Protokoll der Sitzung vom 18.11.2010

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD – Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten Langner von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor uns liegt die aktuell geänderte Version des Landes-Immissionsschutzgesetzes. Ich glaube, es gut, dass man sich nach zehn Jahren das eine oder andere einmal anschaut und an der einen oder anderen Stelle

Änderungen vornimmt. Insofern begrüßt meine Fraktion die Initiative der Landesregierung an dieser Stelle ausdrücklich. (Beifall der SPD)

Die Ministerin hat wesentliche Punkte des Gesetzes vorgestellt.

(Pörksen, SPD: Sie hat nichts ausgelassen!)

Ich will zwei, drei Punkte aus unserer Sicht noch einmal ansprechen, einmal das Thema „Kinderlärm“. Herr Kollege Weiner hat sich darauf bezogen.

Herr Weiner, vielleicht erinnere ich Sie noch einmal daran, dass Ihre Kollegin Klöckner das Thema „Bevölkerungsrückgang“ ganz oben auf ihre Tagesordnung gesetzt hat.

Ich glaube, wenn wir über Kinderlärm reden, dann haben wir in Rheinland-Pfalz nicht das Problem, dass wir zu viel Kinderlärm haben, sondern wir haben das Problem, dass wir zu wenige Kinder haben. Insofern ist es nicht nur in Sonntagsreden gutzuheißen, dass man auf Kinder auch Rücksicht nehmen muss und sie ihre Freiheiten und Möglichkeiten bekommen müssen, sondern man muss eben auch einmal den Mut haben, dies in solche Gesetzestexte zu gießen und sich klar dazu zu bekennen. Das hätte ich an dieser Stelle von Ihnen erwartet und nicht die eine oder andere einschränkende Bemerkung.

Ich glaube, dass der vorliegende Gesetzentwurf noch einmal deutlich macht, dass wir strengere Regeln für die Nachtarbeit brauchen. An dieser Stelle ist es sicherlich ein Fortschritt, dass wir deutlich machen, dass das nur in Ausnahmefällen geschehen kann und die Nachtruhe der Bevölkerung an dieser Stelle eine hohe Priorität genießt.

Ich glaube, auch zu dem, was zu Laubbläsern, Rasenmähern etc. gesagt worden ist, bietet der Gesetzentwurf gegenüber den Regelungen von 2000 eine Klarstellung, eine Verdeutlichung. Auch diesen Weg kann meine Fraktion mitgehen.

Im letzten und vielleicht interessantesten Punkt, der wahrscheinlich – so vermute ich einmal – in der Bevölkerung als am interessantesten wahrgenommen und diskutiert wird, geht es um die Außengastronomie.

Ich habe mit den Kollegen Mertin und Heinrich vor einigen Monaten in Koblenz mit den Wirtschaftsjunioren zusammengesessen. Es gab in Koblenz die Initiative, an dieser Stelle zu sagen, wir brauchen verlängerte Außengastronomiezeiten.

Wir wissen alle, dass wir uns an dieser Stelle in einem schwierigen Feld bewegen, weil diejenigen, die in den Altstädten unserer Städte in der Nähe von Restaurants und Gastronomiebetrieben wohnen, ein Anrecht darauf haben, Nachtruhe zu haben, und deutlich wird, dass nicht derjenige sozusagen ein Vorrecht hat, der Party machen will, sondern natürlich das Gleiche für den gilt, der dort wohnt.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Ich glaube, insofern ist die Regelung, die wir vorschlagen, eine richtige und eine gute, weil den Kommunen die Möglichkeit gegeben wird, an dieser Stelle flexibel zu arbeiten, weil die Kommunen entscheiden können, in welchen Gebieten es sinnvoll ist, die Außengastronomie zu verlängern. Ich denke, das ist im Sinne der Außengastronomie, weil an lauen Sommerabenden – über diese Zeit reden wir insbesondere – nicht mehr passieren muss, dass die Gäste frühzeitig das Lokal bzw. die Außengastronomie verlassen und woanders hingehen, weil sie draußen nicht mehr bedient werden.

Wir stellen auf der anderen Seite sicher, dass in Gebieten, in denen ein hohes Interesse der Anwohner besteht, Beschränkungen vorgenommen werden.

Ich glaube, insofern haben wir an dieser Stelle eine Regelung getroffen, die für die Bundesgartenschau in Koblenz sicherlich eine hohe Relevanz hat, weil ein Sonderereignis berücksichtigt werden kann, weil wir bei Großveranstaltungen dieser Art zusätzliche Möglichkeiten schaffen.

