Protokoll der Sitzung vom 18.11.2010

Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:

Arbeit und Arbeitsergebnisse des Ausschusses der Regionen (AdR) im Zeitraum Juli 2009 bis Juli 2010 Bericht der vom Landtag Rheinland-Pfalz ent- sandten Mitglieder des Ausschusses der Regionen – Drucksache 15/4931 –

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart. – Herr Kollege Klöckner, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Berichtszeitraum von Juli 2009 bis Juli 2010 fanden für Europa sehr wichtige Ereignisse statt.

Nach den Europawahlen vom 4. bis 7. Juni 2009 formierte sich das EU-Parlament in neuer Besetzung. Die Barroso-II-Kommission wurde eingesetzt. Am 1. Dezem- ber 2009 trat der Reformvertrag von Lissabon in Kraft.

Im Februar 2010 konstituierte sich der neue AdR zu seiner fünften Mandatsperiode, durch den Lissabon

Vertrag ausgestattet mit erweiterten Rechten und Arbeitsmöglichkeiten.

Von den 24 deutschen Mitgliedern entfällt jeweils ein Grundmandat an die 16 Länder. Drei Sitze stehen den kommunalen Spitzenverbänden und -vertretungen zu, also Landkreistag, Städtetag und Gemeinde- und Städtebund. Fünf Mandate werden im Rotationsverfahren unter den Ländern vergeben.

Diesmal gehört Rheinland-Pfalz zu den Ländern, die zwei Vertreter im neuen AdR stellen. Neben Herrn Dr. Karl-Heinz Klär habe ich die ehrenvolle Aufgabe, dieses Amt auszuüben.

(Beifall des Abg. Schweitzer, SPD, und des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Mit Dr. Klär in den Fachkommissionen ECOS, also Beschäftigung, Sozialpolitik, Wirtschafts- und Währungspolitik, und CIVEX, Umsetzung des EU-Vertrags „Freiheit, Sicherheit, Recht, Einwanderung, Erweiterung“, sowie meiner Zugehörigkeit bei COTER – hier geht es um Kohäsionspolitik, Strukturfonds, Verkehrswesen, territoriale Zusammenarbeit und anderes – sowie in EDUC, Bildung, Jugend, Kultur, Forschung usw., sind die Vertreter aus Rheinland-Pfalz in den wichtigsten Gremien des AdR bestens verankert.

Mit Staatssekretärin Jaqueline Kraege als Stellvertreterin von Dr. Karl-Heinz Klär und Nicole Morsblech als meine Stellvertreterin ist eine ständige Präsenz im AdR und seinen Gremien gewährleistet, wobei Frau Morsblech vorwiegend die Arbeit bei EDUC übernommen hat.

Herr Dr. Klär ist bekanntlich seit 1995 im AdR und seit 2003 im Vorstand, seit 2010 Fraktionsvorsitzender der Sozialistischen Fraktion. Wir können natürlich sehr stark von seinem Erfahrungsschatz partizipieren.

Am 16. November 2009 fand in der Europäischen Rechtsakademie (ERA) in Trier ein Seminar über das interessante Thema „Integration von Migranten durch Bildung – lokale und regionale Perspektiven“ von der Fachkommission EDUC statt.

Schwerpunkte waren die rheinland-pfälzische Bildungspolitik im Bereich der Integration von Migranten und das Integrationskonzept. Es haben in Vertretung von Frau Staatsministerin Ahnen Herr Dr. Josef-Peter Mertes und Herr Dr. Florian Edinger in Vertretung von Frau Weber teilgenommen. Sehr gut fand ich – an dem Seminar konnte ich teilnehmen, und das habe ich mit Freude vernommen –, dass Frau Morsblech die rheinlandpfälzische Integrationspolitik einen regionalen Leuchtturm aus Rheinland-Pfalz genannt hat.

(Beifall des Abg. Schweitzer, SPD)

Wir haben im Ausschuss der Regionen insgesamt in diesem Berichtszeitraum von zwölf Monaten sage und schreibe 56 Stellungnahmen beraten und auch verabschiedet. Ich habe von Mitgliedern, die länger dem AdR angehören, gehört, dass es früher eine absolute Ausnahme gewesen ist, wenn sich ein Kommissionsmitglied die Ehre gegeben hat, vor dem AdR zu erscheinen.

