Protokoll der Sitzung vom 06.12.2006

(Zurufe aus dem Hause: Die große Rede! – Sie kommen auch darin vor! – Heiterkeit und Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident „Mer-tés“,

(Heiterkeit und Beifall)

meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Blick der Medien auf die heutige Sitzung des Landtages ist sicherlich hervorgehoben. Daher ist es auch nur konsequent, dass der Tag nahezu mit der Berichterstattung zur Debatte um den Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag beginnt.

Die Ordnung des Rundfunks und der Mediendienste ist, vergleichbar mit der Bildungspolitik, ureigene Länderaufgabe. Deshalb hätten wir uns im Medienausschuss gewünscht, den Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag etwas ausführlicher im Plenum behandeln zu können. Wir sind aber zuversichtlich, dass uns der Zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag im nächsten Jahr die Möglichkeit bietet, der Medienpolitik den ihr gebührenden Rahmen zu geben.

Dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Reform der Medienordnung. Es ist zu begrüßen, dass auch der Bund mit dem Telemediengesetz seinem Teil der Verantwortung für die Reform der Medienordnung gerecht wird.

Zur Verbesserung des Jugendschutzes sollen die Regelungen für Teledienste, zum Beispiel Informations- und Kommunikationsdienste, im Bundesrecht und Mediendienste, zum Beispiel Hörfunk und Fernsehen, im Länderrecht weiter vereinheitlicht werden. Teledienste und Mediendienste werden nun unter dem einheitlichen Begriff der Telemedien zusammengefasst.

Zukünftig werden die wirtschaftsbezogenen Bestimmungen, zum Beispiel das Herkunftslandprinzip, die Zulassungsfreiheit usw. im Telemediengesetz des Bundes

geregelt. Die inhaltsspezifischen Regelungen sind nunmehr im Rundfunkstaatsvertrag enthalten. Die bisherige oftmals schwierige Grenzziehung zwischen Telediensten und Mediendiensten entfällt. Die Gesetzgebung passt sich der aktuellen technischen Entwicklung an und wird der zunehmenden Konvergenz von Medien und Telekommunikationsdiensten gerecht. Durch einen einheitlichen Regulierungsansatz, der bei den Inhalten ansetzt, werden bürokratische Hemmnisse abgebaut. Gleiche Inhalte werden, unabhängig vom Verbreitungsweg, gleichen Regeln unterworfen. Damit wird nicht nur die Entwicklung und Verbreitung neuer Informationsangebote erleichtert, sondern insbesondere auch die Angebots- und Meinungsvielfalt gefördert.

Diese Reform ist ein erster Schritt zu einer neuen Medienordnung. Neben diesem Kernbereich enthält der Neunte Rundfunkänderungsstaatsvertrag noch Regelungen zu folgenden Bereichen:

Die regionalen Fenster im Hauptprogramm werden gefestigt, die ARD-Gremienkontrolle wird gestärkt, Rundfunkgebühren und -befreiungstatbestände werden konkretisiert, und die Fusion von Landesmedienanstalten soll zusätzlich gefördert werden.

Der Ausschuss empfiehlt Annahme.

(Beifall im Hause)

Es tut mir leid, Herr Kollege Rüddel, dass ich Ihren Namen verunstaltet habe. Sie waren im Gegenzug so charmant, meinen zu adeln. Herzlichen Dank.

(Heiterkeit im Hause)

Damit kommen wir zur Grundsatzaussprache. Das Wort hat der Kollege Baldauf.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Politiker sollen den Mut haben, notwendige Wahrheiten zu sagen, die nicht gern gehört werden. – Diese Aussage stammt aus einem Papier von Kardinal Lehmann und Bischof Huber mit dem Titel „Demokratie braucht Tugenden“.

Der Doppelhaushalt, den wir morgen verabschieden sollen, wird diesem Maßstab aber nicht gerecht.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, ich muss Sie schon fragen: Warum fehlt Ihnen dieser Mut, die Wahrheit zu sagen, trotz einer absoluten Mehrheit der SPD? Warum verschließen Sie sich den Realitäten? Warum legt diese Landesregierung einen Haushalt vor, dem es an Wahrheit und Klarheit fehlt? Herr Ministerpräsident, Ihre Schuldenmacherei ist verantwortungslos.

(Beifall der CDU)

Sie denken nicht mehr an die Zukunft. Sie werden Ihrer Verantwortung nicht gerecht. Sie profilieren sich auf Kosten der Allgemeinheit. Sie reden den Menschen nach dem Mund, Sie verschweigen unangenehme Wahrheiten und machen unvernünftige Schulden.

(Beifall der CDU)

Deshalb brauchen wir – was wir auch fordern – eine grundlegende Umkehr in der Haushaltspolitik. Wir dürfen das Fundament unseres Gemeinswesens nicht zerstören, nur um kurzfristige Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen. Sonst ist unser Vermögen verfrühstückt, und wir hinterlassen unseren Nachkommen nur noch Schulden.

Herr Ministerpräsident, ich frage Sie: Wann fangen Sie an, für dieses Land verantwortlich zu handeln und nicht nur an Ihren persönlichen Erfolg zu denken?

