Protokoll der Sitzung vom 18.11.2010

(Beifall bei der SPD – Pörksen, SPD: So ist es!)

Mit dieser Atompolitik sind wir weiter denn je von einem Endlager entfernt. Zu dem, was Herr Bouffier jetzt großmütig ankündigt, man könnte auch mit ihm darüber reden, wohl wissend, dass Hessen dafür keine geeigneten Formationen hat, nur eins: Wenn hier jemand etwas versäumt oder – besser gesagt – torpediert hat, dann war es die Union schon in der Großen Koalition gewesen, wenn es darum ging, eine offene und transparente Endlagersuche durchzuführen.

(Licht, CDU: Auch falsch!)

Es waren Bayern und Baden-Württemberg, die immer davon Abstand genommen haben und dies auch jetzt wieder getan haben.

(Beifall bei der SPD – Schweitzer, SPD: So ist es!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so weit zu denjenigen, denen man hier Versäumnisse anrechnen kann. Ich sage für die Landesregierung ganz klar, dass wir überhaupt nicht mit uns über ein solches End- oder Zwischenlagerkonzept reden lassen. Die Voraussetzungen sind, dass wir in Deutschland wieder zum Atomausstieg zurückkommen und uns zügig, transparent und offen mit der Endlagerfrage auseinandersetzen. Das wird schwer genug werden. Aber diesen Grundkonsens müssen wir als Voraussetzung haben, sonst wird es hier kaum eine zufriedenstellende Debatte für ein Endlager geben und geben können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ja, die Landesregierung hat entschieden,

dass sie gegen dieses Atomkonzept Verfassungsklage erheben will. Dies vor allem deshalb – das ist nicht nur die Meinung unserer Landesregierung, sondern von fünf Bundesländern wurde das so entschieden –, weil der Bundesrat und die Gremien nicht beteiligt worden sind und weil das Gesetz zur Laufzeitverlängerung ohne Zustimmung des Bundesrats eingebracht worden ist.

(Dr. Altherr, CDU: Der Ausstieg war auch ohne!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir fühlen uns dadurch gestärkt, dass es sechs Gutachten gibt, die genau unsere Rechtsauffassung unterfüttern.

(Dr. Altherr, CDU: Warten wir es ab!)

Darunter befinden sich zwei Gutachten, die bezeichnenderweise vom Bundesumweltminister in Auftrag gegeben wurden und die von Herrn Papier und Herrn Professor Wieland stammen. Darunter befindet sich auch, liebe Freunde von der FDP, ein Gutachten, das vom FDPRessortminister der Justiz in Schleswig-Holstein in Auftrag gegeben wurde.

Im Übrigen ist auch durch die beiden Verfassungsressorts der Bundesregierung, dem Innenministerium und dem Justizministerium, zumindest eine Formulierung gewählt worden, dass sie höchste Bedenken haben. In einem Gutachten vom 1. Juli 2010 schreiben das Justizministerium und das Innenministerium, dass eine Erhöhung der Elektrizitätsproduktionsrechte dann nicht der Zustimmung des Bundesrats bedürfe, wenn lediglich eine moderate Erhöhung der Strommengen vorgenommen werde. Meinen Sie wirklich, dass das, was jetzt vorliegt, nämlich eine Laufzeitverlängerung bis wahrscheinlich zum Jahr 2040, eine moderate Strommengenerhöhung ist?

Meine Damen und Herren, wir fühlen uns auch durch Gutachten gestützt, die der Bundesregierung vorliegen.

Wenn man davon spricht, dass die Bundesregierung wissentlich und sehenden Auges in einen Verfassungsbruch hineinsteuert, ist das an dieser Stelle meiner Meinung nach nicht übertrieben.

(Eymael, FDP: Da haben Sie ja einschlägige Erfahrungen mit! – Unruhe bei CDU und FDP – Licht, CDU: Da können Sie von Erfahrung reden!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Energiekonzept hat wirklich weitreichende Konsequenzen für Sicherheit, Arbeitsplätze und auch für die künftige Entwicklung unserer Industrie und unserer Industriepolitik. Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb meine ich, dass es eine gute Debatte ist, sich im Parlament darüber auseinanderzusetzen. Das wird sicherlich nicht das letzte Mal sein.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Langner von der SPDFraktion.

(Licht, CDU: Eine halbe Stunde mehr Redezeit oder was?)

Ja, wir haben für jede Fraktion zwei Minuten Redezeit mehr.

(Licht, CDU: Nur so wenig?)

