Protokoll der Sitzung vom 01.06.2005

(Beifall der SPD und der FDP)

Mit dem heutigen Tag wird es eine Deponierung von nicht vorbehandelten Abfällen nicht mehr geben. Ich füge hinzu: Das ist gut so!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir heute Lebenden haben kein Recht, unseren Kindern und Kindeskindern die nicht kalkulierbaren Risiken für Böden

und Grundwasser oder für die Reinhaltung der Luft aufzubürden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben auch kein Recht, ihnen, den kommenden Generationen, die immensen Kosten für die Sanierung von Deponien, die zu Altlasten geworden sind, aufzuerlegen.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr richtig!)

Wir wollen dies auch nicht und haben deshalb gehandelt. Ich darf daran erinnern, wie das vor 15 oder 20 Jahren war. Wir sprachen von Müllnotstand und Entsorgungskollaps. Wir wussten nicht, wohin mit den ständig wachsenden Müllmengen.

Lieber Herr Kollege Lelle, ich erinnere mich noch sehr gut an die Situation bei uns im Raum Pirmasens, in der Südwestpfalz, aber auch in weiten Teilen der Pfalz. Die Deponie wurde geschlossen. Die Suche nach einem neuen Standort blieb erfolglos, weil niemand bereit war, eine solche Deponie in seinem Einzugsbereich zu dulden. Zwangseinweisung war die Folge.

Dann kam 1993 die Technische Anleitung Siedlungsabfall, die TASi, mit einer zwölfjährigen Übergangszeit. Ich will daran erinnern, dass das fast ein Schulleben ist. Mit einer zwölfjährigen Übergangszeit wurde ein Ziel anvisiert, das dann 2001 mit der Abfallablagerungsverordnung festgeschrieben wurde. Wer da keine Zeit hatte zu lernen, wer da keine Zeit hatte, sich vorzubereiten, dem ist – Entschuldigung – nicht mehr zu helfen.

Alle diejenigen, die auf Zeit gespielt haben, haben sich verkalkuliert. Heute stehen diejenigen, die rechtzeitig geplant und umgesetzt haben, die damals oft durch tiefe Täler gehen mussten und auch gegangen sind – wir erinnern uns noch sehr gut daran –, sehr gut da. Nicht nur, dass seit Jahren immer mehr Abfälle behandelt werden und die stoffliche Verwertung von 12 % im Jahr 1990 auf über 50 % im Jahr 2001 gesteigert wurde – bei Papier, Pappe, Glas und Verpackungsabfällen gibt es Verwertungsquoten von über 90 % –, hinzu kommt auch, dass aus den früher als Dreckschleudern verschrienen Müllerverbrennungsanlagen nicht zuletzt durch die siebte BImschV moderne, umweltverträgliche Müllheizkraftwerke wurden. Die Schadstoffemissionen aus diesen Anlagen wurden drastisch reduziert. Der Ausstoß Krebs erzeugender Stoffe wurde seit 1990 auf weniger als ein Tausendstel der damaligen Werte verringert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die drastische Verminderung des Bedarfs an Deponievolumen in den letzten Jahren ist ein Ergebnis konsequenter Abfallverwertung und von anspruchsvollen Vorbehandlungsanlagen. Dadurch wird das abzulagernde Restabfallvolumen auf wenige Prozent des Ausgangsvolumens reduziert. Trotzdem kann man sicher noch nachsteuern, beispielsweise, was unsere Anlage in Pirmasens angeht, dadurch, dass man eine weitere Sortierung vorschalten könnte, die noch vorhandene Wertstoffe dann vor der Verbrennung herausnehmen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in RheinlandPfalz haben sich die Landkreise und Städte – ich will das

ausdrücklich betonen und unterstreichen, die sind zuständig für die Entsorgung des Siedlungsabfalls und für die Umsetzung der Ablagerungsverordnung – sehr gut aufgestellt. Frau Ministerin, das Umweltministerium hat beraten und moderiert. Dafür gilt unser herzlicher Dank. Das Ministerium hat immer wieder darauf hingewiesen, es wird keinen Aufschub geben. Es wird keine Chance geben, dass man sagt, über den 1. Juni 2005 hinaus können wir vielleicht doch noch irgendetwas tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aktuell stehen in Rheinland-Pfalz einer Abfallmenge von etwa 870.000 Jahrestonnen Verwertungskapazitäten von 950.000 Tonnen gegenüber. Die Zahl der Deponien hat sich bei uns in den letzten zehn Jahren von 29 auf 13 verringert. Das ist eine Reduzierung von über 60 %. Diese Reduzierung der Deponien ist besonders wichtig auch für den Klimaschutz.

