Protokoll der Sitzung vom 27.04.2005

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

ob Sie es richtig finden, dass diese Mittel an RheinlandPfalz vorbeifließen oder überhaupt nicht hineinfließen, und welche Möglichkeiten Sie eigentlich nutzen, um den Forschungs- und Wissenschaftsstandort in RheinlandPfalz tatsächlich mit nach vorn zu bringen, statt auf der Bremse zu stehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Wissenschaftsminister Professor Dr. Zöllner das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte drei Vorbemerkungen machen:

1. Die Wissenschaft ist ohne Zweifel einer der wichtigsten Faktoren für die Zukunftsfähigkeit der gesamten Gesellschaft im Zeitalter der Globalisierung.

2. Deutschland hat eines der besten Wissenschaftssysteme überhaupt.

3. Es gibt aber keinen Zweifel, dass wir in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auf Spitzenniveau Probleme haben, diese Leistungsfähigkeit sichtbar zu machen. Es fehlen uns Förderinstrumentarien. Ich sehe, dies ist Konsens. Vor diesem Hintergrund muss man das Thema diskutieren.

Frau Kohnle-Gros, Sie zwingen mich dazu, doch etwas genauer über den Ablauf zu sprechen, wenn Sie ausführen, dass unvollständig berichtet und diskutiert wird und so der Eindruck erweckt wird, dieser Systemwechsel zum Guten in Deutschland wäre im Hauruck-Verfahren etabliert worden.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass Anfang Januar 2004 der Aufschlag der Bundesregierung durch den Vorschlag von Frau Bulmahn erfolgte, fünf Spitzenuniversitäten mit je 50 Millionen Euro pro Jahr zu fördern.

Es ist weiterhin richtig, dass der Return in der zweiten Etappe am gleichen Tag erfolgte, unter anderem durch eine Positionierung des Landes Rheinland-Pfalz, dass wir den Ansatz der Gesamtuniversität für falsch halten und wir der Meinung sind, dass Wissenschaftsbereiche auf der Linie von Graduiertenschulen und Exzellenzzentren in der Größenordnung von je 25 Millionen Euro gefördert werden sollten (Wie sieht es heute aus?).

Die dritte Etappe war, die Länder fanden sehr schnell zusammen. Drei Tage später gibt es eine gemeinsame Presseerklärung von Herrn Schreier – bekanntermaßen aus dem CDU-geführten Saarland – und dem Land Rheinland-Pfalz, also von mir, in der dies als Grundlinie der Verhandlungen zwischen Bund und Ländern als gemeinsame Position festgezogen wurde.

Die nächste Etappe war dadurch charakterisiert, dass man offensichtlich in der Wissenschaftspolitik bereit gewesen ist, Notwendigkeiten und Gemeinsamkeiten über die Selbstprofilierung zu setzen,

(Beifall bei SPD und FDP)

was dazu führte, dass im Oktober 2004 in einer Konferenz, bei der wir die Federführung mit Herrn Frankenberg aus Baden-Württemberg und Frau Bulmahn hatten, die letzten semantischen Einzelheiten und Wünsche der CDU-Seite noch realisiert worden sind. Ich sage wirklich, es waren die feinsten semantischen Besonderheiten.

Ende Oktober ist ein Beschluss der Bund-LänderKommission zustande gekommen, in dem die Ministerpräsidenten gebeten worden sind, dies jetzt politisch auch zu verabschieden.

Meine Damen und Herren, es bestand Einvernehmen über diese gemeinsame Vereinbarung, die schon zu diesem Zeitpunkt in der nächsten Etappe im Zusammenhang mit der Föderalismuskommission wieder auf Eis gelegt worden ist. Das sind Fakten und haben mit Wissenschaftspolitik offensichtlich nichts mehr zu tun.

Meine Damen und Herren, daraufhin gab es einen erneuten Anlauf. Aufgrund eines Antrags aus RheinlandPfalz hat die Kultusministerkonferenz nachgewiesenermaßen aufgrund ihrer Konstitution einstimmig beschlossen – einschließlich Hessen, Frau Kohnle-Gros –, die Ministerpräsidenten wieder zu bitten, für beide Linien, die von Ihnen angesprochene außeruniversitäre Forschungsförderung und die unversitäre Forschungsförderung, Exzellenzinitiative, endlich grünes Licht ohne jegliche inhaltliche Veränderung zu geben. Dies ist Faktum. Das war im März. Drei Tage später waren plötzlich wieder erneut Verhandlungen zu der entsprechenden Beschlussfassung notwendig. Dieses ist von der Wissenschaftsseite, von 15 Ländern und dem Bund einvernehmlich gestaltet worden bis auf das Land Hessen. Wenn Sie jetzt sagen, dass es offentsichtlich irgendein Problem in der Sache geben kann, dann frage ich Sie, warum letztendlich alle CDU-Länder meinen, dass es keine Probleme in der Sache gibt.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich frage Sie, wie es dazu kommt, dass in der vorletzten Etappe, die dann nur mit dem Satz „Es war wohl nix“ überschrieben werden kann, die Ministerpräsidenten offensichtlich nicht in der Lage waren, einen Beschluss zu fassen, weil es Herrn Koch gelungen ist, sämtliche anderen CDU-Ministerpräsidenten zu überzeugen, dass eine in der Sache ausdiskutierte Sache nicht entscheidungsreif wäre.

