Protokoll der Sitzung vom 13.12.2004

Deshalb haben wir uns als neuen Schwerpunkt in der Pflegekampagne vorgenommen, einerseits Information und Beratung für diese Familien, für die Freunde und Angehörigen zugänglicher zu machen, ihnen aber andererseits auch ein sehr bürgernahes Angebot zur Verfügung zu stellen, wo sie sich selbst Unterstützung holen können und wo sie niedrigschwellige Angebote zur Entlastung vorfinden. Es soll also der gesamte Bereich des ehrenamtlichen Engagements gestärkt werden, um die sozialen Netzwerke in der Zukunft zu stärken. Darin liegt meiner Meinung nach die Zukunft in der Altenpolitik. Auch da bin ich mir sicher, dass wir den richtigen Akzent setzen werden.

Vielleicht noch einige Sätze zum Thema „gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen“. Das scheint mir auch noch ein ganz wichtiger Punkt zu sein, weil das letztlich der Hauptbatzen in unserem Haushalt ist.

2005 und 2006 steigt die Eingliederungshilfe. Da kann man „leider“ sagen. Das ist tatsächlich ein großes Problem. Auf der einen Seite kämpfen wir im Bereich der Behindertenhilfe damit, dass wir permanent dem Gerücht begegnen müssen, dass all das, was wir an neuen Schritten tun, eigentlich reine Wirtschaftlichkeitserwägungen sind. Andererseits kostet uns die Hilfe für behinderte Menschen mehr als jemals zuvor. Das hat natürlich mit dem Anstieg der Fallzahlen zu tun und damit, dass inzwischen viele behinderte Menschen auch älter werden. Das ist vor dem Hintergrund der Historie zunächst einmal eine ganz schöne Sache.

Dennoch muss es Ziel unserer Politik sein und ist es, die umfassende Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung noch einmal neu zu organisieren. Wir haben meiner Meinung nach einen entsprechenden Paradigmenwechsel längst eingeleitet, der einerseits sowohl den Betroffenen gerecht wird, der aber andererseits auch wirtschaftlich notwendig ist. Was heißt das? Das heißt, dass wir uns natürlich ein Stück weit von der reinen Einrichtungsunterstützung abwenden, da die auf Dauer einfach zu teuer ist. Wir müssen unsere Ressourcen so einsetzen, dass wir für die behinderten Menschen, die tatsächlich einer Einrichtung bedürfen, auch in der Zukunft die Eingliederungshilfe bezahlen können.

Genauso müssen wir dafür sorgen, dass diejenigen, die sich in Einrichtungen befinden, die aber auch anders unterstützt werden können, anders unterstützt werden. Das heißt, dass wir niedrigschwelligere Angebote weiterentwickeln müssen. Hilfe nach Maß ist der richtige Weg, den wir weiter ausbauen müssen. Das bedeutet auch, dass neue Instrumente wie das persönliche Budget oder die beispielsweise vor kurzem mit der Liga abgeschlossene Zielvereinbarung zum Thema „Wohnen“ die richtigen Wege sind. Wir werden mit Hochdruck und

gegen alle Widerstände, die es derzeit gibt, dieses Thema weiter forcieren, um die Eingliederungshilfe in der Zukunft berechenbar zu machen und für behinderte Menschen tatsächlich adäquate Alternativen zu entwickeln.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es ist kurz gestreift worden, dass wir natürlich auch ein hohes Maß an Verantwortung im Bereich der Gesundheitspolitik haben. Ich bin der Meinung, dass man in Rheinland-Pfalz durchaus sagen kann, dass man auf ein solides und hoch qualitatives Gesundheitssystem blicken kann. Natürlich stellen auch die weiteren Entwicklungen im Gesundheitswesen große Herausforderungen dar.

Ich nenne zunächst einmal die Krankenhausplanung. Viele Krankenhäuser stehen derzeit vor einer großen Herausforderung, mit der DRG-Anpassung überhaupt noch klarzukommen. Deshalb haben wir die Verantwortung, diese Krankenhäuser über Investitionen in ihrer Umstrukturierung entsprechend zu fördern, damit sie sozusagen im Wettbewerb auf dem Markt auch in der Zukunft bestehen können. Das ist in einem Flächenland kein leichtes Unterfangen, weil die großen Krankenhäuser derzeit weniger Schwierigkeiten haben als die kleinen, aber wir als Rheinland-Pfälzerinnen und RheinlandPfälzer haben natürlich auch ein Interesse daran, dass es auch im ländlichen Bereich eine Grundversorgung gibt. Umso wichtiger ist es, dass wir auch im Bereich der Investitionen in der Zukunft in die Krankenhauslandschaft investieren.

