Protokoll der Sitzung vom 15.12.2004

Das ist eine ähnliche Zusammenfassung, als wenn man die Verbesserung der Statistik im Hinblick auf Nobelpreise und die Verbesserung des Ergebnisses von PISA III einer einzigen Organisation anvertrauen würde. Worin besteht der Sinn? Was kann das Zentrum besser als zwei eigenständige Einrichtungen, die eine für Wissenschaft und die andere für die Leseförderung? Es ist kein Wunder, dass die Landesregierung bei ihrer Antwort auf diese Frage bisher sehr zaghaft agiert hat.

Das kann man einer Kleinen Anfrage entnehmen, die Herr Kollege Creutzmann gestellt hat. Die Regierung spricht nämlich davon, dass es eventuell Einsparungen beim Einkauf geben könnte; denn nicht einmal die EDVProgramme dieser Gesamtorganisation sind identisch. Dabei kann man also nichts einsparen. Auch bei der Zielsetzung kann man letztlich nichts einsparen. Ich denke, hierbei ist man im Übereifer über das eigentliche Ziel hinausgeschossen. Der interne Aufwand ist mit Sicherheit größer als der Nutzen.

(Beifall bei der CDU)

Zur Orchesterstrukturreform, über die wir schon seit längerem diskutieren: Im Doppelhaushalt sind die Zielzahlen für die drei betroffenen Orchester ausgewiesen. In Koblenz und Mainz jeweils 66 und in Ludwigshafen 80. Die Zielzahlen sind nach dem Haushalt im Jahr 2006 zu erreichen. Die Landesregierung hat allerdings gegenüber dem Haushalts- und Finanzausschuss zum Ausdruck gebracht, dass dieses Ziel schon zu Beginn der Saison 2005/2006 erreicht sein sollte.

Meine Damen und Herren, selbst wenn der Stellenabbau bis dahin wirklich sozialverträglich zu bewerkstelligen ist, eine Rechnung haben Sie bisher ohne den Wirt gemacht. Zur Qualitätssicherung ist es nämlich unerlässlich, dass diese drei Orchester in der reduzierten Pers onenzahl miteinander kooperieren. Die Möglichkeiten, das zu garantieren, liegen nicht bei Ihnen, sondern bei den

Tarifpartnern. In dieser Frage gibt es jedoch noch keine Einigung. So lange keine Einigung gegeben ist, so lange gehen die Haushaltsansätze, die Sie für die Fahrtkosten der betroffenen Musiker eingesetzt haben, absolut ins Leere.

Lassen Sie mich einen neuen Aspekt im Hinblick auf die Orchesterstrukturreform ansprechen, die Diskussion über die Zukunft des SWR-Rundfunkorchesters in Kaiserslautern. Einerseits ist es verständlich, dass eine rundfunkinterne Lösung gesucht werden soll durch die Fusion des Kaiserslauterner Orchester mit dem Orchester des Saarländischen Rundfunks in Saarbrücken. Andererseits hätte eine Fusion des Kaiserslauterner Orchesters mit der Staatsphilharmonie in Ludwigshafen – wie sie von einigen Kräften ins Gespräch gebracht worden ist – natürlich auch ihren Reiz. Sie würde die Orchesterlandschaft in Rheinland-Pfalz mit Sicherheit stärken.

Das deckt sich in etwa mit Ihren ursprünglichen Vorschlägen hinsichtlich des großen Orchesters, Herr Minister. Wenn sie zustande kommen würde, dann wäre sie vernünftiger gemacht. Außerdem hätte es den Vorteil, dass die derzeit angedachte Kooperation zwischen den drei Orchestern auf der Rheinschiene sich auf zwei in Mainz und Koblenz beschränken könnte, weil wir im anderen Fall dann die Zusammenarbeit zwischen Kaiserlsautern und Ludwigshafen hätten. Die Entscheidung darüber haben wir nicht zu treffen. Das muss auf Rundfunkebene geschehen. Deswegen müssen wir abwarten, was passiert.

