Protokoll der Sitzung vom 13.12.2004

Lassen Sie mich im Übrigen – das darf ich noch einmal anmerken, weil die große Initiative vom Koalitionspartner ausgegangen ist, die mit voller Sympathie von uns mitgetragen wurde – auf den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zur Stärkung der Arbeit der Musikschulen noch einmal kurz zu sprechen kommen. Musikschulen finden und fördern musikalische Begabungen

und lebenslange Freude an der Musik. Sie haben aber auch grundsätzlich eine große pädagogische Bedeutung. Inzwischen wissen wir auch, dass musikalische Bildung nicht nur eine wichtige soziale Funktion hat, sondern auch die Intelligenz fördert. Das habe ich mit Neid erfahren. Ich muss Ihnen gestehen, ich bin völlig unmusikalisch. Was wäre aus mir geworden, wenn ich auch noch musikalisch wäre.

(Ministerpräsident Beck: Das kann man nicht glauben!)

Den Entschließungsantrag der CDU zur Änderung des Landesgesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes lehnen wir ab, weil er überflüssig ist.

Meine Damen und Herren, nun komme ich wirklich zum Schluss. Unsere Schwerpunkte in der Zusammenfassung sind: Bildung und Forschung, Innere Sicherheit, Mobilität, Hilfe für die Kommunen, Wirtschaftsförderung, Energie und Technologietransfer und nicht zuletzt Bürokratieabbau.

Alles, was ich zur Stellung des Landes gesagt und angedeutet habe, haben wir nicht selbst erfunden, sondern ist von neutralen Dritten gesagt worden und insofern auch glaubwürdig. Wir wollen als FDP faire Rahmenbedingungen, die individuelle Freiheit und ein hohes Maß an Sicherheit in sich vereinen. Wir wollen nicht mehr Gleichheit, sondern mehr Wettbewerb und Freiheit. Auch das bedeutet mehr Wohlstand für alle.

Das Wachstum staatlicher Ausgaben des Landes muss in der Zukunft eng begrenzt bleiben und immer enger begrenzt werden, wie auch dieses Mal. Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, beim Vollzug des Landeshaushalts eine strenge Bewirtschaftung zu gewährleisten. (Staatsminister Bauckhage: Oh!)

Meine Damen und Herren, in allen Bereichen der Landesverwaltung müssen darüber hinaus auch weiterhin Anstrengungen unternommen werden, damit durch mittelfristig wirkende Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung noch weiter verbessert werden kann.

(Mertes, SPD: Da seht ihr einmal, wie selbstdiszipliniert wir sind!)

Meine Damen und Herren, wenn wir diesen Haushaltsplan verabschiedet haben und am Mittwoch unsere Sitzungsreihe beenden werden, sollten wir uns alle auf ein besinnliches Weihnachtsfest freuen und können danach mit begründetem Optimismus auch auf der Grundlage dieses Haushalts in das neue Jahr starten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltend Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch ein Versäumnis nachholen. Ein weiterer Kollege hat in der letz

ten Zeit Geburtstag gehabt. Am 5. Dezember wurde Jochen Hartloff 50 Jahre alt. Ich möchte ihm noch nachträglich ganz herzlich im Namen aller Abgeordneten gratulieren.

(Beifall im Hause)

Herr Ministerpräsident, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Thomas, Sie haben in die Debatte im Zusammenhang mit dem Kollegen Kuhn die Raubtiere eingeführt. Sie haben jetzt mit uns erlebt, dass es gefährlich ist, den Leu zu wecken.

(Beifall bei SPD und FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin dem Kollegen Kuhn und dem Kollegen Mertes sehr dankbar, dass sie deutlich gemacht haben, dass die Mehrheitsfraktionen in diesem Haus hinter dem Regierungsentwurf stehen und sie ihrerseits Zeichen gesetzt haben, die den Rahmen dieses Haushalts hinsichtlich der Sparbem ühungen noch ein Stück enger gezogen haben, Zeichen aber auch, die die inhaltliche Ausgestaltung und die Unterstreichung der Schwerpunkte weiter hervorgehoben haben.

Es ist wohl wahr, wir stehen in einer Zeit der Veränderung. Wir stehen in einer Zeit, in der wir die Nachkriegsgeschichte Deutschlands und Europas bis in jede einzelne Alltagsentscheidung hinein spüren und entsprechend zu bewältigen und zu vollziehen haben.

