Protokoll der Sitzung vom 06.12.2006

Weshalb möchte ich nicht vergleichen? Wir haben eine neue Aufgabengliederung, was wir heute Morgen im Landtag gehört haben. Es gibt Zuweisungen von Aufgaben an das Ministerium, die nicht nur durch den Weggang von Herrn Zöllner zu erklären sind. Vielmehr hat man sich seitens der Landesregierung entschieden, die frühere Ausländerbeauftragte und jetzige Beauftragte für Integration und Migration im Sozialministerium anzusiedeln.

Damit wir nicht nur Kritik vortragen, möchte ich ausdrücklich betonen, dass wir das für eine sehr gute und nachvollziehbare Entscheidung halten. Integration, die darauf hinarbeitet, insbesondere – ich denke aber, nicht nur insbesondere – Menschen mit einem Migrationshintergrund in unsere Gesellschaft zu integrieren, sie sozial auch einzubinden und entsprechend zu unterstützen, ist im Sozialministerium sehr wohl gut angesiedelt.

Wichtig ist uns dabei, dass man nicht nur die Menschen im Auge hat, die einen Migrationshintergrund haben, sondern in gleicher Weise auch die bedenkt, die in unserer eigenen deutschen Gesellschaft Unterstützungsbedarf haben, um alle Chancen, die diese Gesellschaft bietet, auch besser wahrzunehmen. Deshalb ist es auch wichtig, diese Aufgabe mit diesem etwas breiteren – so formuliere ich es einmal – sozialen Blick auch zum Beispiel für sozial bedürftige Familien wahrzunehmen. Ich hoffe sehr, dass das durch die Ansiedlung im Sozialministerium in Zukunft auch so geschieht.

(Beifall bei der CDU)

Wir möchten zunächst einmal eine kurze Gesamtbewertung des Einzelplans 06 vornehmen. Für die, die bei der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses dabei gewesen sind, wird heute jetzt nichts Neues zu hören sein. Wir sind der Auffassung, dass Sozialpolitik in Zeiten hoher Arbeitslosenzahlen einen wichtigen Stellenwert hat und Sozialpolitik natürlich auch Geld kosten muss. Wir wollen armen Menschen helfen. Wir wollen denen helfen, die Unterstützung brauchen, um ihre Chancen wahrzunehmen.

Wir sind aber der festen Überzeugung, dass auch Sozialpolitik mit einem vernünftigen Maß betrieben werden muss. Eine Sozialpolitik, die sich zu einem hohen Teil zulasten der Zukunft finanziert, weil wir natürlich auch einen erheblichen Zuschussbedarf haben, und eine Sozialpolitik, die darauf baut, dass die künftigen Träger unserer Gesellschaft diese Politik in Form von Schuldenabbau wieder mitfinanzieren, ist auch eine unsoziale Politik.

Frau Ministerin Dreyer, wir hätten uns deshalb gefreut, hier und da auch einmal Ansätze von Sparbemühungen in Ihrem Einzelplan zu finden. Das haben wir allerdings nicht gefunden.

(Beifall bei der CDU – Dr. Rosenbauer, CDU: Nicht ein einziger Vorschlag!)

Es ist sicherlich verständlich, weil es weitaus angenehmer ist zu schauen, wo man im Land noch Bedürfnisse findet, die gedeckt werden müssen, und Gruppen findet, die Hilfe brauchen. Davon gibt es unzählige. Mit Sicherheit gibt es noch viele, die Sie noch nicht entdeckt haben. Ich denke, deshalb ist es schwierig, im Sozialetat verantwortungsbewusst mit den Finanzmitteln umzugehen. Aber jemand, der in der Regierungsverantwortung steht, muss sich auch solchen unbequemen Schwierigkeiten stellen, Frau Ministerin Dreyer.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Was wollen Sie denn einsparen?)

Wir lassen uns den Ball des Schuldenabbaus nicht in unser Spielfeld zurückspielen, Frau Brede-Hoffmann.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Nein, gar nicht!)

Ich knüpfe an das an, was Herr Kollege Schreiner völlig zu Recht gesagt hat: Diejenigen, die sich diese Ver

schuldenssuppe selbst eingebrockt haben, müssen sie auch auslöffeln.

(Beifall bei der CDU)

Man kann nicht Regierungsverantwortung tragen und an dieser Stelle völlig kneifen und die unangenehmen Aufgaben auf die Opposition delegieren. Das werden wir nicht mitmachen.

(Zurufe der Abg. Frau Brede-Hoffmann und des Abg. Pörksen, SPD)

Kommen wir einmal zu unseren Einsparvorschlägen. Ich gehe davon aus, dass Sie unsere Deckblätter gelesen haben. Sie haben sie auch im Haushalts- und Finanzausschuss abgelehnt. Sie werden gesehen haben, dass wir uns diesmal mit konkreten Einsparvorschlägen im Sozialetat durchaus zurückgehalten haben,

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Durchaus!)

weil wir an der einen oder anderen Stelle gesehen haben, dass auch schon die Vorschläge aus vergangenen Jahren durchaus Wirkung erzielt haben. Ich möchte nur einmal den Titel 684 19 mit über 16 Millionen Euro ansprechen, die immer noch enthalten sind. Wir haben aber einmal vor zehn Jahren bei ganz anderen Beträgen angefangen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Da ging auch das Abendland unter!)

Für alle Vorschläge, die wir gemacht haben, wurden wir an die Wand gestellt.

(Pörksen, SPD: Na, na, na!)

Selbstverständlich, mit Briefen an alle Sozialverbände, was alles nicht möglich wäre, wenn die böse CDU doch eine Mehrheit für ihre Vorschläge bekommen hätte.

Aber siehe da, wenn man anscheinend noch einmal darüber nachdenkt, kann man die Ansätze selbst wieder ein Stück reduzieren. Auch diesmal ist es gelungen, einen Vorschlag von uns indirekt umzusetzen.

Wir hatten beim letzten Mal beispielsweise vorgeschlagen, die Mittel für die Technologieberatungsstelle – immerhin 620.000 Euro im Jahr, also in zwei Jahren über 1,2 Millionen Euro – zu streichen. Jetzt ist es gelungen, sie in den Titel zu integrieren, ohne dass dort mehr Geld ist. Also hat man doch wieder 1,2 Millionen Euro gespart, die man bereit ist, zumindest nicht im Land zu verteilen.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen aber feststellen, dass Sie sich in vielen Bereichen nicht konsequent genug fragen, welche Aufgaben und in welchem Umfang wir sie wahrnehmen müssen. Wo werden die Aufgaben am besten wahrgenommen?

Ich möchte da anknüpfen, wo wir vor zwei Jahren schon einmal gestanden haben, nämlich bei der Familienförde

rung. Dort haben Sie im letzten Doppelhaushalt, der meines Erachtens ein wenig auf die Wahlen hin gestrickt war, jeweils 1 Million Euro für das neue Projekt „Viva Familia“ eingestellt. Jetzt müssen wir uns vor Augen halten, das ist alles auf Pump. Das ist natürlich wunderbar, aber ich sage Ihnen, die konkreteste Hilfe für Familien kann ich dort leisten, wo Familien wohnen. Das heißt, ich muss in erster Linie sehen, dass ich die Kommunen in die Lage versetze, den Familien vor Ort zu helfen. Dazu muss ich nicht die goldenen Zügel des Landes über viele Projekte einsetzen, sondern geben Sie vielmehr den Kommunen mehr Geld. Dann wird auch mehr laufen.

(Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: Wieder ein neuer Sparvorschlag!)

Siehe da, es geht jetzt auch mit etwas weniger.

Ich komme noch einmal zur Arbeitsmarktpolitik. Wir haben seit 2005 eine ganz erhebliche Änderung, was die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit bei der Arbeitsmarktpolitik angeht. Sie alle wissen, wir haben „Hartz IV“. Seit 2005 ist diese Aufgabe qua Gesetz den Agenturen und den ARGEn oder den optierenden Kreisen zugeschrieben, wovon wir im Lande zwei haben. Das Land hat dann gesagt: Ja gut, so schnell kann man nicht umstellen, wir haben Anlaufschwierigkeiten. Wir müssen noch ein Stück begleitend helfen. – Diese Begleitung dauert jetzt seit 2005 an. Wir sind also jetzt im zweiten Jahr. Wir hätten uns schon etwas klarere Aussagen gewünscht, Frau Ministerin, wohin es gehen soll.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich – dies schon zu Ihrem Antrag, den wir heute noch bekommen haben –, Sie bleiben diesmal noch ein Konzept schuldig. Sie verweisen auch in Ihrem Entschließungsantrag auf den noch von der Landesregierung zu formulierenden und vorzulegenden Leistungsauftragsbericht. Wir kaufen die Katze nicht im Sack.

Wir sind der Auffassung, dass man bei der Arbeitsmarktpolitik noch einmal schauen muss, was die Enquete-Kommission „Zukunft der Arbeit“, die viel Zeit und Arbeit investiert hat, um sich die Arbeitsmarktsituation in Rheinland-Pfalz anzuschauen, an Empfehlungen gegeben hat. Danach sollte man ein ganz konsequentes Konzept aufbauen. Dann hätte es einen roten Faden und hätte Hand und Fuß. Dann könnten wir tatsächlich auch schauen, was dabei herausgekommen ist.

Ich kann nur sagen: So, wie dieser Antrag formuliert ist, werden wir dem nicht folgen können. Wir warten aber mit großer Spannung auf Ihren Bericht. Es würde uns sehr freuen, wenn man sehen würde, dass sich die Arbeit der Enquete-Kommission „Zukunft der Arbeit“ ein Stück auch in diesem Leistungsauftrag widerspiegelt. Ich denke, dann haben wir alle Möglichkeiten, dies durchaus auch konstruktiv im Ausschuss zu begleiten.

(Beifall bei der CDU)

Damit es nicht nur in der Kritik endet, möchte ich abschließend noch einmal ausdrücklich dem Ministerpräsidenten, dem Sie es vielleicht bitte ausrichten können,

auch für seine Verhandlungserfolge zu dem Kostenanteil danken, der jetzt aus Bundesmitteln für die Kosten der Unterkunft von „Hartz IV“ übernommen wird.

Ich denke, das ist wirklich ein gutes Ergebnis für Rheinland-Pfalz, was wir für Rheinland-Pfalz durchaus anerkennen und was sicherlich im Sinn unserer Kommunen ist. Es sollte dabei bleiben, dass wir in Rheinland-Pfalz diese Mittel tatsächlich an die Kommunen weiterleiten.

Zum Thema „Frauenpolitik“ wird nachher die Kollegin etwas sagen.

(Pörksen, SPD: Welche?)

Auch das ist ein neuer Bereich, der jetzt bei der Ministerin Dreyer angesiedelt ist. Wir sind optimistisch, dass die Aufgabe weiterhin gut wahrgenommen wird. Ich denke, dafür sollte die Biographie von Frau Dreyer sprechen. Wir freuen uns auch da auf eine konstruktive Zusammenarbeit.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Grosse.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierungsvorlage für den Haushalt 2007/2008 für den Bereich Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit ist ein Entwurf, der ausgewogen und verantwortungsvoll gestaltet ist. Er steht unter der Überschrift der sozialen Verantwortung.

Ich möchte vorab sagen, dass ich bei Frau Kollegin Thelen zu schätzen weiß, dass sie die Dinge, die sie begrüßt, nämlich dass die Integration jetzt im Haushaltsplan für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit enthalten ist, hervorhebt und sie im Gegensatz zu einigen anderen Kolleginnen und Kollegen von Ihnen auch hier das sagt, was sie im Ausschuss gesagt hat. Da gibt es keine großen Überraschungen. Das finde ich deshalb in Ordnung, weil wir besser miteinander umgehen können und besser über die Dinge streiten können, bei denen wir nicht übereinstimmen.

Ich möchte anhand von vier Themenbereichen sozialdemokratische Grundzüge und die wichtigsten Bausteine in der Sozialpolitik erläutern und fange mit der Familienpolitik an. Ich möchte dann gleich zu dem großen Projekt von „Viva Familia“ kommen, das bei der CDUFraktion großen Anklang gefunden hat, glaube ich. Jedenfalls habe ich das so verstanden, dass die unterschiedlichen Projekte aus „Viva Familia“, die 2005 ins Leben gerufen wurden, allseits Unterstützung finden. Dazu gehören familienorientierte Dienstleistungen, Krisenintervention, Gesundheitsförderung und das neue Programm der Hebammen, die möglichst früh in die Familien hineingehen können, um möglichen Kindes

missbrauch zu verhindern. All das schien mir jedenfalls von großer Unterstützung geprägt.

Frau Thelen, Sie sagen jetzt: „Geben Sie mehr Geld in die Kommunen, dann brauchen wir solche Projekte nicht.“– Ich darf das verkürzen. Das greift deshalb zu kurz, weil man sich letztlich fragen sollte oder kann, warum wir überhaupt Familienpolitik in Rheinland-Pfalz brauchen, wenn wir letztlich sagen: „Geben Sie den Kommunen genug Geld, dann brauchen wir solche Programme in Rheinland-Pfalz nicht.“