Warten ist übrigens auch das Stichwort für das ArpMuseum. Allerdings reden wir dabei über ganz andere zeitliche Dimensionen. Nach der ursprünglichen Rahmenvereinbarung, die im Jahr 1995 abgeschlossen worden ist, sollte der Meier-Bau im Jahr 1997 eingeweiht werden. Inzwischen sind viele weitere Termine verstrichen, und die Regierung hat dazugelernt. Sie hat nämlich bei der Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir im Oktober 2004 formuliert: „Die Eröffnung ist voraussichtlich für das Frühjahr 2007 vorgesehen.“ – Sie ist also „voraussichtlich vorgesehen“. Da hat jemand dazugelernt.

Vorgesehen ist auch ein neues Konzept für den Betrieb des Museums. Das ist der Beweis dafür, dass unsere langjährige Kritik berechtigt war. Bisher gibt es ein eklatantes Missverhältnis zwischen den Aufgaben des Landes und den Aufgaben der Stiftung „Arp-Verein“, weil das Land die Aufgabe hat, zu zahlen, und der Verein den Ton angibt, was vor Ort passiert.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Zusammenhang ist eine Änderung dringend geboten. Den Bestrebungen kann man nur zustimmen. Es müssen aber auch weitere Gesichtspunkte dabei berücksichtigt werden. Zum Beispiel muss die regionale Ebene eingebunden werden, und es muss ausgeschlossen sein, dass es in Zukunft noch einmal eine Diskussion über die Frage der Echtheit und der Qualität der Exponate gibt; denn das wäre für das Museum tödlich.

(Beifall bei der CDU)

Zusammenfassend kann man sagen: Prinzipiell stimmen wir Strukturveränderungen zu. Unser Fraktionsvorsitzender hat sie auch für andere Bereiche der Politik angesprochen. Ich denke, dass die Kultur hierbei schon weiter ist als andere Bereiche des Landeshaushaltes. Solche Veränderungen machen aber nur dann Sinn, wenn nicht alte Fehler beseitigt und gleichzeitig neue Fehler geschaffen werden. Das muss man immer professionell machen, aber nicht einfach um der Strukturveränderung willen. Bei dieser Landesregierung muss man wirklich höllisch aufpassen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass es bisher meine Aufgabe war, auf die Landesregierung aufzupassen.

(Mertes, SPD: Höllisch!)

Ich habe das jetzt lieber weggelassen; denn das klingt so teuflisch. Das entspricht eigentlich nicht meiner Rolle. Sie wissen, dass ich in Zukunft für diese Aufgabe nicht mehr zur Verfügung stehen werde, weil ich mit Ablauf des Monats Januar mein Mandat abgeben werde. Danach werde ich mich nur noch ehrenamtlich im regionalen Bereich, also in Neustadt an der Weinstraße, kulturell engagieren.

Ich habe das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, diesen Schritt zu tun. Ich habe erlebt, dass es in der Politik wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen oft vorkommt, dass man Michail Gorbatschow Recht geben und seine Einsicht sogar noch erweitern muss. Nicht nur den, der zu spät kommt, bestraft das Leben, sondern oft wird auch der bestraft, der zu spät geht. Ich habe mir vorgenommen, dass mir das nicht passieren sollte.

(Beifall im Hause)

Insofern ist das heute wahrscheinlich meine letzte Rede in diesem Parlament.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit bei allen Kolleginnen und Kollegen über alle Fraktions- und Parteigrenzen hinweg, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien, mit denen ich zu tun hatte, und natürlich auch bei deren obersten Chefs zu bedanken.

In diesen Dank möchte ich all die Menschen einschließen, mit denen ich aufgrund meiner Funktion als Mitglied des Landtags zusammengekommen bin. Ich habe mit vielen Probleme erörtert und Lösungen gesucht, die wir zum Teil auch gefunden haben. Ich habe mit vielen auch sehr persönliche Beziehungen geknüpft. Sie alle haben mein Leben bereichert und mich vor Herausforderungen gestellt und mir auch die Chance gegeben, mich weiterzuentwickeln. Gemeinsam haben wir unser Wissen vermehrt und vielleicht auch danach gestrebt, unsere Weisheit zu vergrößern. Das fällt einem nicht in den Schoß, sondern um all das muss man ringen. Da sind wir uns sicherlich in der Beurteilung einig.

Hilfestellung könnte uns in diesem Zusammenhang – deshalb möchte ich Ihnen das jetzt vortragen – vielleicht ein Gebet um Weisheit geben, das vor mehr als 400 Jahren formuliert worden ist und von Teresa von Avila stammt.