Meine Damen und Herren, ich werde die Position der Ministerpräsidenten der CDU nicht kommentieren, weil ich mir keinen Ordnungsruf in diesem hohen Haus einfangen will. Ich will so viel sagen, man weiß, wer aus welchen Motiven in diesem Zusammenhang gehandelt hat. Ich kann nur sagen, ich bin der festen Überzeugung, ohne unseren Ministerpräsidenten hätte dieses gesamte Land, die Bundesrepublik Deutschland keine Hoffnung mehr, dass wir diesen notwendigen strukturellen Schritt realisieren.

(Beifall bei SPD und FDP – Zurufe von der CDU)

Ich komme zu den Argumenten. Es gibt neben dem von Ihnen genannten Argument noch ein Argument von der Seite der CDU, das vor allem von Herrn Koch vorgetragen wird. Das ist die Tatsache, dass es zu einer entsprechenden Kürzung der HBFG-Mittel in dem Entwurf des Haushaltsplans gekommen ist. Zum Zweiten gibt es das verfassungsmäßige Argument. Lassen Sie mich nur zwei oder drei Worte dazu sagen, um das ganz durchleuchten zu können.

Ich erinnere daran, es geht um eine Größenordnung von schätzungsweise 360 Millionen Euro pro Jahr für die deutschen Hochschulen. Im Grund genommen sind wir uns hoffentlich alle einig, dass nicht das Geld das Wichtige ist, sondern der ordnungspolitische Ansatz, ein Förderinstrumentarium auf internationaler Spitzenebene in der Hand zu haben. Als Gegenargument wird herangezogen, dass der Bund die HBFG-Finanzierung in einer Größenordnung von ungefähr 130 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr im Entwurf gekürzt hat. Man muss sich als Erstes fragen, wie die Relevanz des Arguments ist. Das ist abgedeckt durch die Größenordnung. Es geht um das Zwei- oder Dreifache, das der Bund bereit ist, mehr an die Länder zu geben.

Das zweite Argument will ich gern noch anführen, weil es ein Argument der Glaubwürdigkeit ist. Man kann nur dann mehr fordern, wenn man auch bereit und in der Lage ist, selbst das zu tun, was man von anderen verlangt.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Die Vergangenheit wirft ein richtiges Bild darauf, wie die CDU in diesem Thema gefahren ist. Wir nehmen nicht zufällig das Jahr 1998. In den Jahren vor 1998 hat der Bund über Jahre hinweg die HBFG-Mittel für die deutschen Universitäten, die so dringend notwendig waren, durchgezogen, das heißt, er hat sie nicht erhöht, während die Länder alle gezwungen waren, in der Größenordnung von 15 % zu erhöhen. Jetzt haben wir 1998 den Systembruch. Seit diesem Zeitpunkt sind die HBFGMittel, Hochschulbaufördermittel, seitens des Bundes in der Größenordnung von 20 % erhöht worden, und die Länder haben sie um 6 % erniedrigt, man höre und staune. Das waren auch CDU-Länder. Jetzt sagen Sie, wenn der Bund in diesem Prozess eine kleine Kürzung bzw. Reduzierung seines stark erhöhten Ansatzes durchführt, wäre das ein Hinderungsgrund, zusätzliches Geld an die Hochschulen zu geben.

(Beifall bei SPD und FDP – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Lassen Sie mich kurz vor Schluss noch etwas zu der wichtigen verfassungsmäßigen Diskussion sagen. Ich will sie in meiner Art gar nicht juristisch führen, obwohl ich da keine Angst hätte. Ich will sie real und realistisch mit den Fakten der Realitäten des Alltags führen.

Meine Damen und Herren, Sie von der CDU-Seite sagen, hier gibt es ein Problem. Sie scheinen vergessen zu haben, dass diese Republik, unter anderem das Land Rheinland-Pfalz und das Land Hessen überhaupt keine Probleme in den 90er-Jahren gehabt haben, sich 2 Milliarden vom Bund über ein Förderprogramm, Hochschulsonderprogramm, geben zu lassen, damit man Informatik- und BWL-Studiengänge aufbauen kann. Dieses ist ohne Zweifel ein in der Größenordnung größerer Eingriff in die Autonomie und Zuständigkeiten der Länder in Bezug auf die Hochschulen, als es ein Hochschulprogramm Exzellenzförderung je sein könnte.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, das ist nicht nur die Vergangenheit, das ist die Gegenwart. Wir fördern heute 267 Sonderforschungsbereiche mit einem Fördervolumen in der Größenordnung von 380 Millionen Euro pro Jahr. Das geschieht über Entscheidungskriterien, bei denen der Bund in Größenordnungen mehr Einfluss auf die Entscheidung hat, als er sie je bei der Exzellenzförderung, auch bei der dritten Förderlinie, bekommen würde. So weit zu der Glaubwürdigkeit der Argumente. Jeder möge sich anhand der Tatsachen ein eigenständiges Urteil bilden.

