Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen in aller Sachlichkeit feststellen, dass beim Entlastungsverfahren der zuständige Ressortminister, Finanzminister Mittler, nicht anwesend ist. Mir ist nicht bekannt weshalb. Um allerdings allen Irritationen vorzubeugen, frage ich Sie: Gibt es hierzu eine Erklärung oder eine Entschuldigung, Herr Präsident?
Das ist nicht bekannt? – Aber anscheinend ist das Durcheinander in der Landesregierung so groß. Heute Nachmittag saß er ganz allein ohne ein weiteres Kabinettsmitglied hier. Ich möchte für das Protokoll festgehalten haben, dass es ein solches Durcheinander in einer Debatte um die Entlastung der Landesregierung noch nie gegeben hat, meine Damen und Herren!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle Jahre wieder, so könnte man die Feststellungen und die Kritik des Landesrechnungshofs an der Haushaltslage des Landes beschreiben. Alle Jahre wieder, so aber auch die Erfahrung, ändert sich bei dieser Landesregierung kaum etwas, und die berechtigten und begründeten Feststellungen des Landesrechnungshofs werden Jahr für Jahr mehr oder weniger ignoriert und getreu dem Motto „Papier ist geduldig“ einfach zur Kenntnis genommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein solches Verhalten ist sicherlich kein Beweis für die erforderliche Einsicht und den erkennbaren Willen zur Verbesserung einer überaus unbefriedigenden Haushaltssituation. Ein solches Verhalten ist nicht zu akzeptieren und einer Landesregierung unangemessen.
Wie anders ist es ansonsten zu erklären, dass der Landesrechnungshof in seinen jährlichen Prüfungsberichten zur Haushaltslage des Landes ausführt – ich zitiere aus dem Prüfungsbericht 1996 –:
„Die seit Jahren angespannte Lage des Landeshaushalts hat sich weiterhin verschlechtert. Die Verschuldung des Landes ist überdurchschnittlich hoch. Mittlerweile wird praktisch jede dritte Mark für den Schuldendienst benötigt.“
In seinem Bericht für das Jahr 1997 führt der Rechnungshof aus: „Die angespannte Haushaltslage des Landes, die der Rechnungshof bereits in den vergangenen Jahren konstatiert hat, hat sich weiter verschärft.
Gravierend fällt dabei ins Gewicht, dass die Verschuldung des Landes nach wie vor überdurchschnittlich hoch ist.“
Im Prüfungsbericht für das Jahr 1998 schreibt der Landesrechnungshof: „Der finanzielle Handlungsspielraum des Landes wird zusehends enger. Die Neuverschuldung am Kreditmarkt beträgt erstmals über 2 Milliarden DM.“
Im Jahresbericht 1999 können wir lesen: „Die Verschuldung des Landes ist weiterhin Besorgnis erregend. Zum Ende des Jahres 1999 belaufen sich die Schulden des Landes auf rund 36 Milliarden DM.“
Meine Damen und Herren, auch in seinem Jahresbericht 2000 räumt der Landesrechnungshof der Haushaltslage des Landes und ihrer voraussichtlichen Entwicklung einen sehr breiten Raum ein. So führt er aus, dass mit Anwachsen des Schuldenbergs eine zwangsläufige Steigerung der Zinsausgaben einhergeht. Die Zinsausgaben haben im Jahr 1999 erstmals die Grenze von 2 Milliarden DM überschritten. Von den Steuereinnahmen und den allgemeinen Finanzzuweisungen des Jahres 1999 mussten 12,8 %, also jede achte Mark der Steuereinnahmen, allein für Zinsausgaben des Landes verwendet werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so ist die finanzielle Situation des Landes. Zum Ende des Jahres 2001 werden wir eine Gesamtverschuldung von 40 Milliarden DM und eine Pro-Kopf-Verschuldung von 10.000 DM haben. Dies ist die höchste Verschuldung, die es je seit Bestehen des Landes Rheinland-Pfalz gegeben hat, meine Damen und Herren. Das ist die Haushaltslage, und das ist die – so immer umschrieben – solide und seriöse Haushalts- und Finanzpolitik dieser Landesregierung.
