Es ist auch allgemein bekannt, dass das Bundeskartellamt gegen Energieversorger Missbrauchsverfahren wegen des Verdachts auf ungerechtfertigte Gaspreiserhöhung oder – härter ausgedrückt – missbräulich überhöhte Preise eingeleitet hat.
Ich meine, die Verbraucherverbände fordern mit Recht eine größtmögliche Transparenz, wie die Kalkulation der Preise im Einzelfall bei den Gasversorgern und ihren Vorlieferanten zustande kommt.
Die Verbraucherverbände sind in diesem Bereich sehr aktiv. Das haben wir gehört. Ihre Forderungen sind in meinen Augen absolut nachvollziehbar; das zeigen im Übrigen die von der Bundeskartellbehörde, aber auch von der Landeskartellbehörde – das ist bei uns das Wirtschaftsministerium – ergriffenen Maßnahmen.
Das Bundeskartellamt strebt eine Öffnung der bislang üblicherweise langfristigen Gaslieferungsverträge zwischen den Großanbietern und den Stadtwerken an.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen zunächst einmal einen Dank an die Verbraucherverbände loswerden, die gerade beim Vergleich der Gaspreise im Bereich der Endkunden wirklich sehr segensreich tätig waren.
Meine Damen und Herren, in den vergangenen Wochen ist die Absicht der Gasversorger, ihre Endverbraucherpreise zum Teil erheblich zu erhöhen, in der Öffentlichkeit und insbesondere bei den Betroffenen auf Sorgen und Unverständnis gestoßen.
Die Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes lassen derzeit ein wirkungsvolles Einschreiten der Kartellbehörden nicht zu, da in der Regel – dies gilt auch für die Zuständigkeit unseres Wirtschaftsministeriums – die angestrebten und zur Genehmigung vorgelegten neuen Verbraucherpreise nur benchmarkmäßig – also nur ein Preisvergleich untereinander – geprüft werden. Die Energieimporteure führen an, dass die Lieferverträge mit den Gasproduzenten bzw. den Gasförderunternehmen eine Koppelung zum Ölpreis enthielten. Dies – so wird angeführt – würde zu einer größeren Versorgungssicherheit und Preisstabilität in diesem Bereich beitragen.
Meine Damen und Herren, wenn dies zutrifft, dann hätten die Gaspreise in der Vergangenheit auch nach unten korrigiert werden müssen, als die Weltmarktpreise beim Öl im Keller waren. Das Gegenteil war aber der Fall. Das Preisniveau ist nach der Statistik des Bundeswirtschaftsministeriums jedoch im Zeitraum von Januar bis Oktober 2004 nicht gestiegen, sondern um 7,7 % gesunken. Die Preiserhöhungen der Importeure liegen zwischen 10 % und 15 %. Bei einem Preisanteil von 25 % des Endkundenpreises vom Importpreis dürfte eine Preiserhöhung des Endkundenpreises auch nur diesen Anteil ausmachen, wenn es nicht andere Gründe gibt. Das Preisziel ist aber wesentlich höher.
Diese Zusammenhänge und insbesondere die Begründungen für die beabsichtigten Erhöhungen der Endverbraucherpreise werden von den Energieversorgungsunternehmen nicht dargelegt und eröffnen somit ein weites Feld für Spekulationen und Unterstellungen. Natürlich muss in diesem Kontext auch die Tatsache berücksichtigt werden, dass die oligarchische Situation
der Gasförderer und der Importeure große Möglichkeiten bietet, die Preissituation im Sinn der Unternehmen zu beeinflussen, um in diesem Zusammenhang nicht einen anderen Begriff zu nennen.
Dies hat mit Marktwirtschaft – oder besser noch sozialer Marktwirtschaft – nun gar nichts mehr zu tun, meine Damen und Herren. Wer allerdings das hohe Preisniveau bei der Gasversorgung beklagt, der sollte aber auch zur Kenntnis nehmen, dass bei einem durchschnittlichen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von rund 20.000 Kilowattstunden bei einem Ökosteueranteil von 0,2 Cent je Kilowattstunde allein dies einen Betrag von 40 Euro ausmacht. Eine Haltung nach dem Motto „Haltet den Dieb“ verwundert insofern, als dass gerade diejenigen, die diese Aktuelle Stunde beantragt haben, andererseits aber ständig für höhere Energiepreise eingetreten sind, nun Krokodilstränen vergießen. Man kann das auch anders nennen, meine Damen und Herren.