Auf die Resonanz der Wissenschaft ist schon hingewiesen worden. Es ist Enttäuschung, Verzweiflung, Ohnmacht und letztendlich Hilflosigkeit in der Gewissheit, als Instrument für andere Ziele gebraucht zu werden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Mich hat nach der Positionierung inhaltlicher Art aller meiner Kollegen in der Bund-Länder-Kommission und in der Kultusministerkonferenz persönlich enttäuscht, dass ich den Eindruck gewinne, dass es CDU-Länder gibt, die bereit sind, die notwendigen Reformen im Wissenschaftsbereich, die sie auch als zentralen Ansatzpunkt für die Zukunftsfähigkeit ansehen, auf dem Altar der Machtpolitik zu opfern.

Meine Damen und Herren, etwas Versöhnliches zum Schluss. Im Rahmen unseres Exzellenzprogramms „Wissen schafft Zukunft“ haben wir ein eigenes Programm aufgelegt, weil wir das tun, was wir für notwendig erachten. Damit wird in jedem Fall in Rheinland-Pfalz die Exzellenz gefördert. Wenn das Programm noch kommt, werden die rheinland-pfälzischen Universitäten gute Voraussetzungen haben. Das Problem ist Folgendes: Wenn die CDU nicht in der letzten Sekunde begreift, was sie aufs Spiel setzt, werden wir für Gesam tdeutschland keinen großen Aufschwung, nicht einmal eine kleine Welle erleben.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei SPD und FDP – Zurufe von der CDU)

Es spricht noch einmal Frau Schleicher-Rothmund.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Kollegin Kohnle-Gros, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Sie hätten heute noch die einmalige Gelegenheit gehabt, uns eine quantenhafte Erweiterung Ihres Spektrums zu zeigen, indem Sie sich nicht reflexhaft hinter die CDU und die Union gestellt hätten. Ihre Lust am Opponieren führt Sie in die Unglaubwürdigkeit. Merken Sie das eigentlich?

(Beifall bei SPD und FDP – Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Frau Kohnle-Gros, auf welches Podium wollen Sie sich mit der Forderung nach mehr Geld noch setzen, wenn Sie sich auf der Seite der Blockierer unheimlich wohl fühlen? (Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Es geht hier wirklich um Glaubwürdigkeit. Sie können von einem ausgehen: Die gesamte Wissenschaftsgemeinschaft stand auch hinter den Forderungen des Bundes und gegen Herrn Koch. Das sind Leute, die durchaus mit dem Verfassungsrecht vertraut sind. Das ist Ihnen ganz egal, Hauptsache, man ist dagegen. Das ist wirklich Ihre Hauptlust. Das ist bedauerlich. Heute Abend wird sich vielleicht der eine oder andere Fernsehzuschauer fragen: Wie ist das mit der CDU? Auf welcher Seite steht die dann eigentlich?

Wo setzen die sich eigentlich für die Interessen dieses Landes ein? (Starker Beifall der SPD und Beifall der FDP)

Wenn es denn so sein sollte, dass Herr Koch jetzt tatsächlich zustimmt, dann wäre das eine positive Entwicklung und würde zeigen, dass er vielleicht doch durchaus in der Lage ist, zu erkennen oder vielleicht Leute drum herum hat, die ihm das dann sagen, dass es eine Aktuelle Stunde in Nordrhein-Westfalen zu diesem Thema gegeben hat, man hier das Thema diskutiert und man sich in der Wissenschaftsgemeinschaft zusammenschließt und Herrn Koch wegen dieser Blockadehaltung angreift. Vielleicht hat er doch die Lust daran verloren, als „Roland der Bremser“ in die Geschichte einzugehen.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Frau Abgeordnete Kohnle-Gros hat das Wort.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister! Machen Sie sich bitte lieber einmal über Ihren Seelenzustand Gedanken. Über unseren brauchen Sie sich keinen zu machen. (Beifall der CDU)

Ich habe mir das natürlich auch noch einmal angesehen. Wir hatten im Ausschuss schon eine kleine Debatte darüber. Gehen Sie einmal in das viel gelobte Internet und lesen Sie einmal aus anderen Parlamenten die Debatten und die Anfragen, und lesen sie auch einmal mehr als nur Überschriften. Dann können Sie auch fes tstellen, was wirklich gelaufen ist.