(Glocke des Präsidenten)

Bei der heute vorgeschriebenen Vorbehandlung werden organische Stoffe und Schadstoffe abgebaut. Ich meine, das ist gut so. Die Belastungen für die Umwelt werden reduziert.

Ich darf mich wiederholen, heute ist ein guter Tag.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es spricht nun Herr Abgeordneter Alexander Licht.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Es ist auch einmal ganz gut, wenn sich Opposition und Regierung in einer solchen Debatte auch in ihren Wortbeiträgen ergänzen. Deswegen kann ich vieles von dem, was der Kollege in der Vorrede brachte, aus meiner Rede völlig streichen.

Meine Damen und Herren, wir sind hier im Land Rheinland-Pfalz – das kann man wirklich sagen – alle beteiligt gewesen. Jetzt mache ich die Klammer auf und wieder zu, weil ich warten muss, was der Kollege Dr. Braun jetzt gleich noch sagen wird.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da gibt es noch eine kleine Nuance, die wir vielleicht in der zweiten Runde dann auch noch einmal mit debattieren können.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage deswegen „Klammer auf“ und „Klammer zu“, weil, wenn ich das, was in diesen Tagen von Trittin gesagt wurde oder was aus dem Bundesumweltministeri

um kommt, hier zitieren würde, dann wäre dort auch fast ein Einklang festzustellen, – wie gesagt – eben in Nuancen.

Eine breite Berichterstattung zu dem Tag heute hat auch vieles, was die Umsetzung der TASi angeht, in die Öffentlichkeit hineingetragen, hat noch einmal breit informiert, seit wann es diese TASi gibt, warum es sie gibt und was sie bewirken soll. Ich denke, dass man in einer solchen Debatte auch noch einmal die wesentlichen Dinge herausgreifen soll, die eigentlich dem Ganzen zugrunde liegen. Das sind die drei Wörter „vermeiden“, „verwerten“ und „entsorgen“, aber auch in dieser Reihenfolge.

Man muss erst einmal alles daransetzen, soviel wie irgend möglich an Belastungen zu vermeiden, das, was entsteht, oder das, was vorhanden ist, in Verwertungsprozesse einzuführen. Verwertungsprozesse heißt, verwertbare Stoffe abtrennen, heraustrennen dort, wo sie durch Sortieren möglich sind, und Energie aus Abfall dann auch noch gewinnen, so wie es auch die moderne Müllverbrennung heute in besonderer Weise kennzeichnet.

Die TASi hat sehr strenge Werte. Dort wird von 5% Glühverlust gesprochen. Was das bedeutet, wissen viele vielleicht gar nicht. Das kommt auch aus manchen Meldungen so heraus, wenn also geschrieben wird, Hausmüll darf nur noch vorbehandelt auf die Müllkippe, das suggeriert den wahren Wert des Ganzen überhaupt nicht; denn Hausmüll als solcher darf überhaupt nicht mehr auf die Müllkippe, auch nicht in irgendeiner Weise vorbehandelt, sondern das, was dort noch übrig bleibt oder übrig bleiben darf mit 5 %, hat dann nichts mehr mit dem Müll zu tun, den wir vorn einsammeln.

Meine Damen und Herren, die Kommunen in RheinlandPfalz haben sich unterschiedlich vorbereitet, fürwahr. Dabei ist die technische Entwicklung debattiert und diskutiert worden. Die notwendige Größenordnung ist beispielsweise ein Pirmasenser Problem gewesen. Es ist auch heute noch eins. Das darf man so deutlich sagen.