Ausweislich des Prüfungsberichts des Landesrechnungshofs müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die bisherigen Konsolidierungsbemühungen der Landesregierung noch nicht zu der notwendigen Verbesserung der Haushaltslage geführt haben. Es fehlt an Reserven, um auf Risiken und Zukunftsanforderungen angemessen reagieren zu können.
Herr Ministerpräsident oder auch Sie, Herr Finanzminister, eigentlich müssten Sie rot bis hinter die Ohren werden,
wenn Sie die Jahresberichte des Landesrechnungshofs ernsthaft und gewissenhaft zur Kenntnis nehmen, wobei ich die Vermutung habe, dass die Jahr für Jahr vom Rechnungshof getroffenen Feststellungen Sie nicht sonderlich berühren und Sie keinerlei Veranlassung sehen oder erkennen lassen, von dieser Politik des Schuldenmachens und einer immer mehr ausufernden Verschuldung abzuweichen.
Meine Damen und Herren, gegen die Jahr für Jahr steigende Verschuldung des Landes gibt es ein relativ ein
faches Rezept. Nehmen Sie zur Kenntnis, was der Landesrechnungshof in seinem jährlichen Prüfungsbericht zur Verschuldung des Landes berichtet. Beherzigen Sie dies, und setzen Sie es um, wobei Sie sicher sein können, dass die CDU Ihnen bei dieser Umsetzung behilflich sein wird und Sie auch in Ihren Bemühungen diesbezüglich voll und ganz unterstützen wird, meine Damen und Herren.
(Beifall der CDU – Heiterkeit bei SPD und FDP – Mertes, SPD: Bei so viel Dummheit kann man nur noch arrogant werden!)
Herr Mertes, ich muss Ihnen fast dankbar sein für den Hinweis der Dummheit. Ich zitiere einmal, wie Sie mit dem Landesrechnungshof umgehen. Sie sollten nun sehr genau zuhören.
Im Zusammenhang mit den Vorkommnissen um das Daten- und Informationszentrum wurde der Präsident des Landesrechnungshofs, der heute anwesend ist, befragt. Ich zitiere nun wörtlich:
„Präsident Dr. Schneider: Das DIZ ist wie jede andere Stelle der öffentlichen Verwaltung verpflichtet, dem Rechnungshof die für seine Prüfung erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies ist nicht geschehen. Im Gegenteil, die Prüfung ist in hohem Maße behindert worden, in einem Maße behindert worden, wie ich es in meiner Tätigkeit bisher noch nicht erlebt habe, und auch Prüfungsbeamte, die 20 Jahre tätig sind, haben dies so noch nicht erlebt.“– So der Präsident des Landesrechnungshofs, meine Damen und Herren.
Nun kommt der wortgewaltige Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Joachim Mertes. Seine Reaktion darauf lautete:
„Also, das ist eine sehr hochgezogene Behauptung des Rechnungshofs. Man hat manchmal Zeit gebraucht, komplizierte Fragen in einem dauernd noch laufenden Tagesgeschäft zu beantworten.
Sie müssen aber auch sehen, der Rechnungshof ist eine Versammlung von uns beauftragter Erbsenzähler, und es ist keine Frage, dass man da manchmal Mühe hat, all diesen Wünschen nachzukommen.“
Herr Mertes, Sie können lachen, Sie können grinsen, Sie können sich verstellen. Das ist Ihr Umgang mit dem Landesrechnungshof.
Herr Mertes, Sie haben bis heute noch keine Veranlassung gesehen, sich von diesen Äußerungen zu distan
zieren oder, was eigentlich richtiger gewesen wäre, sich in aller Form und Öffentlichkeit für diese Diffamierung und Entgleisung zu entschuldigen.
Ich sage noch einmal in aller Deutlichkeit, dies ist ein nicht hinnehmbarer Vorgang, eine Entgleisung von besonderer Bedeutung, für die man eigentlich überhaupt kein Verständnis aufbringen kann. Aber es ist bezeichnend für Sie, für die Mehrheitsfraktion in diesem Hause, wie Sie mit dem Landesrechnungshof umgehen. Eine öffentliche Diffamierung wird ausgesprochen. Sie wird hier mehr oder weniger während des Entlastungsverfahrens höhnisch zur Kenntnis genommen, nach dem Motto: Lass den Rechnungshof schreiben, was er will, wir machen aber auch, was wir wollen. – So kann es im Umgang mit dem Landesrechnungshof nicht weitergehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU distanziert sich von daher in aller Deutlichkeit von diesen Äußerungen.
