Das Hebammenprojekt läuft seit ungefähr eineinhalb Jahren. Dieses Projekt läuft sehr gut. Wir haben sehr viele Hebammen, die sich freiwillig zur Schulung und Qualifizierung angemeldet haben. Die Kurse werden auch in diesem und im nächsten Jahr weiter fortgesetzt. Wir haben auch erste Einblicke, wie es in den Familien abläuft. Ich meine, das ist wirklich ein sehr positives Projekt.
Der Elternkurs ist ganz gezielt für junge Paare, die Kinder bekommen und erstmals eine Familie gründen, entwickelt worden. Es gibt viele Institutionen, die inzwischen den Elternkurs anbieten. Wir haben ihn bewusst so gestrickt, dass auch bei „benachteiligten“ Familien der Elternkurs anwendbar ist. Die Jugendämter führen Veranstaltungen durch, um ganz konkret bestimmte Familien zum Elternkurs einladen zu können.
Das Gesundheitsteam vor Ort ist ein relativ neues Projekt, von dem ich mir aber auch sehr viel erhoffe. In Trier-Nord läuft das Projekt schon seit ungefähr einem halben Jahr. In der Mainzer Neustadt läuft es erst relativ kurz. Das ist ein neuer Weg, Gesundheitsvorsorge sehr viel direkter an die Stellen zu bringen, an denen sich tatsächlich die Menschen aufhalten, bei denen es eine größere Hemmschwelle gibt, um Gesundheitsvorsorge im regulären Sinne anzunehmen.
Frau Ministerin, Sie haben eine Vielzahl von Maßnahmen und Projekten im Rahmen der Beantwortung dieser Anfrage erwähnt. Inwieweit werden alle diese Maßnahmen evaluiert, durch wen werden sie jeweils evaluiert, und welche Ergebnisse liegen bisher vor?
Dann habe ich noch eine weitere Frage, die ich separat stellen kann oder auch gleich jetzt. Herr Präsident, ich stelle sie gleich. Wie verhält es sich mit den Kosten für das Anschreiben der Eltern, für die Einladungen zu U 8 und zu U 9, und inwieweit sind die Leistungen, die im Rahmen von U 8 und U 9 erbracht werden, im Budget der Kinderärzte enthalten oder nicht enthalten?
Ich beantworte zunächst die zuletzt gestellte Frage. Es ist im Moment noch nicht geklärt, wer die Kosten übernimmt. Es wird zwischen dem Bund und den Ländern diskutiert, ob das Einladungswesen durch die Kranken
kassen vollzogen werden soll oder ob es eine zuständige Stelle geben soll, wie es sie in ähnlicher Form für das Mammografiescreening gibt. Da werden die Einladungen sozusagen durch Dritte vorgenommen. Natürlich muss man an der Stelle dann auch über die Kosten sprechen.
Die Ärzteschaft wird damit allerdings nicht konfrontiert sein, weil das Einladungswesen natürlich nicht von den individuellen Ärzten durchgeführt werden kann.
Die normalen Vorsorgeleistungen sind eigentlich in das Gesamtbudget aufgenommen worden. Die Vorsorge ist für die Betroffenen unentgeltlich, aber sie ist natürlich ein originärer Bestandteil des Budgets des Arztes und wird entsprechend berechnet.
Zur Evaluation: Wir haben die neuen Projekte bei „Viva Familia“ von Anfang an so angelegt, dass wir sie auch evaluieren. Wir haben unterschiedliche Partner bei den Projekten. Das neue Projekt, das wir gemeinsam mit Baden-Württemberg durchführen, wird von der Universität Ulm evaluiert. Das ist ein Projekt, an dem ein großes gesamtpolitisches Interesse besteht, weil man sich von diesem Frühwarnsystem tatsächlich Erfolge verspricht. Das Projekt ist strukturell und systematisch sehr gut angelegt und wird entsprechend evaluiert, um nachvollziehen zu können, ob man damit tatsächlich die Familien unterstützt, die man mit einem solchen Projekt erreichen will.
Sie haben eben beschrieben, dass Rheinland-Pfalz mit Baden-Württemberg jetzt ein besonderes Projekt durchführt – wenn ich den Namen richtig mitbekommen habe: „Guter Start ins Kinderleben“ – und in diesem Zusammenhang von Standorten erster und zweiter Ordnung gesprochen. Könnten Sie das bitte erläutern? Dann habe ich eine Bitte. Wäre es möglich, dass man die Projektbeschreibung bekommt?
