Protokoll der Sitzung vom 17.03.2005

Herr Abgeordneter Bischel, jetzt aber bitte. Wir haben uns gegenseitig in dieser Debatte zugehört. Ich erwarte, dass Sie das auch bei mir tun.

(Beifall der SPD und der FDP)

Man muss nicht die gleiche Meinung haben und kann trotzdem Argumente miteinander austauschen.

In Ihrem Gesetzentwurf – ich habe schon ein Interesse daran, über das zu diskutieren, was vorliegt und darüber, was uns in den nächsten Wochen und Monaten beschäftigen wird, nämlich Ihr Gesetzentwurf – erwecken Sie mit der Überschrift des § 25 a Schulgesetz „Neutralitätspflicht der Lehrkräfte“ den Eindruck, als sei dies bisher nicht geregelt.

(Bischel, CDU: Das ist ja Quatsch! Das ist so ein Blödsinn!)

Sie wissen, dass dies geregelt ist, wir entsprechende Regelungen im Schulgesetz finden, entsprechende Rechts- und Verwaltungsvorschriften haben und wir darauf achten und darüber wachen, dass das von uns eren Lehrkräften eingehalten wird.

Sie kommen aus meiner Sicht an einer Stelle in eine massive Schwierigkeit, die schon einmal angesprochen worden ist. Sie legen eine extrem verkürzte Interpretation des Kopftuchs zugrunde, nämlich auf die politische Bedeutung.

Sie geraten in Schwierigkeiten, weil sich die Frage stellt, ob Sie mit Ihrem Gesetzentwurf, so wie er formuliert ist,

nicht auch der Gefahr unterliegen – ich weiß, dass Sie das nicht wollen, aber ich sage, der Gefahr unterliegen –, ob nicht auch christliche Symbole aus der Schule damit verdrängt werden.

(Zuruf von der CDU: Das können Sie gar nicht, wenn Sie das so interpretieren! – Zuruf von der SPD: Was soll diese Frechheit?)

Sie haben Bestimmungen aufgenommen, von denen bei aller zurückhaltender Formulierung – die auch ich an dieser Stelle wähle – zumindest verfassungsrechtliche Zweifel bleiben. Das können Sie nicht wegdiskutieren.

(Beifall bei der FDP)

Insofern finde ich, dass zu dieser Auseinandersetzung auch gehört, dass man auf die Gefahren Ihres Gesetzentwurfs hinweist, die gerade an dieser Stelle bestehen.

(Beifall der SPD und der FDP)

So wichtig ich eine allgemeine Auseinandersetzung finde, so wichtig finde ich bei einer Beratung eines Gesetzentwurfs, mit zu überlegen, welche Konsequenzen dieser Gesetzentwurf haben kann. Wir haben keine Auseinandersetzung in der grundsätzlichen Zielsetzung, dass wir alle wollen, dass unsere Kinder in der Schule ohne Einflussnahmen unterrichtet werden.

Wir alle wissen, dass unsere Schulen dem Neutralitätsprinzip verpfichtet sind. Gleichwohl – das sage ich auch; das ist gut so – ist Deutschland kein laizistischer Staat.

Vor dem gesamten Hintergrund der vielfältigen Facetten, die ich Ihnen geschildert habe, gibt es auch die auf eine Vielzahl gewichtiger Stimmen aus dem gesellschaftlichen Raum gestützte Überzeugung – die vertritt die Landesregierung –, dass der Versuch, pauschale Verbote zu erlassen, problematisch ist und gerade nicht zu der vom Bundesverfassungsgericht postulierten Offenheit führt.

In unserem jetzigen und diesbezüglich weitestgehend störungsfreien Raum – darauf ist auch hingewiesen worden – sehe ich in den Veränderungen, wie sie von der CDU vorgeschlagen werden, eher die Gefahr einer Polarisierung als einen Beitrag zur Sicherung des Schulfriedens, um den es in diesem Gesetz geht.