(Starker Beifall der CDU)

Sie, Herr Ministerpräsident, legen immer besonderen Wert darauf, glaubwürdig zu wirken. Noch gesteht Ihnen die Mehrheit der Bevölkerung ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit zu. Doch ich bin mir sicher, dies wird sich schnell ändern, wenn Sie in der Haushaltspolitik des Landes nicht einen grundlegenden Wechsel herbeiführen. Dann wird Sie die zunehmende Diskrepanz zwischen Ihren Reden und Ihrem Handeln immer mehr entlarven. Sie müssen sich auch an dem messen lassen, was Sie sagen. Da passt vieles nicht zusammen. Sie reden anders, als Sie handeln.

(Beifall der CDU – Zuruf von der SPD: Ach du lieber Gott!)

Aber das ist kein Wunder. Das legt auch Ihre Doppelfunktion als Ministerpräsident und als SPD-Bundesvorsitzender offen.

(Unruhe bei der SPD)

Ich darf daran erinnern: Im Sommer erscheinen Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit am Horizont. Da hat der Herr Ministerpräsident den Kämpfer für die Haushaltsdisziplin gemimt.

(Staatsministerin Frau Conrad: Beeindruckend!)

Herr Ministerpräsident, ich gestehe Ihnen sogar zu: Diese Rolle haben Sie gut gespielt. Aber die Lage ist auch in diesem Lande zu ernst, um nur parteitaktische Spielchen zu betreiben.

(Beifall der CDU)

Im Bund treten Sie als Streiter für die Haushaltsdisziplin auf, und im Land geben Sie den Schuldenkönig. Aber das fällt auch leicht, wenn die Rechnungen Ihres politischen Handelns nicht Sie alleine finanzieren müssen, sondern andere über den Länderfinanzausgleich mitbezahlen müssen

(Beifall der CDU)

oder wenn Sie wieder einmal in die Schatulle der Kommunen greifen.

Im Land, in dem Sie noch Verantwortung tragen, kneifen Sie überall dort, wo es um konkrete Einsparungen geht. Dabei ist das Ihre Aufgabe als Regierung. Das können Sie nicht allein der Opposition überlassen.

(Heiterkeit bei der SPD – Ramsauer, SPD: Das stimmt!)

Sie haben zu sagen, wo Sie konkret einsparen wollen.

(Beifall der CDU)

Aber – darauf komme ich noch zurück – Ihnen fehlen Kraft und Motivation zu sparen. Sie beschäftigen sich nur mit dem Verschleiern von Haushaltslöchern hier und Haushaltslöchern da.

Diesem Vorwurf könnten Sie ganz einfach entgegentreten, indem Sie bei der Aufstellung des Landeshaushalts künftig die kaufmännische Buchführung beachten. Dies fordern Sie schließlich auch von den Kommunen. Setzen Sie sich dafür ein, dass der rheinland-pfälzische Landeshaushalt nach diesen klaren Grundsätzen aufgestellt wird.

(Beifall bei der CDU)

Stattdessen machen Sie es lieber anders. Sie verstecken Schulden in Schattenhaushalten. Sie verschieben Dinge in Landesbetriebe, beispielsweise in den Landesbetrieb für Straßen und Verkehr. Dort ist zwischenzeitlich jeder einzelne Schotterstein kreditfinanziert. Und nicht nur das: Seit der Landesbetrieb besteht, braucht er für Personal- und Verwaltungsaufwand Kredite. Mit über 15 Millionen Euro pro Jahr – pro Jahr – soll er jetzt auch noch helfen, die gekürzten Regionalisierungsmittel des Bundes auszugleichen. Seien Sie endlich so ehrlich, und legen Sie einmal alle Schulden offen!

(Beifall der CDU)

Ich gebe zu: Ihre Angst kann ich nachvollziehen. Würden Sie alle Schulden offenlegen, wären wir im Länderranking weitaus schlechter. Aber, Herr Ministerpräsident, Sie müssen sich in Zukunft an den Aussagen, die Sie im Bund gemacht haben, auch hier im Land messen lassen.

Ich darf die „Bild am Sonntag“ vom 16. Juli zitieren. Dabei geht es wiederum um die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit: „Das Geld kommt in den Bundeshaushalt. Schließlich wollen wir die Staatsfinanzen konsolidieren. Zum Verteilen und für neue Wünsche steht da nichts zusätzlich zur Verfügung.“ – Und was machen Sie im Land? Sie verplanen konsequent das zusätzliche Geld, das Sie aus Mehreinnahmen zur Verfügung haben, oder legen es für Haushaltsreste zur Seite.

Einen gewaltigen Teil der Ausgaben des Haushaltes kann man nicht einmal mehr genau zuordnen. In einem sehr weiten Rahmen kann die Landesregierung mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger machen, was sie will. Investitionsausgaben können verschoben werden, ohne

dass das Parlament, also wir alle, und die Öffentlichkeit das merken. Dieser Haushaltsplan ist so, wie er vorliegt, das Papier, auf dem er steht, nicht wert.

(Beifall der CDU)