Frau Kollegin Morsblech, Sie hatten sich zuerst gemeldet. Es geht bei mir nach dem Eingang. Ich würde gern manipulieren, wenn Sie mir das erlauben. Frau Kollegin Morsblech, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Es war mir nicht bewusst, dass es hier so ist wie bei der Post. Da geht es auch nach dem Eingang. Dennoch möchte ich auch gern auf das gestellte Thema eingehen. Als Ministerin Ahnen am 9. November dieses Jahres die aktuelle Schulstatistik veröffentlicht hat, gab es bereits im Vorfeld der Veröffentlichung auffallend deutliche Kritiken seitens der GEW und seitens der Lehrerinnen- und Lehrerverbände.
Natürlich kann man – das wird mit Sicherheit auch gleich von der SPD-Fraktion und der Regierung gesagt wer
den – zunächst einmal anhand der reinen Zahlen der Schulstatistik feststellen, dass sich die aktuelle Situation durch einen hohen Versorgungsgrad auszeichnet und die Situation derzeit zufriedenstellend ist.
Ich denke, dennoch dürfen die aktuellen Zahlen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Bereich der Unterrichtsversorgung Probleme gibt. Der Kollege Keller hat bereits einzelne Fächer genannt. Die Probleme können sich in der Tat ausweiten, wenn wir darauf nicht rechtzeitig reagieren, wenn hierzu nicht Vorsorge getroffen wird. In diesem Zusammenhang muss man nach Meinung der FDP-Fraktion die Warnung der Lehrerverbände vor einem drohenden Lehrernotstand ernst nehmen.
Wenn man sich die Altersstruktur der Lehrerkollegien ansieht, dann steht uns in der Tat eine große Pensionierungswelle bevor, für die rechtzeitig Vorsorge getroffen werden muss. Dieser massive Hinweis seitens der Verbände ist von der Landesregierung meiner Ansicht nach nicht so ernst genommen worden, wie es nötig gewesen wäre. Sie sind hier dringend gefordert, Antworten zu geben.
Wenn man sich die Politik der neuen Landesregierung ansieht, dann läuft sie tatsächlich diametral in die falsche Richtung. Gerade im Rahmen des durch die Föderalismusreform verschärften Länderwettbewerbs ist es eine komplette Fehlsteuerung, wenn man an der Spitze von Ministerien Höhergruppierungen vornimmt und dann im Gegenzug dazu die Einstiegsbesoldung auch für junge Lehrerinnen und Lehrer für Sparmaßnahmen heranzieht.
Wir haben große Bereiche, die an andere Bundesländer angrenzen. Natürlich haben junge Lehrerinnen und Lehrer, die möglicherweise gerade auch eine Familie gründen wollen, da andere Optionen. Wir vertreiben sie damit über die Grenzen in benachbarte Bundesländer. Wir haben jetzt bereits – damit möchte ich auf den zweiten Problemkreis eingehen – insbesondere an den Gymnasien und Realschulen, die in der Schulstatistik mit am unteren Ende der Versorgung stehen, eine Situation, die durch sogenannte Mangelfächer gekennzeichnet ist. Der Kollege hat bereits darauf hingewiesen. In einigen Fächern wird es zunehmend schwieriger, qualifizierten Lehrernachwuchs für unsere Schulen zu gewinnen. Das sind insbesondere auch Mathematik und Naturwissenschaften, worauf wir ein besonderes Augenmerk richten müssen. Es ist nicht so, dass die Opposition hier in diesem Haus nicht bereit wäre, auch konstruktiv an der Lösung solcher Probleme mitzuwirken.
Da stößt man aber als Abgeordnete dann auch unverschuldet mitunter an gewisse Grenzen; denn wenn ich
konstruktiv mitarbeiten möchte, muss ich das Problem erst einmal in seiner Gesamtheit erfassen können. Dazu gehören die notwendigen Informationen.
Wenn man sich die Schulstatistik ansieht, dann ist sie in der Tat gerade in dem Bereich, wo es Probleme gibt, relativ defizitär. Sie verkaufen den guten Versorgungsgrad. Das ist schön. Wir bekommen auch noch Einblick in die Entwicklung von Schülerzahlen und Klassengrößen, aber dann ist es aus. Das, was man eigentlich wissen müsste, nämlich die Zahl der künftigen Pensionierungen, wie es sich prospektiv entwickelt, oder auch die fächerspezifische Verteilung von Unterrichtsversorgung und regionale Unterschiede, kann man nicht ersehen. Die bleiben dem Parlamentarier verschlossen. Selbst auf einzelne Anfragen ist es offensichtlich äußerst schwierig, da etwas aus ihnen herauszubekommen.
Meiner Ansicht nach sind das aber in der Tat Probleme, die dringend in den gesamten politischen Raum gehören, an denen alle auch im Parlament mitarbeiten müssen. Deshalb rufe ich Sie auf – auch für den Bereich der Referendarausbildung und der Auslastung der Seminare in einzelnen Fächern, dieser Bereich gehört ausdrücklich mit dazu –, bitte stellen Sie uns die notwendigen Informationen und Daten zur Verfügung, damit wir auch diese Probleme konstruktiv mit anpacken können.
Meine Damen und Herren, natürlich gilt das auch für den kommenden Doppelhaushalt. Wir warten jetzt auf eine Aufstellung. Sie haben bereits angekündigt, dass Sie auch Neueinstellungen vornehmen werden. Das ist löblich und gut so. Aber natürlich muss man dann auch wirklich genau hinsehen und hinterfragen, wie viele von diesen Neueinstellungen letztlich in die von der Landesregierung vorangetriebenen Projekte gehen, wie das der Ganztagsschule, der zwei zusätzlichen Stunden in der Orientierungsstufe, wo immer noch nicht so klar ist, was damit überhaupt passiert, und wie der Rückgabe der Ansparstunden.
