Protokoll der Sitzung vom 06.12.2006

Herr Ministerpräsident, dann bedanken Sie sich bitte bei den Ministerpräsidenten der umliegenden Länder und bei Jean-Claude Juncker, dass sie die Arbeitsplätze vorhalten; denn da, wo man nicht in andere Bundesländer gehen kann, liegt die Arbeitslosigkeit wie beispielsweise in Pirmasens bei 17 %.

(Beifall der CDU)

Sieht so eine Erfolgsbilanz aus? Wie kann man vor diesem Hintergrund von einem Aufsteigerland reden?

Aber wenn man sich dann anschaut, welches Augenmerk Sie auf die Öffentlichkeitsarbeit legen, dann wundert mich nichts mehr. Sie brauchen viele bunte Prospekte und Werbemittel mit plakativen Aussagen, um von der schlechten Bilanz abzulenken.

(Beifall bei der CDU)

Für eine neue permanente sogenannte Standortkampagne will die Landesregierung alleine im kommenden Doppelhaushalt 5 Millionen Euro ausgeben – ich wiederhole noch einmal: 5 Millionen Euro –, bis 2011 nochmals 4,5 Millionen Euro. Das ist im Übrigen zusätzlich zu den Mitteln, die bisher schon ausgegeben werden.

Herr Ministerpräsident, Sie können Ihre Politik durch ständig neue Hochglanzprospekte verkaufen, so scheint es. Die CDU-Fraktion meint: Mehr Substanz und weniger Hochglanz – Die rheinland-pfälzischen Steuerzahler würden es Ihnen danken.

(Beifall der CDU)

Die fehlende Konzeption des Ministerpräsidenten zur Haushaltspolitik zieht schon wieder eine Glaubwürdigkeitsfrage nach sich: Was ist denn mit dem AntiSchulden-Pakt, den Sie 2005 zusammen mit den Ministerpräsidenten Wulff und Milbradt verkündet haben? Man müsse einen nationalen Anti-Schulden-Plan in der Verfassung festschreiben, haben Sie gesagt. Diese Forderung haben Sie sogar kürzlich im Gespräch mit der „Rheinpfalz“ noch einmal wiederholt. Aber Sie handeln nicht danach.

Ihre Kollegen Wulff und Milbradt führen die Verschuldung zurück, Christian Wulff sogar über Gebühr in Höhe von 350 Millionen Euro Rückführung der Neuverschul

dung in jedem Jahr. Georg Milbradt wird im nächsten Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

Was machen Sie? Sie machen Schulden, Schulden, Schulden und profitieren noch vom Länderfinanzausgleich.

(Hartloff, SPD: Aber Herr Milbradt nicht?)

Ist das Ihr Verständnis eines Paktes? Sie fordern ihn, aber die anderen bezahlen ihn.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Berlin-Urteil eine gerade Linie vorgegeben: Die Länder, die schlecht wirtschaften, können sich ihre Schulden nicht von anderen bezahlen lassen. Das gilt auch für Rheinland-Pfalz.

Die Landesregierung scheint sich der Konsequenzen aber nicht bewusst zu sein. Es wird in der Zukunft um die Frage der Bonität gehen. Die Banken werden künftig bei Krediten genau hinsehen, in welchem Maße ein Land finanzpolitisch ordnungsgemäß aufgestellt ist. Die Zahlungsfähigkeit verschlechtert sich durch diese Politik extrem, weil die guten Kredite von Ihnen nicht mehr zu bekommen sein werden.

(Ministerpräsident Beck: Lieber Gott, wir haben die beste Bonität in der Republik! So ein Unfug!)

In der Frage der Kreditwürdigkeit ist und wird RheinlandPfalz ein Absteigerland werden, Herr Ministerpräsident.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, das Berlin-Urteil ist auch eine Mahnung an Sie.

(Ministerpräsident Beck: So ein dummes Zeug ist selten erzählt worden!)

Herr Ministerpräsident, wenn Sie das für dummes Zeug halten, muss ich mich ernsthaft fragen, weshalb Sie uns dann so einen Haushalt vorlegen.

(Ministerpräsident Beck: Das ist dummes Zeug!)

Das kann ich nicht nachvollziehen.

(Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: So ein dummes Zeug!)

Sie haben seit über einem Jahrzehnt eine ausufernde Neuverschuldung zu verantworten, die im Ländervergleich außergewöhnlich ist. In Ihrer Finanzplanung bis 2011 wird genau dasselbe weitergemacht.

Sie meinen es nicht ernst, wenn Sie von einem Antischuldenpakt reden. Dies belegen im Übrigen Ihre Aussagen in der „Rheinpfalz“ vom 28. Oktober dieses Jahres. Dort fordern Sie zwar noch einmal, die Länder müssten sich auf Spielregeln verständigen, aber was ist

das Ganze wert, wenn der Pakt – so wörtlich von Ihnen – „ein bisschen atmen können muss“?

Herr Ministerpräsident, das ist wieder ganz typisch für Sie. Sie fordern verbindliche Regelungen, ohne dass diese verbindlich sind. Sie fordern wirksame präventive Maßnahmen gegen Haushaltsnotlagen, aber Sie treffen selbst dagegen keine Vorkehrungen.

Wenn Sie so weitermachen wie bisher, ist der Staat irgendwann nicht mehr in der Lage, seine Kernaufgaben zu erbringen. Die steigenden Zinsverpflichtungen werden uns fesseln. Sie nehmen den Menschen in unserem Land die Luft zum Atmen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, die dümmste Art für einen Politiker, Geld auszugeben, ist bekannterweise die, Zinsen zu zahlen.

Rheinland-Pfalz gibt jedes Jahr rund 1 Milliarde Euro an Zinsen nur allein im Kernhaushalt aus. In den nächsten Jahren steigen die Zinsbelastungen immer schneller an. Diese Haushaltspolitik hat keine Substanz. Dieses Geld fehlt, um Rheinland-Pfalz für die Zukunft fit zu machen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, sehr interessant ist, wie Sie den Investitionsbegriff auslegen. Voraussetzung für eine Haushaltssatzung ist, dass sie verfassungskonform ist. Verfassungskonform kann sie aber nur dann sein, wenn die Summe der Investitionen die Summe der Nettoneuverschuldung übersteigt.

Jetzt hat die Landesregierung – oh, welch erfreuliche oder schlimme Überraschung – feststellen müssen, dass die Verschuldung sehr hoch ist. Da ist die Landesregierung auf die Idee gekommen, den Investitionsbegriff so auszulegen, dass unter dem Strich ein Betrag über der Nettoneuverschuldung herauskommt.

Man muss sich das einmal vorstellen: Die Landesregierung merkt, dass ihre Politik der Verfassung widerspricht. Hier geht es nicht um einfachen Rechtsbruch, sondern es geht um Verfassungsbruch. Anstatt sich zu bemühen, sich verfassungstreu, also rechtstreu zu verhalten und im Haushalt vielleicht einmal notwendige Einsparungen vorzunehmen, wird der Rechtsbegriff der Investitionen so zurechtgebogen, dass die Verfassungsgrenze nicht gerissen wird. Dies ist Rechtsverdrehung zulasten der Bürgerinnen und Bürger.

Herr Ministerpräsident, kein Richter würde einem Privatmann eine solche Rechtsverdrehung durchgehen lassen.

(Beifall der CDU – Hartloff, SPD: Dann gehen Sie doch vor das Verfassungsgericht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß bei dieser Forderung den Landesrechnungshof hinter mir.

(Ministerpräsident Beck: Aber auch nur räumlich!)

Aber nur räumlich? Herr Ministerpräsident, warten Sie einmal ab, bis ich aus den Schreiben zitiere.

Zum Pensionsfonds möchte ich noch etwas sagen. Das jüngste und besonders krasse Beispiel für die laxe Auslegung des Investitionsbegriffs ist genau dieser Pensionsfonds. Die Landesregierung sagt, die Zahlungen an den Pensionsfonds seien eine Investition. Dabei dürfte doch jedem klar sein, dass eine Investition etwas ist, was einen bleibenden Mehrwert schafft, wie zum Beispiel eine Schule, eine Straße oder Ähnliches.

(Hartloff, SPD: Oje!)

Die Landesregierung erklärt aber kurzerhand, die Zahlungen an den Pensionsfonds seien ein Darlehen des Landes und damit Investitionen. Der Pensionsfonds gibt dem Land das Geld dann sofort wieder zurück. Auf diese Weise wird das Land über dieselbe Summe Geld sowohl Gläubiger als auch Schuldner. Dabei ist das Land nicht nur gegenüber dem Pensionsfonds Schuldner und Gläubiger, sondern zugleich auch noch Schuldner gegenüber der Bank, bei der es zuvor das Geld geliehen hat. Sie sind also zweimal Schuldner und einmal Gläubiger, aber es geht immer um dasselbe Geld. Versteht das noch einer? Wollen Sie die Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer an der Nase herumführen?

(Hartloff, SPD: Nein, aber Sie verursachen Herrn Finanzminister Deubel Schmerzen!)

Dann wollen Sie uns dieses Konstrukt als Investition verkaufen. Erklären Sie einmal einem klar denkenden Menschen, dass dies etwas mit Altersvorsorge zu tun hat. Da wäre es in der Tat klüger, wirklich Erspartes in argentinische Anleihen anzulegen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seriöse Landesregierungen wie in Bayern oder Sachsen gehen anders vor. Sie legen einen Pensionsfonds erst an, wenn sie für den Haushalt keine neuen Schulden brauchen.

Die bayerische Staatsregierung stellt am 30. Mai 2006 fest – ich zitiere –: „Bayern hat einen ausgeglichenen Haushalt und finanziert den Pensionsfonds nicht mit neuen Krediten. Denn für kommende Generationen macht es keinen Unterschied, ob sie einen Berg aus Schulden oder aus Pensionsverpflichtungen erben.“