Protokoll der Sitzung vom 25.02.2005

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Verlauf der bisherigen Diskussion haben alle Fraktionen übereinstimmend erklärt, dass aufgrund der bekannt gewordenen Vorgänge eine Überprüfung der geltenden Verhaltensregeln notwendig ist. Dieser Situation wurde durch Beschluss des Ältestenrats Rechnung getragen, indem der Wissenschaftliche Dienst beauftragt wurde, eine gutachterliche Stellungnahme zu Nebentätigkeiten der Abgeordneten zu erstellen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie anscheinend das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes entweder nur oberflächlich oder überhaupt nicht gelesen haben.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hören Sie doch auf mit so einem Quatsch! Das ist billig!)

Dieses Gutachten beinhaltet vier Schwerpunkte.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Argumentieren Sie inhaltlich und sagen Sie nicht, wir würden Sachen nicht lesen!)

Frau Thomas, wir haben dieses Gutachten genauso wie Sie bekommen. Reden Sie doch einmal über diese vier Schwerpunkte, die im Gutachten ausgewiesen worden sind. Frau Thomas, Sie sollten sich insbesondere einmal damit beschäftigen, was zum Bereich der Offenlegung gesagt wurde und wo diese verfassungsrechtlichen Bedenken liegen. Ich will Ihnen da gern etwas nachhelfen. Das ist doch der eigentliche Knackpunkt.

Nach Aussage des Wissenschaftlichen Dienstes wäre eine Offenlegung der Einkünfte nur dann zulässig, wenn nur die Einkünfte erfasst würden, die im Zusammenhang mit möglichen Interessenkollisionen zwischen dem Mandat und der beruflichen Tätigkeit des Abgeordneten stehen. Außerdem müsse sichergestellt sein, dass dem Abgeordneten aus der Offenlegung keine wirtschaftlichen Nachteile erwachsen und Schweigepflichten, die er gegenüber anderen Berufsgruppen und Personen habe, wie zum Beispiel Mandanten, datenschutzrechtliche Bestimmungen oder Schweigepflichten gegenüber Patienten nicht beeinträchtigt werden.

Wenn Sie sich einmal Gedanken über die Offenlegung der Einkünfte machen, werden Sie sehr schnell zu der Erkenntnis kommen, dass mit Ihrem Gesetzentwurf in diesem Zusammenhang nicht viel anzufangen ist, Frau Thomas.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deshalb gibt es die Ausnahmeregelungen!)

Wir haben inzwischen dem Gutachten einige Vorstellungen entnehmen können, was veränderbar ist. Natürlich muss die Anzeige- und Meldepflicht aktualisiert werden. Es kann nicht angehen, dass zu Beginn einer Legislaturperiode die Nebentätigkeiten angezeigt werden und sie dann für die gesamte Legislaturperiode gelten. Es ist in der Tat eine Aktualisierung notwendig. Es ist auch notwendig, dass wir neue Medien wie das Internet nutzen und dies in einem jährlichen Rhythmus aktualisieren. Man kann sogar über einen halbjährlichen Rhythmus bei den Anzeige- und Meldepflichten nachdenken.

Wir sollten – so wie wir das im Ältestenrat vereinbart haben – keinen Schnellschuss herbeiführen, sondern wir sollten den im Ältestenrat beschlossenen Weg weitergehen, indem wir das Ergebnis der auf der Ebene der Landtagspräsidenten eingerichteten Arbeitsgruppe abwarten und uns darüber Gedanken machen, welche Veränderungen an unseren Verhaltensrichtlinien notwendig sind. Wir tun uns meiner Meinung nach keinen Gefallen, wenn wir, so wie Sie das wollen, als Erster mit einem Gesetzentwurf an die Öffentlichkeit gehen, indem wir in irgendeiner Weise eine Regelung herbeiführen wollen, die für die Abgeordneten, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger die Transparenz schafft, die Sie immer wieder einfordern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt dieses Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes. Wir können meiner Meinung nach sagen, dass dies eine gute Arbeits- und Diskussionsgrundlage darstellt. Insoweit sollten wir ohne Hektik und ohne Zeitdruck gemeinsam überlegen und beraten, wie wir eine Regelung finden können, die den schutzwürdigen Interessen der Abgeordneten entspricht,

(Glocke des Präsidenten)

die aber auch die notwendige Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger im Hinblick auf die Art der Nebentätigkeit und die Höhe des daraus erzielten Einkommens mit sich bringt. In diesem Sinn sollten wir die Beratungen führen und uns davor hüten, mit irgendwelchen Schnellschüssen Regelungen zu schaffen, die letztlich mehr Schaden anrichten als mehr Transparenz, wie Sie sie fordern, schaffen.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kuhn das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Zunächst zu § 1 a dieses Abgeordnetengesetzes. Ich habe mir die Verhaltensregeln noch einmal genau durchgelesen. Wir kommen sicherlich alle zu der Einschätzung, dass diese Verhaltensregeln zunächst einmal gar nicht so schlecht sind. Diese Verhaltensregeln haben bisher in Rheinland-Pfalz funktioniert. Ich kenne keinen einzigen Fall in unserem Parlament, bei dem die Verhaltensregeln nicht eine ausreichende

Grundlage gewesen sind. Das kann ich meiner Meinung nach für alle Fraktionen in diesem Haus s agen.

