Protokoll der Sitzung vom 14.09.2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDUFraktion begrüßt daher ausdrücklich, dass die Landes

regierung die Richtlinie lediglich 1 zu 1 umgesetzt hat. Hier wollte man sicherlich nicht den gleichen Fehler machen wie insbesondere die noch amtierende Bundesregierung, die oftmals über die 1-zu-1-Umsetzung hinausgegangen ist.

Die CDU-Fraktion spricht sich daher grundsätzlich dafür aus, EU-Richtlinien künftig ausschließlich 1 zu 1 umzusetzen und nur dann noch etwas draufzulegen, wenn es dem Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen dient. (Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ausdrücklich begrüßen wir daher, dass der Vorschlag des BUND, anerkannte Naturschutzverbände generell von der Gebührenpflicht für Umweltinformationen zu befreien, nicht im Gesetzentwurf aufgenommen worden ist.

Hinsichtlich der Kosten, die auf die Kommunen zukommen, weist der vorliegende Gesetzentwurf eine Besonderheit auf. Das in der Landesverfassung verankerte Konnexitätsprinzip kommt hier leider nicht zum Tragen, obwohl es sich um ein Landesgesetz handelt. Es geht hier aber um die Umsetzung einer EG-Richtlinie aufgrund eines EG-Vertrags. Daher wird es leider nicht zum Zuge kommen.

Damit wird wieder einmal deutlich, dass Europa nicht nur in den Bereich des Bundes und der Länder, sondern bis in die Kommunen hinein wirkt. Für die zusätzliche Kostenbelastung, für die Kommunen insbesondere, gibt es keine Kompensation.

Wir begrüßen ferner, dass einige der wichtigsten Anmerkungen der kommunalen Spitzenverbände in dem Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt worden sind.

Mit einem Einwand allerdings wird sich nur unzureichend auseinander gesetzt. Frau Ministerin, ich denke, darüber kommen wir vielleicht noch im Ausschuss entsprechend zur Diskussion.

Bei Fällen einer unmittelbaren Bedrohung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt im Sinne des § 10 Abs. 5 sind nunmehr alle Behörden, also auch kleine Verbandsgemeinden und Stadtverwaltungen, verpflichtet, die Öffentlichkeit über Informationen, die die Gefahr betreffen, zu unterrichten. Sollte sich die Gefahr beispielsweise später als unbegründet erweisen, kann es vorkommen, dass auf die Trägerkommune Amtshaftungsansprüche zukommen.

Diese Gefahr ist umso mehr gegeben, als dass den kleineren Behörden oftmals das Fachpersonal, wie es dem Land zur Verfügung steht, fehlt und es so zu Fehleinschätzungen der Situation kommen kann. Hier sollten wir über das Gesetzgebungsverfahren noch einmal miteinander diskutieren und vielleicht eine Minimierung dieser Gefahr im Gesetz selbst verändern.

Beispielsweise könnte die Zuständigkeit für die Unterrichtung der Öffentlichkeit ausschließlich bei den Länderbehörden konzentriert werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden sicherlich im Ausschuss intensive Diskussionen miteinander führen. Ansonsten begrüßt die CDU-Fraktion den Gesetzentwurf und wird sich sicherlich für eine konstruktive Diskussion bereitstellen.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Das Wort hat der Kollege Stretz von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der so genannten Aarhus-Konvention wird das bestehende Recht auf Information über die Umwelt wesentlich erweitert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir den Hinweis, ich denke, wir alle wollen, dass die Menschen in unserem Land die Chance haben, zu erfahren, was im Einzelnen in verschiedenen Bereichen vor sich geht.

Auf europäischer Ebene umgesetzt hat der Bundesgesetzgeber nur für seinen Bereich bereits eine Regelung getroffen. Wir in Rheinland-Pfalz müssen ein eigenes Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie vorlegen. Frau Ministerin Conrad hat diesen Gesetzentwurf heute im Parlament eingebracht.

Besonders betonen möchte ich die 1-zu-1-Umsetzung. Frau Ministerin Conrad und auch Herr Kollege Lammert haben darauf hingewiesen. Ich glaube, an diesem Gesetzentwurf wird sehr deutlich, dass nichts draufgesattelt wurde. Der Bundesgesetzgeber hat im einen oder anderen Fall immer noch ein bisschen mehr getan. Wir in Rheinland-Pfalz wollten aber nicht über diese Informationsverpflichtung hinausgehen, wie sie in Europa formuliert wurde.

(Beifall der SPD und der FDP)

Die Richtlinie wird in ihrem verbindlichen Teil strikt umgesetzt. Alles andere, was im Bundesgesetz steht, haben wir in Rheinland-Pfalz nicht übernommen.