Daraus einige Auszüge: „Oh Herr, du weißt besser als ich, dass ich von Tag zu Tag älter werde und eines Tages wirklich alt. Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit etwas sagen zu müssen. Erlöse mich von der großen Leidenschaft, die Angelegenheiten anderer ordnen zu wollen. Lehre mich, nachdenklich, aber nicht grüblerisch, und hilfreich, aber nicht diktatorisch zu sein. Bei meiner ungeheuren Ansammlung von Weisheit erscheint es mir schade, sie nicht weiterzugeben, aber du verstehst, oh Herr, dass ich mir wenigstens ein paar Freunde erhalten möchte.

(Heiterkeit und Beifall im Hause)

Bewahre mich vor der Aufzählung endloser Einzelheiten und verleihe mir Schwingen, zur Pointe zu kommen. Lehre mich die wunderbare Weisheit, dass ich mich irren kann. Erhalte mich so liebenswert wie möglich. Lehre mich, an anderen Menschen unerwartete Talente zu entdecken und verleihe mir, oh Herr, die schöne Gabe, sie auch zu erwähnen.“

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie den Eindruck haben, dass es mir gelungen ist, wenigstens in Ansätzen aus diesem Gebet Nutzen zu ziehen, bitte ich Sie, mich in guter Erinnerung zu halten. Ich jedenfalls verspreche Ihnen, dass ich die guten Begabungen und Talente, die ich an Ihnen entdeckt habe, überall verkünden werde.

Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Geduld.

(Anhaltend starker Beifall im Hause)

Sehr geehrter Herr Kollege Lutz Frisch. Ich möchte gleich einmal einen Teil dessen, was Sie in diesem Gebet gesagt haben, beherzigen. Wir haben Sie als kompetenten, immer sehr sachlichen, aber auch, wenn es sein musste, streitbaren Kollegen kennengelernt – das ist auch heute noch einmal in Ihrer Rede deutlich geworden –, den wir in dem schwierigen Bereich der Kultur gebrauchen können. Deshalb wird sicherlich eine Lücke entstehen, wenn Sie diesem Haus nicht mehr angehören.

Das, was Sie gesagt haben, halte ich aber für richtig. Man muss auch wissen, dass man zur richtigen Zeit gehen muss. Ich wünsche Ihnen für Ihr ehrenamtliches kulturelles Engagement und für all das, was Sie in Ihrer nächsten Lebensphase noch vorhaben, viel Erfolg und dass Sie gesund bleiben. Ich gehe davon aus, dass ich da im Namen aller Angehörigen des Landtags spreche.

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Geis das Wort.

Herr Frisch, das war ein schöner Schluss. Ich komme später darauf zurück.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen dauern schon lange an. Die Aufmerksamkeit lässt vielleicht ein bisschen nach. Ich will Sie nicht mit weiteren Zahlenjonglagen traktieren, sondern etwas zur Bedeutung des Kulturellen in unserer politischen Arbeit und zu diesem zentralen gesellschaftlichen Bereich überhaupt sagen.

Diese Bedeutung ist nicht primär als prozentualer Anteil an Haushaltsansätzen klassifizierbar. Das ist ein materiell kleiner Bereich im Vergleich zu den anderen Politikfeldern, der aber eine große Bedeutung für den Selbs twert und die Außendarstellung des Landes hat.

Wir brauchen deshalb die Beachtung kultureller Aspekte bei vielen politischen Entscheidungen. Mögen sie nahe liegend sein, wie etwa beim Tourismus, was wir auch lange übersehen haben, oder auf den ersten Blick nicht leicht erkennbar sein, wie bei infrastrukturellen Maßnahmen im Bereich von Wirtschaft und Verkehr.

Dann gibt es gerade in Zeiten knapper Kassen weitere grundsätzliche Entscheidungen im Binnenverhältnis des kulturellen Bereichs zu treffen. Die Wichtigste ist für uns die der Gleichbehandlung und der Nichtaufrechnung von so genannter Breitenkultur und so genannter Hochkultur, wobei – Sie merken das – die Begriffe schon problematisch sind. Hier zeigt sich auch am besten die Redundanz rein rechnerischer Betrachtungsweisen. Es ist fatal, wenn Kulturleute auch unter sich ausrechnen und als Keule benutzen, wie teuer ein Sitzplatz in der Oper oder noch schlimmer beim experimentellen Theater ist und wie viel vermeintlich Sinnvolleres man damit machen könnte.