Lassen Sie mich vier Anmerkungen machen.

1. Das Oberziel ist immer und ausschließlich die Sicherung der Unabhängigkeit des Abgeordneten. Die bisher bestehenden Verhaltensregeln decken in vielen Punkten das ab, was in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Diese Verhaltensregeln sind also aktuell und funktionieren. Zum Beispiel ist die Unzulässigkeit der Annahme bestimmter Zuwendungen, das heißt Zuwendungen ohne Gegenleistung, geregelt.

2. Die Verpflichtung zur Offenlegung ist geregelt. So schlecht stehen wir also mit unserem Parlament nicht da. Ich bin der Meinung, dass man darauf auch aufbauen kann. Wir sind alle offen, wenn es vor dem Hintergrund der Sicherung der Unabhängigkeit des Abgeordneten gelingen kann, weitere Transparenz herbeizuführen.

3. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes ist von allen Fraktionen begrüßt worden. Es ist eine ausgezeichnete Grundlage für weitere Gespräche.

4. Herr Präsident Grimm hat im Ältestenrat überzeugend dargelegt, dass die Präsidenten der deutschen Landesparlamente am 10. Februar in München zu Entscheidungen gekommen sind, die auch von uns mitgetragen werden.

Dieses Positionspapier spiegelt das wider, was wir auch bisher in Rheinland-Pfalz gesagt und gedacht haben und was der Wissenschaftliche Dienst in Rheinland-Pfalz zu Papier gebracht hat. Das Gutachten ist gut. Es ist die Grundlage für weitere Diskussionen.

Es ist sinnvoll, auf die Ergebnisse der Konferenz der Präsidenten der Landtage zu warten. Sie werden zügig tagen und in den nächsten Sitzungen abschließend zu weiteren Vorschlägen kommen.

Ich komme zu dem Gesetzentwurf der GRÜNEN. Wenn eine Regelung dazu dient, die Unabhängigkeit des Abgeordneten zu stärken, sollte das allen recht sein. Hier haben wir wohl ein Problem. Das, was die GRÜNEN im Konsens mit uns in ihrem Gesetzentwurf vorgeschlagen haben, will ich nicht berühren. Die Regelung, die Einteilung der Abgeordneten in Einkommensklassen mit entsprechenden Ausnahmen, steckt voller Probleme.

Es ist keine Grundsatzfrage. Wenn wir überzeugt würden, dass eine Regelung möglich ist, die die Unabhängigkeit des Abgeordneten weiter stärkt, sollten wir alle ernsthaft darüber nachdenken. Die Probleme sind aber schon beim ersten Hinschauen offensichtlich. Ich bin auch der Meinung, dass man in dem Ausschuss entsprechend offen damit umgehen kann und darüber reden wird. In den fünf Minuten können wir die Probleme nicht darlegen.

Wir haben den Eindruck, dass diese vorgeschlagene Regelung nicht oder kaum praktikabel und voller Tücken ist, die im Einzelnen schon angedeutet worden sind. Das

sollte in diesem Parlament nicht zu einem Parteienstreit führen. Man kann mit dieser Frage offen umgehen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss.

Es ist durchaus möglich, dass wir zu weiteren Überlegungen kommen. Niemand wird sich diesen Überlegungen verschließen. Ich denke, wir sollten auch den Parteienstreit in dieser Frage hinten anstellen

(Glocke des Präsidenten)

und im Ausschuss unvoreingenommen auf der Grundlage der Empfehlungen der Landtagspräsidenten über diese Frage sprechen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Der Gesetzentwurf – Drucksache 14/3835 – wird an den Rechtsausschuss überwiesen.

Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:

Untersuchungsausschuss 14/1 „Heimunterbringung statt Untersuchungshaft“ Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/3819 –

Gemäß Absprache im Ältestenrat wird dieser Tagesordnungspunkt ohne Aussprache behandelt.

Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung über diesen Antrag. Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/3819 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Damit ist die heutige Plenarsitzung beendet. Ich lade Sie zur nächsten Plenarsitzung am Mittwoch, dem 16. März 2005, 14:00 Uhr, ein.

E n d e d e r S i t z u n g: 16:23 Uhr.