Meine Damen und Herren, wie sich die Lage in Rheinland-Pfalz darstellt, möchte ich im zweiten Durchgang noch näher erläutern.
Meine Damen und Herren! Selbstverständlich verstehen wir, dass die SPD dieses Thema aufgreift. 1. Juni 2005: Die TASi, also die Technische Anleitung Siedlungsabfall, wird umgesetzt. Es ist natürlich ein Erfolg, dass es eine Linie gab, die durchgehalten wurde. Diese Linie wurde gegen viele Widerstände durchgehalten. Diese Widerstände kamen auch aus Rheinland-Pfalz.
Ich habe ein wenig in der Geschichte gekramt. Sie wissen, dass wir im Lauf der Zeit um die richtigen Wege in der Abfallbehandlung heftigste Auseinandersetzungen geführt haben. Die Landesregierung wollte noch 1996 vier neue Müllverbrennungsanlagen bauen. Ich habe hier einen Artikel vom 20. Januar 1996: „GRÜNENFraktion gegen Müllverbrennungspolitik der Mainzer Landesregierung – Noch vier Abfallöfen geplant. SPD, FDP und CDU – Neue Technik entlastet Natur. Jetzt weniger Anlagen notwendig.“ Vorher waren sieben geplant.
Meine Damen und Herren, eine Müllverbrennungsanlage kostet je nach Größe 100 Millionen Euro oder 200 Millionen Euro. Unser Kampf – das will ich Ihnen deutlich sagen –, damals schon in Pirmasens geführt, hat die Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler seit
Es ist nicht nur ein kleiner Unterschied, sondern es ist ein kleiner Unterschied mit großen Folgen; denn die großen Folgen kamen dann auch in das Gesetz. Ursprünglich wollte man tatsächlich, dass vorbehandelter Müll abgelagert werden kann, so, wie es jetzt auch geschehen ist. Aber die CDU-Regierung wollte – damals Frau Merkel, wenn ich richtig informiert bin –, dass nur noch verbrannt werden kann, also nur noch Müllverbrennungsanlagen gelten.
Wir hatten hier den heftigen Kampf, weil auch die Landesregierung damals der „Pyromanen-Fraktion“ angehört hat. Von daher ist vollkommen klar, es gab unterschiedliche Positionen. Ich will auch noch einmal mit Stolz sagen: Wir haben in der Bundesregierung mit der SPD zusammen, allerdings gegen teilweisen Widerstand der SPD hier, diese Möglichkeit durchgesetzt, dass nicht jeder Müll verbrannt werden muss, aber umweltgerecht abgelagert wird.
Genau das ist die Frage, die sich auch in RheinlandPfalz weiter stellt, da es auch in Rheinland-Pfalz nicht nur das gescheiterte Herhof-Verfahren gab, wo man noch nicht so genau weiß, wie es weitergeht, sondern es gab auch in Rheinland-Pfalz einen CDU-dominierten Landkreis – den es immer noch gibt –, der bis zum Schluss gewartet hat, ob er nicht doch dieses Gesetz unterhöhlen, unterlaufen könnte, der sogar gegen dieses Gesetz geklagt hat. Der Kreis Mayen-Koblenz wollte den Müll weiter auf den Eiterköpfen – ein bezeichnender Name für eine solche Deponie – ablagern.
Insofern ist es schon wichtig und richtig zu sagen, wir haben einen Konsens. Aber dass Kolleginnen und Kollegen aus der CDU sozusagen bis zum letzten Tag – Sie haben es selbst gesagt: Zwölf Jahre Übergangsfrist – gedacht haben, sie könnten sich illegal verhalten, muss hier auch gesagt werden. Das war doch der lange Kampf um diese neue Verordnung und die Verbesserung im Umweltbereich.
Durch das In-Kraft-Treten der TA Siedlungsabfall haben wir die Chance auf eine Kreislaufwirtschaft. Diese Kreislaufwirtschaft, bei der am Schluss nur noch wenig abgelagert werden muss und viel recycelt werden kann, war schon immer das Ziel der ökologisch Orientierten. Das war nicht nur das Ziel der ökologisch Orientierten bei den GRÜNEN, sondern auch das Ziel der ökologisch
Orientierten bei der CDU und bei der SPD. Sie haben wahrscheinlich gemerkt, dass ich eine Partei ausgespart habe, weil es in dieser Partei keine ökologisch Orientierten gibt.