Dann kann man auch einen Überblick darüber bekommen, welches Plus an Unterrichtsversorgung in Rheinland-Pfalz mit diesen Stellen tatsächlich verbunden ist. Mehr dazu möchte ich im zweiten Teil ausführen.
gehört hat, dann kann man tatsächlich glauben, an rheinland-pfälzischen Schulen ist eine Form von Notstand ausgebrochen. Gleichzeitig sehen wir in der Statistik, dass wir in Rheinland-Pfalz eine Unterrichtsversorgung auf dem Niveau des letzten Jahres und so hoch wie kaum in einem anderen Bundesland haben.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wie in allen anderen Fällen auch lohnt sich immer der Blick über den Tellerrand auch in diesem Punkt. Wir haben vor Jahren schon versprochen – und dies immer wieder–, dass der Rückgang der Schülerinnen- und Schülerzahlen in diesem Bundesland nicht dazu führen wird, dass Stellen eingespart werden, sondern freie Kapazitäten zur Verbesserung der Pädagogik in den Schulen genutzt werden.
In der Zwischenzeit haben wir 100,5 % Unterrichtsversorgung an unseren Grundschulen. Wir nutzen diese Überkapazität zu zusätzlichen pädagogischen Angeboten, und wir denken nicht daran, Stellen abzubauen.
In der Zwischenzeit haben wir fast 100% Unterrichtsversorgung in unseren Hauptschulen, Regionalen Schulen und Dualen Oberschulen. Ich glaube kaum, dass man da die Krise des Schulsystems in Rheinland-Pfalz herbeireden kann.
Aber – meine sehr verehrten Damen und Herren, da können Sie sicher sein – wir nehmen auch dieses Problem ernst. Auch wir sehen, dass in diesem Land wie in allen Ländern der Bundesrepublik Nachwuchsprobleme in bestimmten Fächern bestehen.
Frau Kollegin Morsblech, da würde mich interessieren – ich höre mit Freude das Angebot konstruktiver Mitarbeit –, wie Sie den Vorschlag entwickeln würden, aus den wenigen Mathematikstudenten, die in der Zwischenzeit noch an der Universität Mainz studieren – es sind wirklich wenige; man kann sie einzeln kennenlernen –, zum Beispiel viele Mathematiklehrer werden zu lassen. Dafür brauchen Sie keine zusätzlichen Informationen, sondern wir müssen einfach feststellen, dass in den zurückliegenden Jahren ein Prozess auch bei der Wahl von Studienfächern stattgefunden hat, der dazu geführt hat, dass Studierende gewissen Fächern ausweichen, weil sie sie für zu schwer oder zu anspruchsvoll halten. Es gibt sicher auch andere Motive.
Dem müssen wir gemeinsam entgegenarbeiten -– das meine ich wirklich so –, indem wir den Leuten in der Schule, den Schülerinnen und Schülern, Mut zu solchen Fächern machen.
Herr Kollege Keller, was wir gemacht haben, ist, die Zahl der Plätze an den Studienseminaren deutlich auszuweiten. Sie sind in der Zwischenzeit fast verdoppelt, und in diesem Jahr kommen weitere 355 zusätzliche
Was auch hinzukommt und uns Mut macht, vielleicht nicht für das eine oder andere Fach, das wirklich Probleme macht, aber insgesamt für den Bereich des Lehramtes: Wir haben in diesem Semester 80 % mehr Studienanfänger für Lehramtsstudiengänge. Das sind in Zahlen immerhin 3.700 zusätzliche Studierende, die sich in Fächer des Lehramts begeben haben. Dann lassen Sie uns doch einfach einmal ein wenig auf die Qualität und das Studium dieser jungen Menschen hoffen; denn die werden in vier bis fünf Jahren in unseren Schulen an die Türen klopfen und eingestellt werden wollen.
Wenn ich jetzt höre, dass wir in diesem Bundesland offensichtlich nicht genug Vorsorge treffen, dann frage ich mich erstens, wie es geschehen konnte, dass Rheinland-Pfalz das Land mit den meisten jungen Lehrkräften geworden ist.
Meine Damen und Herren, wie konnte es geschehen, dass im Jahr 2001 5,8 % aller Lehrerinnen und Lehrer, die neu eingestellt worden sind, aus Rheinland-Pfalz kamen? Das entspricht so etwa – wenn ich richtig informiert bin – dem Königsteiner Schlüssel. Wir lagen 2001 ganz im Durchschnitt. Aber im Jahr 2005 sind 7,3 % aller neu eingestellten Lehrkräfte in der Bundesrepublik in Rheinland-Pfalz eingestellt worden. Das ist jetzt einmal weit überdurchschnittlich. Gleichzeitig – da braucht man nur die Pressemeldungen zu lesen – stellt man dann fest, dass zum Beispiel in Baden-Württemberg für das kommende Schuljahr 551 Lehrerinnen- und Lehrerstellen gestrichen worden sind. Wir aber bauen 240 und anschließend 220 Stellen aus.
Herr Kollege Keller, ich weiß nicht, in welchem Bundesland Vorsorge getroffen wird und in welchem nicht. Mir scheint, Rheinland-Pfalz ist auf der Vorsorgeseite.