Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist in diesem Hause unstrittig, dass die Ganztagsschulen in dieser Form, wie wir sie jetzt in Rheinland-Pfalz haben, einen großen Fortschritt nicht nur in der Familienpolitik, sondern auch eine große und
positive Veränderung unserer Schullandschaft gebracht haben. Das sollte man auch an dieser Stelle würdigen.
Wenn man sich auch ansieht, wie lange wir diese Entwicklung begleiten bzw. diesen Weg gehen, dann finde ich nicht, dass es besonders auffällige Verschiebungen in den Anmeldezahlen gibt. Dann ist es vor diesem Hintergrund dieses Entwicklungsflusses und der Beurteilung des Mittelabflusses nicht verwunderlich, sondern das sind Erfahrungen, die man macht und die man im Licht der Entwicklung immer wieder neu beurteilen muss.
Herr Lelle, der Personalschlüssel ist Ihnen öffentlich bekannt. Sie können nicht sagen, dass die Zuflüsse in irgendeiner Form verschleiert sind. Sie haben eben kritisiert, dass hier keine Klarheit darüber besteht, was der einzelnen Schule hinterher zusteht und was nicht. Ich denke, das ist sehr merkwürdig.
Wenn man nicht genau weiß, wie viel Schülerinnen und Schüler sich anmelden, dann ist es ein guter Weg zu sagen, wenn sich pro Schule weniger anmelden, als wir es vielleicht vermutet haben, kann man noch weitere Schulen hinzuziehen. Diesen Weg geht die Landesregierung. Ich denke, das ist eine sinnvolle Entscheidung.
Ich habe mich, als Sie diese Aussprache beantragt haben, genauso wie meine Kollegin Brede-Hoffmann zunächst einmal gefragt, was Sie gesagt hätten, wenn wir zu wenig Mittel veranschlagt hätten. Auch das hätte passieren können. Wir wussten nicht, wie viel wir brauchen.
Sie müssen auch sehen, dass es praktische Rahmenbedingungen gibt, die Sie hier einfach vertuschen, nämlich dass Lehrerinnen und Lehrer auch vormittags da sind und man dann nicht so genau zuordnen kann, wie der Mittelabfluss läuft, die Haushaltsjahre nicht den Schuljahren entsprechen etc. All diese Dinge sollten Sie ehrlicherweise mit in Betracht ziehen.
Da komme ich auch zur Kritik des Rechnungshofs in dem anderen Bereich, nämlich zum Personaleinsatz im Einzelnen.
Es entstehen auch Phänomene, dass zum Beispiel das Mittagessen, was ich im Übrigen pädagogisch für sehr wichtig halte und was in den Schulen auch so signalisiert wird,
nicht in der Plastikschale im Schulraum eingenommen wird, sondern von Lehrkräften betreut wird, weil diese eben vormittags und nachmittags da sind und selbst essen. Es ist sinnvoll, dass dieses Essen pädagogischfachlich betreut wird.
Dasselbe gilt für die Hausaufgabenbetreuung. Auch wenn Sie die Umfrage „POLIS“ sehen und sich betrachten, wie die Prioritäten der Eltern sind, dann ist es gerade bei den Hausaufgaben so, dass da ein Kernpunkt der Förderung für die Schülerinnen und Schüler liegt, auch ein Kernpunkt der Bedürfnisse derjenigen Eltern, die ihre Kinder dort anmelden. Ich denke, dass es dann auch wichtig ist, den Personal- und Mitteleinsatz dort zu bündeln, wo die größten Herausforderungen zu bewältigen sind.
Ich frage mich bei dieser Diskussion auch – – – Sie haben selbst in Ihrer Schulpolitik die Leitlinie, dass Sie sagen, Sie möchten den Schulen gern so viel Eigenständigkeit geben wie möglich. Da nicken Sie. Wenn wir das aber in diesem Bereich Ganztagsschule machen, haben Sie plötzlich jede Kleinigkeit und auch die Schwerpunktsetzungen der Schulen zu kritisieren. Das wundert mich dann doch.
Man muss – da gebe ich dem Kollegen Wiechmann Recht – bei extremen Ausreißern in der Veränderung der Teilnehmerzahlen sowohl nach oben als auch nach unten genau hinsehen. Aber dieses ganze Projekt wird evaluiert. Auch das haben Sie in der Diskussion verschwiegen. Wir haben eine Evaluation. Diese Evaluation, gebündelt mit den Erfahrungen, die wir auch im finanziellen Bereich und bei diesen Daten machen, und mit genauem Hinsehen in den Bereichen, wo wir auffällige Hinweise in den Daten bekommen, diese Erfahrungen insgesamt werden auch für eine sinnvolle Weiterentwicklung sorgen.
