Protokoll der Sitzung vom 17.03.2005

Wissen Sie, es hat uns damals schon etwas überrascht, als wir die Mail über Ihre Einladung zur Pressekonferenz bekommen haben und dann die Mitteilung erfahren haben, dass Sie – – –

(Zuruf der Abg. Frau Schneider, CDU)

Ich lese das gern, weil das manchmal erheitert. Manchmal ärgert man sich ein bisschen, aber das schadet nichts.

(Jullien, CDU: Sie können etwas davon lernen!)

Wir haben gehört, Dienstagmorgen wurde das Gesetz im Kabinett verabschiedet. Für Dienstagabend hatten Sie dann bereits Sachverständige eingeladen. Sachverständige einzuladen, ist immer gut. Mich hat es nur gewundert, wie man schon für den Abend Leute einladen kann, wenn man nicht wissen kann, was das Kabinett am Morgen letztlich verabschiedet.

(Frau Schneider, CDU: Wir hatten einen Referentenentwurf, Sie nicht?)

Den hatten wir auch, aber Referentenentwurf ist nicht das, was im Kabinett verabschiedet wird. Das haben Sie vielleicht noch nicht verstanden.

(Frau Schneider, CDU: Der Referenten- entwurf ist aber der Wille des Ministeriums!)

Ich will nur eine einzige Sache herausgreifen, weil sie bemerkenswert für die Einwendungen ist, die Sie gebracht haben, Frau Kollegin. § 15 ist völlig unverändert übernommen worden. Da ist nichts anders gemacht worden. Dann stellen Sie sich hin, als hätten wir im Gesetz eine Regelung getroffen, die vorher nicht da war. Die Umweltverträglichkeitsprüfung war damals schon drin.

(Frau Schneider, CDU: Dann haben Sie nicht zugehört, das Gesetz wäre dazu gewesen, Dinge zu streichen!)

Ja. Es gibt eine Möglichkeit für Sie, im Zuge der weiteren Beratungen Ihre entsprechenden Anträge einzubringen. Wir erwarten sie mit Spannung. Einiges haben wir gehört.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich die zentralen Inhalte des Gesetzentwurfs in acht Punkte fassen. Da ist einmal die Ausrichtung des Gesetzes an einer nachhaltigen Entwicklung von Natur und Landschaft. Da ist die Stärkung der Arbeit in den Schutzgebieten. Da ist die Einführung von Biosphärenreservart und Naturpark zum ersten Mal als Schutzge

bietskategorien. Da ist die Aktualisierung der gesetzlichen Ausweisung der NATURA-2000-Gebiete, die Vereinfachung und Flexibilisierung der Eingriffsregelung, die vollzugsfreundliche Ausgestaltung von Landschaftsplanung, Umweltbeobachtung und Biotopverbünden, die Einführung eines Bildungsauftrags für nachhaltige Entwicklung und schließlich Stärkung des Ehrenamts im Naturschutz.

Frau Umweltministerin Conrad hat das Gesetzeswerk ausführlich dargestellt, deshalb möchte ich hier nicht mehr so sehr ins Detail gehen. Ich weiß, wir haben das eine oder andere in den weiteren Beratungen auszufechten, was sicherlich auch im Rahmen einer Anhörung noch einmal seinen Ausfluss nehmen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, schon in der Vorbereitungsphase wurde dem Prinzip der gemeinsamen Verantwortung sehr wohl Rechnung getragen. Ich nehme an, Sie wissen, dass das Kabinett einen Gesetzentwurf dann einbringt, wenn die beteiligten und betroffenen Ministerien sich geeinigt haben. Dann hier zu sagen, die Landwirtschaft war überhaupt nicht gefragt: Der Landwirtschaftsminister ist Mitglied dieses Kabinetts. Er hat dem Gesetz ebenso zugestimmt wie die anderen Mitglieder.