Wir dürfen die Kultur nicht auseinander dividieren lassen. Wir brauchen beides und müssen beides fördern, die teuren, professionellen Staatstheater und Orchester sowie die vielen kleinen ehrenamtlichen kulturellen Initiativen und Projekte überall im Land gerade auch außerhalb der Metropolen.

Beim Kultursommer Rheinland-Pfalz zum Beispiel gelingt seit vielen Jahren der Versuch, beiden Ansprüchen gerecht zu werden. Das ist ein gewagter Spagat in jedem Jahr. Ich beglückwünsche die engagierten Verantwortlichen für diesen Bereich, die auch schwierige Herausforderungen nicht scheuen, so auch die des kommenden Jahres mit dem Thema „Kultur und Wissenschaft“.

Die enge Beziehung dieser kreativen Zukunftsfelder wird somit wieder einmal besonders augenfällig zum Nutzen beider Bereiche. Es ist gut, dass unser zuständiges Ministerium diesen Zuschnitt hat und bewusst die Verknüpfungen auch sucht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Wir haben begrenzte finanzielle Möglichkeiten. Das macht es unabdingbar notwendig, zukunftsfähige Strukturen zu schaffen, die zumindest für eine mittelfristige Perspektive tragen. Es täte kulturellen Einrichtungen nicht gut, wenn sie dauernd in der organisationspolitischen Diskussion ständen.

Im Haushalt werden die Einsparungen im Orchesterbereich spürbar. Das tut uns finanziell gut und ist qualitativ tragbar für die Orchester und sichert ihren Erhalt. Das ist eine andere Politik als bei den Nachbarn im Saarland. Dort wird der Etat des Staatstheaters um 25 % gekürzt. Das ist Kahlschlag.

Vielleicht sollte auch der SWR – Herr Frisch hat das schon angesprochen – bei seinen Kooperationsbemühungen ins Land schauen und nicht in das Saarland.

In anderen kulturellen Sparten werden wir um ähnliche Diskussionen nicht herumkommen. Erste Strukturmaßnahmen sind im Bereich der Bibliotheken mit der Einführung des Landesbibliothekzentrums umgesetzt. Herr Frisch, dabei bleiben alle bisherigen Einrichtungen erhalten. An dieser Diskussion war ich als Vorsitzender des Landesbibliothekverbandes ziemlich intensiv beteiligt. Es ist also falsch zu sagen, mit der Schaffung des Zentrums werde an irgendeiner Stelle irgendetwas von der Arbeit weggenommen.

Wir werden bei den Museen überlegen müssen, wie wir die Attraktivität der Einrichtungen so steigern können, dass die Besucherzahlen spürbar besser werden. Positive Beispiele gibt es beim Historischen Museum in Speyer und im Verantwortungsbereich von Burgen, Schlösser, Altertümer.

Herr Frisch, Sie haben sich dankenswerterweise Gedanken über die Förderung der bildenden Kunst in Rheinland-Pfalz gemacht und speziell über die Zukunft des Künstlerhauses Balmoral in Bad Ems. Ich rufe nicht nur die Internetseite auf, sondern ich war vergangene Woche wieder einmal in Bad Ems und habe mir zwei Ausstellungen angesehen. Diese zeigen, dass die jungen Künstlerinnen und Künstler nicht in einem privilegierten Schloss-Elfenbeinturm sitzen, wenn sie in Balmoral gefördert werden, sondern aufmerksam sind für die Geschichte dieser Stadt und der Region und ihre aktuelle Situation.

Rückläufige Zinserträge für die Stiftung „Rheinland-Pfalz für Kultur“, die unsere Künstlerhäuser trägt, zwingen zum Sparen. Ich gestehe aber gern, dass ich es gut fand, dass junge Stipendiatinnen und Stipendiaten aus anderen Bundesländern und aus anderen Nationen im Schloss Balmoral waren.

Ihr Blick von außen, aus Metropolen und auch aus anderen Kulturkreisen war für die Region und das Land anregend.