Herr Wiechmann, es ist in der Tat schon möglich, dass man diese Schulen zügig einrichtet und eine andere Rhythmisierung des Unterrichts machen kann. Einige Schulen tun dies auch und machen zum Teil sehr positive Erfahrungen damit. Aber wir haben uns nun einmal entschieden, dass nach wie vor der Elternwille bei der Anmeldung zu diesen Ganztagsangeboten eine Rolle spielen soll.
Ich denke, dass Sie vom grundsätzlichen Modell her etwas ganz anderes wollen. Sie sagen aber nicht, wie man das finanzieren kann. Es würde einen erheblichen Mehraufwand bedeuten, wenn wir alles verpflichtend machen würden. Abgesehen davon ist es für mich eine Frage, ob man das politisch will.
Noch ein Satz im Hinblick auf den Rechnungshof. Die Diskussion hierüber in der Rechnungsprüfungskommission wird sicherlich sehr spannend werden. Die Beschlüsse, die wir hierzu fassen, sollten nicht so aussehen, dass wir die positiven Initiativen der Schulen und der außerschulischen Partner in ein so enges Korsett zwängen, dass wir die positiven Effekte kaputtmachen.
Die CDU-Fraktion hat im Übrigen noch keinen Vorschlag zur Weiterentwicklung des Ganztagsschulkonzepts gemacht.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Ganztagsschule ist ein zentrales bildungspolitisches Projekt. Für dieses zentrale bildungspolitische Projekt haben wir haushaltsmäßig optimal Vorsorge getroffen. Das war politischer Wille.
Ich will das gern noch einmal aufgreifen. Ich stelle mir die heutige Debatte vor, wenn wir nur an einer einzigen Schule fünf angeforderte Lehrerwochenstunden nicht zur Verfügung gestellt hätten. Ich weiß, welche Debatte wir dann heute führen würden.
Das haben wir immer ganz offen und ehrlich gesagt. Dieses Projekt ist in der Aufbauphase. Es ist deshalb nicht exakt kalkulierbar. Wir haben Zuordnungsprobleme im Hinblick auf das Personal, weil Lehrer nicht einfach teilbar sind. Wir haben immer gesagt, dass es eine Entscheidung der Schule ist. Außerdem wussten wir, dass sich die Anmeldezahlen jedes Jahr ändern können. Das gilt im Übrigen auch heute noch. All das ist immer offen gesagt worden.
Ich sage noch ein Weiteres hinzu: Im Rahmen der Haushaltsberatungen im vergangenen Herbst haben wir gesagt, dass wir uns inzwischen trotz aller Unwägbarkeiten, die es noch gibt, so sicher fühlen, dass wir mit den vorhandenen Mitteln einen weiteren Antragstermin vorsehen und weitere Ganztagsschulen auf den Weg bringen können. Das ist doch ein tolles Ergebnis.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben den vereinbarungspolitischen Motivationen, neben der Unterstützung von Familie und Kindern und neben der pädagogischen Konzeption der Ganztagsschule haben wir von Anfang an eine weitere Motivation damit verbunden. Wir wollten, dass die Ganztagsschule auch Vorrei
terin für Schulentwicklungsprojekte insgesamt werden kann, nämlich für eine selbstständigere Schule. Das wollen wir für alle Schulen. Die Ganztagsschulen haben hierbei aber eine Vorreiterfunktion.
Das gilt für die Personalauswahl. Das gilt zum Beispiel für die Erprobung von Fortbildungsbudgets. Herr Abgeordneter Wiechmann, das gilt ausdrücklich auch für unseren Umgang mit dem Bundesprogramm, bei dem wir in hohem Maß auf Pauschalen gesetzt haben. Wir wollen diese Freiheit vor Ort, damit Menschen vor Ort, die Verantwortung tragen, Schule mehr gestalten können, als das bisher oftmals der Fall war.
Diese Freiheit gilt ausdrücklich auch für das pädagogische Konzept. Frau Abgeordnete Morsblech hat dieses Wort bereits aufgegriffen. Das steht ausdrücklich bei uns in den Papieren. Jede Schule braucht ein pädagogisches Konzept. Sie braucht aber kein pädagogisches Korsett, das verhindert, die richtigen Anworten zu geben.
Um ein pädagogisches Konzept umsetzen zu können, brauchen die Schulen eine gute Ausstattung. Diese bekommen sie von uns. Sie brauchen die Freiheit, auch über die Bildung von Lerngruppen und deren Größe entscheiden zu können. Das ist abhängig vom Angebot. Ich kann bestimmte Projekte völlig problemlos mit 30 Kindern durchführen. Bei manchen Förderangeboten der Ganztagsschule muss aber die Möglichkeit bestehen, es anders zu organisieren. Ich hoffe, dass wir uns darauf verständigen können, dass das auch in der Zukunft so bleibt.