Genauso wichtig wie die Krankenhäuser ist aber die Gesundheitsförderung, die Prävention. Es hat in Deutschland lange gedauert, bis das Thema „Prävention“ entsprechend seiner Wichtigkeit wahrgenommen wurde. Wir sind froh, dass das Präventionsgesetz im nächsten Jahr umgesetzt wird.

Was heißt das eigentlich? Wir müssen Menschen darüber aufklären, wie sie sich gesund erhalten. Wir müssen sie anleiten, und wir müssen sie dabei unterstützen. Wir müssen ihnen auch dazu verhelfen, dass sie sich im Hinblick auf Krankheiten, deren Ursachen darauf zurückzuführen sind, dass Menschen sich nicht gesund erhalten, entsprechend verhalten.

Wenn man einmal auf die Kampagnen sieht, die in der zurückliegenden Zeit gelaufen sind, kann man ganz konkrete Zahlen nennen. Im Rahmen der Zahngesundheit von Kindern und Jugendlichen wurde zum Beispiel festgestellt – ich sage das noch einmal für diejenigen, die das noch nicht wissen –, dass die Kinder in Rheinland-Pfalz die niedrigste Rate an Karies im ganzen Bundesgebiet haben. Die Fallzahlen beim plötzlichen Säuglingstod konnten um ca. 45 % gesenkt werden, und im Hinblick auf Brustkrebs und die Vorsorge haben inzwischen mehr als 10.000 Rheinland-Pfälzerinnen an „Brustlife“ teilgenommen, wo es um die Selbstuntersuchung der Brust geht.

Ich bin der Meinung, dass wir in der Zukunft verstärkt eine Unterstützung gewähren müssen, um das Thema „Prävention“ weiter voranzutreiben. Deshalb brauchen

wir auch die LZG. Dies ist ein Lieblingsthema der CDU. Die Landeszentrale für Gesundheitsförderung wird auch immer wieder angegriffen.

(Vizepräsident Creutzmann übernimmt den Vorsitz)

Angeblich wird sie nicht inhaltlich angegriffen, sondern weil es sich um einen Verein handelt, der auch Schwerpunkte unserer Politik aufgreift.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie man in Rheinland-Pfalz Prävention ohne die LZG gestalten kann, weil wir als Ministerium mit drei Personen in diesem Bereich nicht in der Lage sind, ohne die Landeszentrale, die über ihre Netzwerke entsprechende Projekte voranbringt, flächendeckend im ganzen Land Kampagnen zu AdipositasNetzwerken, zum plötzlichen Säuglingstod, zu Brustlife und ähnlichen Dingen zu starten oder eine gesunde Ernährung in Kindergärten tatsächlich flächendeckend zu gewährleisten. Deshalb bin ich sehr glücklich darüber, dass nach wie vor die Landeszentrale für Gesundheitsförderung in unserem Haushalt steht und diesen wichtigen Anforderungen auch in der Zukunft gerecht werden kann.

(Beifall der SPD und der FDP)

Last, but not least möchte ich noch einmal das bürgerschaftliche Engagement erwähnen, das in vielen Bereichen von mir schon angesprochen worden ist. Ehrenamtliches und gemeinwohlorientiertes Wirken und bürgerschaftliches Engagement sind von überragender Bedeutung. Sie werden in der Zukunft noch wichtiger werden, als sie das in der Vergangenheit schon waren.

Eine Kultur des Helfens und des Mithelfens ist gefragt. Gott sei Dank haben wir viele Bürgerinnen und Bürger, die bereit sind, tatsächlich mitzuhelfen. Es wird also unser Bemühen sein, auch in der Zukunft, vor allem wenn wir an die familiären Strukturen denken, das bürgerschaftliche Engagement in der Pflege auch ein Stück weiterzuentwickeln und nachhaltig zu unterstützen.

Im Sozialhaushalt werden in den Jahren 2005 und 2006 860.000 Euro für die Unterstützung der im Sozial-, Gesundheits- und Familienbereich ehrenamtlich Tätigen ausgegeben. Dabei geht es natürlich um sehr, sehr viele Selbsthilfegruppen. Dazu gehören aber natürlich auch die Aktivitäten der Wohlfahrtsverbände und Ähnliches.

4,9 Millionen Euro sind für die Betreuungsvereine enthalten, die ehrenamtlich tätig sind. Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Meiner Ansicht nach gibt es einen großen Konsens darüber, dass wir auch in der Zukunft nicht ohne das Ehrenamt auskommen und wir dies ein Stück weit neu organisieren müssen.

Deshalb werden wir auch in Zukunft – ich bin froh, dass wir diese Gelder zur Verfügung haben – diese Weichen neu stellen.

