Protokoll der Sitzung vom 14.09.2005

Meine Damen und Herren, dass das Landesnaturschutzgesetz ein schlankes und gut verständliches Gesetz ist, wird am Beispiel der Eingriffsregelung deutlich. Bei der Normierung dessen, was kein Eingriff ist, wird auf die Grundsätze der guten fachlichen Praxis in der Fachgesetzgebung für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten verwiesen. Besonders hervorheben möchte ich die Regelung des § 49, die der FDP immer besonders am Herzen gelegen hatte. Ich meine damit die Entschädigungsregelung. Konkret handelt es sich um Ausgleichszahlungen in Geld für die die soziale Bindung übersteigende Einschränkung der Nutzbarkeit bzw. für eine Nutzungsbeschränkung land- und forstwirtschaftlicher Flächen.

An die Stelle einer Ausgleichszahlung in Geld kann, soweit dies möglich ist, der Vertragsnaturschutz stehen. Im Rahmen der Entschädigungsregelungen ist festgehalten, dass die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung kein Eingriff ist, soweit die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden.

Meine Damen und Herren, ich habe das Gefühl, die CDU versucht in ihrem Antrag aus dem Naturschutzgesetz ein Landwirtschaftsgesetz zu machen. Das wird natürlich nicht die Zustimmung unserer Fraktion erfahren. Das gilt auch – Herr Kollege Creutzmann hat das schon angedeutet – für den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Meine Damen und Herren, eine aus unserer Sicht zu begrüßende Vereinfachung ist die Bagatellregelung. Ihr liegt der Gedanke zugrunde, dass bestimmte Maßnahmen in der Regel die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und das Landschaftsbild nicht nachteilig beeinflussen. Die Regelung hat eine gewünschte Reduktion der Genehmigungsvorbehalte zur Folge und ist ein guter Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Anwendungsfreundlichkeit des Gesetzes und findet daher die volle Unterstützung unserer Fraktion.

Meine Damen und Herren, ein Wort zu den Naturparken in § 21 des Gesetzes. In dem Entwurf einer Rechtsverordnung Naturpark Pfälzerwald wird konkretisiert, was mir persönlich – daraus mache ich keinen Hehl – wegen des regionalen Bezugs sehr am Herzen liegt.

(Stretz, SPD: Mir auch!)

Ich meine den Bestandsschutz für das Betreten und Durchwandern von Kernzonen, der in dem Verordnungsentwurf Platz gefunden hat. Ich erwähne dies deswegen, weil ich mich persönlich wie auch der Kollege Stretz für diese Regelung eingesetzt habe.

Meine Damen und Herren, die Fraktionen der SPD und FDP haben einen gemeinsamen Änderungsantrag vorgelegt, in dem zwei wesentliche Punkte geregelt werden sollen.

Zum Ersten wird das Betretensrecht in der Weise erweitert, dass Reiten und Kutschfahrten auf Privat- und Wirtschaftswegen zugelassen sind. Für diese Regelung gibt es einen großen Bedarf.

Herr Kollege Schmitt, dies ist gerade für die Gemeinden, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, Fremdenverkehr zu entwickeln, eine sehr wichtige Entscheidung gewesen. Reiten und Kutschfahrten sind wichtige Komponenten der Freizeitgestaltung und der Erholung. Sie haben darüber hinaus auch positive touristische Effekte, welche den Kommunen zugute kommen.

Meine Damen und Herren, ich denke, das ist auch ein Stück kommunaler Selbstverwaltung. Die Kommunen, die das letztendlich nicht wollen, können dies per Satzung regeln. Insofern ist dies eine gute Sache.

Zweitens hat unsere Fraktion bei der Regelung der Zuständigkeiten in Sonderheit der Duldungspflicht des § 43 Wert darauf gelegt, dass nur solche Grundstücke, Gebäude und Räume betreten werden dürfen, die betrieblich oder geschäftlich genutzt werden. Private Räume, Grundstücke und Gebäude unterfallen nicht dieser Duldungspflicht.

Meine Damen und Herren, damit wird sichergestellt, dass die Privatsphäre der Grundeigentümer nicht über Gebühr und nicht ohne speziellen Grund beeinträchtigt werden darf.

Meine Damen und Herren, der Antrag der CDU, der bereits im Umweltausschuss andiskutiert worden ist, enthält neben der Absicht, das Naturschutzgesetz zu einem Landwirtschaftsgesetz umzufunktionieren, auch sonst keine nennenswerten Vorschläge, die zu einer

Verbesserung oder Optimierung des Gesetzes führen. Aus diesem Grund wird unsere Fraktion diesen Antrag ablehnen.

Meine Damen und Herren, Frau Ministerin Conrad, was die Gesamtwertung des Naturschutzgesetzes angeht, so möchte ich Ihnen das Kompliment machen, dass es sich um ein sehr gutes Gesetz handelt, welches zielführend in die richtige Richtung weist. Ich darf mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken.

