Frau Ministerin, Sie sprachen an, dass bundesweit versucht wird, eine familienfreundlichere Personalpolitik in den Betrieben zu unterstützen. Das Land RheinlandPfalz ist mit einem sehr guten Beispiel vorangegangen. Haben Sie einen Überblick darüber, wie die Zertifizierung „Audit Beruf und Familie“ in anderen Bundesländern vonseiten der Arbeitsministerien unterstützt wird? Geschieht das in gleichem Maß?
Meines Wissens gibt es kein Bundesland, das eine solche Offensive gestartet hat. Man muss sagen, dass die Bundesinitiative inzwischen mit sehr viel Nachdruck gestaltet wird. Bundesweit gibt es nach meiner Kenntnis zurzeit 160 Betriebe, die in der Grundzertifizierung drin sind. Das bedeutet, es ist wirklich notwendig, dass landesweit entsprechende Initiativen ergriffen werden. Unsere erste Erfahrung mit den Unternehmen ist, dass wir nur über eine persönliche Ansprache weiterkommen. Das war der Grund, warum wir als Arbeitsministerium gesagt haben, wir steigen ein. Eine vergleichbare Förderung dieser Art gibt es bundesweit nirgends außer in Rheinland-Pfalz.
Frau Ministerin, Sie sprachen eben davon, dass das MASFG sich beteiligt hat. Welche Ergebnisse hat diese Auditierung für das MASFG gehabt?
Von Ergebnissen kann man im Moment noch nicht sprechen. Dafür ist dieser Prozess einfach zu jung. Wir glauben schon, dass es erfolgreich ist, nach einer so kurzen Zeit schon 55 Unternehmen, die in der konkreten Beratung sind, gewonnen zu haben. Für uns als Arbeits- und Familienministerium ist es wichtig, dass wir uns ganz energisch auch den Bereich der Arbeitswelt anschauen, weil wir von vielen jungen Müttern und Vätern wissen, dass ihr Problem einmal das Thema „Betreuung“ ist, bei dem meine Kollegin Ahnen sehr intensiv Maßnahmen immer weiterentwickelt, und das andere Thema ist: Was nutzt uns die Betreuung, wenn der Arbeitgeber eigentlich von Familie nichts versteht und nichts damit am Hut hat? – Deshalb forcieren wir das, verbunden mit intensiven Beratungsmöglichkeiten die wir über ESF fördern können, zum Beispiel zur Arbeitszeitgestaltung. Wir
merken, dass viele kleinere und mittlere Unternehmen eigentlich noch nicht genug Kompetenz haben, um das auch umzusetzen.
Frau Ministerin, ist mein Eindruck richtig, dass sich dieses Audit auch insbesondere an kleine Unternehmen richtet, weil hier vorhin von 25 Mitarbeitern die Rede war, die eine 100%ige Förderung bekommen?
Inwieweit werden auch gezielt männliche Arbeitnehmer angesprochen, weil das immer noch eine einseitige Frauensache ist?
In Rheinland-Pfalz leben wir eigentlich von den kleineren und mittleren Unternehmen. Dazu kommt, dass die großen Unternehmen, die weltweit agierenden Unternehmen, eigentlich schon lange erkannt haben, dass sie das Thema „Familienfreundlichkeit“ aufnehmen müssen. Wenn man sich Betriebe anschaut, die Firma Boehringer, die BASF und die Firma Schott, dann sind diese längst so weit, dass sie eigene Programme im Sinn von familiengerechter Arbeitswelt für sich entwickelt haben.
Deshalb ist unser Fokus in der Tat die kleinen und mittleren Unternehmen in Rheinland-Pfalz, auch weil wir die Ressentiments kennen. Ein kleiner Betrieb ist oft in der Situation, dass er sagt: Ja ja, das ist in den großen Unternehmen leicht machbar, aber bei uns ist das alles sehr problematisch. – Deshalb erscheint es uns wichtig, dass wir konkret mit den kleinen und mittleren Unternehmen Kontakt aufnehmen und sie auch beraten, was ein kleiner und mittlerer Betrieb zu diesem Thema beitragen kann.