Bei einer Preissteigerung von 7 %, die offensichtlich bei den Gasendverbraucherpreisen herauskommen wird, kommt für einen normalen Haushalt ein durchschnittlicher Jahresbetrag von 70 Euro zustande. Mit dem Anteil der Ökosteuer sind dies schon 110 Euro pro Jahr – nur beim Gas, meine Damen und Herren. Diese Preissteigerungen können nicht, wie es gelegentlich propagiert wird, durch Energieeinsparmaßnahmen optimiert werden.
Wer die Kraftstoffpreiserhöhungen, die Einschränkungen bei der Pendlerpauschale, die erhöhten Bahnpreise und die Strompreise hinzurechnet, der wird leicht feststellen, dass damit bereits die Senkungen bei der Einkommensteuer, die zu Beginn dieses Jahrs in Kraft getreten sind, mehr als aufgebraucht sind.
In dieser Situation ist es nicht verständlich, dass die Bundesregierung bis jetzt nicht in der Lage war, ein im Bundesrat zustimmungsfähiges Energiewirtschaftsgesetz vorzulegen, das eine effektivere Preiskontrolle in diesem Bereich möglich macht, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN meint, eine Überprüfung der umstrittenen Gaspreiserhöhungen im Jahr 2004 und im Jahr 2005 durch das Wirtschaftsministerium könnte zu niedrigeren Gaspreisen für den Verbraucher führen, dann befindet sie sich sehr wahrscheinlich völlig auf dem Holzweg. Lassen Sie mich das begründen.
Die Gaspreiserhöhungen bei den Kunden kommen dadurch zustande, dass die Stadtwerke aufgrund ihrer langfristigen Verträge mit den Vorlieferanten bei Erhöhung des Ölpreises gezwungen sind, auch höhere Gaspreise an die Vorlieferanten zu entrichten. Dies bedeutet jedoch noch lange nicht, dass die großen Gasgesellschaften – E.ON-Ruhrgas, RWE-Energie, BEB, Wingas, VNG, EnBW; ein Oligopol, das nicht an Wettbewerb interessiert ist – auch höhere Einstandspreise an ihre Lieferanten haben zahlen müssen. Im Gegenteil, die Gasimportpreise sollen in der ersten Hälfte des Jahres 2004 im Verhältnis zum Vorjahr sogar um etwa 11 % gesunken sein. Wenn sich jedoch die Stadtwerke des Landes Rheinland-Pfalz an das Wirtschaftsministerium wenden und ihre Kalkulationen vorlegen und diese aufgrund ihrer langjährigen Verträge mit Gaslieferanten aufgrund der Ölpreisklausel höhere Einstandskosten ausweisen, dann bleibt dem Wirtschaftsministerium kaum eine Chance, einer Gaspreiserhöhung nicht zuzustimmen.
Notwendig ist deshalb, dass die langfristigen Verträge der Stadtwerke mit ihren Vorlieferanten in Zukunft unterbunden werden. Deshalb begrüßt die FDP-Fraktion die Initiative des Bundeskartellamts, mit einer richtungsweisenden Entscheidung den schleppenden Wettbewerb auf dem Gasmarkt in Schwung zu bringen. Die Behörde will die üblich langfristigen Exklusivverträge untersagen, die Gashändler bisher mit den Stadtwerken geschlossen haben. Dabei hat das Kartellamt ein Thema angepackt, das ausschlaggebend sein wird für einen weiteren Wettbewerb auf dem Gasmarkt. Neue Anbieter könnten leichter neue Kunden gewinnen. Somit bestünde die Chance eines Absinkens des Preisniveaus.
Sieben Jahre nach Öffnung des Energiemarkts gibt es kaum Wettbewerb im Gasgeschäft. Neuen Anbietern ist es bisher nicht gelungen, sich daran einen nennenswerten Anteil zu sichern. Das liegt – so schreibt das „Handelsblatt“ – nach Brancheneinschätzungen vor allem an den Verträgen der Großlieferanten wie EONRuhrgas, Wingas, RWE oder Verbundnetzgas mit den mehr als 700 deutschen Kommunalversorgern.
Vor der Liberalisierung galten Vereinbarungen, mit denen die Stadtwerke und regionalen Versorger exklusiv und über Jahrzehnte hinweg an Importeure gebunden waren. Auch jetzt werden immer noch langjährige Bezugsabkommen vereinbart, in Einzelfällen bis zum Jahr 2017. Solange die Stadtwerke aus ihren Altverträgen nicht herauskommen, um günstigere Angebote annehmen zu können, solange wird kein Wettbewerb entstehen, und die Preise für die Privatkunden bleiben hoch.