In diese Betrachtung ist die Gebührenentwicklung mit einzubeziehen. Wenn es heute heißt, dass die Gebühren steigen werden, muss ich sehen, von welchem Preis manche ausgehen. Ich nenne die Preise für meine Region: Bitburg-Prüm geht von ca. 60 Euro, Trier von 84,36 Euro, Trier-Saarburg von 74 Euro, Daun von 79 Euro und Bernkastel-Wittlich von 81,60 Euro aus. Wenn ich beispielsweise dort von 30 % rede, dann ist das im Vergleich zu Pirmasens – – –

Ihr würdet euch „von“ schreiben, wenn man dort solche Preise hätte. Das hat aber auch etwas damit zu tun, dass wir uns in der Entwicklung, in dem Prozess sehr breit und durch alle Parteien hindurch darüber Gedanken gemacht haben, wie wir unsere Probleme lösen. Wenn dann in der Zeitung steht, Probleme wären bei uns ausgesessen worden und sehenden Auges hätten wir auf das falsche Pferd gesetzt, muss ich über denjenigen sagen, der das schreibt, er hat sich mit der Mate

rie und den Verträgen, die wir eingegangen sind, überhaupt nicht beschäftigt.

(Beifall des Abg. Rösch – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen, meine Herren! Ich denke, dass die Kommunen im Land Rheinland-Pfalz in diesem Teil fürwahr unterschiedlich gehandelt haben. Sie haben aber zielorientiert und auch in der Sorge gegenüber ihren Bürgern, was die Gebührenentwicklung angeht, gerecht zu werden, vorbildlich gehandelt.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hohn das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ab heute dürfen nach der Verordnung über die umweltverträgliche Ablagerung von Siedlungsabfällen in Verbindung mit der Dritten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz, der so genannten Siedlungsabfallverordnung TASi, keine unvorbehandelten Abfälle auf Deponien mehr abgelagert werden.

Mehr als zwölf Jahre haben Bundestag und Bundesrat debattiert. Jeder Interessenverband hat seine Bedenken eingebracht. Es ist ein langer Weg gewesen, bis die Verordnung verabschiedet werden konnte. Das Aus für die Mülldeponien kommt also nicht überraschend und nach Auffassung unserer Fraktion auch nicht zu früh.

Meine Damen und Herren, ich möchte daran erinnern, dass die Verordnung bereits am 1. März 2001 mit der Wirkung des erwähnten Verbots ab dem heutigen Tag, dem 1. Juni 2005, in Kraft getreten war.

Die Verordnung legt außerdem fest, dass der Zeitraum vom 1. März 2001 bis 30. April 2005 als Übergangszeit anzusehen war, während der unter bestimmten Voraussetzungen noch Ausnahmen zugelassen waren. Aber das ist mit dem heutigen Tag vorbei.

Das Verbot des Ablagerns von unbehandeltem Abfall, wie es seit In-Kraft-Treten der TASi seit 1993 bereits gültig war, wird jetzt in der strengen Form einer Verordnung festgeschrieben. Unsere Fraktion kann dem nur zustimmen. Auch ich kann mich den Worten meiner beiden Vorredner nur anschließen.

(Beifall des Abg. Kuhn, FDP, und des Abg. Pörksen, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit war ein Paradigmenwechsel in der Abfallpolitik eingeleitet, und es wird sichergestellt, dass den kommenden Generationen keine Altlasten aufgebürdet werden. Als Folge der

Deponieschließungen stellt sich die Frage, ob die wesentlich größeren Abfallmengen, welche jetzt einer Vorbehandlung zugeführt werden müssen, auch bewältigt werden können. Es kommt also auf eine entsprechende Kapazität von Abfallvorbehandlungsanlagen an.

Für die Abfallvorbehandlung stehen die technischen Müllverbrennungsanlagen, mechanisch-biologischen Anlagen sowie die Restmülldeponie zur Verfügung.

Die spannende Frage ist, ob die verfügbare Kapazität für die Vorbehandlungen bzw. Verbrennung in etwa dem aufzunehmenden Müllvolumen entsprechen wird. Diese Frage stellt sich in allen Bundesländern, nicht nur in Rheinland-Pfalz.

Einer Prognose der Prognos AG zufolge wie auch nach einer Einschätzung der Länderarbeitsgemeinschaft „Abfall“ wird es in Deutschland nach dem 31. Mai 2005 zu Engpässen bei den Vorbehandlungskapazitäten kommen.

Meine Damen und Herren, wie sich die Lage in Rheinland-Pfalz darstellt, möchte ich im zweiten Durchgang noch näher erläutern.