Heute ist es zur Regelmäßigkeit geworden. Bei jeder Plenarsitzung waren mindestens zwei, manchmal sogar drei der Kommissare vertreten. Das zeigt auch, dass der AdR durch den Vertrag von Lissabon eine Aufwertung erfahren hat und er mehr gehört wird.

Ich kann natürlich jetzt nicht zu allen 56 Stellungnahmen etwas sagen. Der Zeitrahmen erlaubt es nicht. Deshalb habe ich einige herausgegriffen. Ein Punkt war die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), die älteste und zugleich eine der wichtigsten Politiken in der EU. So verabschiedete der Ausschuss der Regionen im Juni 2010, also vor nicht einmal einem halben Jahr, eine Stellungnahme zur Reform des GAP nach 2013. Hier war von grundlegender Bedeutung die Beibehaltung der beiden Säulen, die maßgeblich für die europäische Agrarpolitik sind, nämlich Direktzahlung und Marktpolitik sowie ländliche Entwicklungspolitik.

Der Ausschuss der Regionen tritt für eine Gemeinsame Agrarpolitik ein, die die Landwirte belohnt, die sich umweltbewusst verhalten oder in den organischen Landbau investieren. Außerdem fordert der AdR die Kommission dazu auf, im Bereich der ländlichen Entwicklung für mehr Koordinierung zwischen GAP und der Kohäsionspolitik zu sorgen.

In Sachen Klimapolitik hat der AdR ein Weißbuch zur Anpassung an den Klimawandel bzw. einen europäischen Aktionsrahmen erarbeitet und verabschiedet.

Übrigens hat der AdR auch an der Klimakonferenz in Kopenhagen teilgenommen.

Von vielen im AdR wird die EU-2020-Strategie sehr skeptisch gesehen. So wird kritisiert, dass die Strategie in ihrem Vorschlag nur die nationale Ebene berücksichtige und gänzlich außer Acht lasse, dass es in zahlreichen EU-Staaten die Regionen sind, die für die Wirtschaftspolitik zuständig sind und unter anderem Innovationen, kleinere und mittlere Unternehmen, das lebenslange Lernen sowie die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt fördern müssen.

In diesem Zusammenhang spielt auch die Frage eine Rolle, inwieweit Gesetzesvorschläge zur Umsetzung der Strategie vollständig den Bestimmungen des neuen Protokolls über die Subsidiarität entsprechen.

Ich möchte ganz kurz noch ein paar Beispiele aus dem Katalog der 56 Stellungnahmen nennen, die alle auch in dem Papier nachzulesen sind. Ganz wichtig sind die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie, also Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und Schutz von Opfern, die Medienerziehung in der EU-Bildungspolitik, Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse, bessere Ausrichtung der Beihilfen für Landwirte in Gebieten mit naturbedingten Nachteilen, überarbeitete europäische Strategie, Investitionen in die Jugend.

Ein Riesenerfolg sind die sogenannten „Open Days“ – das habe ich in diesem Hause schon verschiedentlich erwähnen können –, die jeweils im Oktober stattfinden. Im Oktober 2009 hätten sage und schreibe 7.500 Re- präsentanten, Experten, Praktiker und Medienvertreter

teilgenommen. Es stand damals unter dem Motto: Globale Krise, lokale und regionale Antworten.

(Glocke der Präsidentin)

In diesem Jahr konnte ich leider nicht teilnehmen. Mir wurde berichtet, es sei eine erneute Zunahme der Interessenten festzustellen gewesen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass Sie mit mir die Meinung teilen, dass auch die zukünftige Arbeit des AdR im Interesse aller Menschen in Europa ist.

(Beifall der SPD und bei CDU und FDP)

Herr Kollege Dr. Altherr, Sie haben das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man könnte meinen, Dieter Klöckner habe mein Konzept abgeschrieben.

(Zurufe von der SPD Oh!)

Ich habe bei der Rede viel Gleichklang gehört.

(Pörksen, SPD: Könnte es nicht umgekehrt sein?)

Bei manchen Passagen könnte man es geistige Verwandtschaft nennen; denn es passt nicht nur die äußerliche Form dazu.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der AdR ist eine relativ junge Einrichtung der EU. Er wurde mit dem Vertrag von Maastricht 1994 gegründet. Damals hatte der AdR keine so großen Aufgabengebiete wie heute. Er hat sich in den 16 Jahren sukzessive mehrere Aufgabengebiete erschlossen und an Einfluss gewonnen.

