darf zitieren: „Standortdemagogen, die Union erschreckt die Bürger mit falschen Argumenten.“ – Zusammenfassend stellt sie fest: „Eine ernsthafte Alternative zum aktuellen Umbau der Bundeswehr hat die Union bislang nicht vorgelegt.“
„Peter Struck bei seiner Reform zu unterstützen, fehlt ihr der Mut. Erst einmal demonstriert sie ihre verteidigungspolitische Unzurechnungsfähigkeit.“
Drucksache 14/3543 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.