Protokoll der Sitzung vom 03.06.2005

Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Friederike Ebli und Günter Rösch beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Alle gesetzlichen Krankenkassen werden zum 1. Juli 2005 ihren Beitragssatz um 0,9 Beitragspunkte absenken, da es sich um eine gesetzlich vorgeschriebene Senkung handelt.

So wird die AOK Rheinland-Pfalz ab dem 1. Juli 2005 anstatt derzeit 14,2 % einen Beitragssatz von 13,3 % erheben. Die Innungskrankenkasse Rheinland-Pfalz senkt zum 1. Juli 2005 ihren Beitragssatz deutlich von 14,5 % auf 13,3 %.

Dies hatte der Verwaltungsrat bereits in seiner Sitzung am 22. Februar beschlossen. Die Beitragssatzsenkung um 1,2 % geht dabei über die gesetzliche Verpflichtung hinaus.

Die beiden landesunmittelbaren Betriebskrankenkassen, die Betriebskrankenkasse Kevag in Koblenz und die Betriebskrankenkasse Vital in Ludwigshafen, werden ebenfalls zum 1. Juli 2005 die gesetzlich vorgegebene Senkung vornehmen, wobei der Verwaltungsrat der Betriebskrankenkasse Vital bereits zum 1. Mai 2005 eine Beitragssatzsenkung um 0,3 Prozentpunkte beschlossen hatte.

Von den bundesweit agierenden Betriebskrankenkassen und Ersatzkassen liegen der Landesregierung keine offiziellen Daten vor.

Die Absenkung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung um 0,9 Prozent werden durch die Verringerung der Lohnnebenkosten zu einer erheblichen Entlastung der Arbeitgeber und -geberinnen beitragen und damit die im Bundesvergleich gute wirtschaftliche Situation in Rheinland-Pfalz zusätzlich begünstigen.

Zu Frage 2: Die AOK Rheinland-Pfalz liegt mit ihrem derzeitigen Beitragssatz von 14,2 % deutlich unter dem Durchschnitt der West-AOK mit 14,5 % und unter dem Durchschnitt aller Ortskrankenkassen im Bundesgebiet mit 14,36 %. (Beifall der SPD)

Sie hat ihren Beitragssatz im Jahr 2004 zweimal gesenkt, und zwar zum 1. Januar 2004 und zum 1. Juli 2004 jeweils um 0,2 Prozentpunkte. Sie war neben der AOK Bayern damit die einzige Ortskrankenkasse, die Einsparungen aus dem GKV-Modernisierungsgesetz unverzüglich an die Versicherten und Arbeitgeber weitergegeben hat.

Die AOK Rheinland-Pfalz betreut ca. 60.000 Arbeitgeber, die IKK Rheinland-Pfalz ca. 18.000 Betriebe im Handwerk und Mittelstand, die von der Entlastung der Lohnnebenkosten allesamt profitieren werden.

Zu Frage 3: Ab 1. Juli 2005 haben die Versicherten neben dem durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz eingeführten zusätzlichen Beitrag in Höhe von 0,5 % einen weiteren zusätzlichen Beitrag für Zahnersatz in Höhe von 0,4 Prozentpunkten, zusammen also 0,9 Beitragspunkte, zu finanzieren.

Im Gegenzug wurden die Krankenkassen vom Gesetzgeber verpflichtet, ihren allgemeinen Beitragssatz ab dem 1. Juli 2005 um 0,9 Prozentpunkte zu senken.

Von der ursprünglich durch die Gesundheitsreform vorgesehenen Finanzierung des Zahnersatzes über die gesonderte Pauschalprämie von etwa 8 Euro im Monat wurde Abstand genommen.

Die neue Regelung erspart unnötige Verwaltungskosten, die eine Pauschalprämie zur Folge gehabt hätte, weil die Krankenkassen für rund 20 Millionen Rentner und Rentnerinnen sowie Arbeitslose ein bürokratisches Einzugsverfahren hätten organisieren müssen, dessen Kosten die Zahnarztprämie unnötig in die Höhe getrieben hätten.