Was ist der AdR? Welche Aufgaben hat er? Der AdR ist ein beratendes Organ, das aus Vertretern der regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften der EU besteht, der in Bereichen, den die Kommunal- und Regionalverwaltungen betreffen, angehört werden muss, zum Beispiel bei der Regionalpolitik, Umweltschutz, Bildung, Verkehr und Agrarpolitik. Das sind wichtige Felder.

Derzeit besteht er aus 344 Mitgliedern. Die Obergrenze ist bei 350 Mitgliedern in Lissabon festgelegt worden. Interessant wird es, wenn Kroatien beitreten wird. Dann wird diese festgelegte Zahl überschritten werden, oder es muss eine Neuordnung erfolgen.

Hier gilt nicht das One-Man-One-Vote-Prinzip, hier sind aus Gründen der Solidarität die kleinen Mitgliedsländer überrepräsentiert. Der Inselstaat Malta hat fünf Vertreter.

Wir stellen mit England, Frankreich und Italien jeweils 24 Mitglieder. Da sieht man schon das Ungleichgewicht, das heißt, die kleinen Mitglieder haben in der Summe eine größere Einflussnahmemöglichkeit als die großen bevölkerungsreichen Länder. Vielleicht wird das noch geändert werden. Hier haben schon die deutschen kommunalen Seiten Begehrlichkeiten bei einer Neuordnung angemeldet. Sie haben vorhin gehört, kommunal haben wir drei Vertreter. Die Kommunen möchten hier in der Zukunft stärker repräsentiert werden.

Wichtig ist noch, dass erstmals mit dem Vertrag von Lissabon vom Dezember 2009 dem AdR ein Klagerecht beim EuGH eingeräumt worden ist. Das ist eine ganz wichtige Entscheidung. Das spiegelt auch die zunehmende Bedeutung dieses Ausschusses der Regionen wider.

Die Arbeitsergebnisse hat Herr Kollege Klöckner weitestgehend vorgetragen. Ich will nur noch kurz auf die Veranstaltung am 16. November in der Europäischen Rechtsakademie in Trier eingehen. Dieses Seminar wurde von Frau Morsblech und dem rheinlandpfälzischen Landtag durchgeführt. Es fußte auf dem Grünbuch „Migration & Mobilität, Chancen und Herausforderungen für die EU-Bildungssysteme“.

Welche politischen Prioritäten hat der Rat in dem Berichtszeitraum gesetzt? Über den Bereich Klima, Umwelt und Energie wurde von Herrn Kollegen Klöckner schon berichtet. Hier spielt eine herausragende Rolle die Bekämpfung des Klimawandels. Ein ganz wichtiger Bereich ist die Gemeinsame Agrarpolitik. Das ist auch schon gesagt worden. Das ist der älteste und wichtigste Bereich. Man denke nur an Bauernproteste in Frankreich. Ich habe diese schon selbst miterlebt. Man kann sehen, welchen Stellenwert die Agrarpolitik in Frankreich im Unterschied zu Deutschland einnimmt.

Hier wurde die Zwei-Säulen-Struktur verteidigt, Direktzahlungen und Marktpolitik auf der einen und die ländliche Entwicklungspolitik auf der anderen Seite. Insgesamt gab es 56 Stellungnahmen. Im Bereich GAP gab es drei Stellungnahmen im Berichtszeitraum. Das ist vorhin schon gesagt worden. Das betrifft einmal die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse, zum anderen Beihilfen für benachteiligte Gebiete und zum Dritten die Reform der GAP nach 2013. Unter anderem erscheint es mir wichtig, die Ablehnung jedweder Versuche der Renationalisierung und die Belohnung der Landwirte, die sich umweltbewusst verhalten oder in den organischen Landbau investieren, zu erwähnen. Der Bauernbund hat heute schon protestiert, dass man in den ökologischen Landbau so viel Geld fließen lassen will. Gut, das sind unterschiedliche Interessen.

Im Bereich der Kohäsions- und Regionalpolitik, die immer wichtiger wird, gab es zwei Stellungnahmen. Der sechste Zwischenbericht über wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und eine Vereinfachung der Beihilferegelungen wurden begrüßt.

Eine Prospektivstellungnahme zur Zukunft der Kohäsionspolitik enthält unter anderem folgende Zielsetzungen: Unterstützung der schwächeren Regionen, Wettbe

werbsförderung in den Regionen und Verstärkung der interregionalen Zusammenarbeit.