Protokoll der Sitzung vom 26.01.2011

Das Wort hat Herr Abgeordneter Lammert von der CDUFraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf der Landesregierung zur Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes

wurde intensiv beraten. Wir haben auf Antrag der CDU eine Anhörung im Innenausschuss durchgeführt. Dort gab es einige Anregungen und Ergänzungen, die jetzt in einen gemeinsamen Änderungsantrag aller Fraktionen eingeflossen sind.

Beispielsweise ist dort die Aufnahme der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes und das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis in Artikel 10 des Grundgesetzes in den Katalog der Grundrechte, die durch Maßnahmen des POG eingeschränkt werden dürfen, eingeflossen. Dies ist sicherlich sinnvoll bei Kontrollmaßnahmen im Vorfeld von Versammlungen usw.

Außerdem korrigiert der Änderungsantrag die Einstufung eines Elektroimpulsgerätes ausdrücklich als Waffe und nicht als bloßes Hilfsmittel körperlicher Gewalt, da diese Geräte schon im Waffengesetz als Waffe aufgeführt sind.

Der Entwurf des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes setzt daneben an weiteren Stellen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der letzten Jahre um. So ist etwa die Strafverfolgungsvorsorge nicht mehr Aufgabe der Polizei, und die Vorschriften über die Datenerhebung und die Rasterfahndung bedurften einer Anpassung.

Vieles wurde lediglich geringfügig verändert und etwas konkreter gefasst, wie die Gesetze das auch gewünscht haben. Ich nenne als Beispiel zahlreiche Vorschriften über die Telekommunikationsüberwachung. Diese Regelungen dienen zum Teil der deutlichen Verbesserung des Datenschutzes. Auch hier hat der Datenschutzbeauftragte einiges dazu gesagt, und dem ist – denke ich – Rechnung getragen worden.

Echte Neuheiten enthält der Entwurf nur an wenigen Stellen, dort aber durchaus sinnvoll und natürlich weitreichend. Hierzu gehören etwa das Kontaktverbot, die Meldeauflage, Öffentlichkeitswarnungen und insbesondere die Onlinedurchsuchung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Onlinedurchsuchung könnten wir schon längst haben; denn die CDU fordert diese Onlinedurchsuchung schon seit Jahren. So haben wir im Bund, als Wolfgang Schäuble noch Innenminister war, auch dafür gesorgt, dass diese Onlinedurchsuchung ins BKA-Gesetz aufgenommen wurde. Immerhin, wir freuen uns, dass dies jetzt auch in Rheinland-Pfalz ins POG übernommen wurde. Die Onlinedurchsuchung ist in der modernen Welt ein unverzichtbares Instrument der Kriminalitätsbekämpfung; denn oftmals reicht die Sicherstellung von Computern, Festplatten usw. nicht mehr aus, um Gefahren abzuwenden und Täter zu überführen.

Viele islamistische Terroristen, aber auch extremistische Gruppen nutzen das Internet. Auf ihren Rechnern finden sich umfangreiches Propagandamaterial, aber auch Anleitungen zum Bombenbau usw. Ich denke, das ist eine sinnvolle Maßnahme.

Denken wir auch einmal daran, dass wir zahlreiche Terrorverdächtige bereits in Rheinland-Pfalz hatten, die schon festgenommen wurden. Denken wir auch an die

beiden Kofferbomben, die in Rheinland-Pfalz Gott sei Dank nicht gezündet haben, die wir hier aber schon öfter zitiert haben.

Ich bin mir sicher, dass wir mit der Onlinedurchsuchung viele weitere Täter überführen und Terroranschläge abwehren könnten. Sicher wird die Onlinedurchsuchung zur Bekämpfung gerade von Kinderpornografie im Internet hilfreich sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, daher freuen wir uns, dass die Polizei nunmehr ein Instrument hat, das sie in die Lage versetzt, mit den Tätern technisch zumindest gleichzuziehen.

Auf der anderen Seite – ich denke, das ist wichtig – werden die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger gewahrt; denn der Entwurf setzt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts so um und stellt hohe Hürden vor die Anordnung der Onlinedurchsuchung, beispielsweise die richterliche Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht Koblenz.

Ich denke, der Gesetzeswortlaut lehnt sich eng an die Formulierungen des Bundesverfassungsgerichts an. Dadurch wird eine verfassungskonforme Regelung ins POG aufgenommen. Vor dem Hintergrund unterstützt die CDU die Onlinedurchsuchung vorbehaltlos.