Es waren 16 Minuten bei der Frau Ministerin. Das ist in Ordnung. Die sechs Minuten werden auf alle drei Fraktionen verteilt. Sechs Minuten durch drei ergeben zwei Minuten. – Jetzt hat zunächst einmal Herr Kollege Langner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Weiner, zum einen maße ich mir nicht an, die Entscheidungen alter Bundesregierungen, die zu Zeiten regiert haben, zu denen ich noch nicht auf der Welt war, zu kritisieren oder zu bewerten, aber ich sage zum andern: Es kann durchaus sein, dass aus der damaligen Sicht die Entscheidung für die Atomkraft – ich nenne einmal die Stichworte Ölkrise etc. – eine richtige gewesen sein mag. Das will ich auch gar nicht in Abrede stellen.

(Eymael, FDP: Die Franzosen bauen heute noch welche! 20 neue!)

Zu dem, was Sie aber heute in Berlin machen, wo Sie die Alternativen vor Augen haben und das Rad an der Stelle zurückdrehen, werden Sie sich in der Zukunft den Vorwurf machen lassen müssen, dass Sie die erneuerbaren Energien in Deutschland wesentlich verhindert oder zumindest gebremst haben.

(Beifall der SPD)

Sie sagen, wir als SPD hätten es versäumt, die Versorgungslücke zu schließen. Als die rot-grüne Bundesregierung gemeinsam – ich betone, gemeinsam – mit den großen Energiekonzernen den Atomausstieg beschlossen hat, waren Sie es doch, die laut gerufen haben: Wenn wir wieder drankommen, machen wir das alles wieder rückgängig. – Sie haben doch damals mit der Entscheidung, das so laut und deutlich zu sagen, verhindert,

(Zuruf des Abg. Weiner, CDU)

dass wir weiterkommen konnten, dass die großen Energiekonzerne gesagt hätten, okay, die Atomenergie ist Geschichte; das Ende ist absehbar.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Sie haben doch immer wieder die Versprechung gemacht, dass es weitergehen kann. Ich bin mir heute nicht sicher, ob wir nicht, wenn es nach Ihnen geht,

irgendwann noch einmal über eine Laufzeitverlängerung reden werden. Darauf kann sich an dieser Stelle doch niemand mehr verlassen.

(Beifall der SPD)

Herr Weiner, Sie haben gesagt, die SPD hätte ideologisch beschlossen, aus der Atomenergie auszusteigen.

(Baldauf, CDU: Was denn sonst?)

Schauen wir uns doch einmal an, was das Atomkonzept der Bundesregierung an dieser Stelle sagt. Sie haben doch ganz klar ideologisch beschlossen, die Laufzeiten zu verlängern. Wie verhalten Sie sich aber, wenn es um den Ausbau der erneuerbaren Energien geht? Ich nenne noch einmal das Beispiel mit dem Ausbau der Stromnetze. Was steht dazu im Energiekonzept? Da steht an dieser Stelle, dass man in den nächsten Jahren ein Konzept vorlegen wird. Zu einem entscheidenden Punkt, zu dem wir uns sicher einig sind, dass der wichtig und notwendig ist, um den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter voranzutreiben, sagen Sie: Och, da schauen wir mal. Da legen wir demnächst einmal ein Konzept vor. –

(Zuruf des Abg. Weiner, CDU)

Wichtig war Ihnen, dass die Laufzeiten verlängert werden. Das war doch der entscheidende Punkt. Das ist sicherlich auch aus ideologischen Gründen heraus geschehen.

(Beifall der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, daher wiederhole ich das noch einmal, was ich in der ersten Runde auch schon gesagt habe: Es ist ein richtiger und wichtiger Schritt im Interesse der Menschen in RheinlandPfalz und im Interesse der Bundesrepublik, dass die Klage gegen die Bundesregierung eingereicht wird und wir gegen den Entscheid klagen, den der Bundestag gefasst hat, weil wir der Ansicht sind, dass die Länder an dieser entscheidenden Frage zum Wohl der Menschen in diesem Land beteiligt werden müssen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Weiner von der CDU. Danach folgt Frau Kollegin Schellhaaß von der FDP-Fraktion.

Herr Kollege Langner, mein Damen und Herren! Energiepolitik ist eine schwierige Gratwanderung. Sie ist schwierig, weil wir auf der einen Seite wollen, dass die Kernkraftwerke möglichst bald vom Netz gehen. Dazu besteht sogar Konsens, obwohl Sie uns immer wieder anderes unterstellen.

(Pörksen, SPD: Für mich nicht!)

Auf der anderen Seite müssten eigentlich die alten Kohlekraftwerke, die CO2-Schleudern, aus Gründen des Klimaschutzes vom Netz gehen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das ist die schwierige Gratwanderung.

Norbert Röttgen hätte – übrigens mit voller Unterstützung unserer Landtagsfraktion – die Kernkraftwerke lieber früher als später abgeschaltet.