Insofern wird meine Fraktion den weiteren Prozess positiv und wohlgesonnen begleiten. Ich freue mich auf die Diskussion in den Ausschüssen.

Danke schön.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/5124 – an den Ausschuss für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz – federführend – sowie an den Rechtsausschuss zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Dem ist so. Vielen Dank.

Wir kommen zu Punkt 21 der Tagesordnung:

…tes Landesgesetz zur Änderung des Landes- datenschutzgesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU – Drucksache 15/5135 – Erste Beratung

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Das Wort hat Herr Kollege Pörksen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Anlass der Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes ist erstens eine Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes vor einem Jahr, zweitens eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten und drittens eine klare Bestimmung über die Videoüberwachung, die zunehmend eine Rolle in unserer Gesellschaft spielt.

Zur Vorbereitung dieser Gesetzesänderung haben wir uns sehr lange in der Datenschutzkommission über die Novellierung unterhalten und sind zu dem Ergebnis gekommen, gemeinsam einen Antrag einzubringen. Leider ist uns am Ende einer – wie es so schön heißt – von der Fahne gegangen. Er wird es begründen. Ich halte das nicht für so stichhaltig, aber ich komme noch gleich kurz darauf zu sprechen.

Welche Änderungen sind vorgesehen? Sie wissen, dass wir in den letzten Jahren sehr viele Datenschutzskandale hatten, die auch damit zu tun hatten, dass Datenschutzaufgaben an Dritte gegeben worden sind.

Hier geht es darum, dass die Anforderungen an die Auftragsdatenverarbeitung verschärft werden, damit Missbrauch so weit wie möglich unterbunden wird. Eine strenge Kontrolle ist die Maßnahme, die dort eingeführt werden soll. Es handelt sich um eine bundesgesetzliche Regelung, die wörtlich übernommen worden ist.

Ein zweiter Bereich ist, dass unsere Datenschutzbeauftragten in den Betrieben und Verwaltungen nicht nur ihre Arbeit machen, sondern sie gut machen müssen. Das heißt, sie müssen gut aus- und fortgebildet werden. Dies ist jetzt ins Gesetz hineingeschrieben, sodass die Datenschutzbeauftragten in den Betrieben und Verwaltungen einen Anspruch auf Fort- und Weiterbildung haben.

Der dritte Bereich ist, dass, wenn es zu Vorfällen im Bereich des Datenschutzes kommt, wenn es zu Verstößen kommt, die Betroffenen und die Datenschutzbehörden informiert werden. Auch das stand bisher nicht im Gesetz. Es war hin und wieder so – auch das war zu lesen –, dass Datenschutzbeauftragte erst über die Zeitungen von Verstößen erfahren haben. Das Gleiche gilt für Betroffene. Dies soll jetzt geändert werden. Es muss sich dabei natürlich um schwerwiegende Beeinträchtigungen handeln.

Der vierte Punkt ist, die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten wird gestärkt. Bisher war es so, dass er der Rechtsaufsicht unterlag. Der EuGH hat in einem Urteil festgestellt, dass die Datenschutzbeauftragten unabhängig sein sollen. Das ist nicht so ganz einfach zu regeln, zumal es in der Bundesrepublik sehr unterschiedliche Regelungen gibt. Wir hatten schon eine relativ hohe Unabhängigkeit. Diese verstärken wir jetzt in der Weise, dass wir es ähnlich machen wie im Richtergesetz. Die Datenschutzbeauftragten sind damit weitgehend unabhängig. Sie unterliegen der Dienstaufsicht des Landtagspräsidenten nur insoweit, wie sie in ihrer Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt werden. So steht es auch im Richtergesetz.

Ganz gestrichen ist die Rechtsaufsicht.

Eine weitere Ergänzung der Aufgaben des Datenschutzbeauftragten ist die Beratung der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Auch das stand bisher nicht im Gesetz. Es war schon gängige Praxis. Eine wesentliche Aufgabe des Datenschutzbeauftragten und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist die Information der Bürgerinnen und Bürger. Jeder Bürger und jede Bürgerin kann sich an ihn wenden und Informationen über Daten

schutzfragen einholen, wenn er oder sie meint, es machen zu müssen.

Wir haben den Berichtszeitraum geändert. Das Jahresende ist der normale Zeitpunkt, zu dem ein Bericht gemacht werden soll.