Wir haben den Erfolg – zumindest vom ökologischen Flügel her – durchsetzen können. Das ist wichtig und richtig. Ich sage außerdem sehr deutlich, dass damit Kosten eingespart werden. Das spart Kosten bei den Gebührenzahlern. Das hat aber auch Auswirkungen auf den Produktionsprozess. Das heißt, es werden nicht mehr so viele Verpackungen hergestellt, und man bemüht sich, nicht mehr so viele Ressourcen zu verwenden. Außerdem sieht man zu, dass man abfallarm produziert. Das wollen wir. Wir wollen, dass sich die Wirtschaft vom Produkt her ändert und von vornherein abfallarm produziert wird. Wir sind dafür, eine nachhaltige Recyclingwirtschaft aufzubauen. Ein Teil davon sind die TA Siedlungsabfall und der heutige Tag.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig: Der heutige Tag ist eine Zäsur in der Abfallpolitik und ein großer Schritt hin zum Ende des Deponiezeitalters. Es ist richtig, dass wir tatsächlich das Nachhaltigkeitsprinzip im Sinn eines umfassenden Generationenvertrags mit unseren Kindern und Enkeln erfüllen. Wir wollen ihnen keine weiteren und neuen Altlasten hinterlassen.
Der Tag hätte durchaus ein harmonischer Tag werden können, wäre Herr Dr. Braun nicht wieder in die alten Dogmen und Diktionen verfallen.
Herr Dr. Braun, es ist absolut richtig, dass wir nach der Abfallablagerungsverordnung die Möglichkeit haben, Müll in Müllverbrennungsanlagen oder noch besser in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen zu behandeln, und zwar in mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen, in so genannten MBAs, oder in mechanischbiologischen Stabilisierungsanlagen, in so genannten MBS’s. Alle drei sind nach der Abfallablagerungsverordnung zulässig.
Die Darstellung aber, die Sie bezüglich der Historie gegeben haben, bedarf einer Erläuterung. Ohne eine Müllverbrennung wäre es im Jahr 1996 nicht möglich gewesen, die Anforderungen der TA Siedlungsabfall zu erfüllen. Vor dem Hintergrund des aktuellen Abfallaufkommens von rund 870.000 Tonnen, das jetzt noch zur Behandlung ansteht, wären ziemlich genau vier Müllverbrennungsanlagen für Rheinland-Pfalz notwendig und sinnvoll gewesen. Vor dem damaligen Hintergrund
war es also weder eine Fehlplanung noch eine Fehlallokation, sondern nur eine rechtzeitige Umsetzung der damals gültigen Gesetze.
Ich hatte es ursprünglich zwar nicht vorgesehen, möchte Sie aber dennoch mit einer Ökobilanz konfrontieren. Mit methodischer Unterstützung der BASF haben wir beim Ökoinstitut eine Bewertung der unterschiedlichen Behandlungsverfahren in Auftrag gegeben. Diese so genannte Öko-Effizienzanalyse am Beispiel der Restmüllentsorgung zeigt eindeutige Ergebnisse.
Am besten schneiden Müllverbrennungsanlagen in KraftWärme-Kopplung ab, das heißt mit Auskopplung von Strom und Wärme. Ungefähr gleich gut sind Trockenstabilatanlagen, vorausgesetzt, das Trockenstabilat wird umfassend thermisch verwendet, zum Beispiel in Zementwerken oder Kohlekraftwerken. Wesentlich schlechter schneiden die ganz normalen MBAs ab, weil bei ihnen nach wie vor ein Rückstand entsteht, der nicht energetisch genutzt wird und der weiter in einem gewissen Umfang reagibel ist und natürlich auch bestimmte Emissionen verursacht.
Meine Damen und Herren, insbesondere dann, wenn man eine anspruchsvolle Abfallablagerungspolitik umsetzen will, sollte man sich auch bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diese Ökobilanzanalysen zu Eigen machen und nicht wider besseren Wissens ständig dagegen reden.
Meine Damen und Herren, auch der Begriff der Pyromanen gilt vice versa. Es gibt kein Verfahren, auch nicht nach der Abfallablagerungsverordnung, gleichgültig ob MBA oder MBS, das ohne Verbrennen einer bestimmten Fraktion tatsächlich auskommen wird, um die Anforderungen zu erfüllen. Meine Damen und Herren, die Verbrennung ist heute etabliert, nur die Diskussion darüber ist von gestern respektive von vorgestern.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas zur aktuellen Entwicklung sagen. In Rheinland-Pfalz stehen mittlerweile drei Heizkraftwerke zur Verfügung, die im Gegensatz zu Heizkraftwerken in anderen Bundesländern alle und ausschließlich mit Kraft-WärmeKopplung arbeiten. Sie haben den höchsten ökologischen Standard mit einer Gesamtkapazität von 606.000 Tonnen pro Jahr. Die vier mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen sowie die Trockenstabilatanlage, die systematisch auch dazugehört, haben eine Kapazität von ca. 340.000 Tonnen pro Jahr.