Einsparungen durch Minderausgaben aufgrund des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes sollen die gesetzlichen Krankenkassen für Beitragssatzsenkungen verwenden. Durch die zweimalige Beitragssatzsenkung bei der AOK Rheinland-Pfalz im Jahr 2004 wurde dieser Vorgabe Rechnung getragen.

Auch die Innungskrankenkasse Rheinland-Pfalz und die Betriebskrankenkasse Vital werden in diesem Jahr durch Beitragssatzsenkungen, die über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinausgehen, die Versicherten und Arbeitgeber im Sinn des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes entlasten.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Meine Damen und Herren! Bevor ich Zusatzfragen zulasse, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass der Geräuschpegel entschieden zu hoch ist und eine Belastung für die Rednerin darstellt.

Gibt es Zusatzfragen? – Frau Abgeordnete Ebli.

Frau Ministerin, gibt es bereits Rückmeldungen oder Resonanzen aus den Betrieben auf die angekündigte Beitragssenkung?

Leider sind mir solche Rückmeldungen nicht bekannt, worüber ich mich natürlich sehr freuen würde; denn die Debatte in der Wirtschaft zum Thema „Lohnnebenkosten“ ist immer sehr groß.

Ich denke, es wäre durchaus anerkennenswert, der AOK und auch den anderen Kassen gegenüber, einmal zu signalisieren, dass diese Bemühungen tatsächlich gesehen werden und genau zu dem Ziel führen, das verabredet war.

(Beifall der SPD und der FDP)

Selbstverständlich besteht der Verwaltungsrat der AOK auch aus der Arbeitgeberseite. Herr Kuhn äußert sich öffentlich immer sehr positiv genau über diesen Punkt,

dass es im Sinn der Arbeitgeber ist, dass es tatsächlich zu Absenkungen der Beiträge kommt.

Herr Abgeordneter Hartloff.

Frau Ministerin, kann man jetzt schon tendenzielle Aussagen machen, in welche Richtung sich strukturell vom Aufkommen her diese Beiträge weiterentwickeln werden, oder lässt sich das aus dem Gesundheitswesen noch nicht ableiten?

Die Frage ist sehr schwierig zu beantworten. Wir wissen, dass die Kassen im letzten Jahr einen enormen Überschuss von 4 Milliarden Euro gemacht haben, der allerdings zum Teil gebraucht wird, um Schulden zurückzuführen.

Wir wissen auch, dass die Effekte vom Gesundheitsmodernisierungsgesetz sehr hoch waren, dass sie allerdings nicht dauerhaft tragfähig sind, wenn wir nicht die Einnahmensituation erhöhen können. Zurzeit leben wir von Einsparungen auf der Ausgabenseite. Das muss man sehr deutlich sagen.

Die Einnahmenseite ist dramatischer denn je. Deshalb ist es durchaus wichtig, dass man sich in den kommenden Jahren ernsthaft darüber Gedanken macht, wie man die Krankenversicherungen weiterentwickelt, um die Einnahmenseite in den Griff zu bekommen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hartloff.

Frau Ministerin, in welche Richtung wäre eine Vorstellung für die Einnahmenseite gegeben, dass man eine Entwicklung hat, die eine bessere Ertragssituation ergeben könnte? Können Sie dazu Anregungen mit auf den Weg geben?

Die politischen Debatten sind eigentlich klar oder teilweise auch unklar an dieser Stelle.

Ich persönlich als Gesundheitsministerin favorisiere, dass man die Einnahmenseite der gesetzlichen Kran

kenkassen auf eine breitere Basis stellt, das heißt, alle Bürger und Bürgerinnen, aber auch alle Einkommensarten mit einbezieht und damit dieses System, das sich all die Jahre bewährt hat, in diesem Sinn weiterentwickelt, dass alle, die daran teilhaben, auch entsprechend das solidarische System in Zukunft miteinander finanzieren.

Eine weitere Zusatzfrage von Frau Abgeordneter Ebli.

Frau Ministerin, sind Ihnen in diesem Zusammenhang Informationen erkenntlich, wie sich andere Krankenkassen im Zusammenhang mit dem GKV-Modernisierungsgesetz mit den Senkungen der Beiträge verhalten?

Einiges habe ich schon genannt. Ich gehe davon aus, dass die Kassen bundesweit ihre Beiträge zum 1. Juli um 0,9 % senken werden. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet. Letztendlich ist es für die Kasse ein Nullsummenspiel; denn der Teil, der zu der Beitragssenkung führt, wird letztendlich von den Versicherten aufgebracht. Der Kompromiss, der seinerzeit in der Gesundheitsreform geschlossen wurde, besagt: Die Versicherten werden an bestimmten Stellen mehr belastet, dafür wird man aber dem großen Ziel der Absenkung der Lohnnebenkosten etwas näher kommen.

Im Übrigen habe ich ausgeführt, dass sowohl die IKK als auch die eine oder andere Betriebskrankenkasse bereit ist, zusätzliche Beitragssenkungen über 0,9 % vorzunehmen. Dies freut uns natürlich, da das ursprüngliche Ziel des GMG auch darin bestand, dass die Einsparungen, die über die Gesundheitsreform erfolgt sind, nicht ausschließlich in die Schuldenreduzierung fließen, sondern darüber hinaus auch zur Beitragssatzsenkung genutzt werden sollen. Die Versicherten sind mehr belastet worden, und deshalb haben sie es verdient, dass die Beiträge gesenkt werden.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, die Fragestunde ist beendet.

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Die noch nicht beantworteten Mündlichen Anfragen werden gemäß unserer Geschäftsordnung in Kleine Anfragen umgewandelt und entsprechend beantwortet werden. (Zuruf von der SPD: Sehr vernünftig!)

Ich rufe nun Punkt 16 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE STUNDE

„Erhaltung und Schaffung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen durch die EU-Chemikalien- richtlinie (REACH)“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4176 –

Für die Antrag stellende Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Braun.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sprechen im Landtag nicht zum ersten Mal über die vorgeschlagene EU-Chemikalienrichtlinie. Wir haben aber auch durchaus Anlass, in einer Aktuellen Stunde heute darüber zu sprechen, da es tatsächlich Bewegung in der Diskussion und im Vorankommen um eine Lösung bei der europäischen Chemikalienpolitik gibt. Da gerade auch in Rheinland-Pfalz heftig über diese Studie und über die Chemikalienrichtlinie gestritten wurde und aufgrund der Tatsache, dass die Landesregierung schon des Öfteren in Brüssel interveniert hat, ist die Diskussion vor Ort in Rheinland-Pfalz wichtig. Nicht nur die Landesregierung, sondern natürlich auch die Chemische Industrie, allen voran die BASF in Ludwigshafen, haben immer wieder in Brüssel interveniert, dass sich die Chemikalienrichtlinie ändern soll.

Ich möchte vorab sagen, für uns ist die Chemikalienrichtlinie ein Meilenstein in der europäischen Umweltpolitik wie auch in der weltweiten Umweltpolitik. Sie ist nicht nur ein Meilenstein in der Umweltpolitik, sondern sie ist auch ein Meilenstein im Verbraucherschutz. Es kann, es wird und es muss in Europa gelingen, Verbraucherschutz beispielhaft darzustellen und umzusetzen. Die Chemikalienrichtlinie hat die Möglichkeit, Gesundheit bei den Menschen zu fördern, Krankheiten zu vermeiden, aber auch Kosten zu sparen. Wir haben gerade über eine Mündliche Anfrage zu den Kosten bei den Krankenkassen beraten und wissen alle, dass Allergien und Krankheiten aus der Umweltreizung zunehmen. Von daher ist es wichtig, dass Chemikalien getestet werden. Daher ist die Chemikalienrichtlinie ein Meilenstein für den Verbraucherschutz und für den Umweltschutz, und deswegen ist sie so wichtig für Europa.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)