Ein sicherlich auf der einen Seite rechtlich nicht ganz einfacher, aber in der Öffentlichkeit zunehmend wichtiger Bereich ist die Videoüberwachung. Ich habe schon vor einiger Zeit hier das Beispiel erzählt, dass jemand in Rheinhessen sein Haus verlassen hat, mit der Bahn und mit dem Bus in die Stadt gefahren ist, in Geschäften und beim Arzt war. Er ist von gezählt 70 Videokameras innerhalb weniger Stunden erfasst worden. Welche Kamera hat er entdeckt? Die seines Nachbarn, die auf seinen Eingang gerichtet war. Das war die einzige, die er gesehen hat.

Das ist die Wirklichkeit heute. Wenn Sie mit offenen Augen durch Mainz gehen – das können Sie ja praktisch machen –, dann werden Sie feststellen, wie viele dieser Kameras uns inzwischen in unserem täglichen Leben beobachten und wahrnehmen.

Dabei gibt es zwei verschiedene Formen. Es gibt einmal die reine Beobachtung, und es gibt die mit Aufzeichnung. Dabei handelt es sich auch um unterschiedliche Eingriffe in das Grundrecht, das vor einigen Jahren vom Verfassungsgericht entwickelt worden ist, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Wenn aufgezeichnet wird, handelt es sich um einen anderen Sachverhalt, als wenn lediglich überwacht wird. Diese Überwachung ist jetzt zulässig – so ist es im Gesetz festgelegt –, wenn man sein Hausrecht wahrnehmen will. Wir haben dies zum Beispiel im Bereich der Schulen diskutiert, ob man – nachdem wir damals in Koblenz, glaube ich, einen Vorfall mit einem kleinen Mädchen hatten, das dort belästigt worden ist – dies genehmigen soll. Zur Wahrnehmung dieses Hausrechts ist es zulässig, zumal dann auch keine Aufzeichnungen gemacht werden.

Aufgezeichnet wird nur dann, wenn es zur Abwehr einer konkreten Gefahr erforderlich ist. Das hat eine Rolle gespielt – der eine oder andere wird sich erinnern – in der Diskussion über die Überwachung eines Platzes in Neustadt. Der Datenschutzbeauftragte – auch das ist etwas, was vielleicht Behörden noch ein bisschen lernen müssen –, gefragt, ob das zulässig sei, hat gesagt, es sei nicht zulässig. Es ist auch nach dem neuen Gesetz nicht zulässig. Es hat Monate gedauert, bis dann der zuständige Dezernent die Kameras abgebaut hat.

Aber was hat er gemacht? Jetzt sind wir bei dem Problem, das für Sie eine Rolle spielt. Er hat den Kasten stehen lassen. Jetzt geht es ja um diese ganz wichtige Frage: Was ist, wenn eine Videokamera nicht in diesem Kasten wie hier in Mainz die berühmten Starenkästen ist? Das ist eine Frage, über die wir uns im Ausschuss auch unterhalten mussten.

Sagt der Staat nicht eigentlich die Unwahrheit, wenn er hinschreibt, dieser Platz oder dieser Bereich ist videoüberwacht, und es ist tatsächlich keine Videokamera

drin? Ich verstehe das Problem schon, aber wir sind der Auffassung, wir sollten es nicht so regeln. Kann nicht für denjenigen, der dies liest, der Eindruck entstehen, er sei hier sicherer, als wenn die Videokamera nicht da wäre, und er ist gar nicht sicherer, weil dort gar keine Kamera drin ist?

(Heiterkeit und Zuruf des Abg. Eymael, FDP: Attrappe!)

Dieses Thema wird uns sicherlich im Ausschuss noch beschäftigen. Wir sind bisher der Auffassung, dass das so behandelt werden soll wie bei den Kameras im Bereich der Straßenverkehrsüberwachung, kein Verbot dieser Leerkästen.

Ein Bereich, der uns auch sehr beschäftigt hat und weiter beschäftigen wird, ist die Frage, ob wir in das Gesetz den Datenschutz als Bildungsaufgabe mit aufnehmen wollen. Wir haben gesagt, wir wollen das nicht ins Gesetz hineinschreiben, weil uns das zu kurz gesprungen ist. Zu nennen sei hier das Programm „Medienkompetenz macht Schule“. Das ist der Begriff, den wir schon sehr häufig hier gehört haben und mit dem sich auch eine Enquete-Kommission befasst.

Wir wollen das nicht ins Gesetz hineinschreiben, aber gemeinsam – darüber werden wir noch beraten – einen Begleitantrag für das Gesetz entwickeln, der dieses Thema aufgreift, um das deutlich zu machen; denn wir alle wissen, wie wichtig es inzwischen ist, dass sich Schülerinnen und Schüler, eigentlich auch schon Vorschüler, mit dem Thema „Datenschutz“,

(Glocke der Präsidentin)