(Beifall bei der CDU)

Ein Stück weit bedauerlich ist die Streichung der ausdrücklichen Regelung der automatischen Kfz-Kennzeichenerfassung aus dem Gesetz. Die Begründung der Landesregierung hierfür lautet, dass die bisherige Regelung in § 27 POG verfassungswidrig war. Das ist völlig richtig. Dennoch halten wir sie für ein sinnvolles Instrument der Kriminalitätsbekämpfung, insbesondere für Rheinland-Pfalz, das ein Stück weit über Transitautobahnen verfügt und an andere ausländische Staaten grenzt.

Herr Minister, wir haben es auch in der Anhörung angesprochen und thematisiert. Es war auch von den Anzuhörenden entsprechend diskutiert worden. Sie sagten uns, dass, wenn es einmal eine entsprechende Gefahrenlage geben sollte, diese Kennzeichenerfassung über eine eventuelle Generalklausel des § 26 POG trotzdem möglich wäre. Wir hoffen, dass dies auch so ist.

Es gibt andere Länder, die derzeit wohl wieder Prüfungen durchführen. Es gibt auch dort Regelungen, die wieder vor Verfassungsgerichten hängen. Ich denke, wir sollten ein Auge darauf haben. Es wird sicherlich nicht die letzte Novellierung des POG sein. Aber es ist schon wichtig, falls es einmal zum Einsatz kommt, dass es dann auch wirklich möglich ist. Aber so, wie es in der Anhörung gesagt wurde, ist es möglich. So wollen wir das zunächst einmal hinnehmen.

Ich darf noch kurz einige weitere Punkte im Gesetz ansprechen. Da ist die Aufnahme der ausdrücklichen Regelung der Meldeauflage. Dies ist sinnvollerweise in die Zuständigkeit – zum Erlass dieser Verfügung – der Polizei gefallen und nicht den Ordnungsbehörden zugewiesen worden. Auch dies ist sinnvoll, zumal die Polizei

über die entsprechenden Daten und Dateien verfügt. Das ist sicherlich eine sinnvolle „Geschichte“, zumal dieses Instrument beispielsweise bei Gewalt in Fußballstadien etwas ausrichten kann, um Gewalttäter gezielt von der Teilnahme eines Spiels abzuhalten und sie dann für einen bestimmten Zeitpunkt von einem Platz zu verweisen.

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist nicht ganz unwichtig und unproblematisch. Deswegen waren wir froh, dass in der Anhörung unsere Bedenken klar und deutlich ausgeräumt wurden. Das ist, dass nun das Oberverwaltungsgericht in Koblenz über zahlreiche Polizeimaßnahmen entscheiden muss, es hier eine Verlagerung des Richtervorbehalts von der ordentlichen Gerichtsbarkeit auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit gibt.

Wir hatten zunächst Bedenken bezüglich dieser Regelung, da viele Entscheidungen in der Vergangenheit durch die Amtsgerichte erfolgten und wir hier keine Probleme gesehen haben. Es gab in der Vergangenheit auch keine Probleme bei der Zuständigkeit. Es gab auch keine Missstände. Aber es ist durchaus durch Einführung zahlreicher zusätzlicher Maßnahmen sinnvoll, dass man das verlagert. Auch das war ein Tenor der Sachverständigen.

Ich will eines deutlich sagen, dass es jetzt bei dem Oberverwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, ist in Ordnung. Aber es muss sichergestellt werden – und darum bitte ich ausdrücklich, auch im Namen meiner Fraktion –, dass an diesen Gerichten nachts und am Wochenende eine unverzügliche richterliche Entscheidung herbeigeführt werden kann, also eine Einrichtung von Bereitschaftsdiensten, die auch personell gewährleistet werden muss. Das war bei den Amtsgerichten so. Das ist bei den Oberverwaltungsgerichten keine Selbstverständlichkeit.

Da bitte ich schon darum, dass das erfolgt; denn es nutzt uns nichts, wenn am Wochenende eine Maßnahme durchgeführt wird und wir nicht die entsprechenden Richter haben, die diese Maßnahme dann auch umsetzen oder anordnen können. Da bitte ich schon darum, dass Sie ein Auge darauf werfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend darf ich kurz noch sagen, wir werden dem Gesetzentwurf selbstverständlich zustimmen, natürlich auch dem gemeinsamen Änderungsantrag aller Fraktionen.