Herr Mertes, wir fordern Sie noch einmal in aller Öffentlichkeit auf, sich für diese Entgleisung gegenüber dem Präsidenten des Landesrechnungshofs und seinen Mitarbeitern öffentlich zu entschuldigen. Ich bin einmal gespannt, ob Sie dieser Aufforderung in dieser Art und Weise heute hier nachkommen.
Meine Damen und Herren der Landesregierung, ich hoffe, dass Sie an der vom Rechnungshof festgestellten und überaus gefährlichen Schuldenspirale nicht noch weiter drehen werden und wir letztlich vor einem Schuldenberg stehen, der nicht nur die finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes weiter einschränkt, nein, der auch einen Berg von Schulden vor uns herschiebt, der noch nach uns kommende Generationen weiterhin belasten wird. Daher kann am heutigen Tag nur die Aufforderung an die Landesregierung lauten: Machen Sie Schluss mit diesem Schuldenmachen.
Setzen Sie das um, was der Landesrechnungshof in seinem jüngsten Bericht an Kritik und Feststellungen zur Haushaltslage ausgeführt hat. Beginnen Sie endlich in ernsthafter und seriöser Weise mit dem Schuldenabbau, und machen Sie keine Versprechungen, Ankündigungen oder falsche Hoffnungen, die Sie nicht einhalten können. Darunter fällt auch die vollmundige Ankündigung der Landesregierung und des Finanzministers, dass bis zum Jahr 2006 ein ausgeglichener Haushalt ohne Neuverschuldung vorgelegt werden kann. Meine Damen und Herren, wer dies im Hinblick auf die bisherige Entwicklung noch glaubt, dem ist eigentlich nicht mehr zu helfen, weil die Entwicklung der Schulden bis zum heutigen Tag zeigt, dass die Landesregierung alles kann, nur nicht das eine, nämlich Schulden abzubauen und eine seriöse und solide Finanzpolitik in diesem Lande zu betreiben.
Diese Landesregierung hat seit 1991 die Gesamtverschuldung des Landes verdoppelt. Ich möchte es Ihnen hier noch einmal aufzeigen. Es waren damals knapp 20 Milliarden DM Schulden. Zum Jahresende 2001 werden wir 40 Milliarden DM Schulden haben. Wer so etwas macht, hat doch jeden Anspruch verspielt, dass seine Aussagen und Ankündigungen ernst genommen werden, im Hinblick auf das Jahr 2006 einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorzulegen. Diese Ankündigungen der Landesregierung kann ich nur noch als heiße Luft bezeichnen.
Wenn wir uns weiterhin mit den Überlegungen der Landesregierung befassen, dann gibt es auch zum heutigen Zeitpunkt noch keine Erkenntnisse darüber, dass sich diese Landesregierung ernsthaft bemüht, Einsparungen, wie sie der Rechnungshof dringend fordert, einzuleiten. Wir konnten eben in der Berichterstattung durch den Kollegen Bracht hören, dass die Personalausgaben zwischenzeitlich zum größten Kostenfaktor geworden sind. Sie betragen über 40 % des Gesamtvolumens.
Meine Damen und Herren, ein besonderes Zeichen, wie man Personalausgaben einsparen kann, haben Sie zu Beginn der Legislaturperiode gesetzt. Das erste Gesetz, das diese Landesregierung eingebracht hat, war eine Änderung des Landesbesoldungsgesetzes, nämlich die Besoldungssituation des Staatssekretärs im Finanzministerium von B 9 nach B 10 anzuheben. Das ist die Sparpolitik dieser Landesregierung. Insoweit sind alle Ihre Ankündigungen und Versprechungen nur als heiße Luft und Ankündigungen ohne wahrheitsgemäßen Inhalt zu bezeichnen.