Weiterer Teilnehmer oder Kooperationspartner ist das Land Baden-Württemberg. Wissenschaftlich begleitet wird dieses Projekt aus dem Haushaltstitel von Frau von der Leyen. Das sind diese 10 Millionen Euro, die immer in die Öffentlichkeit transportiert werden. Es gibt eine Projektskizze, die wir Ihnen auch sehr gerne zukommen lassen können. Man kann aber sagen, es ist noch nicht wirklich detailliert, was die Struktur vor Ort betrifft. Es ist nur klar: Vor Ort in Ludwigshafen gibt es bestimmte Partner. Die sollen auf jeden Fall konstitutionell dabei sein, aber wir wünschen uns natürlich – deshalb erster und zweiter Standort –, dass nicht nur beispielsweise die großen Kliniken, die zentralen Jugendämter, die Ärzteverbände und Ähnliche beteiligt sind, sondern dieses
Netz ähnlich wie bei uns in der Gesundheitsversorgung auch auf kleinere Regionen ausgeweitet wird. Diese zweiten Standorte sollen dann sozusagen perspektivisch in die Aktivität der Zentren einbezogen werden.
Sie hatten sich zur Evaluation dieses Projektes „Guter Start ins Kinderleben“ geäußert. Inwieweit werden die vielfältigen Maßnahmen unter „Viva Familia“ evaluiert?
Ich habe von vier Projekten gesprochen, zum Beispiel die Gesundheitsteams vor Ort oder der Elternkurs. Auch diese Projekte werden evaluiert. Das berichten wir regelmäßig auch im Ausschuss, aber das ist eigentlich für uns selbstverständlich.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Axel Wilke und Michael Billen (CDU), Entfernung von Kreuzen aus den Gerichtssälen des Trierer Justizgebäudes – Nummer 2 der Drucksache 15/457 - betreffend, auf. Wer stellt die Fragen? Herr Dr. Wilke, bitte schön.
1. Was ist die Begründung dafür, dass die früher vorhandenen Kreuze nicht wieder in den Gerichtssälen angebracht wurden?
2. Wie bewertet die Landesregierung das Kreuz im Hinblick auf die prägende Wirkung des Christentums für die abendländische Kultur und damit für die heutige Gesellschaft und den im Grundgesetz und der Landesverfassung von Rheinland-Pfalz hergestellten Bezug zu Gott?
3. Wie bewertet die Landesregierung vor diesem Hintergrund die Entscheidung des Trierer Landgerichtspräsidenten, die Kreuze aus den Gerichtssälen zu entfernen?
4. Gibt es für die Anbringung bzw. Entfernung von Kreuzen in Gerichtssälen eine allgemeine Handlungsanweisung des Ministeriums der Justiz bzw. ist eine solche geplant?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Wilke und des Abgeordneten Billen vom 14. November 2006 beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Bei dem Landgericht Trier wurden in den Jahren 2004 und 2005 im Zuge der Sanierung der dortigen Räumlichkeiten die Kreuze, die in den Sitzungssälen hingen, abgenommen. Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten im Frühjahr 2006 stellte sich die Frage der Wiederanbringung der Kreuze. Der Präsident des Landgerichts, Krämer, hat nach Befragung der örtlichen Richter und Personalräte und nach einem Gesprächstermin mit den Personalvertretungen im April 2006 entschieden, die Kreuze nicht wieder anbringen zu lassen. Das war zur Zeit der alten Regierung.
Bis September dieses Jahres, als die Frage nach den Kreuzen in einem Schreiben an den Landgerichtspräsidenten aufgeworfen und kurz darauf in der Presse thematisiert wurde, hat es keinerlei Reaktionen in der Bevölkerung hierzu gegeben.
Der Präsident des Landgerichts Trier, Krämer, hat zur Begründung seiner Entscheidung Folgendes ausgeführt – ich darf auszugsweise zitieren –: „Ich habe mich nach reiflicher Überlegung entschieden, die Kreuze nicht wieder anbringen zu lassen. Ein wesentlicher Grund hierfür waren die für mich unverrückbaren Werte unseres Grundgesetzes, insbesondere Artikel 4 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes und die gerade für staatliche Organisationen und insbesondere die Justiz als dritte Gewalt unabdingbare Neutralität. Mir persönlich war Toleranz wichtig. Es ging nie um die Verletzung religiöser Gefühle.“
Die Entscheidung des Präsidenten des Landgerichts Trier entspricht dem Umstand, dass auch bei dem Sozialgericht Trier vor vielen Jahren nach der Renovierung die Kreuze nicht wieder aufgehängt wurden. Die Entscheidung entspricht der Tatsache, dass in der Mehrzahl der rheinland-pfälzischen Gerichte keine Kreuze hängen.
Zu Frage 2: Die Landesregierung Rheinland-Pfalz teilt das auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertretene Verständnis der Bedeutung der Kreuzesdarstellung. Das Kreuz ist danach zwar auch ein allgemeines Zeichen abendländischer Kulturtradition, in erster Linie jedoch spezifischer Ausdruck religiöser Glaubensinhalte des Christentums. Es ist damit vorrangig Symbol
der christlichen Religion. Zum Christentum als Kulturfaktor gehört aber gerade auch der Gedanke der Toleranz.
