Protokoll der Sitzung vom 16.11.2006

Damit sind wir bei einem weiteren wichtigen Punkt, nämlich bei der Problematik der Wettbewerbsverzerrung. Als wir im Ausschuss darüber gesprochen haben, erweckte der Staatssekretär den Eindruck, die Welt warte auf die rheinland-pfälzische Lösung, um umgehend unseren Vorstellungen entsprechend ihre Gesetze einzuführen. Es ist ganz anders gekommen. Wir sind von Freunden umgeben, die wettbewerblich in die Vorhand gekommen sind, und zwar in Hessen, in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen. Nur das Saarland hat sich nicht bewegt. Das erwähne ich aber nur zur folkloristischen Komplettierung.

(Ministerpräsident Beck: Das ist aber nicht folkloristisch!)

Die übrigen Bundesländer sind uns einen großen Schritt voraus. Das wird nicht nur Umsatzeinbußen kosten.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Nach Bayern ist es schwierig zu gelangen. Dann muss man erst durch Baden-Württemberg. Das ist ein rein geografisches Problem, Herr Ministerpräsident. Die Einkaufsströme bis Bayern werden sich noch ein bisschen ziehen. Da greifen Sie der Föderalismusreform III vor. Das müssen wir noch abwarten.

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Es ist keine Drohung, sondern es wird sich einstellen, dass der Einzelhandel Nachteile hinnehmen wird. Es wird aber nicht nur Umsatz- und Gewinnrückgänge geben – das ist für Sozialdemokraten vielleicht noch erträg

lich –, sondern es wird auch Arbeitsplatzverluste geben. Das sollte uns allen zu denken geben.

(Beifall der FDP)

Meine Damen und Herren, dass ich im Resümee dazu komme, dass ich diese überaus komplizierte Regelung des Regierungsentwurfs, der durch die Änderungsanträge noch einmal verschlimmbessert wurde, nicht zur Unterstützung empfehle, leuchtet Ihnen nach meinem Vortrag sicherlich ein. Dieses Gesetz ist das Gegenteil von kraftvoll. Es hilft niemandem außer dem Status quo. Daher bitte ich Sie, den optimistischen, zukunftsgerichteten, einzelhandels- und dienstleistungsfreundlichen Antrag der FDP-Fraktion zu unterstützen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Frau Kollegin Mohr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, welch ein Popanz – ich darf das Wort von Herrn Dr. Schmitz verwenden – aufgebaut wird.

(Unruhe im Hause)

Herr Dr. Schmitz, ich darf Ihnen vielleicht einen Auszug aus einem Artikel aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 13. Oktober 2006 vorlesen: „Dieter Schoenfeld, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Frankfurt-Hochtaunus-Maintaunus, denkt in die gleiche Richtung. Er rate den Einzelhändlern im Umland, sich für einen Tag der Woche zu entscheiden, an dem dann die Geschäfte eines Ortes länger geöffnet seien, berichtete er gestern.“ Es geht darum, dass man dort heftig darüber diskutiert, ob es überhaupt Sinn macht, diese Zeiten zu nutzen.

(Unruhe im Hause)

Wo sind denn jetzt Ihre Argumente? Ich denke, es ist unredlich, wenn man argumentiert, es entstehe ein Konkurrenzdruck, wenn man die Nacht zum Tag macht. Wir können nicht rund um die Uhr einkaufen. Wir können nicht rund um die Uhr Geld ausgeben.

(Beifall bei der SPD)

Das ist doch lächerlich. Die Menschen müssen doch zu irgendeinem Zeitpunkt arbeiten. Stellen Sie sich das doch einmal vor.

Meine Damen und Herren, es ist klar, dass den Oppositionsparteien im Landtag das Ladenöffnungsgesetz nicht weit genug geht. Ich denke aber – und das ist deutlich geworden –, es ist eine gute und sachgerechte Lösung gefunden worden.

(Beifall bei der SPD – Eymael, FDP: Wo?)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass bei uns der Tanz um das goldene Kalb in der Form nicht stattgefunden hat. Wir haben die Menschen mitgenommen. Wir haben mit diesem Gesetz einen Interessenausgleich gefunden, und dafür stehen wir.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, man kann auch einmal etwas Positives über die anderen Fraktionen sagen. Ich bedanke mich bei Ihnen ganz herzlich dafür, dass die Beratung so zügig gelaufen ist. Dadurch entstehen keine Wettbewerbsnachteile für den Einzelhandel im Land. Die längeren Ladenöffnungszeiten bis 22:00 Uhr können bereits für das diesjährige Weihnachtsgeschäft umgesetzt werden. Das ist sehr wichtig für den Einzelhandel; denn der November und der Dezember sind die umsatzstärksten Monate im Jahr. Ich denke, das ist mit ein entscheidender Beitrag dafür, dass die Konkurrenzsituation, die Sie als so dramatisch dargestellt haben, nicht vorhanden ist.

Ich denke, das ist ein ganz wesentlicher Punkt im Hinblick auf unsere europäischen Nachbarstaaten.

Die haben diese Öffnungszeiten schon. Sie müssen aber einmal logisch durchdenken, wie sich die Geschäftswelt in den europäischen Nachbarstaaten aufstellt. Wer nach Frankreich kommt, der weiß, dass auch in Frankreich ab 19:00 Uhr in vielen Bereichen die Läden zu sind und die Bürgersteige hochgeklappt werden.

