Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, Ihre Gespräche etwas einzustellen, damit der Geräuschpegel geringer ist. Ich danke Ihnen.
Eine gesetzliche Lösung, die das Tragen des Kopftuches untersagt, ist im verfassungsrechtlichen Rahmen sehr schwierig zu gestalten. Sie muss dem unvermeidlichen Spannungsverhältnis zwischen positiver Glaubensfreiheit eines Lehrers einerseits und der staatlichen Pflicht zur weltanschaulichen Neutralität genügen, dem Erziehungsrecht der Eltern und der negativen Glaubensfreiheit der Schüler andererseits. Sie muss auch das Toleranzgebot berücksichtigen. In dieser Gemengelage insgesamt einen zumutbaren Kompromiss zu finden, ist keine leichte Aufgabe.
Bei der Anhörung der CDU-Fraktion zum Kopftuchverbot haben sich übrigens auch die Kirchen sehr skeptisch im Hinblick auf eine solche Regelung ausgesprochen.
Wenn wir die Berichterstattung zur angesprochenen Anhörung ansehen, dann hat beispielsweise der Leiter des Katholischen Büros Mainz sich nach Presseberichten klar dafür ausgesprochen, es bei den bisherigen Instrumentarien zu belassen, so wie wir das vorhaben. Grundsätzlich müsse die Religionsfreiheit für alle Religionen gelten. Er sah weder sich noch die Politik in der
Lage zu beurteilen, ob es sich beim Tragen des Kopftuchs um ein politisches oder ein religiöses Symbol handelt. Ich mag mir dieses Urteil auch nicht anmaßen.
Wenn man dann noch eine Ausnahme in einer solchen gesetzlichen Regelung für die christlich-abendländische Kultur und ihre Symbole schafft, muss man sich auch überlegen, wie man künftig mit Symbolen anderer Religionen umgeht. Auch das Neutralitätsgebot selbst, wenn man es sich in den unterschiedlichen Facetten ansieht, umfasst sehr verschiedene Grundsätze. Es ist nicht eindeutig interpretiert. Herr Kollege Hartloff hat darauf hingewiesen. Es geht also bei dieser Thematik um einen juristisch äußerst komplexen und schwierigen Diskurs. Es geht auch um eine ganz sensibel zu handhabende gesellschaftliche Debatte.
Lassen Sie mich vielleicht abschließend mit Genehm igung des Präsidenten Herrn Dr. Gernot Sydow aus einem Aufsatz zitieren: „Die Zahl muslimischer Lehrerinnen und Lehramtsbewerberinnen, die ein Kopftuch tragen, ist gering. Noch geringer dürfte die Zahl christlicher Lehrkräfte sein, die an staatlichen Schulen Nonnenhabit oder Priesterkleidung tragen. Über nennenswerte schulische Konflikte, die daraus erwachsen sein könnten, ist nichts bekannt. Die Kopftuchgesetzgebung ist zum Kristallisationspunkt einer Auseinandersetzung geworden, die nicht der Lösung eines drängenden schulischen Konfliktes, sondern der Versicherung über die eigene Identität dient.“
„Eine kontroverse Diskussion dürfte insofern nützlich sein. Eine restriktive, den Islam unter Pauschalverdacht stellende Gesetzgebung ist dem angeblich geschützten religiösen Frieden aber eher abträglich; denn sie vertieft die Verhärtung, die religiöse Pluralität zum Problem werden lässt. Eine weise Entscheidung haben deshalb die Landesparlamente getroffen“, – schließt er – „die auf generalisierende Verbotsregelungen verzichtet haben.“
Meine Damen und Herren, ich begrüße als Gäste die Türkische Jugendfußballmannschaft aus dem Kreis Germersheim. Herzlich willkommen im Landtag Rheinland-Pfalz!
Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender, sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete!
Meine Damen und Herren Abgeordnete. Der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion, Herr Dr. Böhr, hat über kulturelle Konflikte gesprochen. Er hat dabei ganz besonders die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern in den Mittelpunkt gestellt.
Ich finde es gut, dass wir über dieses Thema diskutieren. Ich sage aber auch und ganz klar dazu – das brauche ich, glaube ich, hier nicht zu betonen –, dass gerade für mich die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern ein unverrückbarer Wert ist. Ich sage aber auch, ich halte es für hoch problematisch, den Eindruck zu erwecken, als stünde diese Frage heute zur Entscheidung an, weil dadurch aus meiner Sicht der Eindruck entsteht, als könne man mit einem Gesetzentwurf, wie die CDU ihn vorgelegt hat, tief gehende und auch uns alle bewegende Probleme lösen. Das bezweifle ich zutiefst. Im Gegenteil, ich habe den Eindruck, hier werden Scheinlösungen angeboten, die wirkliche Konflikte dann auch ein Stück weit verdecken.