(Beifall der FDP und der SPD)

Das Wort hat Frau Umweltministerin Conrad.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig. Ich bin Herrn Abgeordneten Stretz, Herrn Abgeordneten Hohn und Herrn Abgeordneten Dr. Braun dankbar, dass sie es noch einmal betont haben: Das Ziel einer modernen Naturschutzpolitik ist die nachhaltige Entwicklung von Natur und Landschaft. Dies ist die Überschrift und das Ziel dieses Gesetzes; denn der Regierungsentwurf, der heute für ein modernes Landesnaturschutzgesetz zur Abstimmung steht, stellt hierfür die rechtlichen Weichen. Das Naturschutzgesetz setzt die inhaltlichen Ziele, stellt die erforderlichen Instrumente zur Verfügung und basiert auf einem dialogorientierten Politikansatz.

Bei den Zielen geht es darum, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, die biologische Vielfalt, die Eigenart, die Vielfalt und Schönheit von Natur und Landschaft, aber auch – ich sage das bewusst – die Nutzung der Naturgüter auf Dauer zu erhalten und zu entwickeln.

Wir nehmen die notwendigen Wechselbeziehungen zwischen Natur und Kulturlandschaft, Natur und Tourismus, Natur und Sport und – ich will es ausdrücklich betonen, weil dies in Zukunft noch eine viel dominantere Fragestellung sein wird – Klimaschutz und Naturschutz auf.

Die Grundsätze präzisieren, dass man im Vollzug abwägend und vernetzt denken muss. Wir stellen bewusst diese Abwägungsgesichtspunkte für die Anwendung der Vorschriften an den Anfang.

Gerade wegen der Bedeutung der Primärproduktion in der Land- und Forstwirtschaft als Existenzgrundlage kommt dem Verhältnis der Landnutzung zu den Schutz- und Erhaltungsbedürfnissen der Natur eine zentrale Bedeutung zu. Deswegen – Herr Hohn ist dankenswerterweise ebenfalls darauf eingegangen – habe ich die Überschrift „Naturschutz durch Nutzung“ gewählt. Ich habe diese deswegen so formuliert, weil ich eine Brücke schlagen will zwischen den Belangen der Natur und des Artenschutzes auf der einen Seite und der an vielen Stellen gebotenen Bewirtschaftung, sei es zur Existenz

sicherung oder aus naturschutzfachlichen Gründen, auf der anderen Seite.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Miteinander anstatt Konfrontation ist und wird zunehmend Praxis vor Ort. Manchmal habe ich den Eindruck, dass dies alle gemerkt haben, nur die CDU noch nicht.

(Beifall der SPD)

Dies zeigt sich gerade darin, wenn wir Partnerbetriebe – Winzer wie Landwirte – für das Biosphärenreservat Pfälzerwald und Nordvogesen gewinnen, einvernehmlich – auch unter Beteiligung der Naturschutzverbände – wie beim Polder Ingelheim ohne Klagen der Landwirtschaft Hochwasserschutz umsetzen oder Landwirte gewinnen, um ökologisch wertvolle Flächen zu pflegen, zum Beispiel durch unsere Beweidungsprojekte.

In dem Landesgesetz zur nachhaltigen Entwicklung von Natur und Landschaft wird allerdings auch von der Landwirtschaft grundsätzlich erwartet, dass sie die Grundsätze der guten fachlichen Praxis einhalten muss.

Tut sie dies, genießt sie eine Vielzahl von Privilegien. So ist sie zum Beispiel von einer Eingriffsregelung freigestellt. Es gilt die Vermutung der Verträglichkeit mit den NATURA-2000-Erhaltungszielen. Schließlich wird ein Ausgleich gewährt, wenn die bisher zulässige landwirtschaftliche Nutzbarkeit eingeschränkt werden sollte. Im Übrigen sind auch die Waldbesitzer mit der Regelung über die ordnungsgemäße Forstwirtschaft sehr zufrieden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will noch auf ein paar andere Punkte eingehen. Die bereits bisher bestehenden Vorschriften über die Landschaftsplanung werden allgemein als vorbildlich beurteilt. Wir ergänzen sie um ein Landschaftsprogramm, welches die naturschutzfachliche Grundlage für die Landesentwicklungsprogramme bilden soll. Ich denke, das trägt auch zur Qualität, Stärkung des Naturschutzes und Verzahnung der unterschiedlichen Entwicklungsinteressen bei.

Ein zentrales Instrument und von großer Bedeutung für die Praxis vor Ort ist die Eingriffsregelung. Erfolg und Verständnis für den Naturschutz hängen maßgeblich davon ab, wie die Eingriffsregelung ausgestaltet und in der Praxis gehandhabt wird. Ich sage ganz deutlich: Ich wünsche mir auch vor dem Hintergrund der schon bestehenden Regelungen, dass man manchmal flexibler und auch mutiger ist.

Unser Gesetzentwurf eröffnet große Spielräume für flexible und der jeweiligen Situation vor Ort angepasste Lösungen, Lösungen in größeren räumlichen Zusammenhängen, die den Interessen der kommunalen Entwicklung, manchmal auch der Landwirtschaft und dem Naturschutz gleichermaßen zugute kommen. Ich will das begründen. Dort, wo die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzung nach der guten fachlichen Praxis erfolgt, ist dies in der Regel kein Eingriff.