Sie wissen, dass eine Anlage nicht in Betrieb gegangen ist, weil sie einem Baustopp in Verbindung mit einem Insolvenzverfahren unterliegt. Ich bin froh, dass es diese Entsorgungsgemeinschaft in und um den Raum Trier herum geschafft hat, ablagerungsgerechte und der TA Siedlungsabfall entsprechende Entsorgungsmöglichkeiten zu nutzen. Kurzfristig wird man hierbei thermische Behandlungskapazitäten im Saarland und in Nordrhein
Westfalen in Anspruch nehmen. Zurzeit läuft eine Ausschreibung. Bis September soll entschieden werden, wie in den nächsten zwei Jahren dort verfahren werden soll. In diesem Zeitraum hat man Zeit, sich für eine dauerhafte Entsorgungslösung zu entscheiden.
Leider ist in Koblenz ohne Not ein völlig überflüssiger Rechtsstreit mit uns angezettelt worden. Ich habe sehr früh und rechtzeitig darauf hingewiesen, sodass sich jeder darauf einstellen konnte, dass die Ausnahmegenehmigung nicht über den 1. Juni 2005 hinaus gilt. Anderes wäre rechtlich auch nicht möglich gewesen, weil die Bedingungen schon vorher galten. Die Tatsache, dass man vorher deponieren konnte, war schon die Ausnahme von der Regel. Wir haben umfassend Recht bekommen vor dem Europäischen Gerichtshof, was die Verträglichkeit der Abfallablagerungsverordnung mit unserem Verhalten in Bezug auf die Deponie Eiterköpfe und dem zuständigen Zweckverband betrifft. Dort ist es in der Tat notwendig, dass ein Zwischenlager herhalten muss, damit die Abfallablagerungsverordnung eingehalten werden kann, sodass man sich jetzt nach alternativen Lösungen umschauen kann.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas zur Gebührendiskussion sagen. Tendenziell ist es so und wird es so sein, dass diejenigen, die rechtzeitig in moderne Abfallbehandlungsanlagen investiert haben, jetzt eher eine Gebührenentlastung erfahren. Herr Dr. Braun, auch an dieser Stelle eine Richtigstellung: Pirmasens ist ausgelastet. Die Aussage ist falsch, dass Pirmasens zu groß und nicht ausgelastet sei.
Wie man der Presse entnehmen kann, besteht dort aufgrund der neuen Marktbedingungen zum ersten Mal die Möglichkeit, die Gebühr gegebenenfalls zu senken. Es wurde berichtet, dass Gewinne erwirtschaftet wurden. Das war eine notwendige Investitionsentscheidung.
Meine Damen und Herren, in der Presse ist auch berichtet worden, dass die Umsetzung der Abfallablagerungsverordnung Arbeitsplätze koste. Dies war zumindest einigen Überschriften zu entnehmen. Fakt ist aber, dass die Tatsache, dass man auf eine hochwertige Verwertung setzt, unter dem Strich bedeutet, dass man mehr Arbeitsplätze schafft, als durch die Schließung von Deponien verloren gehen.
Das bedeutet auch eine höherwertige Entsorgungswirtschaft, die heute sehr vielfältig ist. Herr Abgeordneter Stretz hat die Entwicklung der vergangenen Jahre noch einmal ausdrücklich bestätigt. Eine Halbierung des Abfallaufkommens und eine Verdreifachung der Verwertung bedeutet, dass die Entsorgungswirtschaft heute für die Menschen anspruchsvolle Arbeitsplätze zur Verfügung stellt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Klimathema sollte auch vor dem Hintergrund der Frage, zu welcher Entsorgungslösung und -technologie man sich bekennt, nicht vernachlässigt werden. Der Aspekt des Klimaschutzes ist deshalb von Bedeutung, weil die Deponien in der Tat kleine Reaktoren sind, bei denen Gase
entstehen, unter anderem Methan. Man muss deutlich sagen, Methan ist zwanzigfach klimaschädlicher als CO2, das in der Regel im Mittelpunkt der Diskussion steht.
Gerade durch den Rückgang der Deponien in den vergangenen Jahren haben wir die CO2- bzw. MethanEmissionen auf ein Drittel des Wertes von 1990 senken können. Damit wurden 21 Millionen Tonnen CO2Äquivalent eingespart. Das ist im Übrigen immerhin die Hälfte dessen, was die deutsche Industrie in Verbindung mit dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz als Beitrag an CO2-Minderung erbringen soll. Ich füge hinzu: In der Zukunft sind weitere Absenkungen möglich und positive Klimaeffekte zu erzielen, wenn wir eine weitere energetische Nutzung erreichen.