Protokoll der Sitzung vom 28.04.2005

Wir haben die Anträge doch deshalb gestellt, um zu prüfen, was wir im Land tun können.

(Beifall der SPD und der FDP)

Frau Huth-Haage, ich habe von Ihnen nur Bundespolitik gehört.

Wie sieht die Situation in Rheinland-Pfalz aus? – Meine Damen und Herren, was die Ausbildungsquote angeht, nehmen wir bundesweit einen Spitzenplatz ein. Das ist Fakt. Der ovale Tisch des Ministerpräsidenten, der bereits 1991 ins Leben gerufen wurde, nimmt inzwischen so etwas Ähnliches wie eine Leitbildfunktion ein, weil er schon so lange existiert. Es gibt die unterschiedlichsten Aktivitäten der Landesregierung, und es konnte die Vereinbarung „Rheinland-Pfalz für Ausbildung“ getroffen werden.

All diese und noch viele weitere Aktivitäten hatten ein einziges Ziel, nämlich die Zahl der Ausbildungsplätze zu erhöhen. Dies ist geglückt, und zwar nun schon das zweite Jahr in Folge.

(Beifall der SPD und der FDP)

Dennoch ist klar, jeder junge Mensch ohne Ausbildungsplatz ist einer zu viel. Deshalb haben wir auch diese Anträge gestellt.

Nun komme ich im Gegensatz zu meiner Kollegin zu unseren Lösungsvorschlägen. Ich habe von Ihnen ausschließlich eine missratene bildungspolitische Scheindebatte gehört, ansonsten aber keinen einzigen Vorschlag, wie Sie Ausbildungsplätze schaffen wollen.

(Beifall der SPD und der FDP – Schwarz, SPD: Wunderbar!)

Wir haben im Wesentlichen drei Vorschläge. Einmal ist es der Übergang Schule/Betrieb. Es laufen viele Projekte. Wir haben aber festgestellt, dass dieser Übergang als sehr holprig empfunden wird. Wir wollen an den Aktionen festhalten, die es gibt, also Schulpraktika, Berufsorientierung, arbeitsnahe Erfahrung. Diese Aktivitäten sollen möglichst ausgebaut werden.

Mein mittlerer Sohn macht gerade ein Schulpraktikum als Koch. Anhand dieses Beispiels kann ich Ihnen erläutern, welche Punkte für uns ganz wichtig waren:

1. In seiner Schule wurde über die Ausbildungslätze informiert, an denen ein Mangel an Bewerbern herrscht. Das ist ein wesentlicher Punkt. Das war Ausschlag gebend dafür, dass er sich eine Praktikumsstelle als Koch gesucht hat. Im Übrigen hat er sich sehr darauf gefreut, das ist vielleicht auch erwähnenswert. Das darf man auch nicht so ganz unter den Tisch fallen lassen.

2. Wenn ihm dieser Praktikumsplatz nicht gefallen sollte, wird er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen anderen Ausbildungsplatz anstreben. Dies bedeutet, wir können Ausbildungsabbrüchen vorbeugen.

3. Es gab eine Ansprechpartnerin in der Schule, die dafür gesorgt hat, dass alle arbeitsmarktvorbereitenden Maßnahmen in der Schule koordiniert wurden. Das ist beispielhaft. Wir wollen dafür werben, dass an allen Schulen ein Mechanismus wie der eben aufgezeigte erreicht werden kann.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ein zweiter ganz wesentlicher Punkt ist die Unterstützung der leistungsschwachen jungen Menschen und der Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Meine Damen und Herren, es ist unsere soziale Verantwortung, dieser Personengruppe spezielle und besondere Hilfe zukommen zu lassen. Da wird das Landesprogramm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ sehr große Hilfestellung leisten. Wir wollen in der Ausbildung erreichen, dass für diese jungen Menschen Teilqualifikationen zertifiziert werden. Wir wollen für diese jungen Menschen gestufte oder modulare Ausbildungsgänge erzielen, damit wir mit diesen unterschiedlichen Bausteinen erreichen können, dass auch die benachteiligten jungen Menschen eine Berufsausbildung abschließen können.

(Frau Schneider-Forst, CDU: Das hat doch Frau Nolte schon vor über zehn Jahren gemacht!)

Ich danke Ihnen für Ihren überaus geistreichen Einwurf.

Meine Damen und Herren, des Weiteren wollen wir natürlich nicht nur spezielle junge Menschen, sondern auch Unternehmen unterstützen. Das ist dann ein bisschen zweigeteilt. Auf der einen Seite ist es eine Unterstützung der Unternehmen, auf der anderen Seite der Appell an die Verantwortung der Unternehmen, auch auszubilden. Einmal muss also Unterstützung gegeben werden. Wichtig ist, dass junge Unternehmen, die gerade angefangen haben, sich zu etablieren, genug Informationen bekommen, um ausbilden zu können.

Dass Unternehmen, insbesondere mittlere und kleine Unternehmen, die Möglichkeit haben, beispielsweise von dem Ausbildungsgang Verbundausbildung Gebrauch zu machen, halten wir für überaus wichtig, weil es noch nicht genug in den Köpfen der Menschen präsent ist, übrigens auch nicht in den Köpfen der Kammern.

Meine Damen und Herren, wir wollen auch dafür sorgen, dass die Gewerkschaften und Personal- und Betriebsräte, was die Ausbildungsplatzsicherung angeht, noch mehr als bisher eingebunden werden.

Was den Appell in Bezug auf die Unternehmen und in Bezug auf ihr Verantwortungsbewusstsein angeht, so möchten wir, dass die Führungskräfte in den Personalabteilungen reflektieren, dass nicht nur die jungen Menschen davon profitieren, wenn sie ausgebildet werden, sondern die Unternehmen auch. Ausbilden ist Unternehmenskultur. Ausbilden ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zwingend notwendig. Ausbilden ist auch Werbung.

(Vizepräsident Creutzmann übernimmt den Vorsitz)

Was die Ausbildung angeht, so präferieren wir keinen Zwang, sondern setzen weiterhin auf die Freiwilligkeit.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, das waren im Wesentlichen unsere konkreten Vorschläge. Da heute Girls‘Day ist, darf ich noch kurz darauf eingehen, wie wichtig es ist

(Zurufe von der CDU: Ach ja!)

Entschuldigung, wenn Sie das langweilt –, dass gerade junge Mädchen den Einstieg in Berufsgruppen erzielen können, die typische Männerberufe sind. Ich habe eben davon gesprochen, dass Führungskräfte in ihren Köpfen realisieren müssen, wie wichtig für sie Ausbildung ist. Wenn sie die jungen Menschen ausbilden, ist es aber auch für die Führungsköpfe wichtig zu realisieren, wie wichtig es ist, junge Frauen auszubilden und die geschlechtsspezifischen Belange zu berücksichtigen.

Wissen Sie was? Ich habe im Antrag der CDU zu diesem Kernpunkt nicht ein Wort gelesen. Es findet nicht statt. (Zurufe von der CDU)

Sie machen das jetzt lächerlich. Der Punkt ist der, zwei Damen, die in der Enquete-Kommission Mitglied sind, sitzen gleichzeitig im Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung. Dann können wir uns diesen schenken. Darüber können wir dann einmal reden. Wenn in einem so wichtigen Antrag dieser Aspekt völlig unter den Tisch fällt und nicht einmal erwähnt wird, dann halte ich das für mehr als bedenklich.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, ich möchte eine kleine Geschichte zum Schluss erwähnen. Vor einiger Zeit hat mich eine große Gruppe älterer Damen und Herren der Arbeiterwohlfahrt im Landtag besucht. Ehrlich gesagt hatte ich mich mehr auf eine Rentendebatte oder gesundheitspolitische Debatte eingestellt. Weit gefehlt. Gleich die erste Frage war: Was machen wir mit unseren jungen Menschen? Was machen wir mit den jungen Menschen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen? Das zeigt einmal mehr, dieses Thema geht uns alle an. Es betrifft mich und meine Kinder. Es betrifft Sie und Ihre Kinder. Es betrifft unseren Nachbarn, und es betrifft die Enkelkinder der Besuchergruppe der Arbeiterwohlfahrt.

Meine Damen und Herren, Jugendliche ohne Arbeit darf es für uns nicht geben. Genau deshalb haben wir diese konkreten Vorschläge für das Land Rheinland-Pfalz erarbeitet.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Rosenbauer das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Grosse, wenn gerade Sie sagen, wir wollen nicht über

Bundespolitik reden, dann muss ich sagen, wer die ganze Zeit in der Enquete-Kommission dabei war, der weiß doch ganz genau, wer auf landesspezifische Themen und wer auf bundespolitische eingehen wollte.

Schauen Sie sich nur einmal die Einsetzungsbeschlüsse an, wer über was diskutieren wollte. Wir haben an gleicher Stelle diskutiert, als wir einen Vorschlag eingebracht haben, der sich ausschließlich mit landespolitischen Themen beschäftigte, während Sie über die ganze Bundesrepublik Deutschland reden wollten. So war das. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Sie fordern genau das Gegenteil.

Frau Grosse, es wäre einfach gut, wenn man bei dem blieb, was wirklich geschrieben steht. Sie sagen, wir würden von den wichtigsten Themen nicht reden.

(Lelle; CDU: Sie hat unseren Antrag nicht gelesen!)

Wir wollen einmal auf die wichtigsten Themen kommen. Es gab eine Anhörung zu den Schulen, insbesondere zu den Berufsschulen. Bei diesen Anhörungen wurden die hohen Defizite an unseren Berufsschulen mitgeteilt, Lehrermangel, Stundenausfälle, keine vernünftige Einrichtung, um unterrichten zu können. All das finden Sie in unserem Antrag wieder.

Wir fordern außerdem, die Leistung der Berufsschulen zu stärken. Alles ist aufgeführt. Die Punkte 3 und 4 befassen sich nur mit den Berufsschulen. Wir stehen nicht allein da. Ich möchte einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesen Schwerpunkt in ihren Antrag mit aufgenommen hat. Auf den Seiten 2 und 3 ist fast eine halbe Seite enthalten, die sich nur mit diesem Thema beschäftigt.

In Ihrem Antrag kommt das Wort „Berufsschule“ nicht ein einziges Mal vor. Sie haben die ganze Anhörung völlig ausgeblendet und sagen nun, wir hätten keine Lösung. Sie reden immer nur alles schön und wollen sich mit den Problemen nicht wirklich beschäftigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Zur Erwiderung erteile ich Frau Abgeordneter Grosse das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Rosenbauer, ich kenne Ihren Antrag sehr gut, im Zweifel besser als Sie, weil ich mit der Kollegin versucht hatte, aus zwei Anträgen einen zu machen.

Es ging doch nicht darum, was in Ihrem Antrag steht. Es geht ausschließlich um die heutige Debatte.