Das Angebot ist sehr individuell, das heißt, jeder Betrieb beginnt dort, wo er gerade steht. Das bedeutet auch: Wenn der Betrieb sehr männerdominiert ist, vielleicht stärker als andere, dass auch darauf ein besonderer Fokus gerichtet ist, zu vermitteln, dass es dort auch eine Verantwortung gibt. Wir versuchen also schon, auch über die Hertie-Stiftung Maßnahmen zu entwickeln, die Männern und Frauen nutzen und Männer und Frauen ermutigen, tatsächlich zu dem Thema „Familie“ zu stehen und auch ihre Rolle anzunehmen.
Frau Ministerin, die Bundesregierung hat bereits in der ersten Hälfte der neunziger Jahre den Wettbewerb „Der
familienfreundliche Betrieb“ gestartet. 1994 gab es das Internationale Jahr der Familie, das sicher auch noch einmal als Katalysator gewirkt hat.
Meine Frage: Wie unterscheidet sich das jetzige Audit von dem damaligen Wettbewerb? Konnte auch im Weg der Nachhaltigkeit politischen Handelns Betrieben, die damals prämiert wurden, beigebracht werden bzw. Überzeugungsarbeit geleistet werden, dass diese auch weiterhin mitmachen und ihre Angebote ausbauen?
Frau Abgeordnete Schneider-Forst, es gibt nach wie vor diesen Wettbewerb, der auch nach wie vor eine große Rolle spielt. Ich glaube, der entscheidende Unterschied zu dem Wettbewerb und zu den Maßnahmen in der Vergangenheit liegt deutlich darin, dass man mit einem sehr intensiven Angebot ganz individuell auf Unternehmen zugeht, das heißt, man überlässt es nicht den Unternehmen, sondern man bietet offensiv Hilfe und Unterstützung an, damit sie sich auf dem Weg der Familienfreundlichkeit bewegen können.
Für mich war es wirklich ein Aha-Erlebnis, weil Renate Schmidt gemeinsam mit Wolfgang Clement diese Initiative gegründet hat, mit wie viel Power die Familienministerin von Anfang an bei diesem Thema war, es aber am Anfang eigentlich nicht viel Bewegung gab. In den letzten Monaten sieht man deutlich auch an den Zahlen, dass sie steigen, überdimensional im Verhältnis zum ersten Jahr. Ich bin ganz sicher, dass aufgrund dieser Organisation über die Hertie-Stiftung, über die individuelle Beratung man tatsächlich erheblich mehr Unterstützung organisiert hat und damit auch zu erheblich besseren Zahlen und Ergebnissen kommen wird, als das früher der Fall war, als man einfach auf den Wettbewerb gesetzt hat.
Frau Ministerin, Sie hatten eben schon die besondere Stellung der kleinen und mittleren Unternehmen in Rheinland-Pfalz angesprochen. Ich darf dazu noch eine Nachfrage stellen. Inwieweit wird durch dieses „Audit Beruf und Familie“ vonseiten Ihres Ministeriums Beratung stattfinden, bei kleineren und mittelständischen Unternehmen Verbünde zu gründen, beispielsweise für Kinderbetreuung und andere Dinge, die sich als familienfreundlich zeigen?
Das Audit beinhaltet schon, dass es zwei Moderatoren, Moderatorinnen gibt, die den Zertifizierungsprozess in Unternehmen unterstützen und begleiten. Das bedeutet:
Das Unternehmen steht nicht allein da. Sie geben Vorschläge, was individuell in diesem Betrieb an Veränderung usw. möglich ist.
Wir haben ein Zusatzmodul entwickelt im Bereich der Arbeitszeiten. Das bieten wir schon länger an. Im Rahmen dieses Audits bieten wir an: Wenn für kleinere oder mittlere Unternehmen die Problematik „neue Arbeitszeitgestaltung“ irgendwie schwer handhabbar ist, dass es eine spezielle Beratung im Bereich „Arbeitszeitgestaltung“ gibt. Das ist ein schwieriges Thema. Deswegen schien es uns besonders wichtig, entsprechendes Knowhow zur Verfügung zu stellen.
Frau Ministerin, Sie haben mitgeteilt, dass sich bereits 55 Unternehmen um diese Zertifizierung bemühen. Können Sie uns sagen, welche Struktur diese Unternehmen haben? Sind das eher die kleinen oder eher die mittleren Unternehmen?
Die 55 Unternehmen sind im Gespräch. Sie interessieren sich für das Audit. Ich will nicht, dass hier festgestellt wird, dass das die Unternehmen sind, die schon sozusagen vor Vertragsabschluss stehen. Das ist nicht der Fall. Sie haben vielmehr Interesse bekundet und stehen mit der Hertie-Stiftung im Beratungsgespräch.
