Protokoll der Sitzung vom 11.11.2004

Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Grenzüberschreitende Kriminalität im Norden des Landes bekämpfen – Zollfahndungsamt Koblenz wieder einrichten Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/3379 –

dazu: Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses – Drucksache 14/3455 –

Gemäß unserer Absprache im Ältestenrat stimmen wir unmittelbar über diesen Antrag ab, da die Be

schlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses die Ablehnung empfiehlt.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist gegen diesen Antrag? – Ich stelle fest, dass dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt ist.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung:

(Unruhe im Hause)

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn die Geräuschkulisse etwas geringer sein könnte.

Gebärdensprache in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 14/3372 –

dazu: Beschlussempfehlung des Sozialpolitischen Ausschusses – Drucksache 14/3437 –

Gebärdensprache in Rheinland-Pfalz Antrag (Alternativantrag) der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/3552 –

Zu diesem Antrag begrüße ich auf der Zuschauertribüne Mitglieder des Landesverbandes der Gehörlosen Rheinland-Pfalz e. V., Frankenthal und einen Gebärdendolmetscher, der unsere Debatte übersetzt, sowie Mitglieder der Karnevalsgemeinschaft Wengerohr. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Die Fraktionen haben eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart. Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Marz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag von SPD, CDU und FDP ist im Sozialpolitischen Ausschuss am 23. September dieses Jahres beraten worden.

Dem vorausgegangen ist eine Anhörung des Sozialpolitischen Ausschusses zu einem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema „Gebärdensprache“. Dieser Antrag wurde nach der Anhörung zurückgezogen, sodass es nur noch den Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP gab.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet, der Antrag wird angenommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank.

Es spricht Frau Abgeordnete Ebli.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem unser Landesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen die Gebärdensprache als eigene Sprache anerkannt hat geht es uns heute darum, für die Menschen, die gehörlos oder schwerhörig sind, zu verdeutlichen, dass wir als Hörende Verantwortung übernehmen, um die erforderliche Qualität der Gebärdensprache zu sichern und auch die Bereitschaft zu sichern oder zum Ausdruck zu bringen, dass wir bereit sind, dafür auch einen finanziellen Beitrag zu leisten.

Dies wird umso deutlicher, wenn man anerkennt, das unser gemeinsamer Antrag von SPD, CDU und FDP, also von einer überragenden Mehrheit in diesem Haus, getragen wird.

Wir werden die Dolmetscherzentralen weiterhin fördern, damit die Vermittlung von Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetschern in einer zumutbaren Erreichbarkeit ausreichend zur Verfügung steht.

(Beifall der SPD und der FDP)

Uns ist auch wichtig, Öffentlichkeitsarbeit zu fördern, zur Bewusstseinsbildung beizutragen und auch Erfahrungsaustausche möglich zu machen und die Weiterbildung sicherzustellen.

Die Anhörung vom 6. Mai hat uns sehr verdeutlicht, wie wichtig eine fundierte Ausbildung zum Gebärdendolmetscher oder zur -dolmetscherin grundsätzlich ist.

Sowohl bei der Anhörung als auch bei einem Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern des Gehörlosenverbands vor einigen Tagen wurden uns überzeugend einige gravierende Beispiele vorgetragen, was passieren kann, wenn gehörlose Menschen von wenig qualifizierten Dolmetscherinnen oder Dolmetschern zu Behörden oder anderen wichtigen Einrichtungen begleitet werden. Wenn jemand nur wenige Gebärden beherrscht, ist irgendwann die Übersetzung und Vermittlung nicht mehr möglich. Dann sind Informationen und Gespräche am Ende.

Wir fordern daher die Landesregierung auf, Kriterien zur Qualitätssicherung zu erarbeiten, die Ausbildung zu fördern, um das Berufsbild attraktiv zu gestalten, und zwar so attraktiv zu gestalten, dass recht viele Menschen Lust haben, die Gebärdensprache so qualifiziert zu erlernen, dass sie gehörlose Menschen kompetent begleiten können.

