Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

Selbst Sie wollen sicherlich die Büchereien in diesem Land nicht abschaffen. Man kann sich doch nicht einfach hinstellen und wie eine Monstranz vor sich hertragen, Bürokratie sei etwas Schlechtes. Bürokratie muss sich, weil es Aufwand bedeutet, am Nutzen messen, und der Nutzen der Lernmittelfreiheit ist wahrlich groß, weil über 100.000 Eltern in diesem Land von dieser Lernmittelfreiheit profitieren.

(Beifall bei der SPD – Ramsauer, SPD: Genau darum geht es!)

Das bedeutet dann auch Aufwand, und man muss auch bürokratische Verfahren anwenden. Ich finde, man sollte die Kirche im Dorf lassen.

Noch einmal dazu, was es für die Eltern bedeutet: Statt durchschnittlich 123 Euro für den Schulbuchkauf ein Leihentgelt von durchschnittlich 35 Euro, bei denjenigen, bei denen wir alles übernehmen, eine Ersparnis von 161 Euro. Auch das konnten wir mit unserem neuen System, mit dem Internetportal, das uns Informationen zur Verfügung stellt, alles erheben.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Furchtbarer Bürokratieaufwand!)

Ich finde, das ist keine Bürokratie, sondern das sind die Informationen, die wir brauchen, um zu bewerten, ob dieses System gut funktioniert hat.

Frau Abgeordnete Beilstein, auch ein Internetportal kann man noch optimieren. Das werden wir gern tun, wo es geht. Andere Länder wären heilfroh, sie hätten inzwischen ein solches Internetportal. Sie fragen interessiert bei uns an, ob man das nutzen kann. Ich sage noch eines dazu: An den gesunden Menschenverstand bei Entscheidungen zu plädieren, dafür haben Sie bei mir immer offene Türen. Aber ich habe auch gelernt, es gibt keine Frage, die einer Bildungsministerin nicht gestellt wird. Deswegen überlege ich mir meistens schon, welche Antwort man auf die Fragen geben könnte, mit denen man eigentlich nicht gerechnet hätte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden das System zum kommenden Schuljahr in seine Stufe II bringen. Wir sind jetzt schon voll in der Vorbereitungsarbeit. Ich will ausdrücklich sagen: Ohne die große Bereitschaft der Kommunen, das umzusetzen, hätten wir es nicht geschafft. Deswegen danke ich den Kommunen für ihr Engagement sehr herzlich. Aber es ist auch darauf hingewiesen worden – seien wir doch ehrlich –: Auch den Kommunalen hilft dieses neue System doch, weil sie vorher auch in Grenzsituationen waren, wo sie gerne Schülerinnen und Schülern geholfen hätten, wo es nicht ging. Wir haben dieses System erweitert. Deswegen tragen sie es auch aus innerer Überzeugung mit. Ich gehe davon aus, dass sie uns auch bei der Stufe II helfen werden, dieses neue System erfolgreich umsetzen zu können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Nicole Morsblech von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, es ist leicht, hier zu behaupten, es sei alles ein Hirngespinst der FDP, was von den Kommunen zurückgemeldet wird. Wir haben zum einen

selbst unsere kommunalen Mandatsträger angeregt, einmal zu erfragen, welche Probleme es gab.

(Zurufe von der SPD)

Aber da können Sie natürlich sagen: Auch die Antworten der jeweiligen Verwaltungen sind vielleicht nicht valide. Ich kann jedoch nur noch einmal den Eindruck bekräftigen, wenn die Kommunen so zufrieden wären mit den von Ihnen immer wieder hochgehaltenen Konnexitätsvereinbarungen, dann würde ich zum Beispiel nicht im „Pfälzischen Merkur“ vom 4. November lesen, dass sich – das ist nun kein fragwürdiges Gremium in diesem Zusammenhang – der Ausschuss für Schule, Bildung und Kultur des rheinland-pfälzischen Städtetags mit diesem Thema beschäftigt hat und der Vorsitzende dieses Ausschusses, Rolf Franzen, äußert, wir werden im kommenden Jahr noch mehr Arbeitsintensität in diesem Zusammenhang erfahren. Ich zitiere das jetzt grob aus dem Artikel. Für dieses Schuljahr gab es 9 Euro pro Schülerzuweisung, nächstes Mal sind es nur noch 7,50 Euro, der Aufwand steigt gleichzeitig an.

(Pörksen, SPD: Überhaupt nicht!)

Jetzt zitiere ich mit Genehmigung des Präsidenten aus dem Artikel wörtlich: „Wir müssen immer höllisch aufpassen, dass wir nicht über den Tisch gezogen werden.“

Wenn ich solche Zitate lese,

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Dann stehen mir die Haare zu Berge, wenn ich solche Zitate lese!)

ist das kein Hinweis darauf, dass das alles im Einvernehmen mit denjenigen, die es ausführen müssen, in den Kommunen stattfindet.

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Rede der Abgeordneten Beilstein gehört haben, dann ist auch das Bürokratiemonster kein Hirngespinst der FDP, sondern Sie haben eine sehr schöne und anschauliche Skizze bekommen, an der man erkennen konnte, dass wir uns hier mit einem Haufen bürokratischer Details befassen müssen, wenn wir die Ausleihe weiter so gestalten, wie sie das machen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie eine entgeltliche Schulbuchausleihe haben wollen – was wir nicht wollen –, dann ist das so, dass das ein äußerst bürokratisches Verfahren ist.