(Frau Schneider, CDU: Das habe ich nicht behauptet!)

Damit sind alle Bereiche abgedeckt.

(Beifall bei der SPD – Frau Schneider, CDU: Ich habe nicht gesagt, dass Sie nicht gefragt worden sind!)

Das Element der Nachhaltigkeit zieht sich quasi wie ein roter Faden durch das ganze Gesetz. Es wird immer wieder darauf hingewiesen. Ich glaube, es ist auch wichtig, dass man es immer wieder betont, weil es irgendwann einmal auch in den Köpfen der von Ihnen so oft bezeichneten Landwirte ankommen muss.

Die neue Zielbestimmung ist quasi als Philosophie für dieses ganze Gesetzeswerk bereits in § 1 geregelt. Diese Zielbestimmung enthält auch Änderungen hinsichtlich der Maßnahmen, mit denen man das Ziel erreichen kann.

Ich bitte darauf zu achten, als neues Ziel ist der Erholungswert von Natur und Landschaft hinzugekommen.

(Zuruf des Abg. Itzek, SPD)

Wenn in den einzelnen Bereichen immer wieder behauptet wird, man kann nicht mehr in den Wald gehen und darf darüber nicht mehr laufen, dann ist das einfach nur alles Quatsch.

Auch wird im Gesetz auf die gute fachliche Praxis hingewiesen. Das fand ich auch charmant, das zu lesen. Wie oft haben wir in diesem Plenum über die gute fachliche Praxis als einen feststehenden Begriff geredet. Scheinbar hat es damals jeder gewusst. Jetzt wird bezweifelt und es heißt plötzlich, es wäre eine schwammi

ge Bezeichnung und man müsse Rechtsstreite führen, bis man zum Schluss zu einem Ergebnis kommt, was man darunter zu verstehen hat.

Die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand als Grundstückseigentümer ist in diesem Gesetz ausdrücklich hervorgehoben worden. Ich finde es wichtig, wenn man sagt: Du Land, dort wo du Grundstücke hast, musst du den Bürgern vorausgehen und ihnen zeigen, dass du sehr wohl auch das beachtest, was im Gesetz beschrieben ist.

Es wird auch klargestellt, dass die Landschaftsplanung keine Planung im rechtlichen Sinn darstellt, sondern einen fachlichen Beitrag darstellt, der nach Abwägung aller Interessen in die weiteren Maßnahmen der Raumordnungspläne aufgenommen werden wird.

Wir wollten etwas kürzer machen, deshalb versuche ich jetzt, ein bisschen zu überspringen.

Im neuen § 11 des Landesnaturschutzgesetzes wird der Spielraum ausgenutzt, den uns der Bundesgesetzgeber gegeben hat, und das Ökokonto ausdrücklich eingerichtet. Für uns in Rheinland-Pfalz ist das nichts Neues. Das haben wir bereits seit 2002. Aber hier haben wir jetzt trotzdem die gesetzliche Grundlage. Bei diesem Ökokonto ist es mir ganz wichtig festzustellen, dass die Bereitstellung nicht an Verwaltungsgrenzen gebunden ist, weil es auch da in der Vergangenheit immer wieder das eine oder andere Problem gab.

Die Frau Ministerin hat darauf hingewiesen, dass wir zwei neue Bezeichnungen – Naturparke und Biospährenreservate – in diesem Gesetz haben. Auch dort wird ausdrücklich im Bereich der Naturparke darauf hingewiesen, dass ein nachhaltiger Tourismus und eine dauerhafte umweltgerechte Landnutzung angestrebt wird. Die Frau Ministerin hat auch auf die Quoten hingewiesen, die wir in Rheinland-Pfalz erfüllen. Wir sind sogar über dem Bereich, der dort angesprochen wird.