Wenn die Vorstellungen des Bundeskartellamts umgesetzt werden, was die FDP-Landtagsfraktion ausdrücklich begrüßen würde, könnten künftig Verträge mit Stadtwerken unzulässig sein, die länger als zwei Jahre laufen und den Gasbedarf zu mehr als 80 % abdecken. Ab einer Laufzeit von vier Jahren darf sich der Lieferant nicht mehr als 50 % des Volumens sichern.
Wenn selbst die vor 1998 geschlossenen Verträge angepasst werden müssten, wäre dies eine weitere Möglichkeit, mehr Wettbewerb auf dem Gasmarkt zu erzielen und damit die Chance zu eröffnen, dass die Gaspreise nicht mehr an die Ölpreise gekoppelt werden, womit für den Kunden die Möglichkeit stabilerer Gaspreise eröffnet würde.
Es liegt also nicht am Wirtschaftsministerium des Landes Rheinland-Pfalz und dessen Kartellbehörde, mehr Wettbewerb in den Gasmarkt zu bringen oder gar Gaspreiserhöhungen durch Stadtwerke zu untersagen, wenn deren Vorlieferungen aufgrund bestehender Verträge die Gaspreise erhöhen. Es liegt einzig und allein daran, in den Gasmarkt mehr Wettbewerb zu bringen und damit die Chance zu eröffnen, dass die Stadtwerke bei den Anbietern einkaufen können, die die günstigsten Preise haben.
Herr Kollege Dr. Braun, ob die Stadtwerke dazu jedoch bereit sein werden, ist die spannende Frage. Problem atisch sind nämlich unter anderem die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen von großen Konzernen mit den Kommunalversorgern. Was bringt es, wenn ein Unternehmen bei der Vertragsgestaltung frei ist, es aber durch eine Beteiligung an einen etablierten Konzern gebunden ist? Herr Kollege, da wird es künftig Aufgabe der Stadträte sein, auf ihre GmbHs einzuwirken.
Ich bin gern bereit, dazu in der zweiten Runde etwas zu sagen. Das ist nämlich der Knackpunkt, vor dem wir stehen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wäre jetzt verlockend, ein Stück über Wettbewerb zu reden und insbesondere dann über Wettbewerb zu reden, wenn man aus Monopolstrukturen kommt.
Herr Kollege Anheuser, ich könnte jetzt das Postm onopol oder das Telekommunikationsmonopol erwähnen. Immer dann, wenn man aus Monopolstrukturen kommt und in Wettbewerbsstrukturen hineingeht, hat man ein Problem. Das Problem ist – ich sage einmal – teilweise sichtbar, weil man gesonderte Regulierungsbehörden braucht. Da taucht die spannende Frage auf, ob eine Briefmarke 55 Cent oder 56 Cent kosten darf. Man sieht also sehr deutlich, was den Wettbewerb ausmacht. Mit einem ähnlichen Vorgang muss man sich jetzt beschäftigen.
Das gilt übrigens auch für die Energie. Insbesondere zur Stromenergie kann man sagen, dass in Deutschland die Energiepreise insgesamt sehr hoch sind. Ich habe gestern einen Vergleich gesehen. In Schweden liegen sie 35 % niedriger als in Deutschland. Das hat auch etwas mit der Wettbewerbsfähigkeit zu tun. Herr Kollege Dr. Braun, ich will damit nur sagen, dass es nicht nur um das Gas, sondern auch um den Strom geht. Aus unterschiedlichen Gründen haben wir einen hohen Strompreis, der teilweise auch so gewollt ist.
Meine Damen und Herren, in den vergangenen Monaten haben flächendeckend in der ganzen Republik die Gasversorgungsunternehmen ihre Preise für die Versorgung von Haushaltskunden und kleinen Gewerbetreibenden erhöht. Dies gilt auch für die rheinland-pfälzischen Gasversorgungsunternehmen.
Die Erhöhungen erfolgten insbesondere zum 1. Oktober 2004 und zum 1. Januar 2005. Die Gasversorgungsunternehmen begründen ihre Anhebungen mit gestiegenen Einkaufspreisen beim Vorlieferanten infolge der Ölpreisverteuerung der vergangenen Monate.
Die Gaspreispolitik der Stadtwerke und Regionalversorger hat zu nachvollziehbarem und verständlichem großen Unmut bei den Gaskunden geführt. Verbraucherzentralen haben dazu aufgerufen, sich gegen die Erhöhung zur Wehr zu setzen. Auch bei der Landeskartellbehörde Rheinland-Pfalz sind zahlreiche Beschwerden eingegangen.