Insofern bitte ich, die heute vorgetragenen Argumente auch bei Ihnen noch einmal sehr gründlich zu überdenken, vor allen Dingen im Hinblick auf die Schule.

(Beifall der SPD und der FDP)

Den Fraktionen steht noch eine Redezeit von zwei Minuten zur Verfügung. Zu einer Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Hartloff das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie zitierten, dass die CDU von einem Gebot des Verfassungsgerichts gesprochen hat. Es gab große Empörung bei der CDU-Fraktion darüber. Man hätte so etwas nicht gesagt, Herr Bischel, ganz lautstark.

Ich zitiere aus dem „Newsletter“ der CDU-Fraktion vom Donnerstag, den 10. März 2005. Da steht: „Bis heute verweigert sich die SPD-geführte Landesregierung in Rheinland-Pfalz dieser Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, so ein Gesetz zu machen.“

(Mertes, SPD: Jetzt hört er nicht zu! – Lewentz, SPD: Das muss er wieder zurücknehmen!)

Was suggeriert denn das sonst, als dass man den Eindruck erwecken müsste, dass Gesetze zu machen sind?

(Mertes, SPD: Jetzt melden Sie sich einmal, Herr Bischel! Jetzt ist er zu feige, sich zu entschuldigen! – Jullien, CDU: Das vorher würde ich wiedergeben! – Mertes, SPD: Das ist doch noch eindeutiger!)

Ich lese gern auch vor, was vorn dran steht.

Mit dieser Suggestion arbeiten Sie, und so ist das zu verstehen. Insoweit passt das natürlich in die Linie der Simplifizierung, die Sie fahren.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Böhr. Sie haben noch eine Redezeit von zwei Minuten.

Ich werde darunter bleiben.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe schon lange nicht mehr erlebt, dass jemand so klassisch ein Eigentor geschossen hat, Herr Kollege Hartloff.

Ich lese den Text jetzt ganz vor. Sie sagen dann, wo wir etwas Falsches sagen. Ich lese wörtlich vor: „Das Karlsruher Gericht fordert als Voraussetzung für ein Verbot für Lehrkräfte, in Schule und Unterricht ein Kopftuch zu tragen, eine gesetzliche Grundlage im jeweiligen Landesrecht.“

Ist daran etwas falsch? – Ist daran etwas Falsches?

(Zurufe von der SPD)

Es wäre gut, wenn Sie jetzt ja oder nein sagen würden.

(Hartloff, SPD: Ich lese den Text mit! – Jullien, CDU: Schweigen bedeutet Zustimmung!)

Gut, danke.

„Deshalb fordert die CDU-Landtagsfraktion eine Änderung des Schulgesetzes. Bis heute verweigert sich die SPD-geführte Landesregierung in Rheinland-Pfalz dieser Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts.“

(Zurufe von der CDU: Ah!)

Also, klarer kann man es nicht sagen.

(Zurufe von der SPD: Ja, eben! So ist es!)

Ich bin kein Jurist. Ich übersetze dies nun einmal für alle Nichtjuristen. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, wenn ihr ein Kopftuchverbot wollt, müsst ihr ein Landesgesetz machen.

(Beifall der CDU – Zurufe von der CDU: Jawohl!)

Das ist die Voraussetzung für das Verbot. Dieser Vorgabe verweigert sich diese Koalition seit über einem Jahr. So einfach ist der Sachverhalt. Also, herzlichen Glückwunsch!

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Hartloff das Wort. Sie haben noch eine Redezeit von zwei Minuten.

An keiner Stelle des Urteils des Bundesverfassungsgerichts wird von dem Gericht gefordert, dass Länder dererlei Gesetze erlassen.

(Zurufe von der CDU: Aber nichts anderes steht darin! Nichts anderes steht da!)

Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Fall „Ludin“, Baden-Württemberg, entschieden und gesagt, es reicht nicht, dass ein solches Verbot per Verwaltung erlassen wird, sondern wenn man so etwas tut, dann muss es ein Gesetz sein.

(Zurufe von der CDU: Ja, das ist genau der Punkt! Genauso ist es!)