Das ist keine gelungene Alternative zu einer unentgeltlichen Version, so wie wir sie vorgeschlagen haben, zu einer schrittweisen Einführung einer Lernmittelfreiheit. Das Ziel muss es doch sein, dass den Schülerinnen und Schülern in der Schule gute Bücher zur Verfügung stehen

(Glocke des Präsidenten)

das ist Teil guter Schule – und nicht, dass wir ein bürokratisches Monster aufbauen.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, in diesem Sinne fand ich es noch einmal wichtig, das an dieser Stelle zu thematisieren.

Danke schön.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Brück von der SPDFraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, wir sollen die Kirche im Dorf lassen und zunächst einmal das Analyse- und Auswertungsverfahren abwarten.

(Beifall bei der SPD)

Dann wird sich herausstellen, ob der Mehrbelastungsausgleich angepasst werden muss oder nicht. Ich meine, es ist auch klar, dass man nicht ungeprüft und nur auf Zuruf mehr Geld im Landeshaushalt verankern kann. Wenn wir den stets von allen geäußerten Willen ernst nehmen, verantwortungsvoll mit Steuergeldern umzugehen, muss man so vorgehen, wie das in der Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden festgelegt ist.

Wir werden nicht nur das Thema des verantwortungsvollen Umgangs mit Steuergeldern ernst nehmen, sondern auch das Thema der Schulbuchausleihe an sich ernst nehmen. Warten wir also die Überprüfung ab.

Frau Kollegin Morsblech, es ist schön, wenn Sie eine unentgeltliche Ausleihe fordern. Wenn das finanzierbar wäre, würde sich wahrscheinlich jeder im Raum wünschen, das umsetzen zu können. Auch dann müssen Sie aber die Bücher inventarisieren, erfassen, ausgeben, ausleihen und zurücknehmen. All diese Dinge müssen auch dann erledigt werden.

(Frau Morsblech, FDP: Schauen Sie ins Protokoll!)

Ich möchte aber noch einmal auf das zurückkommen, was wir eigentlich mit diesem Schulbuchausleihsystem erreichen wollten, nämlich zu den Zielen. Es ist überaus erfreulich, dass die Schulbuchausleihe so erfolgreich gestartet ist und alle Kommunen, mit denen ich gesprochen habe, den Wunsch hatten, das für die Eltern so gut wie möglich zu machen, sodass jeder daran teilnehmen kann. Das angestrebte Ziel war es nämlich, dass noch mehr Eltern von hohen Schulbuchkosten befreit werden sollten, als das bisher über das Gutscheinsystem der Fall war. Das ist eine ganz wichtige soziale Komponente. Es ist auch verwirklicht worden, dass diejenigen, die bisher vom Gutscheinsystem profitiert haben, durch das neue System nicht schlechter gestellt werden. Es ist auch so gut wie möglich umgesetzt worden, dass die Schulen nicht mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand

belastet worden sind. Daran sollten wir uns halten und weiterarbeiten.

Das ist ein gutes System für Rheinland-Pfalz. Das ist ein weiterer Baustein für ein familienfreundliches RheinlandPfalz. Selbstverständlich wird die Konnexität eingehalten. Darüber werden wir uns in der Zukunft noch einmal unterhalten.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Beilstein von der CDUFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Brück, das kann einen jetzt schon ein wenig stutzig machen. Natürlich muss man im Hinblick auf die Konnexität zunächst einmal die endgültigen Zahlen abwarten, aber man muss kein Prophet sein, um schon jetzt sagen zu können, dass die Ansätze definitiv nicht ausreichen werden.

(Unruhe bei der SPD)

Das ist deshalb ganz klar, weil sich die Zahlen nur auf die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler beziehen. Da sind Wiederholer und Ähnliches nicht mit eingerechnet. Dieser Arbeitsaufwand findet auch statt.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Es gibt noch einen weiteren Punkt, den ich ansprechen möchte. Frau Ministerin, Sie sehen nicht die großen Probleme und sagen, es muss nur in kleinen Feldern nachgebessert werden. Wenn weniger als 30 % an diesem Modell teilgenommen haben,

(Ministerpräsident Beck: Nein, nein, es haben 60 % teilgenommen! Was soll denn das?)

muss ich feststellen, dass das für mich alles andere als ein Erfolgsmodell ist. Ich meine, in diesem Bereich muss man dann schon noch einiges tun. Mit ein Grund ist sicherlich die Bürokratie, die im Moment noch aufgebauscht im Raum steht.

Ich will noch einen weiteren Punkt ansprechen, der mir wichtig ist und den ich zuvor schon angesprochen habe. Er ist mir deshalb wichtig, weil aus den Kommunen schon die Rückmeldungen kommen, die lauten: Was hat man uns hier wieder angetan? – Das sind die praktischen Auswirkungen, die die politische Entscheidung der SPD mit sich gebracht haben, unsere Initiative nicht aufzugreifen. Das hatte schlicht und ergreifend zur Folge, dass das, was angeleiert wurde, im Schweinsgalopp von den kommunalen Schulträgern und von den Schulen mit all ihren Bediensteten umgesetzt werden musste.