Das heißt für uns Deutsche, dass wir glücklicherweise nach der Wiedervereinigung eine Aufgabe zu einem zweiten Mal, nicht in der Dimension, wie dies nach 1945 der Fall war, aber doch in einer beachtlichen Dimension zu bewältigen haben, die es ermöglicht, dass wir in ganz Deutschland unter gleichwertigen Lebensbedingungen in einem freien Europa leben können. Wir haben die Zerstörungen aus dem Zweiten Weltkriegs und die Versäumnisse aus der Zeit des SED-Regimes jetzt auch für die 18 Millionen Menschen im Osten Deutschlands aufzuarbeiten. Das muss gesagt werden, weil es diesen Haushalt und jeden kommunalen Haushalt in diesem Land Rheinland-Pfalz genauso wie in ganz Deutschland maßgeblich berührt. 80 Milliarden Euro oder 90 Milliarden Euro Transfer dürfen hier nicht aus dem Blick gelassen werden, oder wir würden einen kapitalen Fehler machen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich sage auch dazu, dass diese große Aufgabe, die untrennbar verbunden ist und verbunden bleibt auch mit der Neuordnung Europas, eine ist, die nicht nur in einer Generation abzuarbeiten ist. Das haben wir jetzt in den letzten Jahren gelernt. Insoweit sollten wir auch manche Zahl, über die wir diskutieren, in die Relation der Größenordnungen hineinbringen.

Ich will auch hinzufügen, dass wir neben dieser europäischen und deutschen besonderen Situation natürlich durch die Veränderung der Welt in eine neue Wettbewerbslage gestellt worden sind. Das fordert unsere Wirtschaft. Das fordert uns als Gesetzgeber auf Bundesund Länderseite. Wir haben auch Konsequenzen gezogen. Es sind Reformen auf den Weg gebracht worden im Bereich der Sozialversicherung, im Bereich des Arbeitsmarkts und nicht zuletzt im Bereich der steuerlichen Entwicklung, die beachtlich sind und auch beachtliche Dimensionen haben.

Die Tatsache, dass in den letzten Jahren – RheinlandPfalz hat da eine nicht unbeachtliche Rolle gespielt – über 60 Milliarden Euro an Steuererleichterungen für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft erzielt worden sind, wenn ich den 1. Januar 2005 einbeziehe, dann ist dies Beleg dafür, dass wir auch an dieser Stelle maßgebliche Entscheidungen und Weichenstellungen in eine Zukunft getroffen haben, die die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft sichern soll. Ich bin sicher, dass die Entscheidungen auch einen Beitrag leisten werden, um diese Wettbewerbsfähigkeit wieder so zu entwickeln, dass wir uns weiterhin in der Spitzengruppe der Technologienationen dieser Welt halten können.

Das sind keine einfachen Dinge. Das heißt dann, dass wir bewusst auf Steuereinnahmen verzichten werden, jetzt wieder zum 1. Januar in der Größenordnung von rund 6,5 Milliarden Euro. Dass das an einem Haushalt wie diesem Landeshaushalt nicht spurlos vorbeigehen kann, muss in diesem hohen Hause nicht besonders erwähnt werden. Dass es notwendig war und notwendig bleibt, auch was unsere Verantwortung angeht, uns auf die demografischen Veränderungen einzustellen, will ich noch einmal deutlich machen. Ich komme an der einen oder anderen Stelle darauf zurück, weil es ein maßgeblicher Maßstab für die Handlungs- und Entscheidungsvorschläge der Landesregierung an Sie, die Damen und Herren dieses hohen Hauses, war und ist.

Ich möchte aber hinzufügen dürfen, nachdem Herr Kollege Böhr mit mancher Mahnung sicher Recht hat – das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen – und er ansonsten die Situation dieses Landes Rheinland-Pfalz so beschrieben hat, dass Kassandra eher eine gute Fee ist, wenn man die Zukunftserwartungen nach diesen Maßstäben beurteilt,

(Zuruf des Abg. Dr. Gölter, CDU)

lieber Herr Kollege Böhr, es ist weiß Gott nicht ganz so, wie Sie dieses Land beschrieben haben. Gott sei Dank nicht.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich will gern den Beleg führen, weil ich hier nicht etwas behaupte, was nicht zu belegen ist.

(Böhr, CDU: Aber Kassandra hat Recht!)

Na ja. Kassandra hatte zum Glück nicht immer Recht, und schon gar nicht hat sie eine Grundlage dafür geboten, dass die Menschen mit Hoffnung in die Zukunft

schauen können. Ich denke, das ist nicht der Maßstab, mit dem wir uns hier auseinander setzen sollten.