Sie haben wieder von den Spitzeln geredet. Das ist einfach abgedroschen. Das sind ehrenamtliche Mitarbeiter im Naturschutz, wie ich sie einmal bezeichnen möchte, die sich zur Verfügung stellen, die beraten, die auch in dem einen oder anderen Fall einmal von ihrem Verständnis her auf Missstände hinweisen, die aber keinerlei Befugnisse haben, wie Sie es, hier darzustellen versuchen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden in den Ausschüssen noch einmal intensiv über dieses Thema sprechen. Abschließend will ich festhalten, wir von den Regierungsfraktionen nehmen auch bei diesem Gesetz die Menschen mit. Sie wiegeln sie auf. Wir von den Regierungsfraktionen entwickeln gemeinsam mit den Betroffenen etwas. Sie rammen Pflöcke ein und schüren Ängste. Schließlich sind wir von den Regierungsfraktionen auf einem guten Weg und Sie allenfalls auf einer Schotterpiste.

Danke schön.

(Beifall der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, mit Frau Schneider haben Sie im wahrsten Sinne des Wortes die Ziege zur Gärtnerin gemacht. Es kann doch nicht sein, dass die Nutzer allein bestimmen, was mit dem Gelände passiert, auf dem sie sozusagen grasen und ihre Ernte einholen wollen.

Meine Damen und Herren, wir reden hier über ein Naturschutzgesetz. Wir reden nicht über eine Landbewirtschaftung allein. Deswegen glaube ich, wir müssen auch den Naturaspekt berücksichtigen. Wir können das nicht nur von einer Seite betrachten. Natürlich können wir dem Grundsatz zustimmen, dass viele Landwirte und Landwirtinnen und natürlich viele Winzerinnen und Winzer entsprechend gehandelt haben, um dort, wo sie ihre Agrarstruktur immer wieder weiter pflegen – ich sage das so –, dann auch tatsächlich mehr Natur haben und mehr Artenvielfalt haben.

Frau Ministerin, Sie haben das schön zusammengefasst. Ohne die Landwirtschaft gibt es keinen Apollo-Falter. Natürlich ist das so. Sie können aber nicht die jetzige fachliche Praxis, den Einsatz von Pestiziden und den Einsatz von Düngemitteln sowie später den Einsatz von Gentechnik, in einem FFH-Gebiet befürworten, in einem Gebiet, das die Natur und die Artenvielfalt erhalten soll. Ich glaube, das wäre der falsche Denkansatz. Genau das ist auch meiner und unserer Auffassung nach der falsche Denkansatz in dem Gesetzentwurf.

Meine Damen und Herren, wir wollen keinen Käseglockennaturschutz. Wir wollen also nicht, dass die Natur so bleibt wie vor 100 oder 200 Jahren. Es ist doch vollkommen klar, dass das nicht gehen kann, sondern die Natur hat sich weiterentwickelt. Die Natur und die Arten orientieren sich natürlich an dem, was im Moment an Agrarstruktur vorhanden ist. Aber wir wissen gemeinsam, dass wir in den 50er- und 60er-Jahren die falsche Richtung in der Landwirtschaft beschritten haben und wir dadurch die Artenvielfalt immer mehr zurückgefahren haben. Es ist unbestreitbar, dass viele Arten ausgestorben sind und viele Arten vom Aussterben bedroht sind. Die EU hat nun nicht aus Lust und Laune heraus diese Gesetzgebung „NATURA 2000“ auf den Weg gebracht, sondern weil eben auch in Europa und nicht nur in anderen Regionen dieser Erde ein Naturreservoir gerettet werden soll.

Meine Damen und Herren, das kann man nur tun, indem man zusammenhängende Naturverbünde bzw. Biotopverbünde schützt und nicht, indem man – ich muss es so deutlich sagen – die Landwirte schützt, die auf diesen Biotopverbünden gern einmal etwas anderes anbauen würden und nach guter fachlicher Praxis, wie es heißt, auch Pestizide und Kunstdünger einsetzen wollen.