Im Gesetzentwurf wird der Begriff der Umweltinformation präzisiert. Die Umweltbestandteile Luft, Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft, natürliche Lebensräume und Artenvielfalt einschließlich genveränderte Organismen werden einzeln aufgeführt. Auch wird klargestellt, dass die Daten über die Wechselwirkungen zwischen den Umweltbestandteilen selbst auch als Information gelten.

Für jede natürliche und juristische Person wird ein Anspruch begründet, und dieser Anspruch muss auch nicht nachgewiesen werden. Man muss also nicht im Detail begründen, warum man etwas wissen möchte, man muss nur konkret sagen, was man wissen möchte. Das ist die Voraussetzung.

(Beifall bei der SPD)

In § 8 sind Ablehnungsgründe genannt. So besteht ein Anspruch auf diese Information nicht, wenn das Bekanntwerden der Information negative Auswirkungen auf die in § 8, Nrn. 1 bis 4 genannten Schutzgüter hätte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, aber in jedem Einzelfall muss eine Abwägung der Situation erfolgen.

§ 10 sieht eine Verpflichtung zur Verbreitung von Umweltinformationen vor, wenn die menschliche Gesundheit oder die Umwelt unmittelbar bedroht ist. Herr Kollege Lammert, in der Begründung zu diesem Gesetz wird sehr deutlich, dass es nur deklaratorischen Charakter hat, was im Gesetzestext steht, weil wir für Katastrophenfälle bereits ganz andere gesetzliche Regelungen haben. In diesem Fall wissen wir, wer zuständig ist, um zu alarmieren und die Rettungsdienste in Marsch zu setzen.

Zusammenfassend sind gegenüber der bisherigen Rechtslage folgende Änderungen eingetreten, die in diesem Gesetzentwurf deutlich werden:

Das individuelle Informationsrecht wird um eine Pflicht zur aktiven Umweltinformation ergänzt. Der Begriff der Umweltinformation wird erweitert. Der Adressatenkreis umfasst jetzt auch Privatpersonen, die öffentliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Die elektronische Aufbereitung der Daten wird gefördert. Im Gefahrenfall wird eine behördliche Warnpflicht eingeführt, und öffentliche und private Belange der Geheimhaltung müssen zusätzlich mit dem Zugangsinteresse abgewogen werden. So sind zum Beispiel Emissionsdaten künftig fast unbeschränkt zugänglich und verfügbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf wird im zuständigen Ausschuss zu beraten sein. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Dr. Braun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie alle haben schon aufgezählt, welche Änderungen das Gesetz beinhaltet. Auch wir begrüßen, dass die Landesregierung das Gesetz – man muss sagen – nun endlich umsetzt. Man kann auch der Auffassung sein, acht Jahre nach dem Beschluss in Aarhus ist dies eine gute Zeit. Es könnte etwas schneller gehen. Das Bundesgesetz ist schon seit längerem in Kraft.

Aber wir sehen auch noch einige Schwächen. Natürlich begrüßen wir, dass es ein individuelles Recht gibt, die Umweltinformationen zu erhalten. Ich muss betonen, wir haben als Grüne in den Umweltbewegungen und den politischen Bewegungen des Öfteren schmerzlich erfahren, dass es unmöglich war, an Informationen heranzukommen, die nach unserer Meinung eigentlich jedem zustehen müssten. Das sind Emissionsdaten. Jeder

muss doch wissen, wodurch die Luft, die er atmet, verschlechtert oder in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies sind nun aber auch Daten über die Gentechnik. Es ist sehr wichtig, dass wir wissen, wo gentechnisch veränderte Pflanzen stehen.

Wir sind aber der Auffassung, dass man einiges hätte besser machen können. In dem Gesetz ist beispielsweise vorgesehen, dass eine Behörde, von der eine Auskunft erbeten wird, die Anfrage zurückweisen kann, wenn sie nicht zuständig ist. Wir hätten uns aber gewünscht, dass diese Behörde dann zumindest Hilfestellung gibt und die Anfrage an die Behörde weiterleitet, bei der eine solche Auskunft zu erhalten ist; denn der Bürger oder die Bürgerin ist im Behördendschungel immer noch sehr oft hilflos. Wir haben keine zentralen Behörden, die alles beantworten können. Wir haben gehört, dass die Zuständigkeit oftmals sehr verschieden ist. Manchmal ist das Land zuständig, manchmal der Kreis, manchmal die Verbandsgemeinde. Insofern wäre eine Weiterleitung der Anfragen der Bürgerinnen und Bürger an die zuständige Behörde durchaus wünschenswert.

Mich hat heute sehr gewundert, dass die CDU fordert, alle EU-Richtlinien nur noch 1 zu 1 umzusetzen. Sie hat besonders betont, welch große Leistung es ist, dass diese Richtlinie 1 zu 1 umgesetzt worden ist.