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dieses Land Rheinland-Pfalz und seine Volkswirtschaft, die vorhin so negativ gekennzeichnet worden sind, steht hinsichtlich der Exportquote hinter Bremen an zweiter Stelle in der Bundesrepublik Deutschland. Ich nenne immer Zahlen des Jahres 2003, also die letzten abgerechneten Zahlen. Ich finde keinen Beleg dafür, dass unsere Volkswirtschaft in Rheinland-Pfalz nicht wettbewerbsfähig ist.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich will daran erinnern dürfen – Herr Kollege Kuhn hat dies auch schon getan –, dass wir hinsichtlich der Arbeitslosenzahlen auch wieder im November und im letzten Winter vor Hessen an drittgünstigster Stelle in dieser Republik gestanden haben. Ich finde, es ist ein Zeichen der Hoffnung, auch wenn wir mit 7,6 % im November nicht zufrieden sind. Aber diese Rangstelle zeigt Hoffnung für die Menschen in Rheinland-Pfalz. Wir werden entsprechend weiterarbeiten.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, die Ausbildungsquote ist eine der großen Sorgen unserer Zeit. Eine der großen Sorgen ist, dass die Menschen im dualen System, die einen praktischen Beruf ausüben, neben der wissenschaftlichen und technologischen Schiene Basis des wirtschaftlichen Erfolgs sind und bleiben müssen. Wir liegen hinsichtlich der Vermittlungszahlen in diesem Jahr 2003 mit einer Vermittlungsquote von 7,2 % an der zweiten Stelle in der Bundesrepublik Deutschland. An der Spitze steht Mecklenburg-Vorpommern. Aber wenn Sie die Prozentzahlen einmal mit den absoluten Zahlen vergleichen, dann wissen Sie, dass der Weg zum Erfolg dort deutlich weiter sein wird.

Ich kann nur sagen, Respekt vor all denjenigen, die sich angestrengt und mitgeholfen haben, damit wir das erreichen. Ich bin zuversichtlich, wir werden es auch für dieses Jahr wieder erreichen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, liebe Frau Thomas, wenn ich das so richtig gehört habe, auch die ach so angeblich verfehlte Mittelstandsförderpolitik dieses Landes: Nach dem so genannten Mittelstandsbarometer des Unternehmens Ernst & Young, die solche Dinge untersuchen – 1.600 Unternehmen sind befragt worden –, steht Rheinland-Pfalz mit einem Marketing von 2,73 – das ist nach unten gestaffelt – an günstigster Stelle, an der Spitze der Mittelstandspolitikfreundlichkeit in dieser Bundesrepublik Deutschland. Das muss doch einmal gesagt werden.

(Beifall der SPD und der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch wenn man den so genannten Wohlstandsindex heranzieht und die Jahre 1991 bis 2003 miteinander vergleicht, dann steht

dieses Land Rheinland-Pfalz hinter Bremen an zweitgünstigster Stelle.

Ich will es mit diesen Belegen sein Bewenden haben lassen, Sie aber darauf verweisen, dass es eine interessante Untersuchung unseres Statistischen Landesamts auch zu den Zukunftschancen für diese Daten gibt. Schauen Sie sich diese einmal gründlich an. Ich denke, dann wird zumindest keine begründete Aussage mehr möglich sein, die so schwarz in schwarz und düster so in düster malt. An die Untersuchungen, die die „Wirtschaftswoche“ veröffentlicht hat, ist von Herrn Kollegen Kuhn schon erinnert worden. Ich will dies nicht noch einmal wiederholen.

Verehrter, lieber Herr Kollege Böhr, ich sage dies auch, weil Sie mir vor wenigen Tagen – in der „AZ“ und anderen Zeitungen nachlesbar – den Rat gegeben haben, wir sollten uns als Landesregierung an Herrn Kollegen Müller und der saarländischen Landesregierung ein Beispiel nehmen.

Ich bin mir nicht so sicher, wie gründlich Sie das überlegt haben. Ich will weiß Gott nicht unsere Nachbarn schlechtreden und auch nicht deren Politik. Das ist nicht mein Punkt. Wenn Sie mir aber öffentlich raten, wir sollten uns daran ein Beispiel nehmen, dann muss ich sagen, hinsichtlich der Einschätzung der Zukunftsfähigkeit dieses Landes nach vielen wirtschaftlichen Parametern steht Rheinland-Pfalz an drittgünstigster Stelle und das Saarland acht Plätze hinter uns. Sollen wir uns wirklich daran orientieren, wie Sie mir empfohlen haben?

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich finde, wir sollten unsere politische Arbeit ernsthaft machen, die Kritik aufnehmen, die sicherlich an manchen Punkten auch richtig ist. Wer macht schon alles richtig auf dieser Welt. Aber wir sollten auch ein Stück selbstbewusst auf das schauen, was die Menschen in diesem Land erreicht und erarbeitet haben. Unsere Politik kann nicht so falsch gewesen sein, wenn wir uns in vielen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Maßstäben in diesen oberen Rängen wieder finden.