Die europäische Kultur, auch die der Gegenwart, ist geprägt durch die Überlieferung der Antike, durch das Römische Recht, durch die christlich-jüdische Tradition und durch die Philosophie der Neuzeit, insbesondere der Aufklärung und des deutschen Idealismus. Ich nenne Immanuel Kant. Insbesondere die christlich-jüdische Tradition und die Philosophie der Neuzeit haben unsere Verfassungen, unser Recht und unsere Werteordnung geformt.
Der in der Präambel des Grundgesetzes und der Landesverfassung von Rheinland-Pfalz hergestellte Bezug zu Gott hat im historischen Kontext der Verfassungen aus der Sicht der allermeisten Bürgerinnen und Bürger einen christlich-jüdischen Inhalt. Damit sollte damals ein Kontrapunkt zu den mit dem NS-Regime gemachten Erfahrungen gesetzt werden. Daraus kann nichts, aber auch gar nichts für oder gegen die Anbringung von Kreuzen in öffentlichen Gebäuden hergeleitet werden.
Unabhängig davon ist festzuhalten, dass die Trennung von Religion und Staat eine der größten Errungenschaften der Moderne und die weltanschauliche Neutralität des Staates zwingender Inhalt unserer Verfassung ist.
Zu Frage 3: Die bei dem Landgericht Trier getroffene Entscheidung wie auch die allgemeine Justizpraxis in Rheinland-Pfalz bewegen sich auf dem Boden des Grundgesetzes, der Landesverfassung und der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Auch vor dem Hintergrund des Gebotes der Toleranz und der Menschenrechte auf Religionsfreiheit als wesentlichen Werten unserer verfassungsmäßigen Ordnung ist die Entscheidung nicht zu beanstanden. Sie fügt sich zudem ein in die vergangene und aktuelle Wirklichkeit der rheinland-pfälzischen Justiz.
In der Mehrzahl der rheinland-pfälzischen Gerichte hängen schon seit vielen Jahren keine Kreuze mehr. Zum Teil waren dort Kreuze nie aufgehängt, zum Teil wurden sie nach Renovierungen nicht wieder angebracht. Im Einzelnen zeigt sich nach einer in den letzten Tagen durchgeführten durch die aktuellen politischen Diskussionen veranlassten Umfrage bei allen rheinlandpfälzischen Gerichten folgendes Bild: In der ordentlichen Gerichtsbarkeit hängen im gesamten Bezirk des pfälzischen Oberlandesgerichtes Zweibrücken keine Kreuze in Gerichtssälen. Im pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken hängt kein Kreuz.
Bei den Landgerichten Frankenthal/Pfalz, Landau in der Pfalz, Kaiserslautern und Zweibrücken hängen keine Kreuze. In keinem der pfälzischen Amtsgerichte hängt ein Kreuz. Im Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz hängen teilweise noch Kreuze in Sitzungssälen zweier Landgerichte,
beim Landgericht Bad Kreuznach in drei von vier Sitzungssälen, beim Landgericht Koblenz überwiegend und
In der gesamten Arbeitsgerichtsbarkeit des Landes finden sich in keinem der Gerichte Kreuze in den öffentlichen Gerichtssälen. Es hängen keine Kreuze im Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz und in den fünf Arbeitsgerichten des Landes. In der Sozialgerichtsbarkeit des Landes hängen bis auf das Sozialgericht Koblenz ebenfalls keine Kreuze. Es hängen keine Kreuze im Landessozialgericht Rheinland-Pfalz und in den Sozialgerichten Trier, Mainz und Speyer.
In den übrigen Fachgerichtsbarkeiten ist das Bild ähnlich. Bei den Verwaltungsgerichten Koblenz und Trier gibt es teilweise in einigen Sitzungssälen Kreuze, in einigen nicht. Bei den Verwaltungsgerichten in Mainz und Neustadt gibt es keine Kreuze. Bei dem Finanzgericht in Neustadt gibt es keine Kreuze.
Zu Frage 4: Es gab und gibt im rheinland-pfälzischen Ministerium der Justiz von jeher keine verwaltungsmäßige oder sonstige Vorgabe hinsichtlich der Frage, ob Kreuze in Gerichtssälen hängen sollen oder nicht. Diese von Toleranz und Liberalität getragene Handhabung war bei allen Justizministern des Landes dieselbe.
Die Leiter der Gerichte entscheiden vor Ort, was aus ihrer Sicht für ihr Haus wünschenswert und vertretbar erscheint. Dies hat in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt zu Problemen oder Unstimmigkeiten mit der Bevölkerung geführt.
Der Erlass einer Handlungsanweisung für die Zukunft ist nicht geplant. Ob in Gerichtssälen Kreuze hängen oder nicht, kann keine Frage von Reglementierung, Verwaltungsvorschriften, Dienstanweisungen oder Erlassen sein. Ich meine, das ist das Feld von Freiheit und Toleranz.