Abschließend möchte ich sagen, dass wir in RheinlandPfalz aus meiner Sicht auf eine gute soziale Infrastruktur und ein insgesamt sehr gutes soziales Klima stolz sein können. Wer in Rheinland-Pfalz häufig Kontakt zu Men

schen hat, bekommt das immer wieder bestätigt. Trotz oder vielleicht auch gerade wegen der schwierigen finanziellen Verhältnisse versuchen wir, Sozialpolitik neu zu gestalten. Der Mensch ist dabei immer im Mittelpunkt. Menschen, die Hilfe brauchen, sollen in Rheinland-Pfalz auch in Zukunft wissen, dass die entsprechende Unterstützung gegeben ist.

Auf der Basis des vorliegenden Sozialhaushaltsetats 2005 und 2006 sind wir gut gerüstet, diese neuen Herausforderungen zu schaffen und gute sozialpolitische Schwerpunkte und Verlässlichkeit in diesem Land zu organisieren.

Vielen Dank.

(Anhaltend starker Beifall der SPD und der FDP)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Rosenbauer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Man kann nicht auf alles eingehen. Wir können nur an exemplarischen Beispielen auf Dinge antworten.

Frau Ministerin, Sie sollten Frau Thelen einmal zuhören. Frau Thelen hat zum größten Teil das, was Sie gesagt haben, nicht gesagt. Sie haben das hineininterpretiert.

Sie hat zum Beispiel bei der Familienförderung gesagt, normal überlegt man sich zuerst, was man machen will, und dann stellt man das Geld bereit. Sie stellen erst einmal 1 Million Euro bereit und fangen dann an zu überlegen, was Sie machen wollen. Das ist unserer Meinung nach keine Politik.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zu meinem Thema zurück. Gut gedacht ist nicht gut gemacht. Diese Aussage gilt zu 100 % für die Änderung des SGB II. Die Idee war gut und die Ausführung schlecht. Das gilt für den Bund. Das Land führt dies genauso fort.

Warum sage ich das? Die Anhörung im Sozialpolitischen Ausschuss über das Landesgesetz zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ergab von den Anzuhörenden viele Hinweise und Verbesserungsvorschläge. In einem Punkt waren sich alle einig. Die in § 4 Abs. 2 stehende Formulierung „Die Entlastung beträgt 18,64 Millionen Euro pro Jahr“ muss weg. Es macht nämlich keinen Sinn, die Belastungshöhe offen zu lassen und gleichzeitig die Entlastungshöhe festzuschreiben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Ich darf den Landkreistag zitieren: „Die in § 4 Abs. 2 des Entwurfs vorgeschlagene Festschreibung der Entlastungshöhe des Landes ist nicht akzeptabel. Zum einen sind die 18,64 Millionen Euro nicht valide dargestellt. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat anlässlich der Bekanntmachung des Ministeriums der Finanzen über die Entlastung wirklich konkrete Berechnungen erbeten, aus denen die Entlastung des Landes, die sich durch die Änderung des Wohngeldgesetzes ergibt, hinreichend deutlich hervorgeht.“ Eine solche Berechnung liegt uns bis heute nicht vor.

(Lelle, CDU: Hört! Hört!)

Bei der Besprechung zur Anhörung schienen FDP und SPD einsichtig und kündigten einen Änderungsantrag mit mehreren Punkten an.

(Rösch, SPD: Angekündigt war, darüber nachzudenken!)

Wir haben es alle gehört. Die Landesregierung hingegen zeigte überhaupt keine Einsicht. Eine Woche später las man in einem Artikel die Äußerung von Frau Grosse, dass die SPD an der Festschreibung auf jeden Fall festhalten werde. Heute hören wir plötzlich wieder, dass doch noch ein Änderungsantrag vorgelegt wird, in dem versucht wird, die Festschreibung doch noch zu umgehen. Ich bin gespannt, was bis Mittwoch passiert.

Meine Damen und Herren, das ist keine Politik. Das ist Chaos pur. Wie sollen wir darüber entscheiden?

(Beifall der CDU – Zuruf von der SPD: Sie kennen doch den Sachverhalt!)

Ich kenne den Sachverhalt sehr genau. Für die Landesregierung wäre es eigentlich ein Leichtes gewesen, bei der Anhörung einer Spitzabrechnung zuzustimmen. Es hätte überhaupt keinen Grund der Hinderung gegeben, und wir hätten Ruhe gehabt und gemeinsam etwas verabschieden können. Warum tut die Landesregierung dies nicht?

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum nur?)

Es ist einfach. Die Landesregierung möchte gern fes tschreiben, weil sie sich weitergehende Einsparungen erhofft und damit zu einer Entlastung des Landes beitragen kann, ohne die Gelder der Kommunen – – – Das ist der einzige Grund.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, das ist unfair. Deshalb machen wir nicht mit.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir haben noch weitere Überraschungen bei den Änderungsanträgen der SPD und FDP, die bis heute vorliegen, erlebt. Was morgen oder übermorgen noch kommt, wissen wir nicht. Auf eine inhaltliche Nachfrage der