Herr Lammert, ich habe schon den Zwischenruf gemacht, stellen Sie sich vor, es wäre gelungen, die Feinstaubrichtlinie rechtzeitig in Deutschland 1 zu 1 umzusetzen. Das wäre eine richtige Heldentat gewesen. Aber wir haben es nicht geschafft. Es ist nicht so, dass wir immer über die EU hinausschießen, sondern leider erfolgt die Umsetzung zumeist erst mit großer Verzögerung und Defiziten.

Herr Lammert, ich habe auch noch nie erlebt, dass jemand begrüßt, wenn der Antrag eines gesetzmäßig anerkannten Umweltverbandes abgelehnt wird, umsonst an Umweltinformationen heranzukommen. Das wäre für mich eine Selbstverständlichkeit. Sie von der CDU begrüßen es, dass der BUND diese Forderung nicht ins Gesetz bekommen hat, sondern dass er auch weiterhin zahlen muss.

Meine Damen und Herren, einerseits fordern Sie von der CDU immer, dass die Umweltverbände mehr finanzielle Unterstützung von der Regierung im Haushalt erhalten sollen, aber andererseits begrüßen Sie, dass es nicht geklappt hat, dass die Umweltverbände umsonst die Informationen bekommen wollen. Meine Damen und Herren, das verstehe, wer will. Ich verstehe es zumindest nicht.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich auch nicht!)

Ich kann es nicht nachvollziehen. Es ist doch klar: Zumindest die anerkannten Verbände müssen solche Informationen umsonst bekommen können, weil sie doch die Pflicht haben, Stellung zu nehmen. Es kann doch nicht sein, dass sie auch noch dafür zahlen müssen.

Positiv ist, dass inzwischen viele Daten elektronisch ohnehin vorhanden sind. Das heißt, es ergibt sich gera

de kein Mehraufwand für die Behörde und auch kein Mehraufwand für eine kleine Behörde, diese Informationen zur Verfügung zu stellen, weil sie ohnehin elektronisch vorhanden sind. Man kann die Informationen per E-Mail versenden oder sie weiterleiten, indem man sie ins Internet stellt, ohne dass dies einen Mehraufwand bedeuten würde. Das ist sehr positiv.

Das muss man aber aufbereiten, damit es die Bevölkerung auch verstehen kann. Das ist eine der Schwierigkeiten. Natürlich haben wir ganze Datenfriedhöfe, die kein Mensch durchforsten kann. Das heißt, es muss sehr bürgerfreundlich aufbereitet werden, was an Daten vorhanden ist. Dafür setzen wir uns ein.

Ich sage auch einmal, wir hätten nichts dagegen, wenn dazu eine Anhörung der Betroffenen im Ausschuss durchgeführt würde. Herr Lammert, Sie sagten, Sie wollten sich konstruktiv einbringen. Sie haben Änderungsvorschläge vorgelegt, und ich hoffe, dass Sie auch einer Anhörung zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Hohn das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde mich kurz fassen. Bürgerinnen und Bürger haben einen legitimen Anspruch darauf, dass politische Entscheidungsverfahren nachvollziehbar, begründet und transparent gemacht werden. Dieser Bedarf besteht national und international. Das neue Umweltinformationsrecht trägt diesem Bedarf nach unserer Meinung umfänglich Rechnung.

Ausgangspunkt – das wurde schon erwähnt – ist das UNECE-Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, also die so genannte Aarhus-Konvention.

Diese Konvention ist auf EU-Ebene umgesetzt. Die Bundesregierung hat ein Bundesumweltinformationsgesetz beschlossen, das allerdings ausschließlich für die Stellen des Bundes und bundesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts gilt. Das bedeutet, der Landesgesetzgeber muss ein eigenes Gesetz beschließen, um diese Rechtsmaterie zu regeln. Ob dieses Vorgehen des Bundes sinnvoll ist, mag aus unserer Sicht dahingestellt bleiben. Jedenfalls müssen alle 16 Bundesländer jeweils eigene Landesgesetze zum Umweltinformationsrecht beschließen.

Meine Damen und Herren, wenn EU-Regelungen umgesetzt werden, achtet unsere Fraktion sehr aufmerksam darauf, dass sowohl im Bundes- als auch im Landesrecht nichts zusätzlich draufgesattelt wird. Der vorliegende Entwurf des rheinland-pfälzischen Landesgeset

zes hält sich genau an die Vorgaben der EU-Richtlinie. Er beachtet im Interesse eines bundesweit einheitlichen Vollzugs die bundesrechtlichen Vorgaben, soweit diese nicht über die EU-Richtlinie hinausgehen. Diese 1-zu-1Umsetzung findet die ungeteilte Zustimmung unserer Fraktion.