Meine Damen und Herren, das geht nicht. Das widerspricht sich. Dann muss man das auch deutlich ausdrücken. Ich habe den Eindruck, dass man im Umweltministerium manchmal versucht, eine Synthese zwischen zwei Dingen hinzubekommen, die sich tatsächlich widersprechen. Naturschutz und Landwirtschaft widersprechen sich nicht immer, aber in einigen Fällen ist das so. Da sagen wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wenn wir die Zielrichtung haben, dass wir Natur und Artenvielfalt erhalten wollen – ich glaube, da haben wir einen Konsens –, dann müssen wir auch eine Priorität für den Natur- und den Artenschutz in bestimmten Bereichen, wo wir einen Biotopverbund einrichten, anerkennen und durchsetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf enthält durchaus auch Chancen und nicht nur Risiken. Die Chancen sind natürlich in der Diskussion, die wir in Zukunft führen werden, ob wir in Rheinland-Pfalz in Zukunft beispielsweise einen Naturpark einrichten können. Ich denke, das ist für den Tourismus positiv. Das ist auch für die Wirtschaft in den entsprechenden Bereichen positiv. Es ist auch positiv für die Naturentwicklung. Biosphärenreservate gibt es schon, zumindest eines in Rheinland-Pfalz, aber dass im Landesnaturschutzgesetz auch diese Biosphärenreservate einen bestimmten Status haben, ist positiv zu sehen. Wir müssen lernen, dass wir die Natur und den Naturschutz als Grundlage betrachten für die Entwicklung. Nur so können wir eine nachhaltige Entwicklung gewährleisten und garantieren.

Es darf nicht immer der Widerstreit aufgemacht werden, der vonseiten der CDU und oft auch vonseiten der FDP im Vordergrund steht, Natur gegen Gewerbegebiete, Natur gegen Straßen, Natur gegen die Landwirtschaft, sondern es muss klar sein, dass wir Kernzonen haben, in denen sich die Natur ungestört entwickeln kann und in denen sich – das ist das Ziel der NATURA-2000-Politik der Europäischen Union – die pflanzliche und tierische Artenvielfalt erhalten kann.

Meine Damen und Herren, dazu brauchen wir einen Biotopverbund, der mehr als die Fläche – 10 % –, die ursprünglich einmal vorgesehen war, und mehr als die 17 %, die jetzt gemeldet sind, umfasst. Wir brauchen für den Biotopverbund zusammenhängende Grundstücke. Wir brauchen einen durchgehenden Biotopverbund, weil wir sonst das Ziel nicht erreichen, die Arten zu erhalten. Das ist die Grundlage der Naturschutzpolitik in Rheinland-Pfalz. Ich glaube, das muss auch umgesetzt werden. Das muss auch in dem Gesetz umgesetzt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Streit um die Verbandsklage lässt sich meines Erachtens lösen oder ist gelöst. Natürlich hätten die Verbände gern auch die Verbandsklage explizit noch einmal im Landesrecht gehabt. Ich glaube auch, es würde nicht schaden in der Diskussion, die wir über das Gesetz noch führen werden, diese Verbandsklage explizit ins Landesrecht aufzunehmen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das auch zu einer Stärkung der Verbände führt, weil Sie, Frau Ministerin, betont haben, dass Sie die

Verbände verstärkt einbinden wollen, dass Sie das Ehrenamt verstärkt einbinden wollen. Wenn das Ehrenamt dann nicht nur beratend tätig sein soll, sondern tatsächlich auch mitbestimmend tätig sein soll, dann braucht man solche Instrumente wie das Klagerecht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im weiteren Verfahren kann ich mir durchaus vorstellen, dass wir noch Änderungen und Biotoptypen mit aufnehmen, die im Moment eventuell noch vernachlässigt sind im Biotopverbund. Ich hoffe, dass wir die Änderungen gemeinsam durchsetzen können.

Vielen Dank.