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass gerade der von der CDUFraktion vorgelegte Gesetzentwurf auch zur Stigmatisierung und Ausgrenzung gerade von jungen Musliminnen führen kann und dann die Debatten, die notwendig sind, nicht mehr geführt werden, weil vermeintlich der Eindruck entsteht, man hätte eine Lösung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Landesregierung hat sich die Entscheidung bei diesem schwierigen Thema nicht einfach gemacht. Auch wir haben die vielen Facetten, die zu diskutieren waren, miteinander diskutiert, und es hat niemand von uns den Eindruck erweckt, als gäbe es keine Konflikte oder als würden sie sich gar in Wohlgefallen auflösen. Wir haben uns aber für den Weg, den ich Ihnen noch einmal kurz skizzieren will, entschieden und ich meine, das aus guten Gründen.
Wir sind der Überzeugung, dass nach Auffassung der Landesregierung das Tragen des Kopftuchs allein kein Grund ist, die Einstellung einer Lehrerin zu verweigern.
Selbstverständlich – auch das haben wir deutlich gemacht – werden wir präventiv tätig. Das ist dargestellt worden. Wir haben schulaufsichtliche, wir haben im Notfall auch dienstrechtliche Instrumentarien, die zum Einsatz kommen können.
Es ist bereits darauf hingewiesen worden, es gab einen einzigen Fall in den letzten Jahren, in dem das Tragen eines Kopftuchs schulaufsichtlich relevant geworden ist, weil sich vor einiger Zeit eine zum Islam konvertierte Deutsche für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst beworben hat, die ursprünglich beabsichtigt hatte, das Kopftuch in der Schule zu tragen. Daraufhin ist die Schulaufsicht genau in der Weise tätig geworden, wie es hier mehrfach dargestellt worden ist. Es ist mit der Betroffenen schriftlich vereinbart worden, das Kopftuch nicht im Unterricht zu tragen. Ich sage diesen einen Fall, weil ich deutlich machen will, dass wir handeln können und auch erfolgreich handeln können.
Ich hätte in dem Zusammenhang schon auch an die CDU-Fraktion den herzlichen Wunsch, weil im Rahmen der Pressekonferenz, die Sie gegeben haben, geäußert worden ist, es gebe in Rheinland-Pfalz weitere Fälle, die nur durch Versetzung hätten gelöst werden können.
Ich habe mich ausdrücklich noch einmal bei den zuständigen Dienststellen des Landes vergewissert. Solche Fälle hat es nach deren Auskunft nicht gegeben.
Insofern glaube ich, würde es die Fairness gebieten, dass Sie, wenn Sie Fälle kennen, diese benennen, und wenn Sie keine Fälle kennen, dann meine ich, müsste man mit solchen Aussagen sehr vorsichtig umgehen.
Ich sage auch, ich glaube, man muss mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorsichtig umgehen.
Es mag Dinge geben, die einem mehr gefallen und die einem weniger gefallen. Das gilt für alle an der Debatte Beteiligten.
Nur der Eindruck, der von Ihnen erweckt worden ist, das Bundesverfassungsgericht habe einen Auftrag zu einem Kopftuchverbot erteilt, ist eindeutig völlig falsch. Ich werde Ihnen sagen, was das Bundesverfassungsgericht getan hat. (Mertes, SPD: Der ist verrückt! – Zuruf von der CDU: Wer sagt das denn? – Dr. Böhr, CDU: Blödsinn! – Bischel, CDU: Nichts steht! Wir wissen, was da steht! Sie behaupten etwas Falsches! Behaupten einfach etwas, was nicht stimmt! – Mertes, SPD: Das ist die Toleranz! So argumentieren wir miteinander! – Glocke des Präsidenten)
Meine lieben Kollegen von der CDU! Ich darf Sie doch bitten, zu schweigen und der Rednerin zuzuhören. Sie haben immer noch die Chance einer Kurzintervention, Herr Bischel.
Es ist auf jeden Fall nicht nur bei mir der Eindruck entstanden, dass sozusagen dieser Eindruck – – –