Am Schluss muss ich doch noch etwas Wasser in den Wein gießen. Es muss uns klar sein, was nützen uns die modernen Kompetenzen im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz, wenn der Polizei schlicht das Personal und natürlich auch ein Stück weit die Ausstattung fehlt, um von ihren Eingriffsbefugnissen auch Gebrauch zu machen.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Ich erinnere an die Unterbesetzung unserer Polizei im Wechselschichtdienst. Ich erinnere an die anstehenden hohen Pensionierungszahlen, die gerade aufgrund der

aktuellen Einstellungspraxis nicht aufgefangen werden können.

(Ministerpräsident Beck: Jetzt wird wieder gespart!)

Ich erinnere an die rund tausend eingeschränkt dienstfähigen Beamtinnen und Beamten aufgrund extremer zusätzlicher Belastungen in den vergangenen Jahren, und ich erinnere an die Bugwelle von 1,7 Millionen Überstunden sowie den Beförderungsstau bei der Polizei.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Probleme sind die wahren Probleme unserer Polizei. Die werden Sie mit einer Änderung des POG allein nicht in den Griff bekommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Zunächst begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Mitglieder der Freien Wählergemeinde Bechenheim. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Des Weiteren begrüße ich die Katholische Frauengemeinschaft Heidesheim. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hüttner von der SPDFraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lammert, ich habe zwar nicht verstanden, was der Beförderungsstau oder ein vermeintlicher Beförderungsstau bei der Polizei mit dem POG zu tun hat, aber Sie werden sich schon Ihre Gedanken darüber gemacht haben. Sie müssen aber auch wissen, dass die Polizei die am meisten befördertste Institution ist, die wir überhaupt landesweit haben.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wenn Sie über die Polizeistärke reden, wir haben noch niemals so viel Polizisten gehabt, wie wir sie heute haben, und wir haben – das ist mit dem Haushalt beschlossen worden – die Einstellungszahlen nochmals erhöht. Insoweit ist vonseiten der Landesregierung entsprechende Vorsorge getroffen.

Nun zum POG: Der Gesetzentwurf wird zum Vorbild für die künftige Weiterentwicklung anderer Polizeigesetze in der Bundesrepublik Deutschland werden. Er ist umfangreich, detailliert und präzise, so der Gutachter Professor Dr. Kugelmann von der Deutschen Hochschule der Polizei in seiner schriftlichen Stellungnahme bzw. in

seinen mündlichen Ausführungen in der Anhörung zum POG. Nicht nur Professor Kugelmann, sondern ähnlich haben sowohl die Gewerkschaften als auch der Landesdatenschutzbeauftragte gesprochen, wenn auch nicht ganz so deutlich.

Damit dokumentieren die Anzuhörenden, dass in dem Entwurf eine geschickte Bilanz zwischen den Aufgaben des Staates auf der einen Seite und den Rechten und Interessen des Bürgers auf der anderen Seite gefunden wurde, also eine gute Arbeit des Ministeriums im Vorfeld, deswegen erst einmal herzlichen Dank dafür.

(Beifall der SPD)

Lassen Sie mich auf einige von insgesamt 37 Änderungen neben den Anpassungen, die wir gemeinsam gemacht haben, noch eingehen.

Als Erstes die Quellen-TKÜ: Hier wird in der Technik, und zwar in einer extrem wichtigen Technik der Telekommunikation, zu einem Zeitpunkt angesetzt, zu dem noch keine Verschlüsselung da ist. Wenn Sie die heutige Telekommunikationsüberwachung sehen, dann wird ein Gespräch überwacht. In Zukunft werden wir mehr über das Internet telefonieren, oder die jungen Menschen machen dies schon. Also ist es richtig, auch einen Zeitpunkt früher ansetzen zu können, bevor eben eine Verschlüsselung stattfindet. Hierzu wird eine entsprechende Software auf den Computer aufgebracht werden können.

Hier haben wir im Änderungsantrag – das hat Herr Lammert nicht erwähnt – den Nichtverantwortlichen noch herausgenommen. Es ist ja eine ganz elementare Sache, dass sich die Maßnahme nur an den Verantwortlichen richtet.