Ich meine, unser Gesetz ist ein gutes Gesetz. In unser Gesetz wurden wichtige Entscheidungen einbezogen. Es trägt dazu bei, dass die Kaufkraft nicht aus unserem Bundesland abfließt. Im Gegenteil, ich meine, es trägt dazu bei, dass wir neue Kundenkreise und neue Kundenstämme gewinnen können. Halten Sie sich einmal die Maßnahmen im Saarland oder auch in Bayern vor Augen, wie dort die Union entschieden hat.

(Beifall der SPD)

Durch die Gestaltung von zeitlich flexibleren Einkaufsmöglichkeiten kann der Binnenkonsum wieder angeregt werden. Die Sparquote bei uns ist sehr hoch. Die Sparquote steigt immer weiter an. Das sagt zwar nichts zur Einkommensverteilung aus – das ist ein anderes Thema –, aber ich meine, durch diese Flexibilisierung kann der Markt angeregt werden, was wiederum zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führt.

Ich kenne das Argument, dass die Mark nur einmal ausgegeben werden kann. Ich meine, das ist ein richtiges Argument, aber es stellt sich auch die Frage, wo die Mark ausgegeben wird.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Euro!)

Ja, jetzt der Euro.

Ich kann Herrn Dr. Schmitz nicht zustimmen. Wir haben die Grundlagen dafür gelegt, dass der Euro wieder in Mainz ausgegeben werden kann und nicht in Wiesbaden ausgegeben werden muss. Er kann in Trier ausgegeben werden und muss nicht in Luxemburg ausgegeben wer

den. Das ist eine gute Entscheidung und für uns alle im Land ein positiver Beitrag.

(Beifall der SPD – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich meine, wir haben mit diesem Gesetz ein ausgewogenes Gesetz vorgelegt. Das ist ein Gesetz, das alle Interessengruppen mitnimmt. Damit haben wir ein Gesetz, mit dem wir unseren Einzelhandel in starkem Maße fördern und unterstützen und mit dem wir – so wie Sie es dargestellt haben – ihn keiner gefährdenden Konkurrenzsituation aussetzen.

(Beifall der SPD)

Mir liegen zwei Meldungen für Kurzinterventionen vor. Der CDU steht darüber hinaus noch eine Redezeit von zwei Minuten zur Verfügung. Wird diese Redezeit noch in Anspruch genommen? – Frau Thelen, dann erhalten Sie nach den Kurzinterventionen das Wort. Zunächst erteile ich Herrn Kollegen Creutzmann für eine Kurzintervention das Wort.

Ich will gegenüber allen im Hause für die FDP noch einmal feststellen, dass nach unserem Gesetzentwurf niemand rund um die Uhr seinen Laden öffnen muss. Das ist das Missverständnis, das Sie haben. Ich bin sehr oft in den USA. Dort gibt es allenfalls Lebensmittelgeschäfte, die 365 Tage im Jahr 24 Stunden am Tag geöffnet haben. Alle anderen Geschäfte, wenn sie sonntags öffnen, öffnen frühestens um 13:00 Uhr, und die meisten schließen unter der Woche um 22:00 Uhr, weil dann nämlich keine Kunden mehr vorhanden sind.

(Frau Spurzem, SPD: Dann liegen wir mit unseren 22:00 Uhr doch gut!)

Meine Damen und Herren von der SPD, es gibt heute schon die Möglichkeit, rund um die Uhr einzukaufen. Das nennt man Online-Shopping. Das gibt es schon. Da fragt keiner nach Ladenschlusszeiten. Das Problem besteht auch darin, dass der Einzelhandel darunter leidet. Wir wollten ihm mit unserem Gesetzentwurf die Chance geben zu atmen. Das ist bei Ihrem Gesetzentwurf nicht der Fall. Das ist ein Bürokratiemonster.

Noch ein letzter Satz: Es gibt doch Tarifverträge. Es wird kein Mensch länger arbeiten müssen, wenn ver.di 37,5 Stunden oder was auch immer vereinbart hat. Daran wird sich auch durch unseren Gesetzentwurf nichts ändern. Ich wollte das nur für die klarstellen, die meinen, wir wären des Teufels mit unserem Gesetzentwurf.

Herzlichen Dank.

(Beifall der FDP)

Für eine Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Billen das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Mohr, wenn Sie nicht noch die Bürgersteige hochgeklappt hätten, hätte ich mich nicht gemeldet. Der Gegensatz wird aber in diesem Hause deutlich. Er wird natürlich noch ein Stück deutlicher, seitdem sich die FDP in der Opposition befindet. Sie wollen mit Ihrem Gesetzentwurf wieder regeln, den Menschen etwas vorschreiben und sie gängeln.

(Beifall der CDU)

Wir wollen Freiheit und Selbstentscheidung vor Ort. Das ist der Unterschied.

(Beifall der CDU)

Wenn man dem Menschen immer wieder sagt, du musst das so und so und so machen, ihn einpackt und begrenzt und ihm die Freiheit wegnimmt, geht auch die Leistung des Menschen zurück. Wenn Ihr den Menschen mit unserem Vorschlag Freiheit und Verantwortung vor Ort gebt, werdet Ihr sehen, was sie daraus machen. Die Wirtschaft, die Arbeitsplätze und der Umsatz werden blühen.