Eine Erfahrung aus der Anhörung war auch, dass so manches Angebot oder die eine oder andere Erfahrung effektiver genutzt werden könnte, wenn es eine bessere

Zusammenarbeit unter den verschiedenen Einrichtungen gäbe. Wir halten es deshalb für sinnvoll, dass eine Netzwerkbildung zwischen Diensten und Verbänden begleitend moderiert wird.

Es dient den betroffenen Menschen recht wenig, wenn Dienste und Verbünde alle ihr eigenes Süppchen kochen; dennoch wollen wir bestehende regionale Trägervielfalt von Anbietern von Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetschern erhalten, um unseren gehörlosen Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Wahlfreiheit zu erhalten.

Das unterscheidet uns von dem Antrag der GRÜNEN, ansonsten sind wir inhaltlich schon recht gleich, denke ich, Herr Marz.

Wir halten es ebenfalls für wichtig, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Landesdienst im Publikumsverkehr vermehrt das bestehende Fortbildungsangebot nutzen, um zumindest einige Grundkenntnisse der Gebärdensprache zu erlernen. Das erleichtert beiden Seiten den Umgang und die Kommunikation.

Ich weiß nicht, ob man Gehörlosigkeit durch Prävention vermeiden kann – Schwerhörigkeit in Einzelfällen vielleicht, wenn ich an mangelnden Arbeitsschutz oder zu laute Musik bei unseren Jugendlichen denke –, aber Früherkennung hilft bestimmt vielen Betroffenen.

Frühestmöglich sollen alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt werden, um die Möglichkeit zu haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Das gilt ganz besonders für die Kinder, für die Neugeborenen, für ihre Entwicklung, für die Förderung und die Bildung.

(Beifall der SPD und der FDP)

Deswegen halten wir die generelle Einführung eines Neugeborenenscreenings für unumgänglich. Nicht, wie es der Vorstand des Landesverbands der Gehörlosen befürchtet, um alle Neugeborenen mit Hörschwächen mit Implantaten zu versehen, nein, sondern um diesen Kindern alle Chancen und Hilfen zu geben, die es gibt, beispielsweise auch, um Eltern die Chance zu geben, im Falle eines Falles die Gebärdensprache selbst zu erlernen.

Wir wollen mit moderner Medientechnik dazu beitragen, hörbehinderte Menschen an wichtigen Ereignissen teilnehmen zu lassen.

Bei unseren Gesprächen mussten wir allerdings auch erkennen, dass Videokonferenzschaltungen zu wenig genutzt werden. Ich meine, dass dies bestimmt nicht am guten Willen liegt, sondern vielmehr an der Akzeptanz, vielleicht auch hier und da am mangelnden Zugang. Dies muss verbessert werden, und dies kann unseres Erachtens auch verbessert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend muss auch sichergestellt werden, dass all diese Angebote auch von den Menschen genutzt werden können,

die nicht über ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügen. Hier müssen Lösungen gefunden werden,

(Glocke des Präsidenten)

dass auch für diese Menschen bei Bedarf qualifizierte Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetscher zur Verfügung gestellt werden können.

Ich komme zum Schluss. Ich bin sicher, dass wir mit diesem Antrag dem Anliegen der gehörlosen Menschen Rechnung tragen und damit unserem Landesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderung voll entsprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Abgeordneter Marz, für die SPD-Fraktion, gleichzeitig zu ihrem Alternativantrag, nein, natürlich für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Frau Ebli, SPD: Wir können aber darüber reden, Herr Marz!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem nun auch geklärt ist, woher ich komme, möchte ich zum Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber selbstverständlich auch zu dem Antrag der drei anderen Fraktionen sprechen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in einer Demokratie entscheidet die Mehrheit, aber sie hat nicht immer Recht, auch wenn sie noch so breit sein mag. Deshalb haben wir für die heutige Plenarsitzung einen Alternativantrag zum Antrag der anderen drei Fraktionen eingebracht.

Warum haben wir das getan?