Der Gesetzgeber eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, Bagatellfälle aus der Eingriffsregelung herauszu

nehmen. Der Entwurf der Rechtsverordnung befindet sich bereits in der Anhörung.

Frau Schneider, was das Thema „Bodenbewässerung“ betrifft, hätten Sie das Gesetz lesen sollen. Es ist zunächst einmal kein Eingriff. Erst dann, wenn man großflächig und über 1,5 Hektar bewässert, ist es grundsätzlich als Eingriff zu werten. Auch das gehört zu dem Thema „Verhältnismäßigkeit im Umgang mit der Landwirtschaft“ dazu.

Eine weitere Flexibilisierung eröffnen Ökokonto und Ökopool. Bereits im Vorfeld von Eingriffen können Kompensationsmaßnahmen mit der Naturschutzbehörde vereinbart, zusammengefasst und durchgeführt werden.

Ein Kompensationsflächenkataster erleichtert den Vollzug – nicht, was ich teilweise gehört habe, dass es ihn erschweren würde –, weil dadurch aktuell, schnell und zuverlässig überblickt werden kann, welche Einzelmaßnahmen und welche Flächenbelegungen bereits bestehen und wo geeignete Ausgleichs- und Ökokontomaßnahmen zur Verfügung stehen. Hierdurch wird erst ein effizientes Flächenmanagement vor Ort unterstützt. Die Tatsache, dass wir die Ausgleichsmaßnahmen nach dem Bauplanungsrecht auf derselben Plattform führen, heißt doch in Zukunft, dass wesentliche Vereinfachungen für die Kommunen entstehen.

Damit nicht genug, wir unterstützen die Kommunen auch bei der Umsetzung durch eine bereits aufgebaute optimierte Liegenschaftsverwaltung – OLIV –, die auf Geobasisdaten basiert. Die unteren Naturschutzbehörden erhalten die Software vom Land unentgeltlich und werden auch geschult. Auf die Kommunen kommen keine Belastungen zu. Das bereits notwendigerweise bestehende Datenmanagement bei den Kommunen kommt von den Aktenschränken einfach auf eine komfortable Software, die für jedermann und für jede Frau wesentlich einfacher und auch transparenter ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf NATURA 2000 eingehen. Mit dem Landesnaturschutzgesetz werden – wie bereits in der Vorschaltnovelle – die NATURA-2000-Gebiete gesetzlich ausgewiesen. Dieser rheinland-pfälzische Weg findet in anderen Ländern zunehmend Interesse und auch Nachahmung. Sie haben auch gehört, dass der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 1. September 2005 genau diesen Weg, die Gebietsausweisung durch Gesetz, bestätigt und klargestellt hat, dass die Ausweisung nur nach naturschutzfachlichen Kriterien erfolgen darf.

Herr Schmitt, ich erinnere mich an so manche Debatte hier, bei der Sie das ganz anders von uns verlangt haben. Sie wollten das nicht glauben. Vielleicht glauben Sie jetzt dem Verfassungsgerichtshof.

Er betont, dass durch die rechtsförmliche Ausweisung Planungssicherheit für die Kommunen geschaffen worden ist und das Gesetz – ich zitiere – „offen für die Berücksichtigung legitimer Planungsinteressen der Gemeinden ist“. Der Verfassungsgerichtshof bestätigt mit diesem Urteil die Auffassung und die Politik der Landesregierung, dass auch in NATURA-2000-Gebieten kom

munale Entwicklungen möglich sind und auch sein müssen.

Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass die Opposition die Vorschaltnovelle abgelehnt hat, mit all den Risiken, die damit verbunden gewesen wären.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Landesnaturschutzgesetz setzt auf Dialog, gegenseitige Vereinbarung und nicht auf einseitige hoheitliche Regelungen. Dies wird insbesondere beim Vertragsnaturschutz deutlich. Ich denke auch, dass wir eine Gesetzesfolgenabschätzung im Vorfeld durchgeführt haben, bestärkt dies nur.

Wir stärken das ehrenamtliche Engagement. Ohne dies wären die Ziele dieses Gesetzes in der Fläche sicher nicht umsetzbar. Die Vorschriften zum Naturschutzbeirat, zur Mitwirkung von Verbänden und zur Bestellung von Naturschutzbeauftragten sind Kernelemente für die ehrenamtliche Tätigkeit.

Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Der Gesetzentwurf stellt klar, dass die Naturschutzbeauftragten keine hoheitlichen Befugnisse ausüben, sondern vor Ort für den Gedanken des Naturschutzes werben und die Träger von Naturparken bei der Bildungsarbeit unterstützen. Das ist insofern eine Präzisierung und keine Ausweitung, wie dies fälschlicherweise manchmal gegen besseres Wissen immer noch vor Ort behauptet wird.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich ganz herzlich für die Beratungen und die Unterstützung bedanken. Das Landesnaturschutzgesetz ist effizient, es ist flexibel im Vollzug, es setzt auf Kooperation und Dialog mit den Bürgern, und es schafft ein modernes, auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Naturschutzrecht für unser Land Rheinland-Pfalz.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)