Zur Struktur kann ich jetzt im Moment leider aus dem Kopf nichts sagen. Das kann ich Ihnen aber gern mitteilen lassen.
Frau Ministerin, Sie haben gesagt, Sie erreichen damit einen Teil der Unternehmen. Sind Sie mit mir der Auffassung, dass sich für das Ziel einer familienbewussten Arbeitswelt die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern dieses Themas verstärkt annehmen müssten?
Ich bin dezidiert dieser Meinung. Deswegen war ich auch sehr froh, dass der Wirtschaftsminister mit mir gemeinsam bei der IHK Rheinhessen dieses Projekt vorgestellt hat. Die Kammern haben auch deutlich zuge
sagt, dass sie sich stärker um dieses Thema bemühen werden und auch dazu bereit sind, dass wir entsprechende Informationsveranstaltungen und Ähnliches mit ihrer Unterstützung durchführen können. Es ist aber vollkommen klar, dass wir auf die Kammern angewiesen sind, weil sie einen völlig anderen Zugang zu den Betrieben haben, als wir das von der Politik aus haben.
Frau Ministerin, in der letzten Stadtratsitzung hat der Stadtrat in Mainz beschlossen, dass er sich an diesem Prozess beteiligen will. Wie viel andere Kommunen sind interessiert und inwieweit ist der öffentliche Dienst überhaupt an diesem Verfahren beteiligt? Gibt es Bemühungen, dort im Besonderen dieses Audit durchzuführen?
Wir sind sehr froh darüber, wenn die Kommunen sich diesem Auditierungsprozess anschließen. Vorreiter – das muss man klar sagen – war der Landkreis Simmern gewesen. Sie sind auch schon komplett zertifiziert. Wir sind dann als Ministerium gefolgt. Es gibt immer mehr Kommunen, die sagen: Es ist auch unsere Aufgabe einzusteigen. Ich kann sie jetzt nicht konkret benennen. Sie tröpfeln aber so allmählich ein.
Ich möchte aber noch einmal zur Finanzierung dieser Angelegenheit eine Bemerkung machen. Es ist als Arbeitsministerium nicht in unserem Interesse, dass wir jetzt die Verwaltungen in dieser Zertifizierung finanziell unterstützen, sondern wir wollen tatsächlich den Wirtschaftsbetrieb. Wir wollen aber auch gleichzeitig signalisieren, dass es Aufgabe der Verwaltung ist, sich dieses Themas zu stellen. Wir begrüßen das und unterstützen auch gern. Wir werden aber auch darauf achten, dass unser ganzes Geld nicht in die Verwaltungsschiene geht, sondern tatsächlich sich im Wirtschaftsbereich eingesetzt wird.
Frau Ministerin, es gibt Berufe, die fast ausschließlich männerdominiert sind, Baugewerbe, Baunebengewerbe. Wissen Sie, ob von dorther bereits Interesse angemeldet worden ist, oder könnte das umgekehrt eine besondere Zielgruppe sein?
Wir wissen inzwischen schon von zwei Bauunternehmen, worüber wir sehr glücklich sind, die Interesse signalisiert haben. Ich habe in absehbarer Zeit auch noch ein Gespräch mit dem Chef eines größeren Baubetriebs.
Wir haben ganz großes Interesse daran, dass auch die Betriebe, die überwiegend Männer beschäftigen, sich mit diesem Thema auseinander setzen, damit auch Männer die Chance haben, in einem familiengerechten Betrieb zu arbeiten, um damit Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Friederike Ebli und Günter Rösch (SPD), Aktuelle Entwicklung der Krankenkassenbeiträge in Rheinland-Pfalz – Nummer 8 der Drucksache 14/4190 – betreffend, auf.
Presseberichten zufolge beabsichtigt die AOK Rheinland-Pfalz, ihren Beitragssatz zum 1. Juli 2005 von 14,2 % auf 13,3 % zu senken.
1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Beitragssatzsenkung der AOK Rheinland-Pfalz und der anderen Krankenkassen in RheinlandPfalz?
2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Entwicklung der Krankenkassenbeiträge in Rheinland-Pfalz im Vergleich zur Entwicklung auf Bundesebene?
3. Werden aus Sicht der Landesregierung die Vorgaben des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) umgesetzt?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Friederike Ebli und Günter Rösch beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt: